Darsalam: der Tschechen-Star will zum Prix d l’Arc

Er hat für eine kleine Revolution im tschechischen Turf gesorgt. Der vierjährige Hengst Darsalam gilt als einer der ganz großen Stars der Region und setzt sich erfolgreich auf höchster Ebene im Ausland durch, doch er läuft Flachrennen. Das ist für tschechische Verhältnisse einigermaßen erstaunend. Denn bisher verfolgten die Zuschauer und Medien im Galoppsport-begeisterten Land vor allem internationale Erfolge im ‚illegitimen‘ Metier der Hindernisrennen.

Registana, Masini und Peruán hießen die Vorzeigepferde der Tschechischen Republik, wo das Große Pardubitzer Jagdrennen als eines der Kronjuwelen der Nation gilt. Hinzu gehört spätestens seit letztem Sonntag eine kleine Korrektur: der ganz große heißt nun Darsalam.

Ein Pferd, über das im Laufe der letzten Monate mehr Artikel in der tschechische Presse erschienen sind als über irgendeinen anderen Vollblüter. Ein Pferd, das nun von Experten als der erfolgreichste Champion in der Geschichte des tschechischen Galoppsports gepriesen wird. Und das, obwohl es in Irland geboren wurde und im nordböhmischen Most von einem russischen Ex-Starjockey für einen Filmproduzenten aus Kasachstan trainiert wird. Galopprennen haben nun mal ihre eigene Logik.

Für das Umfeld von Darsalam bleibt es immer noch ein Rätsel, wie der Desert King-Sohn aus dem Liscannor Stud überhaupt in Tschechien landen konnte. Als Jährling wurde er für 65 000 Euro an einen arabischen Interessenten verkauft, im Stall von Mark Johnston machte aber der großrahmige Fuchs wenig Eindruck.

Zweijährig lieferte er zwei unreife Vorstellungen in Pontefract und Leicester und wurde als spätes Pferd wieder zur Auktion nach Newmarket geschickt. Dort konnten ihn der Trainer Arslangirej Savujev mit Besitzer Ardak Amirkulov für einen Zehntel seines ursprünglichen Preises ersteigern. ‚Das grenzte an einem Wunder,‘ lacht Savujev mit Abstand der Zeit.

Damals erinnerte der unreife Zweijäjhrige mit seiner Erscheinung und Farbe die neuen Besitzer eher an populäre russische Reitpferde aus der Don-Region. Noch lange danach bezeichnete der Besitzer Amirkulov sein Pferd als ‚Dontschak‘. Fast zwei Jahre später hat Darsalam bereits cca. 300 000 Euro auf seinem Konto.

Der 50-jährige Arslangirej M. Savujev kommt aus einer Stadt im russischen Kaukasus und ist einer der Nachfolger des legendären sowjetischen Jockeys und Trainers Nikolai Nasibow, der in den 60er Jahren Welterfolg mit dem Hengst Anilin feierte. Savujev selbst zählte seinerzeit zu den Spitzenjockeys der UDSSR, sammelte im Sattel mehr als 400 Siege.

Auf dem Höhepunkt seiner Karriere, während der er auch das Sowjetische Derby mit Gazomet gewonnen hatte und sogar im Prix de l‘ Arc de Triomphe startete, hörte er aber auf.

Der Mann, dessen Name in seiner Heimatssprache ‚großer Löwe‘ bedeutet und von Freunden ständig als ‚Jurij‘ abgeändert wird, sagt, dass es zu seinem Wechsel ins Trainerlager nach einem Sturz im Russischen Derby kam. ‚Alles endete gut, aber es blieb ein Funken von Unsicherheit in mir. Ich hörte deshalb sofort auf. Ein Jockey, der Angst hat, darf nicht mehr Rennen reiten,‘ erinnerte er sich vor zwei Jahren in einem Interview.

Als Moskauer Trainer sammelte er Erfahrungen auf vielen Auslandsreisen, vor vierzehn Jahren übersiedelte er mit einigen russischen Pferden in die Tschechoslowakei. Wegen damals schwieriger Situation von Galopprennen in seiner Heimat blieb er in dieser Region und bereitet heute 13 Pferde auf der Trainingsanlage in Most, cca. 90 km von Prag entfernt und unweit der Grenze zu Deutschland, vor.

