Mit J. Hirschberger

GaloppOnline.de: Herr Hirschberger, wie schaut Ihre ganz persönliche Saisonbilanz in diesem Jahr, dem zweiten, in dem auf der neuen Trainingsgelände Pferde vorbereitet werden, aus? Es begann doch eher unspektakulär?

Jens Hirschberger: Das hat uns eigentlich weniger überrascht, wenn ich ehrlich bin. Wobei man hinzufügen muss, dass das Jahr 2007 ein außergewöhnliches war, das es mit dem Derbysieg von Adlerflug und dem Paris-Coup von Toylsome ja wahrlich in sich hatte. Zu Beginn von 2008 hatte ich zudem nicht wenige Pferde, die einfach noch Zeit brauchten.

Schließlich hatten wir zwar zwei Derbystarter in Hamburg, doch keiner, der einem Adlerflug hätte das Wasser reichen können, bzw über den Weg kam. Daneben hat Adlerflug mit seinem Gruppe I-Erfolg von Düsseldorf und mit seinem Laufen in Baden Baden deutlich gemacht, dass er ein ganz besonderen Platz in der deutschen Elite inne hat. Mit ihm haben wir noch etwas vor in der nächsten Saison, nicht zuletzt international zu punkten. Durch die Absage in Mailand war ihm der geplante Gruppe I-Start dort leider nicht vergönnt.

Es gab nicht wenige Derbysieger in der Vergangenheit, die nach dem Blauen Band in der Versenkung verschwunden sind. Adlerflug hat hinlänglich bewiesen, aus welchem Holz er geschnitzt ist, vor allen Dingen auf passendem elastischem bis schweren Geläuf. Wie überhaupt sein Ziel heißen muss, wie gesagt international eine Duftmarke zu setzen.

Insgesamt bin ich mit dem Verlauf der Saison 2008 nach anfänglichem eher verhaltenem Start doch sehr zufrieden. Wir haben den Schnitt von Siegen zu Startern sogar bei knapp 30 Prozent im Vergleich zum letzten Jahr noch einmal etwas verbessern können. Bei der Gewinnsumme von zirka einer halben Million Euro sind wir hinter dem Vorjahresergebnis geblieben, hier schlugen wie gesagt 2007 Toylsome in Paris und Adlerflug in Hamburg natürlich überdeutlich zu Buche.

2007 war einfach nicht zu toppen, obwohl wir in diesem Jahr mit Adlerflug, Walzertraum und Sommertag Gruppe-Rennen gewonnen haben und mit zahlreichen Kandidaten Black Type erzielt, sprich acht Listenrennen im laufenden Jahr gewonnen haben.

GaloppOnline.de: Also hat sich die Anlage hier in Quadrath-Ichendorf im zweiten Jahr ihrer Nutzung bewährt. Wieviele Kapazitäten haben Sie dort?

Jens Hirschberger: Auf jeden Fall, es ist ein Traum hier arbeiten zu dürfen. Wir haben unsere Ruhe, das Team ist eingespielt, so reiten wir morgens etwa vier Lots. Anfänglich hatten wir 52 Boxen, im vergangenen Februar sind noch weitere vierzehn hinzugekommen, macht also 66, im Oktober haben wir uns von neun Pferden getrennt, sie sind im Paket nach England gewechselt, darunter sind z.B. Idealist, Aviso, Andorn, Allanit oder Sommersturm, fünfzehn Pferde überwintern zur Erholung in Disternich, werden dort natürlich weiter bewegt. Hierzu zählen auch Next Vision und Anjella.

Darüber hinaus ist die tierärztliche Versorgung durch Frau Dr. Leendertse und Herrn Dr. Krapp vorbildlich, das Trainingsgeläuf präsentiert sich wie ein Golfplatz. Es sind einfach ideale Voraussetzungen für die tägliche Arbeit.

GaloppOnline.de: Es kommt aber auch schon mal vor, dass Sie zu Galopps z.B. nach Krefeld oder zum Düsseldorfer Grafenberg aufbrechen.

Jens Hirschberger: Ich bin der Meinung, das die jungen Pferde durchaus vor ihrem Rennbahnstart die Rennbahn mit ihren Besonderheiten vorher einmal kennenlernen sollten. Das kann nur von Vorteil sein.

