GaloppOnline.de: Wie fällt Ihre aktuelle Bilanz aus?
Engelbrecht-Bresges: Wir haben aktuell pro Jahr 60 Milliarden HK-Dollar (rund 6 Milliarden Euro) Umsatz bei den Pferden, auf Fußballwetten entfallen 30 bis 33 Milliarden. Der Start bei den Galoppern war schwach, wir lagen sieben bis acht Prozent unter dem Vorjahresergebnis. Derzeit beträgt das Minus noch zwei bis drei Prozent, wird auch zu Saisonende in dieser Art liegen. Der HKJC hat 4500 Angestellte und 20.000 Teilzeitkräfte.
In der Stadt gibt es 110 Wettannahmestellen. Nur acht Prozent des Umsatzes kommen von der Bahn, 92 Prozent von außerhalb. 28 Prozent fließen in bar in die Kassen. Sogenannte Smart Cards werden verwendet. Wir haben 1,2 Millionen Telefonkunden, 120.000 Palm-Computer-Kunden.
GaloppOnline.de: Was für ein Plus macht der Jockey Club im Jahr?
Engelbrecht-Bresges: Im Vorjahr hatten wir einen Überschuss von 2,2 Milliarden Dollar (rund 220 Millionen Euro). Davon ging eine Milliarde in einen Charity Trust.
GaloppOnline.de: Wie stark sind die Zuwachsraten beim Fußball?
Engelbrecht-Bresges: Sportwetten haben ein riesiges Wachstumspotenzial. Wir liegen jetzt 22 Milliarden über den Zahlen der Einführung.
GaloppOnline.de: Der Hong Kong Cup war das letzte Rennen der World Series Racing Championship. Die Serie wird in der Öffentlichkeit kaum mehr wahrgenommen. Hat sie noch eine Zukunft?
Engelbrecht-Bresges: Das Businessmodell der Serie hat sich nicht bewährt. Es gibt keinen klaren Focus, es fehlen Bonus-Aktionen, zusätzliches Geld, das man verdienen kann. Eine nette Idee, die allerdings nicht zu Ende gedacht wurde.
GaloppOnline.de: In welcher Art von Rennen haben Sie in Hong Kong die höchsten Wettaufkommen?
Engelbrecht-Bresges: In Rennen der Class 2 und 3 haben wir den höchsten Deckungsbetrag, wenn auch in der Class 1 der Umsatz etwas höher ist. Am besten ist, wenn in einem Rennen fünf bis sieben Pferde Chancen besitzen. Rennen mit nur einem heißen Favoriten mögen unsere Kunden nicht. In den International Races ist der Umsatz ebenfalls signifikant schlechter. Die Leute wetten lieber in Rennen, in denen sie die Pferde kennen. Wir haben hier viele Know-how-Wetter, die sich drei bis vier Stunden mit den Formen beschäftigen und alle Infos haben wollen.
Am besten sind 1400- bis 1600-Meter-Rennen. 2400 Meter-Rennen sind ganz unbeliebt. Auch in Rennen mit weniger als zehn Pferden geht das Interesse stark nach unten. Wir brauchen schon eine bestimmte Pferdeanzahl. In Japan kommt rund die Hälfte des Umsatzes aus dem Hauptrennen. In Hong Kong stammen 18 Prozent aus dem letzten Rennen.
GaloppOnline.de: Hier gibt es fast nur Handicaps und kaum Altersgewichtsrennen. Warum? Wie qualifiziert man sich für die Ausgleiche?
Engelbrecht-Bresges: Die Wetter geben Handicaps klar den Vorzug. Ein Trainer gibt die erste Präferenz, bevor die Pferde ausgelost werden, da wir meist mehr Bewerber haben als letztlich laufen dürfen. Er benennt das Pferd, das unbedingt starten soll. Es gibt außerdem sogenannte Trump Cards. Pferde, die damit oder mit einer ersten Präferenz ausgeschieden worden sind, haben beim nächsten Mal einen Vorzug. Das ist alles ganz transparent und für die Leute nachvollziehbar.
GaloppOnline.de: Wie stark ist der Rennsport in der Presse und im Fernsehen präsent?
Engelbrecht-Bresges: Es gibt hier 50 Tageszeitungen, von denen 48 über Galopprennen berichten. Und zwar auf sechs bis acht Seiten täglich. Natürlich ist die South China Morning Post dem Turf ganz besonders zugetan. Außerdem erscheinen zur Starterangabe 15 Wettzeitungen. Wir haben hier zwei TV-Stationen, davon einen Pay-TV-Channel, der täglich über die Morgenarbeit und die Rennen berichtet und einen Free-Channel, der von den Renntagen und jeden Abend eine halbe Stunde sendet.
