BMW 136. Deutsches Derby – die große Einzelkritik

Arcadio Zweijährig nicht am Start gewesen, was für ein Derbypferd alles andere als ungewöhnlich ist. Debutierte im April in Krefeld über 1700 Meter schon als heißer Favorit, war dort aber noch von Proudance geschlagen, canterte dann auf der Heimatbahn in einem 1850 Meter-Rennen. Durchbruch zur Spitze im pferdewetten.de-Bavarian Classic, als er mehrere heutige Gegner zu Statisten degradierte.

Dort ging es über 2000 Meter, zumindest von der Vaterseite sollte er mit der längeren Strecke keine Schwierigkeiten haben, sein Bruder ist der gute Meiler Assiun, doch traut ihm insbesondere seine Umgebung die 2400-Meter-Distanz zu und der Stil seiner Erfolge lässt das auch vermuten. In jedem Fall in den letzten Wochen enorm verbessert, auch wenn er in München vielleicht nicht die Elite seiner Jahrgangsgefährten geschlagen hat. Die Wahl des Stalljockeys aus einem wirklich attraktiven Angebot, gut möglich, dass er deutlich über dem Feld bzw. dem Jahrgang steht und ein wahres Spitzenpferd ist. Dann wird er sehr schwer zu schlagen sein.

Königstiger Einer von zwei Kandidaten im Feld, der noch ungeschlagen ist, dies immerhin bei vier Starts. Gewann zweijährig als klarer Favorit in einem gut besetzten Maidenrennen in Baden-Baden, holte sich dann im Oktober ein Gruppe-I-Rennen über die Meile in Mailand gegen den höher eingeschätzten Stallgefährten Idealist, der auch die erste Farbe trug.

In diesem Jahr beim Einstand in Frankfurt gegen den nicht schlechten Trainingsgefährten Bernard erfolgreich, gewann dann mit viel Mühe Union-Rennen auf der Heimatbahn gegen den als Tempomacher eingesetzten Stallgefährten Silent Wind.

Gewann seine Gruppe-Rennen zweimal mit „Kopf“ und einmal mit „Nase“, was nicht gegen ihn spricht, sondern auch unterstreicht, dass er ein großer Kämpfer ist. Gewann zweijährig schon über die Meile und in Köln über 2200 Meter, somit sollte die Derbydistanz kein Thema für ihn ein, seine Klasse hat er mehrfach unter Beweis gestellt, der Stalljockey entschied sich allerdings für Arcadio, Terry Hellier reitet ihn das erste Mal, doch das ist sicher kein Nachteil.

Silent Wind Wurde als blendend aussehender Monsun-Sohn als Fohlen vom Gestüt Schlenderhan gekauft, von der Mutterseite her eher ein Meiler, doch hat ihm der Vater den Schuss Stehvermögen vererbt. Erster Start dieses Jahr in Mailand, wo er über schon weite 2000 Meter an einem bislang noch nicht wieder groß aufgefallenen Pferd von Mario Hofer scheiterte. War anschließend über 300 Meter kürzeren Weg in Krefeld nur von einem weiteren Hofer-Pferd geschlagen, das sich später auf Listenebene profilierte.

Im Union-Rennen auf der Heimatbahn als Tempomacher eingesetzt, füllte diesen Job mehr als gut aus, führte bis ungefähr zwanzig Meter vor dem Ziel, wurde nur von dem „gemeinten“ Stallgefährten Königstiger geschlagen, drehte dabei extrem mit dem Schweif.

Nicht sicher, ob er wieder als Pacemaker läuft (mit Orange Blue ist ein reiner Frontrenner am Start), abwarten auch, ob er eine ähnliche Rolle wie in Köln spielen kann, nach Trainingseindrücken steht er unter Arcadio und Königstiger, sein Reiter kennt ihn aus der Morgenarbeit.

