Wären Galopprennen in Deutschland so populär wie Tennis, hätte Katharina Werning vielleicht schon ausgesorgt. Die Rolle, die im ‚weißen Sport‘ eine Anna Kurnikova spielt, wäre ihr sicher -im wahrsten Sinne des Wortes – auf den Leib geschrieben. Oder auch nicht, denn während die schöne Russin in erster Linie von Foto-Shooting zu Foto-Shooting eilt, statt dem gelben Filzball nachzujagen, nimmt der blonde Blickfang aus Dortmund seinen Job schon etwas ernster.
‚Ja, es gab schon viele Anfragen, ob ich modeln möchte, schon als ich fünfzehn war. Aber ich habe das nie gemacht. Entweder Pferde, oder modeln, beides geht nicht. Und da habe ich mich eben für die Pferde entschieden. Außerdem gelten Models immer als blöd,‘, sagt die Neunzehnjährige, die im Stall ihres Vaters Reiner ihre Ausbildung absolviert, sich im zweiten Lehrjahr befindet.
Möglicherweise wird Katharina in den letzten Wochen das ein oder andere Mal daran gezweifelt haben, ob die Entscheidung, Rennen reiten zu wollen, richtig war, denn in der Wintersaison war sie noch ohne Sieg. Der letzte Erfolg datierte vom 19. Oktober in Köln, als sie mit der von Bruce Hellier trainierten Pigalle gewann.
‚Natürlich ist man manchmal etwas frustriert, denn ich hatte in der letzten Zeit nur wenige chancenreiche Ritte. Man muss sich nichts vormachen, die Reiter mit fünf oder vier Kilo Erlaubnis werden von den Trainern halt bevorzugt.‘
Doch den Kopf in den Sand stecken, das ist nicht ihr Ding, und ihre Chance sollte sie auch bekommen. In Neuss ritt sie den von Sascha Smrczek trainierten Franchetto.
‚Wir hatten von unserem Stall an diesem Tag nur einen Starter, den mein Bruder Frank ritt. Am Tag der Starterangabe war ich zunächst nicht so erfreut, da Franchetto mein einziger Ritt war. Ein Freund sagte mir aber, dass dieser Chancen habe, und in der Sport-Welt zählte er ja auch zu den Favoriten. Dieser Freund leistete mir auch Motivationshilfe, denn er brachte mir am Renntag mein Horoskop mit, in dem stand, dass die Durststrecke zu Ende sei und es von nun an aufwärts ginge. Ich habe mir vorher auf Video die letzen Rennen von Franchetto angesehen, um zu wissen, wie er geritten werden muss. Im Rennen hat ja dann alles super geklappt.‘
Das kann man wohl sagen, denn aus unmöglicher Position kam Franchetto in der Zielgeraden angeflogen, nagelte kurz vor dem Ziel den Favoriten Pacenzo mit Kollegin Carolin Lippert fest. Auch Trainer Sascha Smrczek war nachher voll des Lobes: ‚Ein Klasseritt, die Order zentimetergenau umgesetzt‘, so sein Urteil.
Das Horoskop traf also zu, doch war das ja nur der erste Teil. Die Durststrecke war beendet, und das genau an dem Ort, an dem Katharina vor 14 Monaten den schwärzesten Tag ihrer Karriere erlebte.
Mit der Stute Anchorale war sie zu Fall gekommen, hatte sich Absplitterungen am elften und zwölften Brustwirbel zugezogen, die einen mehrwöchigen Krankenhausaufenthalt nach sich zogen. ‚Es gibt sicher Bahnen, auf denen ich lieber reite, als in Neuss‘, hatte sie einmal gesagt, doch nach dem letzten Samstag könnte sich das geändert haben.
