GaloppOnline.de: Sie haben als Züchter letzte Woche noch einen zweijährigen Sieger namens Geneva Geyser in England gestellt. Wie kam das Pferd auf die Insel?
Graf Philipp von Stauffenberg: Wir haben den Hengst 2006 als Fohlen bei Goffs an Jeff Smith, den Besitzer von Littleton Stud verkauft. In dessen Farben kommt der nach der Fontäne auf dem Genfer See benannte Hengst an den Start.
GaloppOnline.de: Die Mutter von Lady Marian geht erneut zu Nayef, ist in so einem genannten „free return“ Programm mit dabei. Was ist das genau?
Graf Philipp von Stauffenberg: Im Deckvertrag 2004 war festgehalten, dass die Stute kostenfrei zu Nayef zurückkehren kann, wenn aus der Paarung ein Gruppesieger/in entsteht. Ich halte dies übrigens für ein wirklich positives Entgegenkommen des Hengsthalters, da die tatsächliche Leistung belohnt wird. Der Hengsthalter hat von dem guten Produkt profitiert, das der Züchter mit seinem Hengst erzeugt hat und der Stutenbesitzer bekommt nun die Chance, ein kostengünstiges Produkt zu erzeugen, dessen – in dem Fall – Schwester die Werbetrommel kräftig gerührt hat.
GaloppOnline.de: Wo haben Sie die Auktion von Lady Marian erlebt und was waren Ihre Gefühle als der Hammer fiel?
Graf Philipp von Stauffenberg: Ich war in Newmarket in der Auktionshalle, war aufgeregt und hatte gemischte Gefühle.
Ich hatte mir gewünscht, dass Graf Norman die Stute behalten würde, um mit ihr zu züchten, denn das war seine ursprüngliche Intention beim Kauf. Als die Stute auf dem Markt war, hatte ich insgeheim gehofft, sie könnte die Auktion toppen, was einfach ein unglaubliches Ergebnis für uns nach der Salestopperin bei Goffs gewesen wäre.
Schlussendlich habe ich mich wirklich sehr gefreut, da die Stute die bis dato perfekte Werbung für unsere gesamte Intention war und jetzt durch ihren Verkaufspreis zusätzlich die Werthaltigkeit ihrer Mutter und deren Geschwister angehoben hat. Man vergisst bei solchen Ergebnissen sehr leicht, dass da keine Häuser, sondern Pferde versteigert werden und dies unter global nicht wirklich idealen wirtschaftlichen Bedingungen.
GaloppOnline.de: Haben Sie schon einmal bereut, die Stute verkauft zu haben?
Graf Philipp von Stauffenberg: Nein, auch wenn es mir keiner glauben will. Wir waren gemeinsam zur der Entscheidung gekommen, dass die Stute zur Jährlingsauktion geht – wir hatten eine nicht mehr reproduzierbare Schwester von Rainbow Quest und konnten nicht beide Stuten behalten. Wir hatten einen Reservepreis angesetzt, für den wir bereit waren, Lady Marian abzugeben – zugegebenermaßen hatten wir aber natürlich auf einen höheren Verkaufspreis gehofft.
Ich will aber nicht leugnen, dass ich natürlich das Geld, das Godolphin für sie bezahlt hat, auch gern in meine eigene Tasche gesteckt hätte. Ganz ehrlich gesagt hätte sie aber wahrscheinlich nicht die gleiche Karriere gemacht, wenn sie für uns in den Rennstall gegangen wäre. Wir hätten wohl nicht die Geduld gehabt, ein Pferd zu behalten, von dem der Trainer zwar sagt, sie sei sein bestes Pferd im Stall, das aber nach seinem fünften Start noch immer sieglos war!
Sie dann aber auch noch als Maiden in einem Grupperennen nachzunennen, die Nachnennungsgebühr für die Diana zu bezahlen, zeugt von einem tollen Vertrauen, das Graf Norman in Herrn Baltromei und Herrn Boeuf gehabt haben muss. Der Rest ist aus der Sicht des Züchters einfach unglaublich.
Insofern sind wir sowohl Graf Norman, aber auch besonders Herrn Baltromei und seinem Team mehr als dankbar dafür, dass sie eine wirklich tolle Lady aus unserer Stute geformt haben. Wir freuen uns, dass Herr Baltromei wieder eine hoffnungsvolle Jährlingsstute aus unserer Zucht in Training bekommen wird und werden ihn sicher ebenfalls bei unseren künftigen Dispositionen als Trainer berücksichtigen.
GaloppOnline.de: Was trauen Sie Lady Marian unter der Obhut von Saeed Bin Suroor für Godolphin noch zu und glauben Sie, dass wir sie schon in Dubai wiedersehen werden?
Graf Philipp von Stauffenberg: Ich hoffe, dass das Team um Sheikh Mohammed die richtigen Entscheidungen trifft und die Stute zeigen kann, was sie bereits mehr als nur angedeutet hat.
GaloppOnline.de: Mit Four Sins haben Sie einen weiteren Top-Preis auf einer internationalen Auktion erzielt. Haben Sie noch Pferde aus ihrer Familie?
Graf Philipp von Stauffenberg: Ja, wir haben noch Four Roses, ihre Mutter, die von Galileo tragend ist und deren Schwester Firedance, die ein Fohlen von Verglas erwarten lässt. Wir freuen uns natürlich auch ganz besonders darüber, dass unsere Gründerstute Fraulein Tobin solche Spuren hinterlassen hat und hoffentlich noch weiter hinterlassen wird.
GaloppOnline.de: Welche Deckhengste benutzen Sie mit Ihren Stuten im kommenden Jahr?
