Alle Hoffnungen auf Sabiango: Aus Super-Box in HK-Vase

Die große deutsche Fangemeinde wollte fast schon jubeln. Vor zwölf Monaten hatte Paolini, unser Globetrotter Nummer eins, den Sieg im Hong Kong Cup vor Augen. Mit Andreas Suborics war der Schützling von Andreas Wöhler, Galopper des Jahres 2002, schon auf gut zwei Längen enteilt.

Doch auf den allerletzten Metern rollte Michael Kinane mit Precision noch ganz knapp vorbei, hielt das Millionenrennen, gleichzeitig letzter Lauf der World Series Racing Championship, mit einer fulminanten Speedleistung im Lande und verwies den Lando-Sohn auf den Ehrenrang.

Eigentlich hatte das Team um den Carde Ostermann-Crack für Sonntag die Revanche im Visier, wollte den vollen Erfolg. Doch mangels überzeugender Trainingsleistungen verzichtete man auf einen Trip in die Ex-Kronkolonie zu den Hong Kong International Races.

In Abwesenheit von Paolini ist das deutsche Element bei den lukrativen Einladungsrennen auf dem Sha Tin-Kurs (in den Morgenstunden deutscher Zeit) am Sonntag so gering wie selten zuvor. Lediglich Paolinis Trainingsgefährte Sabiango (Foto) ertritt Turf-Deutschland, rückte über die Reserveliste ins Feld der Hong Kong Vase (14 Millionen HK-Dollar (1.800.000 US-Dollar, 2400 m).

Eduardo Pedroza reitet den Fährhofer, der in dieser Saison insbesondere als Gewinner des WestLB-Deutschlandpreises in Düsseldorf überzeugte, zuletzt Fünfter im Canadian International wurde.

Trainer Andreas Wöhler: „Sabiango liebt den abgetrockneten Boden hier. Ich gebe ihm am Freitag noch einen etwas schnelleren Spritzer. Es ist alles in Ordnung. Er hinterlässt hier allgemein einen sehr guten Eindruck. Für mich ist das ein offenes Rennen, fünf bis sechs Pferde können gewinnen. Wir versuchen es zum ersten Mal mit Scheuklappen. Zu Hause hat er damit sehr gut gearbeitet, ist mit Blinkers besser bei der Sache.“ Startnummer vier scheint ideal zu sein.

Bislang gilt Sabiango als großer Außenseiter, doch so stark wie noch in den letzten Jahren scheint die „Vase“ diesmal längst nicht besetzt zu sein. Denn neben Vorjahressieger Ange Gabriel fehlen etliche Cracks.

Dennoch kann sich das französische Element sehen lassen, denn mit Prix Ganay-Sieger Fair Mix, der Prix de Conseil de Paris-Siegerin Vallee Enchantee und ihrem Runner-up Kalabar und Polish Summer, zuletzt u.a. gegen Casanga in einem Listenrennen in Lyon erfolgreich, hat unser Nachbarland gleich vier Hoffnungsträger im Rennen.

England wird repräsentiert durch Premio Roma-Sieger Imperial Dancer aus dem Stall von Mick Channon, der vor wenigen Tagen noch den Besitzer gewechselt hat, David Elsworths Indian Creek (Achter im Hong Kong Cup 2002 nach schwachem Start und Dritter in den Champion Stakes 2003), sowie dem hierzulande bestens bekannten Warrsan (Clive Brittain), u.a. Dritter im Credit Suisse Private Banking-Pokal hinter Dai Jin und Next Desert, aber noch vor Sabiango.

Die Italiener vertrauen auf Maktub (Neunter im Premio Roma), der am Mittwoch auf dem Sha Tin-Track bei der Arbeit reiterlos wurde, in die Rails geriet, doch sich keine ernsthaften Blessuren holte.
Fields of Omagh, die australische Hoffnung, ist noch von seinem Cox Plate-Sieg in Erinnerung, lässt in diesen Wochen kaum ein Top-Rennen aus.

Das höchste Rating besitzt interessanterweise Roosevelt, nach Hong Kong gewechseltes Ex-O´Brien-Pferd, dank seines dritten Platzes zu Alamshar und Dalakhani im Irish Derby.

Komplettiert wird das 14er-Feld durch River Dancer, Red Pepper und Industrial Success, alle aus Hong Kong.

Mit einiger Spannung erwartet wird der Showdown im Hong Kong Cup (18 Millionen HK-Dollar, 2.300.000 US-Dollar), dem weltweit höchstdotierten 2000 Meter-Grasbahnrennen.

Denn Falbrav, siebenfacher Gruppe I-Sieger, zuletzt auf etwas weiter Distanz Dritter zu High Chaparral und Johar im Breeders´ Cup Turf, gibt hier seine Abschiedsvorstellung vor dem Wechsel ins Gestüt.

