Peter Schiergen hat die deutsche Turf-Saison 2008 neuerlich dominiert. Seitdem Andreas Schütz nach Hongkong gewechselt ist, ist der Name Schiergen in den Erfolgslisten noch präsenter als er es vorher ohnehin schon war. In den Gruppe-Rennen war der Kölner Asterblüte-Rennstall anno 2008 wieder eine Macht, und die Vorzeichen stehen gut, dass es im kommenden Jahr auf ähnlichem Level weitergehen wird. Wir haben uns mit dem Trainer des Jahres, der im Jahr 2008 unter anderem das Derby, die Diana und den Großen Preis von Baden gewann, kurz vor dem Weihnachtsfest unterhalten.
GaloppOnline.de: Wie fällt Ihr Saisonfazit aus?
Peter Schiergen: Ich bin mit der abgelaufenen Saison eigentlich rundum zufrieden. Es gab viele Highlights und die Big Points waren auf unserer Seite. Die Anzahl der gewonnen Grupperennen hätte vielleicht noch einen Tick höher sein können, aber nach einem Jahr, in dem wir vier klassische Rennen gewonnen haben, sind wir natürlich vollauf zufrieden.
GaloppOnline.de: Wie wichtig ist ein Top-Jockey wie Andrasch Starke für den Asterblüte-Stall?
Peter Schiergen: Gute Jockeys im Stall zu haben ist für den gesamten Erfolg extrem wichtig. Andrasch Starke ist ein brillanter Reiter, mit dem die Zusammenarbeit großen Spaß macht. Aber auch Filip Minarik und die anderen Reiter am Stall spielen eine große Rolle. Der Grundstock für die Erfolge wird in der Morgenarbeit gelegt, da steht ein großes Team hinter, ohne das all das nicht möglich wäre. Vom Arbeitsreiter über den Futtermeister bis hin zum Tierarzt, alle sind für den Erfolg wichtig.
GaloppOnline.de: Sie bauen aktuell einen neuen Stalltrakt, wie schreiten die Bauarbeiten voran?
Peter Schiergen: Die Bauarbeiten gehen gut voran und wir hoffen, bereits im März vor dem Start der grünen Saison in Deutschland mit allem fertig zu sein. Im März sollen dann die ersten Pferde in den neuen Stall umziehen. Die Boxenanzahl des Stalles wird sich dadurch aber nicht erhöhen, wir ziehen nur mit einigen Pferden um.
GaloppOnline.de: Wie viele Pferde werden Sie im nächsten Jahr dann trainieren und wie ist die Struktur im Stall?
Peter Schiergen: Wie in diesem Jahr werden auch in 2009 rund 120 Pferde bei mir im Training stehen. Überwiegend handelt es sich dabei um Zwei- und Dreijährige. Die älteren Pferde machen nur einen kleinen Anteil in meinem Stall aus, was in erster Linie an meiner Besitzerstruktur liegt.
GaloppOnline.de: Welches Ihrer Pferde hat sie in diesem Jahr am meisten positiv überrascht, hat eine Leistung gezeigt, die Sie ihm oder ihr eigentlich nicht zugetraut hätten?
Peter Schiergen: Am meisten war ich von Amore Mio überrascht. Am Anfang muss ich gestehen, dass ich nur gehofft hatte, mit ihm ein Sieglosen-Rennen zu gewinnen und ich hatte die Befürchtung, dass dann Schluss ist. Dass er dann drei Rennen imponierend hintereinander gewonnen hat, war schon toll. Auch, dass er dann in England für einen guten Preis verkauft worden ist.
GaloppOnline.de: Und welcher Kandidat konnte nicht an die Hoffnungen anknüpfen?
Peter Schiergen: Das war Guiliani. Jeder weiß, dass ich immer eine sehr gute Meinung von dem Pferd hatte. Ich war mir eigentlich sicher, dass er ein Kandidat für bessere Aufgaben ist. Das konnte er leider bis jetzt aber in keiner Form bestätigen. Wir haben ihn aber noch nicht aufgegeben, er wurde kastriert und verbringt den Winter im Gestüt, um dann im nächsten Jahr noch einmal in den Rennstall zu kommen.
