Mit A. Jacobs

GaloppOnline.de: Dr. Jacobs, Sie leiten die Gestüte Fährhof in Deutschland und das Newsells Park Stud in England sowie die Maine Chance Farms in Südafrika. Mit wie vielen Stuten züchten Sie, wie viele Pferde haben Sie im Rennstall?

Dr.Andreas Jacobs: Ich züchte mit 50 Stuten in Deutschland, mit 90 Stuten in England und 120 Stuten in Südafrika. Insgesamt haben wir ca. 70 Pferde im Rennstall. Doch alle Gestüte und Rennställe werden separat geführt, denn jede Zucht- und Rennsportnation lebt von ihren Details, deshalb kann man das nicht einfach zusammen addieren.

GaloppOnline.de: Sie betreiben allein oder mit Partnern zudem die Trainingszentren Mahndorf und den Stall Asterblüte und sind im Vorstand von Besitzervereinigung und Direktorium. Seit 2010 haben Sie die Galopprennen in Baden-Baden übernommen. Ist der Galopprennsport ein Hobby oder führen Sie Ihre Engagements unter wirtschaftlichen Bedingungen?

Dr.Andreas Jacobs: Ich liebe die Pferde, insbesondere die Zucht und auch den Rennstall. Deshalb engagiere ich mich, wo ich es zeitlich und inhaltlich kann. Einen Punkt haben aber alle Engagements gemeinsam: Es wird nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten entschieden. Das ist mal erfolgreicher, mal weniger. Aber auf lange Sicht ist das der Grundstein, denn ohne Wirtschaftlichkeit kann man auf Dauer nicht überleben.

GaloppOnline.de: Inwieweit liegt Ihnen der deutsche Rennsport am Herzen?

Dr.Andreas Jacobs: Ich lebe in Deutschland, hier hat die Passion meiner Familie angefangen. Keine Frage, dass für mich Deutschland der Dreh- und Angelpunkt ist. Deshalb bin ich auch bereit, kritische Bemerkungen über den deutschen Galopprennsport zu vertreten. Ich möchte, dass sich etwas ändert.

GaloppOnline.de: Sie sprachen in einem Interview in der englischen Rennsportgazette „Racing Post“ von radikalen Plänen, um den deutschen Rennsport zu retten. Vor allem die Forderung, dass mehr als die Hälfte der deutschen Bahnen geschlossen werden müssten, sorgte am letzten Wochenende auf den Rennbahnen für viel Gesprächsstoff. Können Sie das konkretisieren?

Dr.Andreas Jacobs: Das waren keine radikalen Pläne! Ich habe nur gesagt, dass alle Rennvereine um ihre wirtschaftliche Existenz kämpfen und dass die Hälfte der Rennvereine kurzfristig vor dem Aus steht, trotz erheblicher Transferleistungen von vermeintlich starken Rennvereinen an schwächere Rennvereine. Das ist eine Realität, der wir uns stellen müssen. Im Ernst: Kein Unternehmen der Welt subventioniert Sparten oder Bereiche, die ohne Subventionen wirtschaftlich unrentabel sind.

Zu dem Thema habe ich auch gesagt, dass der deutsche Galopprennsport auch ohne die Vielzahl an Rennvereinen auskommen wird. Wichtig ist, dass die Rennveranstaltungen stattfinden und damit sich der Sport, die Zucht, das Training der Pferde wieder lohnt! Es ist nicht meine Absicht, Rennbahnen aktiv zu schließen, sondern ganz bewusst, die Rennbahnen zu unterstützen, die wirtschaftlich arbeiten. Denn nur dann können wir wieder Wachstum in Preisgeldern und Starten generieren.

GaloppOnline.de: Es liegen im Direktorium wohl Pläne vor, dass man nur noch fünf oder sechs Großbahnen verstärkt finanziell unterstützen möchte. Auch dies würde Ihre Idee, die Starken zu stärken, unterstützen. Sind Ihnen solche Pläne bekannt?

Dr.Andreas Jacobs: Es ist ja nur richtig, alle Szenarien durchzuspielen. Dazu gehören alle möglichen Konstellationen, auch die von Ihnen beschriebene. Konkrete Pläne hingegen kenne ich nicht.

GaloppOnline.de: Sie sprachen davon, dass die Wintersaison kein sonderlich attraktives Produkt sei, was womöglich so auch stimmt. Aber andererseits bilden diese Rennen von November bis März die Existenz für die vielen kleineren Quartiere. Immerhin landen in diesen Ställen zahlreiche Rennpferde, die in großen Quartieren ausgedient oder nicht gut genug waren. Auch Fährhofer.

Dr.Andreas Jacobs: Sie haben Recht, deshalb kann man auch nicht einfach darüber hinweg gehen. Trotzdem müssen wir uns jetzt mit Grundsatzthemen befassen. Und da interessiert es leider nicht, ob Fährhofer Pferde betroffen sind, oder nicht. Es ist wichtig, den Gesamtzusammenhang zu sehen und die Wirkungen daraus. Es geht um die Rettung unseres deutschen Rennsportmarktes, um die Rettung der grünen Saison mit wirtschaftlich erfolgreichen Rennvereinen.

Nur so weiter zu verfahren, wie bisher, führt zu einem Ende der Pferderennen in Deutschland. Das gilt dann auch für die Winterrennen. Das will keiner. Deshalb ist es Zeit die Dinge anzusprechen.

