GaloppOnline.de: War denn im Traum mit einer so starken Ausbeute in Frankreich, wie Sie sie in diesem Jahr geschafft haben, zu rechnen?
Werner Baltromei: Ich hätte denjenigen, der so etwas vermutet hätte, für verrückt erklärt. Man kann das nicht vorhersagen. Sehr wichtig ist die gute Zusammenarbeit mit Dominique Boeuf und Johan Victoire sowie mit Alex Doussot, dem Agenten der beiden Jockeys. Außerdem hat mir Roland Alfons das Handicapsystem in Frankreich bestens beigebracht. Ich musste das System ja auch erst kennenlernen. Ich habe lange dafür gearbeitet.
GaloppOnline.de: Gibt es ein Erfolgsgeheimnis?
Werner Baltromei: Auch in Frankreich kann man das kaum glauben. In den letzten vier Wochen wurden so gut wie alle meine Pferde umfangreichen Doping- und Bluttests unterzogen. Aber das ist eben Management. Die Pferden werden über Verkaufsrennen vorbereitet. Die Ausschreibungen und Routen bespreche ich mit Herrn Boussot. Und Dominique Boeuf sagt, was die richtige Bahn für das jeweilige Pferd ist, ob Links- oder Rechtskurse besser sind. Natürlich steigen die Telefonkosten enorm. Es ist mein bestes Jahr, doch habe ich das früh angekündigt.
GaloppOnline.de: Wie gehen Sie mit Kritikern um, die behaupten, da könnte etwas nicht mit rechten Dingen zugehen?
Werner Baltromei: Ich sehe das positiv. Ich verstehe manchmal selbst nicht, ob meine Pferde so gut oder die anderen so schlecht sind. Mit den Neidern muss man leben.
GaloppOnline.de: Phänomenal war die Entwicklung von Le Miracle zum Gruppe I-Platzierten.
Werner Baltromei: Dass er ein gutes Pferd sein würde, wusste ich. Er war eigentlich schon abgeschrieben, war in München in der Klinik. Doch die Diagnose war gut, und der Besitzer hat es noch einmal versucht. Wir haben ihn über Verkaufsrennen aufgebaut, keiner wollte ihn haben. Beim dritten Mal habe ich Graf von Norman gesagt, er sollte auch ein Gebot abgeben. Er musste schließlich 3800 Euro bezahlen, war später aber ganz happy. Le Miracle ist schon auf dem Weg ins Gestüt, das haben wir auch im Vorjahr so praktiziert. Der Wallach wird im nächsten Jahr in den einschlägigen Steherrennen starten.
GaloppOnline.de: Kann sein kleiner Bruder Loup de Mer in die Fußstapfen treten?
Werner Baltromei: Er hat sich zuletzt im Gruppe I-Rennen sehr gut verkauft, obwohl er noch Pech hatte. Allerdings ist er noch soweit, dass er über ähnlich weite Distanzen starten kann. Wir werden es nun im Grand Prix in Cagnes mit ihm über 2500 Meter versuchen. Ich denke, er kann dort sehr gut laufen. Weicher Boden ist für ihn von Vorteil, während Le Miracle gutes Geläuf bevorzugt.
GaloppOnline.de: Stephenson gewann zwei Tierce-Handicaps in Folge. Was trauen Sie ihm noch zu?
Werner Baltromei: Er hatte seine Wehwehchen, freut sich immer auf den Chiropraktiker. Wenn er von ihm behandelt worden ist, ging er sofort wie ein neues Pferd. Bei ihm ist der Aufbau auf ein Rennen etwas umständlich. Da er Probleme mit der Schulter, dem Huf und Fesselkopf hat, aber das Pferd besitzt einen richtigen Rennkopf. Nun steuern wir mit ihm ein Listenrennen am 25. November in Saint-Cloud über 3100 Meter an.
GaloppOnline.de: Neander wurde vom Stall Australia nach einem Hamburger Verkaufsrennen für 10.800 Euro geclaimt, hat nun ebenfalls zwei Tierce-Handicaps auf sein Konto gebracht. Wie kam es zu dieser Steigerung?