Nicaron Zweijährig einmal am Start gewesen, kam aber erst in dieser Saison richtig ins Rollen, gewann schon früh im Jahr harmloses Maidenrennen in Krefeld, Ausflug nach Paris anschließend ist inzwischen in einem ganz anderen Licht zu sehen, denn der damalige Sieger Hurricane Run ist einer der besten Dreijährigen Europas geworden.

Gewann in Hannover mit Speed durchschnittlich besetztes Listenrennen (kein anderes Pferd aus dem damaligen Feld läuft im Derby), hatte in Köln Pech, da er schlecht vom Start kam, war am Ende dichtauf und nicht weit von einem Geldrang zurück. Ausgewiesener Steher, der etwas durchlässigen Boden benötigt, dazu Tempo für seine Endgeschwindigkeit, zumindest an Letzterem wird es im Derby nicht mangeln.

Ein in den letzten Monaten stark gesteigertes Pferd, das in jeder Dreierwette zu berücksichtigen ist, fraglich allerdings, ob er die Klasse hat, um so etwas zu gewinnen. Reiter ist zum ersten Mal an Bord, wurde ohnehin bisher bei allen Starts von anderen Jockeys gesteuert.

Alpacco Zu Beginn des Jahres nicht unbedingt ein Kandidat für dieses Rennen. Erster Lebensstart erst Mitte Mai, als er in Mülheim den favorisierten Donaldson sehr sicher schlagen konnte, gewann nur elf Tage später an gleicher Stelle Listenrennen über 2200 Meter, ließ dabei zwar keine Derbykandidaten hinter sich, aber durchaus reelle Pferde.

Stehvermögen steht außer Frage, jetzt wird sich natürlich entscheiden, was er wirklich kann, doch ist es gut möglich, dass er weiterhin steigerungsfähig ist. Hat allerdings noch wenig Rennerfahrung, was schon nachteilig bemerkbar machen kann. Ein schnelles Rennen könnte für ihn ideal sein, das wird er bekommen, im Sattel sitzt die derzeitige Nummer eins der Jockeystatistik.

Hat bisher nur auf gutem Boden gewonnen, doch wird er sicher auch gegen weiches Geläuf nichts einzuwenden haben. Sicher nicht der Favorit dieser Prüfung, doch ein ernstzunehmender Kandidat, der in jede Dreierwette gehört.

September Storm Verwandschaftlich mehr als vorbelastet, denn er ist der fünfte Hengst aus seiner Mutter, der an den Derbystart kommt. Seine Vorgänger waren in historischer Reihenfolge Satchmo (Letzter), Subiaco (Zweiter), Storm Trooper (Dritter) und Shirocco (Sieger).

Benötigte etwas Anlaufzeit, erster Start zweijährig war nichtssagend, fand dieses Jahr schnell in die Erfolgsspur, als er zwischenfallreiches Maidenrennen in Mülheim gewann und vor zwei Wochen Listenrennen in Bremen an sich brachte. Konnte dort in der entscheidenden Phase beschleunigen, was schon einen sehr guten Eindruck machte. Wird bestimmt weiter zu steigern sein, doch könnte es sein, dass das Derby noch ein paar Tage zu früh für ihn kommt.

Durchläsiges Geläuf ist kein Nachteil, Stehvermögen hat er „satt.“ Nach dem Ausfall von Le King der Ritt von Andrasch Starke (eigentlich war Jamie Spencer engagiert), das ist sicher ein großes Plus, trotzdem glauben wir, dass seine Zuchtgefährten stärker sind, in der Dreierwette aber nicht ganz auszulassen.

Orange Blue Vater gewann das Derby 1994, war als Vererber nicht unbedingt ein Hit, dieser Hengst gehört zumindest nach dem GAG schon zu seinen besseren Produkten. Hat die bislang größte Rennerfahrung, ist aber bei acht Starts immer noch sieglos, wobei er sich in diesem Jahr fast ausnahmslos mit der Jahrgangspitze herumschlug.