Savujev steuert in seiner Arbeit ähnlich wie sein Lehrer Nasibow große Ziele an. Bereits vor Jahren überraschte er mit dem Sieg von Rezon und Waldemar Hickst im Großen Kaufhof-Preis. Im Auftrag des ersten Großbesitzers in seinem Stall Daut Nalojew plante er 1996 mit dem slowakischen Derbysieger Almaz eine Reise zum Melbourne Cup und drei Jahre später versuchte er mit dem vom Darley Stud gezogenen Hengst Temirkanov in den Prix de l‘ Arc de Triomphe zu rutschen. Keiner von diesen kühnen Planen konnte aber wegen administrativen und gesundheitlichen Schwierigkeiten umgesetzt werden.

Darsalam gilt in Tschechien als ein richtiges Savujev-Pferd und Nachfolger von Rezon und Temirkanov. Im Gegensatz zu diesen Pferden gehört er aber Ardak Amirkulov, einem Unternehmer und Regisseur aus Kasachstan.

Amirkulov, der fünf Jahre als Chef der größten Filmateliers in Kasachstan tätig war und im Moment einen epischen Filmsreifen über Tschingis Khan vorbereitet, kam mit seinen Pferden 2001 nach Tschechien und gilt heute als einer der größten Vollblut-Investoren im Lande.

Zuhause dotierte er mit einigen anderen Pferdebegeisterten den Bau einer neuen Rennbahn im englischen Stil mitten in der Steppe unweit von Almaty und betreibt auch ein eigenes Gestüt. In Zusammenarbeit mit Savujev will Amirkulov auf höchster europäischer Ebene in hochkarätigen Rennen mitmischen. Darsalam ist erster Erfolgsprodukt seiner Strategie, in deren Rahmen er regelmäßig Jährlinge in England und Irland kauft.

Vor Darsalam gelang es Amirkulov bereits zwei klassische Rennen in Tschechien mit der Klassestute Larrimah zu gewinnen und auch Darsalam selbst fing zuerst bescheiden in Prag an. Dreijährig verlor er dort sein erstes Rennen in den neuen Farben, steigerte sich aber von Rennen zu Rennen und konnte schon Ende Mai das Freudenauer Derby in der Wiener Freudenau gewinnen.

Mit Stanley Chin im Sattel holte er dann auch das Tschechische Derby und Prager St. Leger und zeigte sich für größere Aufgaben bereit.

In dieser Phase verzichteten Savujev und Amirkulov vorerst auf den Traum das Pariser ‚Arc‘ anzusteuern und schickten Darsalam nach Doncaster zum Betfair St. Leger. Die Expedition, die im tschechischen Raum zuletzt in der Zeit der Donau-Monarchie seinesgleichen finden konnte, endete mit einem beachtlichen sechsten Platz nur ca. 4 Längen hinter dem Sieger Rule of Law.

Es folgte der dritter Platz im Preis von Europa und Sieg im Deutschen St. Leger. Darsalam wurde nach der Saison in Tschechien als Pferd des Jahres 2004 gekürt, doch Savujev warnte:. ‚Vierjährig wird er noch besser…‘

Dieses Jahr hat der russische Trainer mit einer paradoxen Bilanz zu kämpfen. Sein Vorzeigepferd setzt die beeindruckende Serie fort und wird immer besser, hingegen dreijährige Nachfolger von Darsalam zeigten auf tschechischen Rennbahnen sehr wenig und Savujev ist im aktuellen Trainer-Championat erst an 26. Stelle zu finden.

Den deprimierenden Umstand, dass dem Stall aus Most zuhause zur Zeit nur sehr wenig gelingt, bestätigte kurios auch Darsalam. Obwohl er letzten Sonntag seinen ersten Gr.1 Treffer im Rheinland-Pokal landete und neben dem Sieg im Betty Barclay-Rennen auch eine mutige Reise zum Ascot Gold Cup absolvierte, musste er in Tschechien zwei bittere Niederlagen wegstecken.

In Most und Karlsbad kam er in zwei Vorbereitungsrennen an den Start und endete mit dem Schwager des Trainers Konstantin Kobzarev im Sattel nach schlechtem Rennverlauf stets auf Platz zwei. Einmal wurde der Sieger wegen Dopings disqualifiziert, einmal blieb das Resultat stehen.

Bedauerlich, doch das Savujev-Team lässt sich vom Jubel der Gegner nur wenig beeindrucken. Auf dem Wunschzettel steht wieder der Prix de l‘ Arc de Triomphe und diesmal soll Tschechien seinen ersten Starter in diesem Rennen auch wirklich bekommen.

‚Alles ist möglich, das Pferd steigert sich immer wieder,‘ meint Filip Minarik, der Darsalam letztes Jahr beim Sieg im Deutschen St. Leger ritt. Die Quoten stehen nicht schlecht, dass man diesmal in Prag bereits eine Woche vor dem Oktober-Termin der Großen Pardubitzer im Galopp-Fieber stehen wird.

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