Werner Baltromei: Er war ein richtiges Schnäppchen. Ich habe das Pferd entdeckt, denn das ist genau der passende Kandidat für Frankreich. Eigentlich war ich dafür, dass er bei Piet van Kempen bleibt. Aber als er dort beim ersten Mal schlecht lief, hat Herr Hoffmeister neander zu mir gestellt. Anfangs war das Pferd sehr nervös, ein sehr geräuschempfindlicher Boxenläufer. Seitdem er Ohrenstöpsel trägt, ist er ein ganz anderes Pferd geworden. Er steht ganz ruhig in der Box oder im Transporter. Ich glaube, dass er noch nicht am Ende seiner Möglichkeiten ist und bereite ihn auf Cagnes vor. Egal ob Sand oder Gras, ob Links- oder Rechtskurs, er kann alles.
GaloppOnline.de: Welche Qualitäten muss ein Pferd haben, um ein Tierce zu gewinnen?
Werner Baltromei: Man sollte in Deutschland ein GAG von 78 bis 80 Kilo haben. Und vor allem sollte ein Pferd frisch und nicht schon zu sehr beansprucht sein.
GaloppOnline.de: Was haben Sie mit den beiden Sprintern Matrix und Omasheriff vor?
Werner Baltromei: Matrix ist aktuell nicht im Rennstall, sondern weilt zu Hause auf der Koppel beim Besitzer. Er wird ihn durchchecken lassen. Vom Kopf her ist er etwas müde.
GaloppOnline.de: Was ist mit den anderen Hoffnungsträgern wie Ruby Hill, Gandolfino und Soterio?
Werner Baltromei: Ruby Hill wird Mutter. Gandolfino bestreitet am 18. November ein Amateurreiten auf Sand. Der Besitzer möchte mit ihm gerne vor der Haustür laufen. Eigentlich wäre er ein ideales Pferd für Cagnes. In Deutschland hat man wenig Möglichkeiten. Soterio wird natürlich nicht jünger. Zuletzt lief er auf kürzerer Distanz sehr stark, hatte noch etwas Pech. Wir werden es nun in dem Rennen von Stephenson in Saint-Cloud versuchen.
GaloppOnline.de: Wer begleitet die Pferde auf den Reisen? Sie können nicht immer selbst mit dabei sein.
Werner Baltromei: Die Pferde reisen in der Regel zu mehreren. In Chantilly gibt es einen Stall, dem Dominique Boeuf sehr verbunden ist, dort ist die Dependance, in der die Pferde dann bis zum Rennen stehen. Dort kann man auch einen Canter gehen. Vaclav Korytar und die gesamte Mannschaft haben große Aktien am Erfolg. Das ist das Geheimnis. Ohne Teamarbeit geht es nicht. Wenn ich nicht da bin, übernimmt Herr Doussot wichtige Aufgaben.
GaloppOnline.de: Gibt es noch weitere junge Hoffnungen?
Werner Baltromei: Lord John, der gerade debutiert hat, sollte im nächsten Jahr richtig auf Touren kommen. Mashour sollte im Münchener Auktionsrennen eine gute Partie liefern. Auch einige interessante Debutanten sind bein uns. Herr Jordi vom Stall Weissenstein gibt mir Mill Reality, ein Pferd,das vorher bei Nicolas Clement stand und von dem man eine hohe Meinung hat.
GaloppOnline.de: Wie stark ist die Nachfrage nach all den Erfolgen?
Werner Baltromei: Sehr groß, ich bekomme drei Karlshofer, auch Grantsville aus dem Stall Sparenburg kommt zu mir. Auch einige andere Besitzer haben Interesse signalisiert. Ich erwarte insgesamt 25 Jährlinge. Wenn alle Pferde da sind, werden es rund sechzig sein. Ich sage aber auch den Besitzern, wenn es keinen Sinn mehr hat, ein Pferd besser abzugeben.
GaloppOnline.de: Können Sie sich einen dauerhaften Wechsel nach Frankreich vorstellen?
Werner Baltromei: Das ist vorerst kein Thema. Man muss abwarten, was in Deutschland passiert. Falls hier aber alles zusammenbrechen sollte, was ich nicht hoffe, würde ich eine Lizenz in Frankreich machen. Es ist alles auch eine Rechenaufgabe. Da wir häufig Sammeltransporte machen, auch Pferde von Mario Hofer sind öfter dabei, lassen sich die Kosten aktuell im Rahmen halten. Wichtig ist, dass für die Besitzer etewas übrig bleibt.