Mit W. St?ber

GaloppOnline.de: Ihr Name war in Rennsportkreisen bislang gänzlich unbekannt. Wie kam es zu Ihrem Engagement beim Club?

Wolfgang Stüber: Ich bin im Dezember angesprochen worden, ob mich eine solche Aufgabe reizen würde. Es hat dann dementsprechende Gespräche gegeben und von beiden Seiten war man sich auch relativ schnell über eine Zusammenarbeit einig.

GaloppOnline.de: Wie zu hören war, soll es Vorgespräche mit einem halben Dutzend Kandidaten gegeben haben. Der Club hatte sich wohl auch auf einen Kandidaten geeinigt, der dann aber wegen eines anderen Jobs absagte. Stört Sie es, möglicherweise nur zweite Wahl gewesen zu sein?

Wolfgang Stüber: Davon ist mir nichts bekannt und es stört mich auch überhaupt nicht. Es ist doch auch nur legitim, wenn man sich mit Alternativen beschäftigt.

GaloppOnline.de: Was prädestiniert Sie denn dazu, als Geschäftsführer für den Internationalen Club tätig zu sein?
Stüber: Zunächst reizt mich die Aufgabe ungemein. Ich habe in meinem bisherigen Berufsleben schon einige dicke Bretter bohren können und denke, dass ich auch in Iffezheim einiges bewegen kann.

GaloppOnline.de: Wie stellt sich denn ihre bisherige Vita dar?

Wolfgang Stüber: Ich bin in der Industrie groß geworden. Nach dem Studium hab ich beim Brown Boveri-Konzern in verschiedenen kaufmännischen Funktionen gearbeitet, war insgesamt zwölf Jahre in Mannheim. Anschließend war ich für den Röchling-Konern tätig, war dort für die Sanierung eines Tochterunternehmens zuständig.

Dann habe ich als Finanzvorstand für den Seeber-Konzern gearbeitet, ein Unternehmen der Autozulieferer-Branche. Als ich dort anfing, betrug der Umsatz 500 Millionen Mark, bei meinem Abschied 500 Millionen Euro.2002 habe ich mich in Baden-Baden selbstständig gemacht, mit der Firma WSN, Stüber und Partner habe ich mittelständische Unternehmen beraten, eine Art Unternehmenscoaching gemacht.

GaloppOnline.de: Und das geben Sie jetzt auf?

Wolfgang Stüber: Die Firma wird weiter bestehen bleiben, aber ich bin natürlich nicht mehr im operativen Geschäft. Schließlich habe ich hier einen Fulltime-Job übernommen.

GaloppOnline.de: Wie ist Ihre Affinität zum Rennsport?

Wolfgang Stüber: Ich komme ja aus Baden-Baden, bin schon als kleiner Junge an der Hand meiner Großeltern auf der Bahn gewesen. Als Jugendlicher, da war ich so 15, 16 Jahre alt, habe ich einmal eine bemerkenswerte Einlaufwette getroffen. 2,50 Mark Einsatz, geradeaus gespielt.

Ich weiß noch wie heute, wie das von mir als Sieger gewettete Pferd fünfzig Meter vor dem Ziel an dem anderen vorbei ging. Die Auszahlung betrug 600 Mark, davon habe ich mir damals einen Tennisschläger gekauft, Marke Slazenger, der war eigentlich unerschwinglich für mich.

Seit vielen Jahren bin ich Gast auf der Bahn, habe immer einen bestimmten Tisch und habe häufig Freunde und Geschäftspartner mitgebracht. Mein Bruder ist Mitbesitzer am Stall Advokat, bei Wolfgang Gülcher stehen zwei Pferde. In diesen Farben lief Sudden Shock, der ja ein hervorragendes Hindernispferd war und später gut nach England verkauft wurde. Da hat man natürlich entsprechend mitgefiebert.

GaloppOnline.de: Nun steigen Sie zu einem Zeitpunkt in den Galopprennsport ein, zu dem dieser keine gute Zeit durchlebt. Die Umsätze gehen zurück, es sind weniger Pferde im Training.