Beste Leistung dabei in Frankfurt, wo er bis etwa 200 Meter vor dem Ziel sogar wie der Sieger aussah, war am Ende keine zwei Längen hinter dem Sieger, landete auch in München in den Geldrängen, war aber 24 Längen hinter Arcadio und noch fünf Längen hinter Shooter. Lief bisher fast alle Rennen von der Spitze aus, was auch diesmal der Fall sein könnte, aus der Sicht der Konkurrenz gewiss begrüßenswert ist, da er dann als Tempomacher agiert.

Laroche kam mit dieser Taktik vor elf Jahren nach Hause, doch bei seinem Sohn hegen wir da doch erhebliche Zweifel. Vertritt das kleinste Quartier im Derbyfeld (sein Betreuer hat nur drei Pferde auf der Trainingsliste), wird aber von einem gewieften Mann gesteuert.

Night Tango Der Derbykandidat, der zumindest zeitlich die geringste Rennroutine hat, denn er debutierte erst am 16. Mai in einem stark besetzten Maidenrennen in Köln. War dabei hinter einem Pferde, das sich im Union-Rennen gut aus der Affäre zog und landete vor Königsbote.

Schlug diesen Konkurrenten sowie Donaldson in Dresdener Listenrennen, das schon häufig Fingerzeige in Richtung Derby war. Zeigte dabei in der entscheidenden Phase enorme Beschleunigung, gewann wie ein Pferd, das weiter zu steigern ist. Sollte vom Boden weitgehend unabhängig sein, wird bestimmt das nötige Stehvermögen für eine solche Aufgabe haben.

Hat aber wie sein Trainingsgefährte Alpacco wenig Routine, was in solchen Rennen schon ein Nachteil ist. Michael Kinane ist zwar der Senior unter den Reitern im Derbyfeld, doch so gut wie in einen besten Jahren, wie er gerade noch als Champion in Royal Ascot unter Beweis stellte. Sollte nicht außer Acht gelassen werden, in die Rubrik chancenreicher Außenseiter einzuordnen.

Harar Ist wie sechs andere Pferde in diesem Feld noch ohne Erfolg. Debutierte vergangenes Jahr in starker Konkurrenz auf schwerem Boden in Mailand, konnte in diesem Jahr nicht besser in die Saison starten, als er hinter einem der Aufsteiger der Saison in 2000-Meter-Listenrennen in Dortmund Zweiter war.

Lief dann in Dresden u.a. hinter Night Tango und Königsbote schwächer, sollte aber eigentlich nicht am mangelnden Stehvermögen (Acatenango-Sohn), sondern eher an dem abgetrockneten Boden gescheitert sein.

Galt schon lange als das Derbypferd seines Stalles, besitzt sicher auch entsprechendes Talent, doch ist es bei allem Wohlwollen schwer vorstellbar, dass er in der Dreierwette landet, denn Steigerung blieb in Dresden aus und heute wird ein weiterer Sprung verlangt. Letztlich sind auch hinter ihm nie die Cracks des Jahrgangs gewesen. Etwas Regen könnte ihm helfen, mit Torsten Mundry sitzt ein routinierter Mann im Sattel.

Donaldson Erstklassig gezogener Sohn eines Derbysiegers, später Typ, erst zweimal gelaufen. Ging stets ein guter Ruf voraus, debutierte wohl auch deshalb als Favorit in stark besetztem Maidenrennen in Mülheim, hatte allerdings Alpacco nicht entgegenzusetzen, war dann erneut das meist gewettete Pferd, als er in Dresden antrat.

Sah Mitte der Geraden brandgefährlich aus, brach aber weg, verlor dadurch Boden, galoppierte zwar als Zweiter durchs Ziel, wurde aber wegen Behinderung von Federstar hinter diesen zurückgestuft. Wirkte noch sehr grün, deshalb auch das Wegbrechen, das Rennen wird ihn sicher weiter gefördert haben, doch ob er schon die Klasse besitzt, um im Derby vorne mitzumischen, ist fraglich.