GaloppOnline.de: Und dann waren da noch die Weggänge von Paul Harley, der viele Jahre bei Schlenderhan wirkte, und Michael Cadeddu im Oktober zu verzeichnen. Im nächsten Jahr wird Adrie de Vries als Stalljockey das Team verstärken. Wie sehen Sie diese personellen Veränderungen?

Paul Harley hat selbst gekündigt. Das Team ist seitdem noch intensiver zusammengerückt und die Stimmung könnte nicht besser sein. Der junge Michael Cadeddu war ursprünglich als Arbeitsreiter eingestellt worden und hat auch seine Chancen als Reiter hier nutzen können.

Er verfügt über einiges Talent, darf gerne wiederkommen, so ist es zumindestens für die neue Saison geplant. Er ist im Oktober in seine italienische Heimat zurückgekehrt und hat hier bei uns einen guten Eindruck hinterlassen. Von Adrie erwarte ich einiges.

Er ist ein absoluter Topmann und gehört zu den Besten, die Deutschland zu bieten hat. Wer ihn und seine Entwicklung beobachtet hat, braucht nicht mehr viele Worte über ihn zu verlieren. Ich freue mich in jedem Fall auf die Zusammenarbeit mit ihm, die voraussichtlich im Mai beginnen wird.

GaloppOnline.de: Um noch einmal auf Ihren Derbysieger Adlerflug zurückzukommen. Welche Ziele verfolgen Sie mit ihm in der neuen Saison?

Jens Hirschberger: Adlerflug wird, so ist es geplant, im Rennstall bleiben. Wir wollen versuchen, mit ihm international zu punkten. Vom Rennverlauf ist er, wie gesehen, nicht abhängig, der Hengst kann einen gehörigen Strich galoppieren oder auch aus der Reserve gebracht werden. Hauptsache ist, das der Boden mindestens elastisch ist. Eine feste Route habe ich nicht im Hinterkopf. Aber solche Rennen wie der Coronation Cup, Mailand bzw. Baden-Baden sind immer ein Thema.

GaloppOnline.de: Wie sieht es mit Sommertag aus? Es ist doch schade, wenn ein solches Pferd als Führpferd „geopfert“ wird?

Jens Hirschberger: In der Rolle des Führpferdes hat Sommertag beileibe keine schlechte Rolle abgeliefert und nebenbei noch gutes Geld verdient. Ich könnte mir vorstellen, dass er 2009 auch verstärkt auf eigene Rechnung laufen wird. Konkrete Pläne gibt es allerdings noch keine.

GaloppOnline.de: Wie sieht es mit neuen Hoffnungsträgern aus, kristallisiert sich da schon etwas heraus?

Jens Hirschberger: Ich möchte noch anfügen, dass wir grundsätzlich im Jahr 2009 das eine oder andere Rennen mehr in Frankreich bestreiten wollen. Beim jüngsten Jahrgang sind 25 Jährlinge nachgerückt. Da sind schon einige Rohdiamanten dabei. Festlegen fällt zum jetzigen Zeitpunkt da noch schwer. Nur soviel. Ambria, Adorna, Guiana, Milago, Dawn Twister gefallen ebenso wie beim Derbyjahrgang des nächsten Jahres Steuben, Wiener Walzer, North Star und Illo ins Auge fallen.

GaloppOnline.de: Ist es nicht ebenso schade, wenn Sie auf dem neuen Trainingsgelände junge Pferde vorbereiten, die dann vielleicht zu Andre Fabre nach Chantilly wechseln.

Jens Hirschberger: Warum schade? Wir machen hier unseren Job, so gut es geht. Wenn man eine so erfolgreiche Zusammenarbeit wie mit Andre Fabre pflegt und international Schlenderhaner aufbietet, zeigt es doch nur, wie gut z.B. die Monsun-Produkte auch international sind. Das kommt letztendlich doch dem Hengst zu gute. Da profitieren letztendlich alle von.

GaloppOnline.de Gibt es eigentlich im Hinblick auf den anstehenden Racing Carnival in Dubai Aktivitäten oder Pferde, die für ein solches Ereignis in Frage kommen?

Jens Hirschberger: Ja, wir haben Walzertraum für diese Rennen im Auge. Er ist bereits Richtung Paris verladen worden und soll dort unter dem Patronat von Andre Fabre an den Start kommen. Seine Idealdistanz dürfte zwischen 1800 und 2000 Metern liegen. Vielleicht kann er sogar auf Sand Ausrufezeichen setzten. Nach unseren Eindrücken kommt er mit diesem Untergrund vielleicht sogar noch besser zurecht.

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