Mit Peter
Gehm

In einem umfangreichen Artikel der italienischen Rennsport-Zeitung ‘Lo Sportsmanì’vor wenigen Tagen wurde berichtet, dass Peter Gehm (32) zu dem italienischen Vorzeige-Trainer Erik de la Motte wechseln würde. Doch der Dauer-Champion der Hindernisreiter (elf Titel, fünf als Amateur, sechs bei den Hindernisjockeys) – er bleibt bei Christian von der Recke, wie er in unserem Interview klarstellt.

GaloppOnline.de:
Warum haben Sie das Angebot aus Italien abgelehnt?

Peter Gehm:
Italien war schon vor anderthalb Jahren einmal im Gespräch. Ich hatte verschiedene Offerten. Das richtige war damals aber nicht dabei. Herr de la Motte setzt mich seit einiger Zeit verstärkt auf seine Pferde. Aber das Angebot war vom Finanziellen zu schwach.

GaloppOnline.de:
Aber in den italienischen Hindernisrennen gibt es doch deutlich mehr Geld zu verdienen als bei uns…

Peter Gehm:
Die Gewinnsumme reizt schon. Vier Jockeys hatten im letzten Jahr über eine Million erreicht. Wenn man für Herrn de la Motte als Stalljockey arbeitet, gehört man in diese Kategorie. Ich habe aber eine Familie, und die hätte zu Hause bleiben müssen. Ich möchte mich nicht von den Prozenten und Reitgeldern abhängig machen. Wenn man den Kopf nicht frei hat, reitet man auch dementsprechend schlecht. Rechnet man den Sieg in Pardubitz dazu, dann hatte ich in Deutschland fast 700.000 DM Gewinnsumme. Das war schon in Ordnung.

GaloppOnline.de:
Wie sind Ihre Möglichkeiten am Recke-Stall?

Peter Gehm:
Bei Christian habe ich einen guten Job, bekomme alle Chancen. Wenn wir Hindernisjockeys alle abhauen würden, gäbe es den Sport nicht mehr. Das größte Problem wird, Jockeys zu finden. Ich habe im letzten Jahr schöne, hochdotierte Rennen gewonnen. Auch im Ausland. Mit den eigenen Pferden dort aufzutrumpfen, ist noch einmal so schön. Vor vier, fünf Jahren haben wir bereits ein Team gebildet, auch in Isselburg, damals noch als Amateur.

GaloppOnline.de:
Wer sind denn die Haupthoffnungsträger im Champion-Stall?

Peter Gehm:
Wir haben viele talentierte Pferde verkauft, darunter auch Macleod, dem ich noch sehr viel zutraue. Ein sehr guter Vierjähriger wird Wild Power, er springt sehr ordentlich. Viele Pferde befinden sich aber erst noch im Aufbau, werden geschliffen. Auch Last Corner ist wieder mit von der Partie. Er arbeitet , hatte eine kleine Winterpause. Ich denke, im Preis von Karlshorst und den nächsten Top-Jagdrennen wird er ein ernstes Wort mitreden.

GaloppOnline.de:
Was bedeutete Ihnen der Sieg mit Eluna in England?

Peter Gehm:
Es ist schon etwas Besonderes, in England überhaupt reiten zu dürfen. Und dann gegen Stars wie Mc Coy oder Pipe zu gewinnen, war noch einmal so schön. Die spielen in einer anderen Liga. Ich war schon etwas stolz. Man muss sich überall bestimmte Dinge abschauen, sich an die Guten halten. Nur so kommt man weiter.

GaloppOnline.de:
Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation ihres Metiers in Deutschland? Wie lässt sich da überhaupt noch etwas machen?

Peter Gehm:
Man muss überall kleine Schritte machen. Der erste Punkt ist, Reiter zu finden. Und dann gibt es auf den wenigsten Bahnen noch Möglichkeiten, die Pferde vernünftig einzuspringen. In Düsseldorf und Hannover geht das jetzt auch nicht mehr. Alles wurde plattgemacht. Selbst in Köln bieten sich kaum Chancen zur Vorbereitung. So können die Jockeys ihr Talent auch nicht mehr beweisen. Und die Geldpreise sind eben bei weitem nicht so hoch wie in anderen Ländern.

GaloppOnline.de:
Sehen Sie auch positive Anzeichen hierzulande?

Peter Gehm:
Es sind diese kleinen Schritte. Es gibt 2002 mehr Rennen für Vierjährige als 2001. Und in München werden Rennen für bessere Hürdler angeboten. Das ist eine gute Aufbauchance für Baden-Baden.

GaloppOnline.de:
Der Aufbau der Recke-Pferde – wie läuft die Abstimmung zwischen dem Trainer und Ihnen?

Peter Gehm:
Wir klären da schon einiges untereinander ab. Wer hat mehr Galoppiervermögen, wer springt besser – das sind wichtige Fragen bei Vierjährigen. Einige werden auf den Roulette-Preis vorbereitet, manche für den Bäder-Preis oder wichtige Steepler-Prüfungen.

GaloppOnline.de:
Wenn Sie die Hindernis-Bahnen in Italien mit denen in Deutschland vergleichen, wie fällt Ihr Urteil aus?

Peter Gehm:
Rom ist gar keine so schˆne Bahn und nicht einmal so anspruchsvoll. Man kann da leicht relativ viel Geld verdienen. Und es gibt in Italien nur eine Handvoll Top-Reiter, die Pferde sind oft nur durchschnittlich veranlagt. Mit deutschen Pferden haben wir schon gute Rennen gewonnen. Viele Rennen sind aber inzwischen für Ausländer nicht mehr offen.

GaloppOnline.de:
Vor etwas mehr als einem Jahr wollten sie als Hindernisreiter aufhören, haben überlegt, Hufschmied zu werden. Haben Sie diese Entscheidung bereut?

Peter Gehm:
Ich hatte damals zwar eine gute Saison hinter mir, habe ein Rennen nach dem anderen gewonnen, aber nicht viel Geld verdient. Ich habe zwar gelebt, auch gut gelebt, aber ein Plus, das gab es nicht. Drei bis viermal die Woche war ich weg von meiner Familie (Ehefrau Petra, Söhne Patrick, 9, und Pascal, bald ein Jahr; Anm. d.Red.) auch im Ausland und habe weniger Geld nach Hause gebracht als mancher Fabrik- oder Montagearbeiter. Es kann nicht sein, dass man im Rennsport noch drauflegt. Zu dem Zeitpunkt, als ich als Hufschmied beginnen wollte, hat Christian sein Angebot verbessert. Ich br‰uchte momentan nicht mehr zu reiten, wenn ich nicht wollte.

GaloppOnline.de:
Ihre Frau hat schon einmal als Trainerin gearbeitet. Kommt dieses Thema für Sie auch einmal in Frage?

Peter Gehm:
Ich denke eher nicht. Bei Christian von der Recke bin ich eine Art Assistenztrainer, kann zweigleisig fahren, habe mehr Verantwortung als ein normaler Hindernisjockey. Auch wenn er in St. Moritz ist, habe ich das Kommando. Meine Frau hat es als Trainerin versucht, aber das ganze Drumherum hat nicht gepasst. Der Gedanke ist zwar nicht aus der Welt, doch müsste schon etwas Gravierendes passieren.

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