Interview mit Waldgeist-Jockey Pierre-Charles Boudot
Als Pierre-Charles Boudot 2014 – damals noch als zweiter Mann am Stall von André Fabre – erstmals auf Gruppe I-Level im Grand Prix de Paris siegte, konnte man seine große Zukunft allenfalls erahnen. 2016 stellte er einen europäischen Rekord auf mit 300 Siegern in einem Jahr, vergangenen Sonntag gewann er erstmals den Prix de l´Arc de Triomphe. Von einem Zufall redet da niemand. Das Gespräch zeichnete Rolf C. Hemke auf.
Herr Boudot, herzlichen Glückwunsch zu diesem phänomenalen Wochenende und dem Arc-Triumph, wie geht es Ihnen jetzt?
Als ich die Ziellinie auf Waldgeist passierte, war ich auf Wolke Nummer sieben. Danach musste ich mich auf den Prix de la Fôret mit One Master als Titelverteidigerin konzentrieren. Erst jetzt kann ich anfangen, auf mich wirken zu lassen, was im Arc passiert ist.
Was ist denn passiert?
Man kann das im Grund ganz einfach sagen: Das ist das Rennen, das jeder Jockey gewinnen will und das ist genau der Grund, warum man sich jeden Morgen so früh aus dem Bett quält, in der Hoffnung, dass man eines Tages sein Bein über ein Pferd schwingen kann, das in der Lage ist, an einem dieser großen Tage gewinnen zu können. Sechs Rennen an einem Wochenende zu gewinnen, ist toll – aber der Arc ist einfach nochmal ein ganz anderes Rennen.
Waldgeist ist zum zweiten Mal in Arc angetreten, was war dieses Jahr anders?
Er ist in diesem Jahr besser denn je. Letztes Jahr hat er den Prix Foy sehr locker gewonnen – vielleicht zu gut – deshalb war er dann vielleicht nicht mehr ganz so gut im Arc. Dieses Jahr war das umgekehrt. Das Pferd hat sich nach dem Start im Prix Foy wirklich gesteigert und er war heute in großer Form. Hatten Sie nach dem Rennen Kontakt mit Frankie Dettori? Frankie hat mir heute nach dem Rennen gratuliert. Ich habe viel Respekt für ihn und für Enable. Aber heute im Rennen waren wir Gegner. Unglücklicherweise sind Enable und er heute auf Waldgeist im Zenith seiner Leistungsfähigkeit getroffen.
Wie haben Sie das Rennen erlebt?
Wir hatten einen ganz glatten Rennverlauf. Wir sind gut aus den Boxen gekommen. Das Renntempo war wirklich sehr ordentlich. Allerdings war Waldgeist in der ersten Hälfte des Rennens kalt und es hat lange gedauert bis er ins Rennen, bis er seinen Rhythmus gefunden hatte. Eigentlich habe ich erst im letztes Drittel richtig gespürt, dass er sich wirklich engagiert gezeigt hat. Und als ich ihn dann auf der Zielgeraden links aus dem Feld gezogen habe, da hat er dann Enable anvisiert und den Turbo gezündet. Er ist angezogen wie nie.
Vor dem Rennen hatte es geheißen, Waldgeist brauche eher guten Boden?
Das Rennen ist doch der beste Beweis, dass Waldgeist jeglichen Boden beherrscht. Ich habe mich von den Aussagen, dass er guten Boden braucht, vor dem Rennen nicht irritieren lassen. Ich war ja schon mit ihm auf weicheren Boden unterwegs und er hatte immer gegeben, was er konnte. Ich hatte viel Vertrauen in Waldgeist und genauso in die Vorbereitung, die André Fabre ihm beschert hat.
Sechs Siege am Arc-Wochenende. Was raten Sie dem Jungjockey, der Sie als Vorbild nimmt?
Das ist nicht einfach. Da müssen einfach viele Dinge zusammenkommen: Großartige Pferde, die auf den Punkt vorbereitet sind und dann auch noch einen solch weichen Boden können. Zumal sich die Bodenbeschaffenheiten durch den neuerlichen Regen heute ja nochmal von gestern unterschieden hat. Und dann braucht man auch noch eine ganze Menge Selbstvertrauen. Das muss man sich auch erarbeiten mit der Zeit, mit Erfahrung – und ein paar Erfolge zur rechten Zeit helfen dabei auch.