GaloppOnline.de: Von nicht intelligent sprachen Sie, dass man an einem Tag zum Beispiel drei Veranstaltungen abwickelt. Ansätze, dies zu entzerren, wurden bereits oft unternommen. Das primäre Problem ist doch, dass an Samstagen oder Wochenrenntagen kein Sponsor auf den Plan tritt. Wie sollen die Rennvereine ihre Veranstaltungen finanzieren?

Dr.Andreas Jacobs: Pauschale Lösungen kann ich nicht anbieten. Aber: Die Finanzierung unseres Sports ist das alles entscheidende Thema. Wir müssen uns fragen, wie wir unsere Rennveranstaltungen verändern müssen, wie wir sie medial aufarbeiten müssen, damit sie interessant für Sponsoren und Zuschauer werden. Und wir müssen sie gesamthaft vermarkten, denn die Summe der Einnahmen ist relevant, nicht die regionalen Stärken. Diese Fragen mussten nahezu alle organisierten Sportarten beantworten. Zum Teil mit sehr unbequemen Ergebnissen.

GaloppOnline.de: In einem Interview in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sorgte ein Zitat von Ihnen für leichte Irritation. Sie sprachen davon, dass Sie wenig Affinität zum Wetten und auch keinen Respekt davor hätten. Das muss doch auf Verwunderung stoßen, dass sich ein Chairman einer Rennbahn, die den Anspruch erhebt, Deutschlands Nummer eins zu sein, so äußert?

Dr.Andreas Jacobs: Da erwischen Sie einen sensiblen Punkt. Richtig ist, dass ich kein großer und auch kein sehr erfolgreicher Wetter bin. Die Aussage zum Respekt ist in einem ganz anderen Zusammenhang entstanden. Die Journalistin der FAZ hat mich zu meinem wirtschaftlichen Umfeld befragt und das Thema Zocken im Zusammenhang mit der Industrie und den Banken, insbesondere Termingeschäften und Finanzmärkten, gebracht. Und vor diesen „Zockern“ habe ich keinen Respekt.

Die Pferdewette ist etwas völlig anderes. Es ist ein Geschicklichkeitsspiel, bei Baden Racing habe ich auch deshalb Partner, die etwas davon verstehen und das Thema sehr gut bearbeiten. Davor und vor unseren Gästen und unseren Wettern auf unserer tollen Rennbahn habe ich großen Respekt, denn sie tragen maßgeblich zum Erfolg der Rennen in Baden-Baden bei.

GaloppOnline.de: Kommen wir noch einmal zur Großen Woche von Iffezheim. Am Tag des Großen Preises von Baden war natürlich Danedream der große Aufhänger, sorgte für ein noch nie dagewesenes Medienspektakel. Die letzten beiden Renntage in der Woche waren von einem erstaunlich guten Besuch geprägt, auch der Umsatz war keinesfalls verkehrt. Am Donnerstag vor dem letzten Wochenende brachen Umsatz und Besuch hingegen völlig ein. Wie fällt das erste Fazit von Baden Racing zur Großen Woche 2012 aus?

Dr.Andreas Jacobs: Auch wir haben eine Menge an Hausaufgaben. Natürlich hat Danedream vieles positiv beeinflusst, aber auch unsere Mannschaft hat Tolles geleistet. Wir sind erst in unserem zweiten vollen Jahr nach der Übernahme und ziehen viele Rückschlüsse. Wir werden uns kurzfristig zusammensetzen und weitere Entwicklungen beurteilen.

GaloppOnline.de: Was sind die markantesten Rückschlüsse aus der Großen Woche?

Dr.Andreas Jacobs: Die Wochenenden waren tolle Renntage, in der ersten Woche waren die beiden Renntage Mittwoch und Donnerstag nicht so gut wie erwartet. Wir hatten aber durchweg zufriedene bis begeisterte Sponsoren. Das kulinarische Angebot ist sehr gut angenommen worden, kleine Verbesserungen müssen wir trotzdem vornehmen. Es waren etwas weniger Besucher als im Vorjahr, vielleicht wegen des Wetters, aber auch hier müssen wir uns noch etwas einfallen lassen.

Der Wettumsatz ist weiterhin sehr schwer zu halten. Trotz der Viererwette, der Superdreierwette und der Top-6-Wette ist keine Steigerung möglich, weil der Vertrieb der Pferdewette in Deutschland weiter rückläufig ist.

GaloppOnline.de: Wie wird die Terminplanung im kommenden Jahr aussehen? Wird daran gedacht, auch noch andere Termine, vielleicht im Juni mit Unterstützung der PMU, durchzuführen?

Dr.Andreas Jacobs: Das können wir noch nicht sagen, wenngleich die After-Work Renntage ein Erfolg waren. Wir bemühen uns, in diesem Jahr die Terminfrage schon frühzeitig zu klären, wichtige Faktoren müssen dafür geklärt werden, dazu brauchen wir auch den Dachverband. Wichtig ist, dass wir alle eingesetzten Euros darauf prüfen, ob sie Wachstum in unserem Sport verursachen.

Das komplette Interview lesen Sie in der Sonntagsausgabe der Sport-Welt (Nr. 115).

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So, 08.12. Dortmund
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