Wolfgang Stüber: Das merken wir ja auch hier in Iffezheim. Es stehen nur noch 169 Pferde in den Stallungen, es waren einmal 200. Aber wir wollen versuchen, die Zahl wieder auf 200 zu bringen. Die Trainingsmöglichkeiten sind doch ideal.

Grundsätzlich glaube ich aber, dass die Zeiten doch gar nicht so schlecht sind. Wir haben hier die besten Chancen, die Zukunft optimal zu gestalten. Der Bekanntheitsgrad der internationalen Galopprennen in Baden-Baden ist außergewöhnlich hoch. Wir sind eine Premium-Marke. Unsere Infrastruktur stimmt, wir haben hier gegen den Trend investiert. Darauf lässt sich aufbauen. Das muss auch geschehen, denn wir müssen Einiges tun, um unsere Schulden zu tilgen.

GaloppOnline.de: Wenn Sie schon so viele Jahre nach Iffezheim kommen, dann haben Sie sicher ganz konkrete Vorstellungen, was sie alles besser und anders machen können.

Wolfgang Stüber: Zunächst einmal bin ich erst wenige Tage im Amt. Natürlich werde ich das Rad nicht neu erfinden können. Gerade im renntechnischen Bereich stehen mir mit Dr. Frank Joyeux und Peter Banzhaf zwei ausgewiesene Experten zur Verfügung. Ich bin froh, dass sie da sind und bin sicher, dass wir gut zusammenarbeiten werden.

GaloppOnline.de: Wir sind auch keineswegs davon ausgegangen, dass Sie geholt wurden, um zu entscheiden, an welcher Stelle des Tagesprogramms das Jagdrennen gelaufen wird. Geht es nicht in erster Linie um eine Verstärkung der Drittveranstaltungen auf der Bahn und um eine Erhöhung des Sponsorenaufkommens?

Wolfgang Stüber: Vollkommen korrekt. Wenn Sie heute aus meinem Büro auf die Rennbahn schauen, sehen Sie erstklassige Facilitys, Gebäude und Räumlichkeiten, die alle Möglichkeiten bieten. Nur: Sie sind leer und das sollte auf Dauer anders werden. Die Zahl der Drittveranstaltungen hier in Iffezheim ist eindeutig zu klein, sie ist stark ausbaufähig. Die Bahn wird gerade einmal an drei Wochen im Jahr intensiv genutzt, ist zu siebzig bis achtzig Prozent der Zeit nicht ausgelastet. Das kann es nicht sein. Kein Unternehmen kann es sich leisten, seine Räumlichkeiten nur dreimal im Jahr zu benutzen. Natürlich wird sich an den Rennveranstaltungen nichts ändern, das ist Tradition, ja Kult. Aber meine Aufgabe wird es sein, in der rennfreien Zeit mehr Leben auf die Bahn zu bringen.

GaloppOnline.de: An was haben Sie denn konkret gedacht?

Wolfgang Stüber: Meetings, Kongresse, ja sogar Messen. Veranstaltungen, die durchaus etwas mit dem Pferd zu tun haben können. Etwa ein Kongress für Tierärzte. Oder etwas mit Autos. Eine Ausstellung mit hochkarätigen Sportwagen, ein Wochenende unter dem Motto „Pferd und PS“. Vielleicht kann man sogar Autos verkaufen oder versteigern. Ich könnte mir ein Reitturnier auf der Bahn vorstellen, vielleicht sogar Polo-Spiele. Oder warum sollte man im Winter nicht einmal einen Biathlon-Wettbewerb durchführen?

Das sind jetzt so Gedankenspiele, aber wir haben gleich nach meinem Antritt hier beim Club ein Brainstorming mit dem ganzen, sehr motivierten Team gemacht, bei dem erstaunlich viel Positives herausgekommen ist. Eines ist doch klar: Mit dem Bau der Benazet-Tribüne ist das Tor zur Zukunft aufgestoßen worden. Wir haben alle Möglichkeiten, wir müssen sie nur umsetzen. Ich war Gast, als Peter Maffay hier letztes Jahr ein Konzert gab. Das war schon etwas, eine tolle Veranstaltung. So etwas müssen wir intensivieren.

