GaloppOnline.de: Hallo, Herr Schindler, wo erreichen wir Sie?
Erwin Schindler: Hier zu Hause in Haßloch, wo soll ich schon anders sein.
GaloppOnline.de: Was machen Sie gerade?
Erwin Schindler: Ich ruhe mich aus, habe gerade noch geschlafen. Habe ja jetzt auch genügend Zeit dazu.
GaloppOnline.de: Stören wir jetzt? Wir wollten uns einmal erkundigen, wie Sie sich fühlen.
Erwin Schindler: Nein, Sie stören nicht, ich habe Zeit und kann, um auf die Frage zu antworten, sagen, dass ich mich wie immer fühle, nämlich gesund und munter.
GaloppOnline.de: Kommen wir einmal zum Dortmunder Renntag. Ihr Abschied erfolgte plötzlich, oder?
Erwin Schindler: Ja, so kann man das sehen, aber nicht von meiner Sicht. Ich wollte eigentlich nicht aufhören, doch das Hinterherreiten machte einfach keinen Spaß mehr.
GaloppOnline.de: Warum eigentlich Dortmund und nicht beispielsweise Haßloch, wo Sie zu Hause sind?
Erwin Schindler: Das hat sich so ergeben. Ich hatte vorher schon gesagt, dass ich aufhören werde. Doch Trainer Uli Thomas bat mich, noch den Ritt auf Piro auszuführen, und den wollte ich nun wirklich nicht im Stich lassen, zumal er mich zum Weitermachen bewegen wollte. Doch einmal muss ja Schluss sein.
GaloppOnline.de: Kam der Entschluss aufzuhören nun überlegt oder war es eine spontane Reaktion?
Erwin Schindler: Er kam überlegt, aber auch spontan. Wenn an diesem Tag ein Sieg herausgesprungen wäre, hätte ich vielleicht sogar weitergemacht.
GaloppOnline.de: Dann war Erfolglosigkeit der Hauptgrund für den Rücktritt?
Erwin Schindler: Ja, Erfolglosigkeit und die Tatsache, dass ich keine Perspektiven mehr gesehen habe.
GaloppOnline.de: Hat auch die Gesundheit eine Rolle bei der Entscheidung gespielt?
Erwin Schindler: Nein, eigentlich nicht. Sicher bedeutet die Kurzsichtigkeit ein kleines Handicap, doch im Großen und Ganzen ist bei mir alles okay. Ich habe mir schon alles gebrochen, was es gibt, doch ist alles wieder so verheilt, dass ich sagen kann, ich bin gesund.
GaloppOnline.de: Es soll vorher Unstimmigkeiten mit Ingo Schalter gegeben haben. Auch ein Grund?
Erwin Schindler: Unstimmigkeiten gab es mit meinem letzten Arbeitgeber von meiner Seite nicht. Ich habe mich wohl einmal bei ihm über das schlechte Stallklima beschwert, worauf dieser mir mitteilte, dass er sich mich nicht mehr leisten könne. Inzwischen hat er aber zwei neue Leute eingestellt.
GaloppOnline.de: Hatten Sie sich vorgestellt, mit 58 Jahren aufzuhören?
Erwin Schindler: Ich wollte das nicht an einer Zahl festmachen. Meine Vorstellung war, eigentlich so lange zu reiten, bis ich vom Pferd falle. Nicht ganz so lange wie z. B. Pal Kallai, der als 71-jähriger noch Rennen gewann, aber ein paar Jahre hätten es schon noch sein können.
GaloppOnline.de: Wusste die Familie von ihrem Abschied Bescheid?
Erwin Schindler: Ja, natürlich. So einen Entschluss fasst man doch immer nur in Übereinstimmung.
GaloppOnline.de: Recht trostlos gestaltete sich das Drumherum um den Abschied. Haben Sie das mitbekommmen?
Erwin Schindler: Da nehme ich einmal die Dortmunder ganz entschieden in Schutz, denn keiner von den Verantwortlichen wusste ja etwas davon. Sicher ist, dass ich sang- und klanglos aufgehört habe, aber auch nur deshalb, weil die Öffentlichkeit völlig überrascht war. Ich habe Karl-Heinz Hoffmann gefragt, was mit meinen Sachen geschehen wird, ob sie bei ihm bleiben würden oder ob sie sie mit nach Hause nehmen soll, weil ich jetzt meine Karriere beenden würde.
Er hat daraufhin reagiert, Dortmunder Offiziellen Bescheid gesagt, die mich dann wieder am Auto abgefangen und noch einmal zu einer kleinen Ehrung geführt haben. Sie hätten nichts geben müssen. Wenn ich gewusst hätte, welcher Rattenschwanz nach dieser Ankündigung gefolgt ist, hätte ich am besten nichts gesagt.
GaloppOnline.de: Wieviele Jahre waren Sie aktiv?
Erwin Schindler: Meine Lehre habe ich am 1. Dezember 1960 in Österreich begonnen, wo ich später auch mit 22 Siegen Champion geworden bin. 1970 erfolgte der Wechsel nach Deutschland wegen der besseren Verdienstmöglichkeiten, also komplette 34 Jahre.
GaloppOnline.de: Kann man eine solche lange Zeit so einfach abtun und zur Normalität übergehen?
Erwin Schindler: Ich habe es ja schon länger gewusst, also fällt einem die Umstellung auch nicht ganz so schwer. Es ist halt ein ganz normaler Vorgang.
GaloppOnline.de: Fühlen Sie sich jetzt erleichtert oder machen Sie sich Sorgen um die Existenz?
Erwin Schindler: Weder erleichtert noch traurig, weder froh noch sonstwas, es ist einfach so. Sorgen um die Existenz muss ich mir allerdings machen, schließlich haben wir drei schulpflichtige Kinder. Um mich noch einmal zu wiederholen: Wenn ich gewusst hätte, welche Folgen meine Mitteilung gehabt hat, hätte ich besser geschwiegen.
GaloppOnline.de: War es eine schöne oder eine harte Zeit?
Erwin Schindler: Beides, schön und hart. Beim Rennsport handelt es sich nun einmal nicht um eine Sonntagssportart, wie z. B. Golf. Anstrengend ist er schon. Von nichts kommt nichts.
GaloppOnline.de: Haben Sie die Entscheidung schon bereut?
Erwin Schindler: Nein, im Moment noch nicht. Fragen Sie mich aber einmal in einem halben Jahr oder wenn es wieder warm wird!