GaloppOnline.de: Welches deutsche Pferd, das nicht von Ihnen trainiert wird, hat Ihnen in diesem Jahr am meisten imponiert?
Peter Schiergen: Hier muss ich Liang Kay nennen. Den habe ich speziell verfolgt, da er mir als Jährling schon auf der Koppel gefallen hat. Ich wollte ihn für einen Besitzer dann auch kaufen. Der Deal war so gut wie perfekt, bevor sich Frau Zimmermann doch dafür entschied, ihn lieber zu behalten. Sein Sieg im Fürstenberg-Rennen war schon etwas Besonderes.
GaloppOnline.de: Wie beurteilen Sie die Leistungen von Ungarns Top-Sprinter Overdose in diesem Jahr? Hätte er den Prix de l’Abbaye gewonnen und wird er in 2009 in England bestehen?
Peter Schiergen: Für mich hätte Overdose am Arc-Tag auch Marchand d’Or geschlagen. Er ist zweifelsohne ein Ausnahmepferd und eine klasse Werbung für den Galopprennsport. Ich bin mir auch sicher, dass Overdose, wenn er seine Form im nächsten Jahr noch zur Hand hat, sogar in England mitmischen wird.
GaloppOnline.de: Mit Galana, Serienhoehe, Dubai und Nina Celebre stehen wieder einige hoffnungsvolle Stuten in ihrem Stall. Ist das Guineas-Diana-Doppel, was Ihnen in diesem Jahr mit Briseida und Rosenreihe gelang, auch in 2009 möglich und wer ist ihre Favoritin unter den Stuten, wenn es denn überhaupt eine gibt?
Peter Schiergen: Das klassische Stuten-Doppel zu wiederholen, ist natürlich nicht leicht. Wir werden es aber sicher versuchen und haben einige interessante Stuten im Stall. Namen zu nennen ist noch zu früh und es gibt sicher auch noch ungeprüfte Stuten, die für bessere Rennen in Betracht kommen. Die von Ihnen genannten Stuten haben ihr Können aber schon unter Beweis gestellt. Bei den beiden Wittekindshoferinnen Nina Celebre und Serienhoehe muss man ihre jeweils letzte Form streichen. Beide Pferde sind deutlich besser, als sie da gelaufen sind.
GaloppOnline.de: Wird man mit Kamsin im kommenden Jahr den Arc wieder anpeilen und wo könnte für ihn die Saison beginnen?
Peter Schiergen: Ich werde mich mit den Besitzern von Kamsin abstimmen und es ist wahrscheinlich, dass er eine Nennung für den Arc bekommen wird. Ob sich ein Start im Oktober dann realisieren lässt, hängt natürlich ausschließlich von der Vorleistung des Pferdes ab. Die Saison wird Kamsin aller Voraussicht nach in Deutschland beginnen. Auch ein Start auf der Heimat-Bahn des Stalles Blankenese in Hamburg im Hansa-Preis ist durchaus im Bereich des Möglichen.
GaloppOnline.de: Mit Franz Günther von Gaertner hat der deutsche Galopprennsport eine seiner wichtigsten Persönlichkeiten verloren und Sie einen führenden Besitzer in ihrem Stall. Werden wir die Blankenese-Farben trotzdem weiter sehen?
Peter Schiergen: Es ist sehr traurig, dass der Rennsport Franz Günther von Gaertner verloren hat. Er war ein toller Sports-Mann und ein großer Pferdeliebhaber. Seine Frau und seine Partner wollen aber weiterhin den Rennstall betreiben und so werden wir die Blankenese-Farben hoffentlich noch in vielen großen Reinen sehen.
GaloppOnline.de: Welches ist der Plan mit Quijano?
