Baden-Baden erlebt eine turbulente Besitzervereinigung

Der Standort für die Jahreshauptversammlung der Besitzervereinigung hätte nicht besser gewählt sein können. In den Räumen der neuen Iffezheimer Tribüne fand die Veranstaltung am Montag statt. Wenn man das Bilderbuchwetter am Montag als Maßstab nimmt, müsste es mit dem Rennsport in Deutschland alsbald aufwärts gehen.

Die sechsundfünfzig stimmberechtigten Mitglieder hatten allen Grund, auf einen harmonischen Ablauf der insgesamt elf Punkte umfassenden Tagesordnung zu hoffen. Manfred Ostermann, Präsident der Besitzervereinigung, wies u. a. in seiner Rede auf die zahlreichen Erfolge deutscher Pferde in den vergangenen Wochen und Monaten auf internationaler Top-Ebene hin.

Dabei sparte Ostermann (Foto) aber auch nicht mit Kritik im Zusammenhang mit den bisherigen vier Hauptrennen in Iffezheim, von den drei ins Ausland gegangen waren, so nach Holland, Frankreich und England. Das sollte wohl auch als Ansporn für die hiesigen Aktiven gemeint sein im Hinblick auf die folgenden Iffezheimer Renntage.

Im Folgenden beschrieb Daniel Krüger, Geschäftsführer der Besitzervereinigung, in seinem stimmigen Vortrag die durchweg positiven Eindrücke des zum vierten Mal ausgetragenen German Raceday auf der Rennbahn von Newmarket in Zusammenarbeit mit German Racing, der BBAG sowie führenden deutschen Gestüten. Dabei wies er auf die durchweg positive Resonanz des Markenzeichens „Made in Germany“ hin. Nicht nur mittels der German Thoroughbred News bei den EBN (European Breeder News) hat dieses Markenzeichen inzwischen Einzug gehalten, was erfreulicherweise auf allenthalben positive Resonanz stieß.

Streitpunkte im weiteren Verlauf der Veranstaltung waren vor allen Dingen die anhaltende Diskussion um die Neuausschreibung des Deutschen Derbys und die Positionierung des Galopprennsports bezüglich des Glücksspielstaatsvertrages. Dabei stellte bereits in seiner Einleitung Manfred Ostermann klar, dass man sich „aus einer neutralen Position heraus andere Rahmenbedingungen für Deutschlands wichtigstes Zuchtrennen wünsche als zuletzt.“

Dabei erinnerte der Präsident der Besitzervereinigung auch an Zeiten, wo die jeweiligen Kanzler Kohl bzw. Schmidt dem „Blauen Band“ ihre Aufwartung vor 35.000 – 40.000 Zuschauern gemacht hatten. „Wir wollen Hamburg das Derby nicht wegnehmen, aber wir wollen mit dieser Neuausschreibung vor allen Dingen neue Impulse und Denkanstöße setzen, das „Weiter so“ war aus unserer Sicht inakzeptabel“, ergänzte auch Andreas Tiedtke als Geschäftsführer des Dachverbandes in seinem vierzig-minütigen Vortrag.

Einen mitentscheidenden Kritikpunkt nahm Präsident Manfred Ostermann höchst persönlich vor. „Der Zustand des Geläufs war einmal mehr sehr bedenklich und eines Derbymeetings unwürdig“, zumal am sechsten Tag nicht weniger als zwanzig Abmeldungen unter den achtzig angemeldeten Pferden zu beklagen waren. „Das ist einem Premiumrennen, vergleichbar mit dem Championsleague-Finale, nicht würdig“, so auch Gregor Baum ergänzend, der selbst Mitglied im HRC ist.

Auch die wiederholte massive finanzielle Unterstützung im sechsstelligen Bereich könne aus Sicht des Dachverbandes so nicht weitergehen, wurde in diesem Zusammenhang erwähnt. Vehemente Kritik an der Neuausschreibung des Derbys meldete in der Folge Dr. Reinhard Göhner an, der den Umgang mit dem HRC als Schlammschlacht zitierte (Gerhard Schöningh) und den Vorstand in Gänze bezüglich der Umgangsformen mit dem HRC, bei dem er selbst Mitglied sei, in Frage stellte.

Zum Glücksspielstaatsvertrag lässt sich als Resumee des Verbandes anfügen, dass es hätte schlimmer kommen können. So sieht Andreas Tiedtke jedenfalls mehr Chancen als Risiken für den Rennsport, die abschließend jedoch noch nicht in Gänze beurteilt werden können. U. a. teilte Tiedtke gleichzeitig mit, das man nicht zuletzt Auswirkungen im Vertriebsnetz erwarte und auch bestehende Sportwettenfilialen gerne für die Übertragung von Pferderennen in Zukunft ergänzt sähe.

In einer turbulenten und emotionsgeladenen Aussprache warf Dr. Reinhard Göhner nicht zuletzt als Mitglied der Besitzervereinigung dem Verband im Kern eine anhaltende Blockadepolitik bei der Entwicklung eines neuen Glücksspielstaatsvertrags vor und sprach in diesem Zusammenhang von „ungenutzten Chancen des Deutschen Galopprennsports“.

Besonders deutlich wurden an diesem Morgen aber auch die unterschiedlichen Positionen von Galopprennsport und Trabrennsport während der Ausarbeitung des neuen Glücksspielstaatsvertrages, wie Andreas Tiedtke berichtete, die eine gemeinsame Linie beider Sportarten wohl auch in Zukunft als undenkbar erscheinen lassen. Sollte beispielsweise bezüglich einer Neuausschreibung das Derby nicht mehr in Hamburg stattfinden, würde dies gleichzeitig auch das Aus für den Galopprennstandort Hamburg bedeuten.

Damit wäre auch die Diskussion um eine neue Doppelrennbahn endgültig beendet, obwohl diese im Senat den Informationen nach schon weiter fortgeschritten zu sein scheint, als der Galopperdachverband wohl vermutet. In Hamburg ginge jedenfalls eine 143-jährige Derbytradition zu Ende. Andreas Tiedtke jedenfalls bot vom Rednerpult an, die Rennbahn in Iffezheim gegebenenfalls mit seiner Gesellschaft CNS zu mieten und versprach in diesem Zusammenhang im dritten Jahr Gewinne zu schreiben.

„Hier bedarf es wohl eher eines diplomatisch versierten Konfliktmanagers als eines Elefanten im Porzellanladen“, beschrieb ein seit vielen Jahren versierter Besitzer und Züchter die Gesamtsituation um die Stimmungslage bei vielen wichtigen Themen, die für die innere Zerstrittenheit steht. Präsident Manfred Ostermann und Albrecht Woeste wiesen nicht nur die Kritik Göhners vehement zurück, sondern appellierten zugleich an die Geschlossenheit der Mitglieder. Ostermann erwog gleichzeitig sogar seinen Rücktritt vom Amt als Konsequenz aus seiner persönlichen Enttäuschung.

Überhaupt hofft man insgesamt weiter auf Einigkeit und Geschlossenheit, den der Turf dringender denn je benötigt, gerade in diesen schwierigen Zeiten. Jedenfalls tragen Aktionen wie die preisgekrönte Ausarbeitung junger Studentinnen der Göttinger Universität um Marketing Frontmann Nico Lafrentz wohl eher zu einem Neuaufbruch des Rennsports bei als die innere Zerstrittenheit um die strategische Ausrichtung.

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