Der große Erfolgsbesitzer

Wer sich schon etwas länger mit dem Galopprennsport in Deutschland befasst, dem sind die grün-schwarzen Rennfarben von Götz Meyer zu Reckendorf nicht erst seit dem zweiten Platz seines aktuellen Cracks Egerton im Großen Preis von Baden ein Begriff. Denn der 66jährige Studiendirektor im Ruhestand hat in seiner Besitzerlaufbahn schon so manches gutes Pferd sein Eigen nennen dürfen.

„Angefangen hat alles in meiner Schulzeit, da bin ich in Quakenbrück, wo ich groß geworden bin, zu den Rennen gegangen. Während meiner Studienzeit in Köln haben mich dann ein paar Kommilitonen mit zur Rennbahn genommen, wo ich auf Anhieb 30 D-Mark gewann. Das war damals für einen Studenten viel Geld.

So wurde ich dann mit dem Turfvirus infiziert. Der Gedanke, sich einmal ein eigenes Rennpferd zu kaufen, kam allerdings erst später. Das war 1981 während der Hamburger Derbywoche. Ich saß mit einem Schulfreund auf der Tribüne und wir kamen darauf, dass es eine gute Sache sei, selber mal ein Pferd zu halten.“

Und dann ging es los. Und von einem Fehleinkauf konnte man bei Reckendorfs erstem Pferd Norton schon einmal nicht sprechen. Nachdem man ihn sich mehrmals im Gestüt Birkenmoor angeschaut hatte, gelangte er auf der Baden-Badener Auktion schließlich in Reckendorfs Besitz. „Das war ganz witzig, die machten bei der Auktion aus Götz Meyer zu Reckendorf Götz Freiherr zu Reckendorf. Das schien besser zum noblen Galopprennsport zu passen“, erinnert sich Reckendorf.

Der Riboprince-Sohn steigerte sich, trainiert von Adolf Wöhler, aus kleinen Anfängen bis an den Rand des Ausgleich I, war listenplatziert und am Ende seiner Karriere noch ein erstklassiges Hindernispferd, das schließlich sogar den Preis vom Rhein auf Listenebene in Baden-Baden gewann.

„Wenn man so startet, dann bleibt man natürlich auch dabei“, erklärt Reckendorf. Nachdem Adolf Wöhler verstorben war, wurden die Reckendorf-Pferde („Wir haben immer nur eine überschaubare Zahl, viel mehr als zwei waren es eigentlich nie“) von Bruno Schütz trainiert. „Dort habe ich dann Kontakt zu Lutz Mäder, der damals auch für Schütz ritt und seiner Frau bekommen und als sie sich dann selbständig machten, haben wir auch Pferde zu ihnen ins Training gegeben“, so der Erfolgsbesitzer, dessen bislang bestes Pferd ohne Zweifel der Königsstuhl-Sohn Helikon war, der unter der Regie von Bruno Schütz zweimal den Großen Preis der Gelsenkirchener Wirtschaft (Gr.III), den Großen Preis der Badischen Wirtschaft (Gr.II) und den Großen Preis der Berliner Bank (Gr.I) in Düsseldorf gewann.

Takin, vierfacher Listensieger, der mittlerweile Deckhengst in Ungarn ist, Hell Driver, Franco Royal (Listensieger und Gruppeplatziert), Horatius (Sieger im Silbernen Band der Ruhr) und aktuell die dreifache Listensiegerin und 91 Kilo-Stute Avenir Rubra sind weitere erstklassige Pferde neben Egerton, deren Jockeys den grün-schwarzen Renndress von Reckendorf trugen.

