DETTORI STORY SW

Nicht viele Sportler können in gerade einmal zwei Minuten über 350.000 Dollar verdienen. Einverstanden, ein Vielfaches scheffelte seinerseits vielleicht noch Mike Tyson bei seinen Blitz-KO’s. Aber sonst? Frankie Dettori kann das am Samstag wieder schaffen. Auch wenn es in der neunten Auflage des Dubai World Cup nicht einfach ist. Zweimal hat er es aber schon gepackt. Mehr als 350.000 Dollar für 2 Minuten Arbeit. Kein schlechter Stundenlohn, oder? Dubai Millennium brauchte bei seinem Sieg sogar nur 1:59,50 Minuten.

Frankie Dettori scheint all das haben, wovon ein Jockey nur träumen kann. Als Godolphins Nummer 1 reitet er die besten Pferde der Welt. Er kann sich aussuchen, wann und wo er in den Sattel steigt. Wenn andere Reiter Engagements hinterher telefonieren müssen, hat Dettori noch nicht einmal angefangen, seine Angebot zu sondieren. Der Erfolg hat ihm dieses Privileg gebracht.

Doch das ist nicht alles. Das aktuell wohl bekannteste Gesicht des Galopprennsports hat das, wonach sich auch viele von uns sehnen. Er hat eine hübsche Frau, vier gesunde Kinder, verdient Millionen, fährt einen roten Ferrari und ist auf den schönsten Flecken dieser Erde Stammgast. Einmal im Jahr geht es nach Barbados, und den Winter über liegt der kleine Mann aus Mailand am Strand von Dubai. Und zu Hause? Das ist für Dettori Newmarket. Da steht eine große Villa.

Dort geht der Ex-Fußball-Spieler und jetzige Hollywood-Star Vinnie Jones ein und aus, ein enger Freund Dettoris. Berühmt und berühmt gesellt sich gern. Daheim auf der Insel ist Dettori ein „Celebrity“, wie die Engländer sagen. Man kennt ihn nicht nur in Ascot und Nad Al Sheba. Frankie ist in England eine Marke. Er ist kein David Beckham, aber ist bekannter als so mancher deutsche Fußball-Nationalspieler es hierzulande ist. Auf der Straße kennt ihn jeder. Vom Schüler bis zur Großmutter.

Das liegt vor allem an der immer weiter steigenden TV-Präsenz des 34-jährigen. Nicht nur bei „Attheraces“ macht Frankie seine Witze. Auf BBC ist er wöchentlich der Kapitän der Sport-Quiz-Show „A Question Of Sport“, über die Weihnachtszeit flimmerte er in einem Werbeslogan für einen Schokoladenriegel über die Mattscheiben. Für Yves Saint Laurent bis hin zum British Tourism Board hat Dettori mittlerweile geworben.

„Viele Leute erstarren vor der Kamera, aber ich finde es einfach. Es ist um einiges einfacher, als ein Pferd auf einer Rennbahn zu reiten“, erklärt Dettori, der sogar seine eigene „Frankie Pizza“ in England vertreibt. Entertainment scheint durch Dettoris Adern zu fließen. Er hat das Business im Blut. Während sein Vater ein erfolgreicher Jockey war, trat seine Mutter ab und zu in einem kleinen Familien-Zirkus auf.

„Es gab Kamele, zwei Löwen und dann sind da auch noch ein paar Affen rumgelaufen. Sie war eine Trapez-Artistin, ist auf dem Pferderücken geturnt und es sind ihr sogar Messer um die Ohren geflogen. Ich nehme also an, das ich Entertainment tatsächlich irgendwie in meinen Genen habe.“

Der Tag, an dem Dettoris Stern so richtig zu strahlen begann, trieb machen Buchmacher in den Ruin. Am 28. September 1997 gewann Frankie alle sieben Rennen auf der Karte des ersten Tages des Ascot-Festivals. Wer darauf wettete, bekam am Ende 250.095 für 10 Euro Einsatz. Mittlerweile hat Dettori über 100 Gruppe I-Rennen gewonnen, war zweimal englischer Champion-Jockey und wurde 1990 der erste Teenager, dem in einer Saison mehr als 100 Siege in England gelangen. Zuvor war das in so jungen Jahren nur Lester Piggott gelungen. Das sagt eigentlich alles.

Doch auch für Dettori ging es, seit seine Lehre 1985 begann, nicht immer bergauf. Nachdem er seinen Platz am Stall von Luca Cumani wegen eines eher unrühmlichen Zwischenfalls in Hongkong verlor, wurde ihm sogar nachgesagt, selbstmordgefährdet zu sein. Dettori hat zugegeben, Diuretics wegen Gewichtsproblemen eingenommen zu haben, und Ende letzten Jahres wurde er gesperrt, weil er sein Handy in der Jockeystube benutzte. Auch ein Dettori macht Fehler.

Doch das ist nichts gegen das, was Frankie am 1. Juni 2000 mitmachen musste. Das war der Tag, als er aus dem Wrack eines Privatjets gezogen wurde. Der Jet explodierte nur Sekunden später. Dettori überlebte, der Pilot des Flugzeuges nicht.

Letzten Sommer musste Dettori dann gegen die vielleicht größte Formschwäche der Karriere ankämpfen. Nicht gegen seine, doch gegen jene der Pferde, die er ritt. Die Godolphins feuerten nicht wie gewöhnlich aus allen Rohren und das selektive Reitverhalten Dettoris schien sich zu rächen. Nährboden für seine Kritiker und Neider.

„Ich habe die Leute reden hören und es ist immer dieselbe Geschichte – Er hat zu viel Geld und es kümmert ihn nicht mehr“. Seine Antwort auf die Kritiker war klar und deutlich: er antwortete mit Siegen. Er reiste zu Bahnen, auf denen man den Dettori-Jump sonst nie sehen würde, nahm Ritte an, die er vor Jahren nicht gewählt hätte. Doch der Beweis, den Dettori mit den am Ende doch über 100 Siegen und einem Erfolg im Hong Kong Cup zum Abschluss antrat, war nicht für irgendeinen Kritiker. Er war für ihn selbst.

„Ich fühle, dass ich noch mehr in meinem Leben zu beweisen und zu erreichen habe. Ich bin wieder richtig hungrig!“ Dettori will nicht als Entertainer Respekt. Er will ihn als Reiter. Bereits sein Vater war ein hocherfolgreicher Jockey, gewann noch mit 49 Jahren die italienischen 2.000 Guineas, siegte auch in Englands Klassiker. Die Dettoris sind eben Sieger-Typen. Aber mehr noch. Frankie Dettori ist ein Charakter.

Fujiyama Crest war Frankies „hoffnungsloser“ letzter Ritt an jenem Sommertag in Ascot. Ein paar Jahre später erfuhr Frankie, dass das Pferd in Wales auf eine Auktion für Pferde, die keiner mehr haben will, kam. Er kaufte es, schickte einen Transporter nach Wales und das Pferd steht jetzt im Garten der Dettoris. Das sagt eigentlich alles.

In einer kürzlich im Radio auf BBC durchgeführten Umfrage nach den 100 größten Sportmomenten der letzten 100 Jahre fiel der Name Dettori nicht weniger als viermal. Der Rennsport braucht diese Frankies. Sicher, Frankie hat dem Rennsport viel zu verdanken. Aber umgekehrt gilt das sicher nicht minder.

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