Graf Philipp von Stauffenberg: Außer Nayef und Tamayuz sind bisher noch keine Hengste gebucht und bestätigt. Four Roses wird wohl zu Sinndar, dem Vater von Four Sins zurückkehren, denn es ist einfach ein tolles Mating oder wie ein international bekannter Experte geschrieben hat „a breeding masterpiece“.
GaloppOnline.de: Sie bieten stets mehr Pferde auf interternationalen als auf deutschen Auktionen an. Hängt das ausschließlich mit zu erwartend besseren Preisen zusammen?
Graf Philipp von Stauffenberg: So ganz kann man das nicht sagen. Aus den drei letzten Jahrgängen wurden auf Auktionen neun international (Goffs, Tattersalls) und acht bei der BBAG verkauft. Wir versuchen zumindest, jedes Pferd dort zu vermarkten, wo wir das bestmögliche Ergebnis erreichen können – das ist nicht zwangsläufig im Ausland so. In den vergangenen Jahren haben mehr und mehr internationale Agenten und Käufer die BBAG-Auktion angenommen und damit gerade im höherpreisigen Bereich die limitierte Zahl der Käufer aus dem Inland positiv ergänzt.
Mit entscheidend ist auch die Frage, ob wir als Fohlen oder als Jährling anbieten – der Versuchsballon mit unserem ersten Fohlen, das wir dieses Jahr in Baden-Baden angeboten haben, war nicht entmutigend, wobei die Zahl der Kaufinteressenten für Fohlen dort sicherlich limitiert ist. Dass ein Irischer Pinhooker das Fohlen erworben hat, war sicherlich überraschend, unterstreicht aber auch, dass es Sinn macht, dort ein Fohlen auch für diese Käufergruppe anzubieten.
GaloppOnline.de: Was war für Sie das spannendste Rennen der abgelaufenen deutschen Turfsaison und welches Pferd hat auf Sie einen bleibenden Eindruck hinterlassen?
Graf Philipp von Stauffenberg: Subjektiv gesehen, der Preis der Diana, in dem Lady Marian im letzten Galoppsprung von Rosenreihe abgefangen wurde. Logischerweise hat Lady Marian für mich einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Wie sie in der Diana von vorne trotz Wegbrechens fast noch gewonnen hätte, zeugte schon von Klasse; vor allen Dingen, wenn man bedenkt, wie sie später in Deauville und Longchamp fast leichtfüßig von hinten gewonnen hat, was ihr offensichtlich mehr entgegenkommt.
GaloppOnline.de: Wie viel eigene Rennpferde besitzen Sie und bei welchen Trainern stehen diese Pferde?
Graf Philipp von Stauffenberg: Wir haben sechs Stuten im Rennstall, die wir aus verschiedenen Gründen gern für unsere eigene Zucht behalten wollen. Waldemar Hickst hat außer der Dreijährigen La Martina (v. Seattle Dancer) mit der ein jahr jüngeren Cent Cheveux Blanc (v. Pentire) und den Jährlingsstuten C’est l’Amour (v. Whipper) bzw. Golden Whip (v. Seattle Dancer) Töchter von Centaine und Genevra in Training – Stuten die er schon in seiner Zeit als Arbeitsreiter bzw. rechte Hand von Harro Remmert hervorragend für uns betreut hat.
Frau Mäder hat die Zweijährige La Reine Noir (v. Rainbow Quest), die Schwester von Lady Marian und Lucidor, den sie zum ersten Gruppesieger aus unserer Zucht geformt hat, sowie die Jährlingsstute Flames to Dust (v. Oasis Dream), eine Verwandte von Naqoos in Training.
GaloppOnline.de: Wie beurteilen Sie die aktuelle Lage im deutschen Galopprennsport?
Graf Philipp von Stauffenberg: Ein unflätiges Wort genügt eigentlich, bringt aber genauso wenig weiter wie jetzt reine Beschimpfungstiraden loszulassen, auch wenn ich dazu geneigt bin. Ich bin leider nicht derjenige, der den Rennsport mal eben so retten kann.
Ich verstehe aber nicht, dass an vorderster Front Besitzer von Weltunternehmen sitzen, die alle zusammen easy den Rennsport retten könnten, aber einem das Gefühl geben, sie verhalten sich genauso, wie in ihrem Hobby. Sie schicken erst eine wirklich gute Stute zum guten Hengst des anderen, wenn sie gar nicht anders können, weil sie sonst den Anschluss komplett verlieren würden.
Wenn die in den letzten Jahren oder gar schon Jahrzehnten Verantwortlichen in ihren Betrieben genauso agiert hätten, wie für den Deutschen Rennsport, würden ganz schön viele Pleitegeier in den entsprechenden Positionen sitzen – es ist erschreckend, was sie aus dem Deutschen Galopprennsport gemacht haben!
Wie nah an den Abgrund wollen die Entscheidungsträger den Galopprennsport und alle Beteiligten tatsächlich noch heranfahren, bevor sich die letzte Kante löst und sie wirklich alles mit einer riesigen Lawine nach unten reißen? Man möchte ihnen am liebsten entgegen schreien, sie sollten doch die Kindereien endlich lassen, Geld in die Hand nehmen, eine vernünftige Firma zusammen gründen, die ausgearbeiteten Konzepte selbst umsetzen – denn, wenn alles so gut ist, kommen doch externe (seriöse) Investoren ganz von selbst. Ansonsten können Sie mich in einem Jahr noch mal fragen und ich ergieße wirklich nur noch Unflätiges über die handelnden Personen.