Die Godolphin-Macht schlägt wieder mal zu

Vierzehn Jahre mussten vergehen, bis wieder ein fünfjähriges Pferd den Prix de l`Arc de Triomphe gewinnen konnte. 1988 stürmte Tony Bin unter John Reid zum Sieg im Bois de Boulogne. 2002 brachte nun Marienbard die Prestige-Prüfung an sich. Ebenfalls fünfjährig markierte der Caerleon-Sohn den dritten Arc-Treffer für seinen Besitzer Mohammed Al Maktoum.

Zuvor war dem Öl-Scheich und Verteidigungsminister Dubais der Sieg in dem Gruppe I-Rennen 1995 mit Lammtarra (trug am Arc-Tag die Rennfarben des jungen Studenten Saeed Al Maktoum, dem Sohn von Maktoum Al Maktoum) und 2001 mit Sakhee gelungen.

Die Handicapper stellten diesen beiden Pferde nach ihren jeweiligen Vorstellungen in Longchamp ein besseres Zeugnis aus als dem aktuellen Arc-Sieger. Mit einem Rating von 125 wurde die Leistung Marienbards eingestuft. Der ungeschlagene Lammtarra hatte 1995 129, Sakhee dann sogar 134 erhalten. Beide (jedoch auf anderen Bodenverhältnissen) waren langsamer als Marienbard. Dieser bewältige die 2400 Meter-Strecke in 2:26 Minuten, erreichte die viertbeste Zeit der letzten 20 Jahre.

Nichtsdestotrotz könnte in diesem Marienbard (zählt zu einem von sechs älteren Vollblütern, denen in den letzten 20 Jahren der Sieg in Paris gelang) ein noch nicht ganz entdecktes Pferd stecken, ein neuer Godolphin-Vulkan, der nun langsam so richtig auszubrechen scheint.

Wieder hat es der Globetrotter unter den Trainern, Saeed Bin Suroor (alleine in Amerika dieses Jahr mit einer Gewinnsumme von über 8 Mio. Dollar) vollbracht, ein Pferd im Alter zu steigern, nicht in seiner „eigentlichen“ Saison im Alter von drei Jahren auf den Höhepunkt seiner Leistungen zu führen. Sondern eben nun mit fünf. Neben Grandera, dem heißen Favoriten auf den Weltmeister-Titel, ist plötzlich auch ein Marienbard da, wo ihn zu Jahresbeginn selbst die treuesten Godolphin-Fans wohl kaum erwartet hätten.

Wohl auch nicht Saeed Bin Suroor. Der ehemalige Polizist, der sein erstes Rennen überhaupt am 19. Februar 1995 mit einem Araber in Nad Al Sheba gewann, hatte Marienbard für die Arc-Generalprobe nach Baden-Baden geschickt, hatte wie schon Pilsudski oder auch Tiger Hill den Auftritt für den Arc erfolgreich an der Oos geprobt.

Nach den Siegen in Baden-Baden und Düsseldorf machte Marienbard in Paris nun den Gruppe I-Hattrick perfekt. Dieser war zugleich der 114. Erfolg von Frankie Dettori in der Turf-Champions League. Der Jubiläumstreffer war ihm ein Jahr zuvor an gleicher Stelle gelungen, als er mit Sakhee Gruppe I-Sieg Nummer 100 feierte. Marienbard war Dettoris 14. Arc-Ritt und der dritte Sieg.

Marienbard ist durch den Erfolg nun zu einem echten Flagschiff der blauen Godolphin-Flotte geworden. Fast ein Drittel der Gruppe I-Siege der bisherigen Saison 2002 gehen auf das Konto des braunen Hengstes, der stets mit Blinkers an den Ablauf gebracht wird. Wenn er noch zweimal auf Gruppe I-Level punktet, reiht er sich ein in eine Liste mit Fantastic Light und Daylami, auf welchen Dettori jeweils fünf Gruppe I-Siege feiern konnte.

Auch nach dem Sieg in der 81. Auflage des Pariser Klassikers attestierte man dem 32jährigen Jockey wieder einen Glanzritt. Doch den Hut sollte man noch vielmehr vor der Leistung Marienbards ziehen. Denn am Arc-Sonntag hätte Dettori wohl schon herunter fallen müssen, um einen Erfolg Marienbards zu verhindern. Auch dieser hatte wie einige seiner Mitstreiter zu Beginn der Geraden nicht den besten Rennverlauf, musste lange auf eine freie Passage warten.

Als diese dann da war, zog er so unwiderstehlich wie kein anderer an. Besser als High Chaparral und auch besser als Sulamani. Natürlich musste der französische Derbysieger einigen Boden gutmachen, und doch hätte es auch unter anderen Umständen wohl nicht gegen diesen Marienbard gereicht. Die englischen Buchmacher rechnen nun zwar fest damit, dass zumindest High Chaparral (Sulamani wird in Amerika nicht antreten) die Form zu Marienbard umkehren und den Godolphin-Hengst im Breeders Cup Turf in die Schranken weisen wird, doch könnten auch sie diesen Marienbard noch immer etwas unterschätzen.

Wenn dieser dann überhaupt in Arlington läuft. Am gleichen Tag findet die Cox Plate in Australien statt. Frankie Dettori reitet in dem Turf-Highlight auf der anderen Seite der Erde Grandera, würde für Marienbard somit nicht zur Verfügung stehen.

Diese Tatsache könnte das Management für den Arc-Sieger maßgeblich mitbestimmen. Der Japan-Cup wäre eine Alternative und auch die Hong Kong Vase später im Jahr sind noch ein Thema. Es ist kaum zu glauben, dass sich Dettori einen Ritt auf Marienbard entgehen lassen würde. Nun erst recht nicht.

Der Italiener war einer der ersten, der entdeckt hatte, welches Talent in diesem Pferd wohl steckt. Schon als Dettori in Baden-Baden die Faust in den Himmel reckte, dachte er wohl insgeheim an Paris. Heute weiß nun jeder, warum.

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