Luca Cumani war sehr angetan von den Trainingsleistungen des Hengstes: „Ich wollte ihm am Freitag noch einen schnelleren Galopp geben, werde das aber jetzt doch nicht tun. Ihm geht es bestens, er ist bereit. Mit Startnummer fünf bin ich sehr zufrieden, eine Box oberhalb von zehn hätte mir nicht gefallen.“

Eine Schrecksekunde musste der Coach am Mittwoch überstehen, als Falbravs Hong Kong-Partner Frankie Dettori, mit dem er 2002 den Japan Cup gewonnen hatte, bei der International Jockeys´ Championship stürzte. Cumani: „Ich habe ihn gestern abend angerufen, nachdem er aus dem Krankenhaus entlassen war. Und er sagte, er sei fit für Sonntag.“

Sein Widersacher dürfte in erster Linie der ebenfalls in Italien gezogene Rakti sein, in Training bei Michael Jarvis. Mit seinem Erfolg in den Champion Stakes machte er sehr viel Werbung in eigener Sache. „Das Pferd ist ausgesprochen frisch, ich hoffe nur, dass ihn die große Zuschauermenge beim Start nicht stört‘, schildert der Coach. Philip Robinson wird mit ihm aus Box vier das Rennen aufnehmen.

In die engste Wahl gehört natürlich auch der Japaner Eishin Preston, bei vier Starts in Sha Tin dreimal auf der Siegerstraße.
Auch im „Cup“ geht nichts ohne Frankreich – mit Weightless (siegreich im Prix Dollar), Bright Sky (Prix de l´Opera-Gewinnerin 2002) und Tigertail (Sechste im Japan Cup) hat die „Grande Nation“ drei Trümpfe in der Hand.

Die weiteren Kandidaten: Der Amerikaner Denon, der von zahlreichen Gastspielen in Deutschland und Frankreich bestens bekannte Dano-Mast, der Japaner Magnaten, sowie für Hong Kong Vorjahressieger und Paolini-Bezwinger Precision, Dr More, Self Flit, Blue Stitch und Elegant Fashion.

Günstig sieht es in der „Mile“ (14 Millionen HK-Dollar, 1.800.000 Millionen US-Dollar, 1600 m) aus für Japan, denn mit Lohengrin (zweifacher Gruppe II-Sieger), Telegnosis (gewann auf höchstem Level) und Admire Max stellen sich drei gute Kaliber in diesem Event vor.

Godolphin setzt auf Firebreak, der allerdings schon einige Enttäuschungen in der jüngsten Zeit abgeliefert hat, während England mit Passing Glance (holte sich in Baden-Baden das Oettingen-Rennen) ebenfalls nur Außenseiterchancen zukommen. Besser abschneiden könnte Special Kaldoun aus Frankreich, der sich am Arc-Wochenende in Longchamp ein Gruppe II-Rennen sicherte.

Erstaunlicherweise wagt sich nur ein Amerikaner an den Start mit Mister Acpen. Aus Singapur kommt Ninetyfive Emperor.

Natürlich liegt man nicht verkehrt, wenn man sich an den Hong Kong-Pferden ebenfalls orientiert. Bekanntlich tritt Olympic Express als Vorjahressieger an.

Doch Trainer Ivan Allan wirkte am Donnerstag etwas skeptisch: „Startnummer eins habe ich mir nicht gewünscht, Ich hätte 8,9 oder 10 bevorzugt.“ Bisher gewann Olympic Express kein Hong Kong-Rennen aus der Box unterhalb von 11.

Lucky Owners, Citizen Kane, Ho Choi, Meridian Star und Bowman´s Crossing vervollständigen das große einheimische Lot.

Auch im Sprint (10 Millionen HK-Dollar, 1.025.000 US-Dollar) wäre alles andere als ein Sieg für die Heimmannschaft eine Enttäuschung. Denn Silent Witness handeln nicht nur HK-Chinesen längst als einen der besten Sprinter auf der ganzen Welt. Sieben Siege bei sieben Starts ist die makellose Bilanz des von Tony Cruz trainierten Wallachs, der zumeist in unnachahmlicher Manier die Konkurrenz beherrschte.

Als sein großer Gegner im wertvollsten 1000 Meter-Rennen der Welt wird allgemein der Südafrikaner National Currency gehandelt, der in seiner Heimat auf zwei Bahnen den 1000 Meter-Bahnrekord hält.

Die vier Engländer Acclamation (gilt als äußerst beständig), Deportivo (sechsfacher Sieger bei neun Starts), The Tatling (dieses Jahr so gut wie nie zuvor) und The Trader (Fünfter in diesem Rennen 2001) sind sicher nicht zu unterschätzen.

Während Bomber Hill, Into The Night und Dantana Australien vertreten, konzentriert sich das Hong Kong-Interesse im Schatten von Silent Witness auf Grand Delight, All Thrills Too und Firebolt (2002 auf den ersten beiden Plätzen), Cape Of Good Home und Cheerful Fortune.

Live mithören können alle Turffreunde (auch in Deutschland) die Rennen übers Internet (www.hongkongjockeyclub.com/english), und schon wenige Minuten später sind auch die Videos auf dieser Homepage zu sehen.

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