Es fällt auf, dass es sich fast nur um Steher handelt. „Das ist kein Zufall, denn ich suche mir die Pferde, die ich übrigens fast ausschließlich auf der Auktion in Baden-Baden kaufe, schon nach dem Gesichtspunkt aus, dass sie über Stehvermögen verfügen sollen. Wir haben lieber Steher. In der Regel läuft es so ab, dass ich den Auktionskatalog studiere, mir dann die Pferde die in Frage kommen ansehe. Dann bleibt noch eine gewisse Endauswahl übrig und dann versucht man halt die entsprechenden Pferde zu bekommen. Wobei unser Investment aber immer in einem überschaubaren Rahmen bleibt. Groß beraten lassen wir uns eigentlich nicht.“

Anders war es jedoch bei dem aktuellen Aushängeschild Egerton. „Zum Stall Reckendorf zählten drei Personen. Wir haben damals demokratisch abgestimmt, auch einmal ein Pferd von Peter Rau trainieren zu lassen. Der empfahl uns Egerton, doch ich hatte mir auf der Auktion schon zwei andere Pferde ausgesucht, die jedoch erst nach Egerton in den Ring kamen.

Die beiden Pferde habe ich nicht bekommen, aber Egerton erreichte den Reservepreis nicht. So haben wir ihn uns später im Gestüt Röttgen angesehen, ihn dann freihändig erworben. Einer der damals drei Besitzer ist mittlerweile ausgeschieden, nun gehört Egerton dem Diplom-Kaufmann Jürgen Kollmann und mir. Sein Vater Groom Dancer hat in Amerika und Japan gedeckt, soweit ich weiß, nun steht er in England. Außer Egerton gibt es in Deutschland nur ein weiteres Produkt, wenn ich mich nicht irre.“

Und dass bei Egerton immer Meinung da war, das ist längst bekannt. Als Mitfavorit blieb er jedoch zu Saisonbeginn in Frankfurt deutlich unter den Erwartungen. „Er war dort noch richtig babyhaft, der zweite Platz danach im Münchener Grupperennen war dagegen schon gut. Die Form aus dem Derby auf dem zerfurchten Boden muss man komplett streichen, das war überhaupt nichts für ihn. Doch dann im Dallmayr-Preis in München lief er unheimlich schwach. Wir waren völlig ratlos. Herr Rau sagte uns, dass er am nächsten Tag schon wieder „mopsfidel“, wie er es ausdrückte, gewesen sei.

Nun wussten wir natürlich überhaupt nicht mehr, wo wir mit dem Pferd stehen, haben ihn daraufhin in Hannover im Auktionsrennen, laufen lassen. Wie er dort zum Schluss noch kraftvoll anpackte, das machte uns wieder Hoffnung. Und im Großen Preis von Baden wollten wir dann sehen, wie wir zu den drei Erstplatzierten aus dem Derby stehen, sagt Reckendorf.

Das Ergebnis ist bekannt, Egerton, Deutschlands wohl mit Abstand bester Siegloser, lief hinter dem Engländer Warrsan das beste Rennen seiner Karriere, wurde als bestes einheimisches Pferd Zweiter. „2400 Meter sind wohl auch seine beste Distanz. Er wird nun im Preis von Europa laufen, das wird dann wohl der letzte Saisonstart sein. Im Übrigen stimmen wir die Route und alles was das Pferd betrifft immer mit dem Trainer und auch dem Jockey ab, der für mich eine sehr große Rolle spielt.“

Gefragt nach dem Erfolgsrezept beim Kauf seiner Galopper nennt Reckendorf das „Pferdefeeling“, das man nach einer gewissen Zeit bekommt.

Erfolgreich ist Reckendorf inzwischen nicht nur als Besitzer, sondern auch als Züchter. Mit der Song-Tochter Tosca Rhea fing es an, sie brachte Takin. Aktuell hat man mit Adorea die Mutter von Avenir Rubra in der Zucht. „Ihre von Tiger Hill stammende Tochter Amateis hat auf der Badener Auktion nicht einmal den gar nicht so hohen Reservepreis erreicht, da war ich schon etwas enttäuscht. Vielleicht läuft sie jetzt in meinen eigenen Farben.

Avenir Rubra wird auch wohl nur noch zwei Rennen bestreiten, dann in die Zucht wechseln, sie ist auf dem Markt, da ich ja bereits die Mutter habe. Mit Noble Prize hat der Stall Reckendorf ja auch noch einen zweijährigen Acatenango-Sohn im Training bei Peter Rau.“ Der Nachwuchs steht also schon Gewehr bei Fuß. Und man möchte fast darauf wetten, dass auch dieser Reckendorf-Galopper wieder ein gutes Rennpferd sein wird.

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