‚Ich wusste schon zehn Tage zuvor, dass ich an diesem Wochenende sehr gute Ritte haben würde. Natürlich habe ich mir etwas ausgerechnet. Auf Onango hatte ich ganz besonderen Mumm. Er war schon bei den ersten beiden Starts gut gelaufen und in der Arbeit mächtig frisch. Die Gegner waren ja fast die selben wie bei seinem letzten Start. Im Rennen kam er dann zunächst gar nicht mit. In der Geraden ging gottseidank eine Lücke auf.‘
In der Tat, wie der Sieger hatte der Fuchs lange nicht ausgesehen, aber auf den letzten Metern rauschte er nur so durch das Feld. Ein wirklich spektakulärer Sieg. ‚Ich halte ihn für ein ordentliches Pferd, er kann auch im Ausgleich III zurechtkommen‘, so Katharina, die auch nach dem nächsten Rennen ‚richtig happy‘ war, auch wenn sie nur Fünfte wurde.
Der Grund: Sie ritt den dreijährigen Hollyday, ihren absoluten Liebling, der im Sieglosenrennen zunächst meilenweit hinter dem Feld galoppierte, um am Ende noch weit nach vorne heranzulaufen. Am Ende war er gerade einmal fünf Längen hinter der Siegerin La Calera. ‚Als er in der Zeitung als krasser Außenseiter gekennzeichnet war und bei 350 am Toto stand, war ich schon etwas sauer. So schlecht ist er nicht. Natürlich waren jetzt keine besonders starken Pferde im Rennen, aber er wird seinen Weg machen. Ich glaube schon, dass er dreijährig ein Rennen gewinnen kann.‘
Womit wir wieder beim Stichwort wären, denn das nächste Rennen gewann sie mit Amondaro, wobei sie aber nicht besonders aus sich herausgehen musste, da der Schützling von Ralph Schaaf völlig überlegen war. ‚Beim letzten Mal war ich mit ihm auf 1900 Metern Zweiter, ich hatte mir schon gedacht, dass die weitere Distanz für ihn nicht verkehrt ist.‘
Zwei Siege, eigentlich hatte Katharina damit ihr Soll für diesen Tag erfüllt, aber das Schicksal meinte es noch besser mit ihr. Da Carolin Lippert verletzungsbedingt für den Ritt auf der von Hans Blume trainierten Lavender Blue im Augleich III nicht zur Verfügung stand, sprang die Dortmunderin ein.
‚Herr Ording vom Rennverein hatte das vermittelt, das war sehr nett‘, sagt die Blondine, für die es von nun an aber ein kleines Problem gibt, denn da Amondaro der 40. Sieger ihrer Karriere war, hat sie in Zukunft nur noch zwei Kilo Erlaubnis.
Doch dass es auch damit geht, bewies sie auf Lavender Blue. Start-Ziel teilte sie der Stute alles bestens ein, auch wenn es noch eine Überprüfung seitens der Stewards zu überstehen galt. ‚Ich wusste, dass sie vorne gehen muss und dass man bei ihr den Stock nicht einsetzten darf. Deshalb habe ich sie nur mit den Händen geritten‘, sagte die ‚Frau des Tages‘ der Neusser Samstags-Veranstaltung. Der dritte Sieg war perfekt.
‚Es war wirklich ein Super-Horoskop, und es hatte Recht. Drei Siege an einem Tag sind mir noch nie gelungen, ich hatte im letzten Jahr in Verden zwei Rennen an einem Tag gewonnen. Erst abends habe ich das alles so richtig realisiert. Groß gefeiert habe ich aber nicht mehr. Ich bin mit dem Transporter nach Hause gefahren, war dann auch richtig kaputt, und am nächsten Tag musste ich ja auch wieder reiten.‘
Als nächstes Ziel peilt die Frau ohne Gewichtsprobleme (‚ich kann soviel essen, wie ich will, es kommt einfach nichts ran, mein Bruder Pascal ist immer ganz neidisch auf mich‘) nun natürlich den 50. Sieg an.
‚Ich weiß, dass es später ohne die Erlaubnis schwer wird, das ist ganz klar. Vielleicht ist es ein Plus, dass ich 50 Kilo reiten kann, soviele Leichtgewichtsjockeys gibt es ja auch nicht. Auf jeden Fall kann ich mir nichts Schöneres vorstellen, als mit Pferden zu arbeiten.‘ Bleibt zu hoffen, dass Katharina das noch möglichst lange tut.