GaloppOnline.de: Wie ist denn Ihr Kontakt zu den Kommunen? Die Gemeinde Iffezheim und die Stadt Baden-Baden sind ja wichtige Partner des Clubs.

Wolfgang Stüber: Keine Frage. Ich sehe ohnehin gute Synergieeffekte mit der Stadt Baden-Baden. Festspielhaus, Spielbank, da können ganze Event-Pakete geschnürt werden. Und zur Gemeinde Iffezheim ist der Kontakt traditionell sehr gut.

GaloppOnline.de: Wie sieht es im Sponsoring-Bereich aus?
Stüber: Ich würde ihn als steigerungsfähig bezeichnen, sehe erhebliche Optimierungs-Möglichkeiten. Wir werden uns insbesondere in der Region umschauen und uns verstärkt dem klassischen Mittelstand widmen. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir das eine oder andere Unternehmen für uns gewinnen können.

GaloppOnline.de: Volkswagen sponsert noch in diesem Jahr den Großen Preis von Baden, der mit sehr üppigen 750 000 Euro dotiert ist. Wie steht es mit einer möglichen Vertragsverlängerung, ist es überhaupt notwendig, dass eine solche Summe über diesem Rennen steht?

Wolfgang Stüber: Bislang war der „Große Preis“ Teil der „World Series“, die es in dieser Form ja nicht mehr gibt. Da war der Geldpreis ja sozusagen Bedingung, wollte man dazu gehören. Wie das in Zukunft gestaltet wird, werden wir zu gegebener Zeit überlegen und auch entsprechende Verhandlungen führen.

GaloppOnline.de: Vom Rennbahnbesucher zum Gastgeber: Was werden Sie nun wirklich ändern?

Wolfgang Stüber: Ich hatte ja oft Gäste auf der Bahn. Auffällig war immer, dass bis zum Hauptrennen Small talk geführt wurde, gegessen und auch eifrig gewettet wurde, das Interesse dann anschließend aber doch allmählich verflog. Ohne, dass der potenzielle Wetter abgeschreckt wird, könnte ich mir vorstellen, den Renntag etwas unterhaltsamer zu gestalten. Warum sollte nicht einmal eine Modenschau durchgeführt werden?

Wir stellen alles und jedes auf den Prüfstand, so auch den Ablauf eines Renntages. Wenn Sie in der Automobilindustrie groß geworden sind, müssen Sie ständig auf Marktveränderungen reagieren. Sicherlich können wir das Grundprodukt Pferderennen nicht verändern, aber das Rahmenprogramm können wir schon optimieren.

GaloppOnline.de: In der Kritik war in der jüngeren Vergangenheit verstärkt die Preispolitik des Internationalen Clubs. Es sei deutlich zu teuer geworden, das beklagen nicht nur die Stammgäste.

Wolfgang Stüber: Wir dürfen keineswegs den normalen Sattelplatzbesucher verprellen. Deshalb werden wir ganz genau prüfen, was auf diesem Sektor noch getan werden kann. Das gilt natürlich auch für den Tribünenbereich. Die Leute sollen sich hier schließlich wohl fühlen. Kinder, Jugendliche, Ehefrauen von Wettern, alle sind unsere Gäste und sollen wiederkommen. Der Focus muss auf den Kunden gelegt werden, der, der die Einnahmen bringt.

GaloppOnline.de: Waren Sie schon einmal auf anderen Rennbahnen?

Wolfgang Stüber: In Hamburg war ich einmal eingeladen, auch einmal in Chantilly. Da hat es mir natürlich sehr gut gefallen. Ich denke, dass ich in den nächsten Wochen und Monaten aber andere deutsche Bahnen besuchen werde. Man muss ja schließlich wissen, was die anderen so machen.

GaloppOnline.de: Ihr Vorgänger hat sich im deutschen Rennsport ja durchaus stark überregional in entsprechenden Gremien engagiert. Werden Sie das auch tun?

Wolfgang Stüber: Im Moment kommt das sicher noch nicht in Betracht, meine ganze Aufmerksamkeit gilt dem Internationalen Club. Das ist eine echte Herausforderung, doch ich habe noch nie einfache Aufgaben gehabt.

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