GaloppOnline.de: Wo haben Sie das Derby verfolgt?
Jens Hirschberger: In der Jockeystube, genauer gesagt am Fernseher. Ich habe auf jeder Bahn meinen Stammbildschirm. Ein paar Jockeys standen bei mir, wie Jiri Palik. Ich feuere meine Pferde allerdings nie selbst an, bleibe nach außen ruhig.
GaloppOnline.de: Hatten Sie sich den Rennverlauf für Adlerflug so vorgestellt?
Jens Hirschberger: Das lief so ab, wie wir es in unseren kühnsten Träumen uns gedacht hatten. Er sollte an fünfter Stelle gehen, war dann Sechster, Siebter und hatte im Einlauf sofort viel Platz. Das war traumhaft.In Bremen war er ja noch sehr schwerfällig gewesen. Doch seit seinem Start in Hannover kommt Adlerflug spritzig aus der Maschine. Manschmal lässt er sich unterwegs etwas hängen, dann muss der Reiter ihn sanft darauf hinweisen, dass er weitergehen soll.
GaloppOnline.de: Wann waren Sie sich sicher, der Derbysieg ist geschafft?
Jens Hirschberger: Im Einlauf stand der Sieg früh fest. Als ich gesehen hatte, dass Adlerflug anzog, wusste ich, dass ähnlich wie in Hannover da keiner mehr mitkommen würde. Das alles lief wie ein Film ab. Zuerst haben mir die Jockeys gratuliert, die bei mir waren. Jiri Palik hat mir sogar schon fünfzig Meter vor dem Ziel seine Glückwünsche ausgesprochen, als ich noch auf das Ziel gewartet habe.
GaloppOnline.de: Ist es richtig, dass die Entscheidung für den Start Ihrer Pferde am Samstagabend fiel?
Jens Hirschberger: Das stimmt, nur bei weiteren Regenfällen hätten wir nochmals überlegt. Ich bin morgens um 8.30 Uhr erneut auf das Geläuf gegangen, aber die Entscheidung war gefallen.
GaloppOnline.de: Haben Sie schon einmal ein Pferd wie Adlerflug trainiert oder früher als Assistenztrainer mitvorbereitet?
Jens Hirschberger: Solch eine Beschleunigung wie bei ihm habe ich noch nicht vorher gesehen. Dafür gibt es sonst kein Beispiel.
GaloppOnline.de: Persian Storm legte eine äußerst flotte Fahrt vor. Manche Experten meinten, er sei möglicherweise als Tempomacher für Adlerflug im Einsatz gewesen. Ist da etwas dran?
Jens Hirschberger: Definitiv lief er auf eigene Rechnung. Falls ein anderer gehen wollte, sollte Persian Storm sich an die zweite Position legen. In München gewann er von vorne, bei seiner inneren Box konnte er selbst die Spitze übernehmen.Terry Hellier sagte, dass er vorne einfach nicht abgeschaltet hat. Für den Jockey ist es dann natürlich schwer. Ich kann das nachvollziehen.
Aber auf diesem Boden und auf dieser Distanz kamen irgendwie alle negativen Faktoren zusammen. Vielleicht wäre er auf trockenem Boden weitergekommen. Sommersturm ist, wie mir Darryll Holland versichert hat, in jedem Falle am Boden gescheitert. Er kam damit überhaupt nicht klar.
GaloppOnline.de: Wie ist der Plan mit Adlerflug? Ist der Arc ein Thema?
Jens Hirschberger: Er bekommt jetzt eine Pause bis zum Großen Preis von Baden. Wir wollen mal sehen, wie er sich dort verkauft. Der Arc ist nicht ausgeschlossen, aber wir werden erst nach Baden entscheiden, was passiert. Für Paris hat er allerdings keine Nennung. Das wäre früh im Jahr schon etwas frech gewesen. Auch bei den anderen Pferden steht die Route noch nicht fest.
Sie haben alle dieselben Nennungen. Mich haben auch Persian Storm, der nur etwas mehr als vier Längen vom Zweitplatzierten entfernt war, und Sommersturm, der eben auf dem Boden Probleme hatte, nicht enttäuscht.
GaloppOnline.de: Wo haben Sie den Derby-Abend verbracht?
Jens Hirschberger: Zuerst haben wir mit Georg Baron von Ullmann und dem Rest der Mannschaft noch etwas getrunken. Eigentlich sollte ich mit dem Flugzeug von Baron von Ullmann zurückfliegen. Damit die anderen vom Stall aber etwas trinken konnten und ich keinen Alkohol zu mir genommen habe, habe ich das Auto zurück gesteuert. Die Mannschaft hat sich das verdient, sie hat so viel gearbeitet. Zwei unserer Leute haben Nachtwache vor der Box gehalten.
GaloppOnline.de: Wie einfach ist es, nach dem Derbysieg wieder zur Tagesordnung überzugehen?
Jens Hirschberger: Es fällt einem noch leichter und macht noch mehr Spaß. Wir haben ja 49 andere Pferde im Stall stehen.