Da muss schon ein erheblicher Sprung bewältigt werden, schon gegen Pferde wie Night Tango ist es keineswegs einfach. 2400 Meter sollten im Bereich des Möglichen ein, wird eine schnelle Bahn bevorzugen Trainer hat das Rennen schon gewonnen, Jockey wartet noch auf den ersten Derbys wiegt, ein Platzgeld wäre sicher schon das Optimum.

Königsbote Einer von immerhin vier Hengsten, die den Dresdener Freiberger-Preis als Aufgalopp für das Derby nutzten, schnitt als Zweiter dort auch keineswegs schlecht ab. Allerdings noch sieglos, startete letzten Herbst in München in seine Karriere, als er als heißer Favorit vielleicht mit dem Boden nicht ganz zurecht kam und einer durchschnittlichen Stute unterlag.

Erster Jahresstart in mehrfach erwähntem Maidenrennen in Köln, wurde in Dresden an der Spitze geritten, von wo aus er gegen Night Tango erneut keine Möglichkeit hatte und auch hinter Donaldson blieb, der aber wegen Behinderung des Viertplatzierten hinter diesen zurückgestuft wurde.

Schwer vorstellbar, dass er beim dritten Aufeinandertreffen vor Night Tango ist, was ihm dann insgesamt doch nur Außenseiterchancen einräumt. Nach dem Dresdener Eindruck kein sicherer Steher, er wird aber sicher kaum noch einmal so offensiv geritten. Besitzer/Trainer-Kombination gewann das Derby 2003 mit Dai Jin, das wird diesmal kaum passieren, immerhin wurde ein zuverlässiger englischer Reiter gebucht.

All Spirit Bisher dreimal ohne Sieg am Start gewesen, wobei er sich in allen Fällen mit sehr guter Konkurrenz auseinandersetzen musste. Debutleistung hinter einer späteren Gruppe I-Siegerin steht jetzt natürlich in einem ganz anderen Licht, lief dann in Dortmund auf Listenebene gut genug, zeigte gerade dort, dass er auf der 2400 Meter-Distanz gut klar kommen sollte.

Blamierte sich auch im Union-Rennen nicht, doch hatte er dort ernsthaft keine Chance, war fünf Längen hinter dem Sechstplatzierten. Kommt so mit einer Gewinnsumme von 700 Euro und vergleichsweise hoher Marke in das Derby, was das erklärte Ziel seiner Umgebung war.

Sein Vater war im Derby Vierter, doch dürfte das nicht zu realisieren sein, ziemlich unvorstellbar, dass er in den Geldrängen landet. Trainer in diesem Rennen selten vertreten, sein Reiter ist im Derby sogar zum ersten Mal dabei, der olympische Gedanke ist vorherrschend, mehr ist nun wirklich nicht drin. Immerhin hat er einen Hamburger Besitzer, was ihm eine gewisse Popularität geben wird.

Albarino Das Pferd mit dem mit Abstand niedrigsten GAG im Feld, hat aber immerhin schon mehr Geld gewonnen als sieben andere Teilnehmer. Im deutschen Handicap aber nicht startberechtigt, da er alle Starts im Ausland absolviert hat. Debutierte letzten Herbst in Italien gut genug, gewann beim Jahreseinstand in Le Croise-Laroche über 1800 Meter, verdiente in Lyon und Mailand einige Euros, bevor er erneut in Frankreich, im elsässischen Wissembourg über 2400 Meter erfolgreich war.

Ist somit das einzige Pferd in diesem Derby, das bereits über die heute geforderte Distanz erfolgreich war, doch ist das vermutlich schon das einzige Plus, was ihn auszeichnet. Ausländische Leistungen sind zwar nicht in Relation zu setzen, ein Ein-Längen-Sieg in der französischen Provinz wird aber kaum ausreichen, um hier eine Rolle zu spielen.

Trainer versteht sein Geschäft, greift aber nach den Sternen, Jockey gab schon einmal ein Gastspiel in Deutschland, das Deutsche Derby ist aber Neuland für ihn, hat immerhin mit dem Hengst schon gewonnen.

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