Peter Schiergen: Quijano wird die Saison 2009 wieder in Dubai beginnen. Geplant ist zunächst ein Auftritt während des Racing Carnivals. Im Gegensatz zu diesem Jahr ist es auch möglich, dass er vor dem World Cup-Tag zweimal antritt. Das ist aber noch nicht entschieden. Das große Ziel in Dubai ist natürlich wieder das Sheema Classic. Danach wird er zurück nach Deutschland kommen und auch Starts hierzulande sind möglich. Es ist alles von seiner Form abhängig.
GaloppOnline.de: Wann sehen wir mal wieder einen Starter von Peter Schiergen in England? Gibt es Pferde, mit denen man auch englische Rennen anpeilen könnte?
Peter Schiergen: Quijano wäre sicher auch ein Kandidat für England. In absoluter Top-Form traue ich ihm auch dort eine starke Leistung zu. Auch für Kamsin könnten Rennen in England in Frage kommen. Aber wie immer müssen die Pferde dazu erst einmal hier erstklassige Leistungen zeigen.
GaloppOnline.de: Haben Sie sonst noch Pferde, mit denen Sie nach Dubai gehen werden?
Peter Schiergen: Neben Quijano hat auch Frau Herberts Duellant eine Einladung zum Carnival bekommen. Er soll dort mehrfach an den Ablauf kommen, es gibt einige Startoptionen auf der Grasbahn. Wann genau es losgeht, ist noch offen.
GaloppOnline.de: Ihre Frau und Sie sind Züchter von Allegan, einem der besten Hindernispferde des Jahres. Sind Sie als Züchter noch immer aktiv?
Peter Schiergen: Die Mutter von Allegan haben wir nicht mehr, haben diese vor wenigen Jahren in Baden-Baden verkauft. Aktuell züchten wir mit der Bertolini-Tochter Buena Vista. Die Stute steht im Gestüt Brümmerhof und ist tragend von Soldier Hollow.
GaloppOnline.de: Wie beurteilen Sie die aktuelle Lage im deutschen Galopprennsport?
Peter Schiergen: Ein schwieriges Thema. Aber wir müssen an Besserung glauben.
GaloppOnline.de: Welche Zweijährigen-Leistung hat auf die den größten Eindruck hinterlassen?
Peter Schiergen: Aus meinem eigenen Stall haben mir die Maidensiege von Pariala und Nina Celebre schon imponiert. Dann war der Sieg von Globus im Winterfavoriten eine Augenweide. Und dann natürlich der internationale Treffer von Smooth Operator. Ein Gruppe II-Rennen im Ausland mit einem Zweijährigen zu gewinnen ist eine besondere Leistung. Das war schon toll, was das Pferd von Mario Hofer da gezeigt hat.
GaloppOnline.de: Im letzten Jahr um diese Zeit haben Sie Kamsin schon als „echten Derbymumm“ hervorheben können. Steht für Peter Schiergen Weihnachten 2008 schon wieder sein Geheimfavorit für das Derby 2009 fest?
Peter Schiergen: Im letzten Jahr war Kamsin schon gelaufen und hatte sein Talent angedeutet. Dieses Jahr kann ich leider noch keinen Hengst nennen. Die Hengste kamen irgendwie nicht richtig in Schwung, haben alle ihre Zeit gebraucht. Hoffnungsvolle Kandidaten gibt es, aber man muss erst einmal bis im Frühjahr warten.
GaloppOnline.de: Ihre Söhne reiten aktiv in Ponyrennen mit, sind auch sonst am Rennsport interessiert. Sind Ihre Söhne aus eigenen Stücken „Rennsport-Fans“ geworden oder helfen Sie da ein wenig nach?
Peter Schiergen: Meine Frau Gisela und ich haben das große Glück, dass sich alle drei Jungs für den Rennsport interessieren. Und das aus ganz eigenen Stücken. Als Kölner sind sie natürlich auch FC-Fans, aber der Kampf darum, wer zuerst die Sport-Welt lesen darf, zeigt, was ihre größere Leidenschaft ist.