GaloppOnline.de: Aus Deutschland wurden in den vergangenen jahren auch einige Pferde nach Hong Kong verkauft. Viel gehört hat man von ihnen nicht mehr…
Engelbrecht-Bresges: Die deutschen Pferde hier haben sich bislang nicht bewährt. Vielleicht liegt das am guten bis festen Boden. Außerdem brauchen sie meistens ein halbes Jahr bis neun Monate Zeit, um sich zu akklimatisieren. Und dann finden auch nicht viele Rennen über Distanzen jenseits von 2000 Metern bei uns statt.
GaloppOnline.de: Sprint-Ass Silent Witness fehlte bei den International Races. Warum?
Engelbrecht-Bresges: Beim Versuch, seine Leistungsgrenze zu testen, hat er nicht genug Pausen bekommen. Er ist einfach müde. Seine Leistung in Japan vor den besten dortigen Meilern war sensationell, aber er ist nun einmal ein Superstar auf Wegen zwischen 1000 und 1400 Metern. Ich denke, dass er über 1400 Meter in Bestform von keinem anderen Pferd geschlagen werden kann.
GaloppOnline.de: Ist der weiter aufgewertete Dubai Racing Carnival ab Januar eine große Konkurrenz für die International Races ?
Engelbrecht-Bresges: Es ist verständlich, dass Sheikh Mohammed seine Pferde auf Dubai konzentriert. Das wirtschaftliche Modell dort ist sehr interessant, da es von Wetten völlig unabhängig ist. Bei uns gibt es klare Umsatzziele und Verantwortungen. In Dubai trifft Sheikh Mohammed letztlich jede Entscheidung. Wir haben in Kürze eine Strategiesitzung, es geht dabei um unsere Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Dubai. Wir werden über die Ausrichtung des Meetings sprechen.
Für Hong Kong-Pferde kommt beispielsweise die HK Vase zu früh, die Wetter mögen diese Rennen ohnehin nicht, und die Bedeutung von Prüfungen über eine solche Distanz nimmt weltweit ab. Aber eine Turf-World Championship, wie sie die Cathay Pacific International Races nun einmal sind, ohne ein 2400 Meter-Rennen, ist schwer vorstellbar. Auch bei den Preisgeldern werden wir Überlegungen anstellen.
GaloppOnline.de: Warum sieht man Hong Kong-Pferde so selten in Europa?
Engelbrecht-Bresges: Die Preisgelder in Europa sind nicht attraktiv genug, das sind Peanuts im Vergleich zu den hiesigen Dotierungen. Außerdem handelt es sich bei den Pferden oft um Wallache, die in den Top-Rennen vielfach nicht startberechtigt sind.
GaloppOnline.de: Welche Baumaßnahmen werden für die Olympischen Spiele in Peking 2008 eingeleitet?
Engelbrecht-Bresges: Wir planen eine Expansion des Trainingsbereichs wegen Olympia. Zweihundert Ställe und ein Stadion werden gebaut. Zudem werden die Stallungen renoviert.
GaloppOnline.de: Im chinesischen Rennsport scheint sich nicht mehr Positives zu bewegen.
Engelbrecht-Bresges: Es gibt in China 42 Galopprennenbahnen, von denen nur zwei regelmäßig operiert haben. Eine wurde nun geschlossen, da die Rennen nicht mehr legalisiert sind. Das hat einen Investor aus Hong Kong nun eine Milliarde HK-Dollar gekostet. Dreihundert Pferde sind erschossen worden. In Shanghai gibt es bald ein Charity-Rennen. Man ist äußerst vorsichtig beim Thema Wetten, hat Angst vor Korruption oder Geldwäsche.
Ich denke, das wird alles noch fünf bis zehn Jahre dauern, ehe der Turf in China in Gang kommt. Es ist eine Politik der kleinen Schritte. Bisher hat man quasi in einen isolierten Haus gelebt. Jetzt geht es darum, die Tür etwas aufzumachen und ein wenig Frischluft hereinzulassen. Hong Kong ist gewissermaßen ein Testpilot für China.
GaloppOnline.de: Wie kann der deutsche Rennsport aus der Krise kommen?
Engelbrecht-Bresges: Wenn der deutsche Turf sich nicht anders positioniert angesichts der aufstrebenden Sportwetten, dann wird es sehr schwer. Es ist tragisch, dass die deutsche Vollblutzucht erfolgreicher denn je ist, die Pferde zwischen 2000 und 2400 Metern zur absoluten Weltspitze zählen, aber in wirtschaftlicher Hinsicht genau das Gegenteil der Fall ist.
Man braucht eine gemeinsame Vision in Deutschland. Jedes erfolgreiche Unternehmen hat eine Vision. Leider ist alles zerstückelt, es müssen Gräben zwischen den Interessengruppen überwunden werden. Oft stehen die Machtdiskussionen über den Sachfragen.