1472 Rennen hat Peter Schiergen als Jockey gewonnen. Doch das Deutsche Derby konnte der 39-jährige als Reiter nie gewinnen. Den Derbybann brach Schiergen dann im Jahr 2001, als Boreal zu seinem ersten Derbysieger in Hamburg wurde. Am Sonntag ist Schiergen der Favorit unter den Trainern, schickt El Tiger, Gentle Tiger, Malinas und Saldentigerin ins 135. Deutsche Derby. Sebastian J. Weiss traf den Champion-Trainer von 2001 und fragte nach seinen Chancen.
Sport-Welt:
Sie haben in diesem Jahr das beste Lot unter den Derbystartern und sind bei vielen großer Favorit. Wie sehen Sie selbst Ihre Chancen?
Peter Schiergen:
Ich glaube, dass meine Chancen auf den Sieg tatsächlich sehr gut stehen. Ich traue allen meinen vier Kandidaten eine Menge zu, und bisher ist in der Vorbereitung alles sehr gut verlaufen. Das Derby kann kommen, und alle vier Pferde sind hervorragend drauf.
Sport-Welt:
Wie sind denn die Abschlussarbeiten verlaufen, und wer hat mit wem gearbeitet?
Peter Schiergen:
Malinas hat zusammen mit Saldentigerin gearbeitet. Auf Malinas saß William Mongil, der Malinas bekanntlich auch im Derby reiten wird. Gentle Tiger hat mit Assiun, und El Tiger hat mit Beau Cadeaux gearbeitet. Wir haben am Montagmorgen natürlich nicht mehr zuviel gemacht, da wurde keiner mehr ausgequetscht. Es war vielmehr ein letzter Test. Und den haben alle bestanden.
Sport-Welt:
In den letzten zwei Jahren wurde das Derby vom Union-Sieger gewonnen. Wie gut ist Malinas drauf?
Peter Schiergen:
Er hat in der Arbeit alles richtig gemacht, auch wenn er kein Arbeitsweltmeister ist. Malinas ist ein unheimlich phlegmatischer Typ, der im Training nur das Nötigste tut und sich für das Rennen schont. So hat man es am liebsten bei einem Rennpferd.
Sport-Welt:
Sie vergleichen Malinas schon lange mit Boreal, ihrem bisher einzigsten Derbysieger. Wieso das?
Peter Schiergen:
Beide Pferde ähneln sich in ihrer Art und Weise unheimlich. Auch Boreal war ein Typ, der von Rennen zu Rennen besser wurde und der wie nun auch Malinas einen ähnlichen Aufbau für das Derby hinter sich hatte.
Sport-Welt:
Haben Sie somit so viel, oder vielleicht noch mehr Mumm als vor dem Boreal-Derby?
Peter Schiergen:
Das ist schwer zu sagen. Im Jahr 2001 war Boreal mein einziger Kandidat, bei dem ich mir wirkliche Siegchancen ausgerechnet hatte. Das ist in diesem Jahr anders. Es würde mich auch nicht wundern, wenn einer der anderen drei vorne landen würde. Für mich ist für alle meine vier Kandidaten der Sieg drin.
Sport-Welt:
Aber wer ist Ihre persönliche Nummer eins?
Peter Schiergen:
Die logische Wahl würde hierbei natürlich auf den Union-Sieger Malinas fallen. Und doch würde ich mich schwer tun, ihn als meine klare Nummer 1 zu definieren. Es liegt nicht sehr viel zwischen meinen Pferden und am Sonntag spielen Faktoren wie Startnummer, Rennverlauf und Boden eine große Rolle.
Sport-Welt:
Haben Sie in Sachen Boden und Distanz bei irgendeinem Ihrer Pferde Bedenken?
Peter Schiergen:
Den Boden sollten alle meine Pferde können, wobei für El Tiger ein wenig besseres Geläuf sicher von Vorteil wäre. In Sachen Stehvermögen mache ich mir bei Malinas, Saldentigerin und El Tiger überhaupt keine Gedanken. 2400 Meter sind da kein Problem. Bei Gentle Tiger bin ich mir allerdings nicht sicher, dass er der ganz große Steher ist. 2200 Meter sollten kein Problem sein, und den Rest sollte er über seine Klasse kompensieren können.
Sport-Welt:
Wenn Sie noch einmal Jockey wären und die Wahl hätten, auf wem würden Sie am Sonntag sitzen?
Peter Schiergen:
Ich hätte mich für Saldentigerin entschieden. Ich hatte schon immer unheimlich großen Mumm auf diese Stute. Saldentigerin hatte in ihrer Karriere so großes Pech, so dass ich hoffe, dass sie nun einmal einen guten Rennverlauf haben wird. Dieses Pferd ist eine Maschine. Wäre ich Jockey, würde ich sie am Sonntag reiten.
Sport-Welt:
Glauben Sie also wirklich daran, dass Saldentigerin alle schlagen kann?
Peter Schiergen:
Ja, da habe ich keine Zweifel dran. Wenn sie am Sonntag gewinnt, wäre das keine Überraschung für mich.
Sport-Welt:
Und was ist mit El Tiger und Gentle Tiger? Platz- oder Sieg-Chancen?
Peter Schiergen:
Wie gesagt spielen Variablen wie der Rennverlauf im Derby eine große Rolle. Man kann nie davon ausgehen, dass für alle vier Pferde alles glatt laufen wird. Daher meine ich, dass auch El Tiger und Gentle Tiger Siegchancen haben. In einem solchen Rennen geht es so schnell, und wenn nicht alles optimal läuft, kann diese Länge im Ziel fehlen.
Sport-Welt:
Wer ist Ihr größter Gegner?
Peter Schiergen:
Das ist mit Sicherheit der Rennverlauf. Um ein solches Rennen wie das Derby zu gewinnen, muss alles passen. Wenn du da kein Glück unterwegs hast, kann es dich den Sieg kosten. Als Jockey war ich nie nervös und hatte nie Angst, einen guten Rennverlauf zu haben. Heute ist das meine große Sorge. Vor dem Rennen bete ich, dass unterwegs alles glatt geht.
Sport-Welt:
Und neben dem Rennverlauf, wer ist das zu schlagende Pferd?
Peter Schiergen:
Die Pferde von Andreas Schütz sind im Derby natürlich immer brandgefährlich und Fight Clubs Sieg in München machte schon Eindruck. Auch Shirocco wird seine Form aus der Union mit Sicherheit noch einmal deutlich steigern. Danach wäre dann wohl Dayano zu nennen, obwohl ich nicht weiß, wie dieser mit dem zu erwartenden losen und weichen Boden zurechtkommt. Das Derby ist in diesem Jahr sehr offen, und es gibt mehr als nur eine handvoll Sieganwärter.
Sport-Welt:
Von welchem Ihrer vier Kandidaten ist über das Jahr hinweg noch die größte Steigerung zu erwarten ?
Peter Schiergen:
Das ist mit Sicherheit Gentle Tiger. Während Malinas und Saldentigerin schon fast fertige Rennpferde sind, wenn man das zu diesem Zeitpunkt überhaupt schon sagen kann, erwarte ich mir von Gentle Tiger noch einmal einen Sprung. Das Derby wird erst sein vierter Start überhaupt sein, und er wird, egal wie er am Sonntag laufen wird, noch einmal einen Sprung machen. Nichtsdestotrotz rechne ich auch im Derby mit einem guten Laufen von ihm.
Sport-Welt:
Der Schlenderhaner Assiun war lange im Gespräch für das Deutsche Derby. Jetzt startet er doch nicht. Wie kommt das, und wie ernst waren die Startabsichten?
Peter Schiergen:
Wir haben uns intensiv und auch lange mit dem Gedanken beschäftigt. Baronin von Ullmann hätte gerne einen Derbystarter gehabt, und Assiun wurde ja von den Handicappern bekanntlich auch mit der höchsten Einschätzung versehen. Dem gesamten Team war es bekannt, dass er wohl weniger an Klasse, als an seinem begrenzten Stehvermögen scheitern würde. Am Montag haben wir ihn daher nochmals intensiv auf einer weiteren Strecke gearbeitet, um zu sehen, ob ein Start eventuell doch realisierbar wäre. Danach haben wir uns dafür entschieden, mit ihm auf der Meile zu bleiben.
Sport-Welt:
Welche Rolle spielt Ihre Frau bei Ihrem Erfolg?
Peter Schiergen:
Wenn man einen so großen Stall betreuen und mit entsprechendem Druck umgehen muss, ist es wichtig, dass man den starken Rückhalt von zu Hause erhält. Wir sind ein gutes Team und ziehen an einem Strang und meine Frau und meine fünf Jungs und die zwei Hunde sind immer für mich da.
Sport-Welt:
Wie würde die Schiergen-Dreierwette für das Deutsche Derby lauten?
Peter Schiergen:
Ich würde aus Sympathie heraus alle meine vier Pferde, El Tiger, Gentle Tiger, Malinas und Saldentigerin, kombinieren.