GaloppOnline.de: Herr Halm, wie oft waren sie vor dem 1. Januar 2007 auf einer Rennbahn?
Engelbert Halm: Ehrlich gesagt, noch nie. Natürlich habe ich in der Vergangenheit, noch zu Zeiten von Adi Furler, das eine oder andere Rennen im Fernsehen gesehen. Aber eine Bahn hatte ich noch nie betreten. Inzwischen war ich allerdings schon in Neuss und in Dortmund und bin vom Sport begeistert.
GaloppOnline.de: Nun bekleiden sie den wichtigsten Manager-Posten im deutschen Rennsport. Ist es nicht ein Nachteil, wenn man so gar nichts von der Materie versteht?
Engelbert Halm: Das würde ich nicht sagen. Es ist sogar in gewisser Hinsicht vorteilhaft: Ich kann mich völlig unvoreingenommen auf meine Aufgabe konzentrieren. Letztlich ist mein Aufgabenbereich nicht viel anders als früher: Ich habe Firmen für den Wettbewerb fit gemacht, habe sie an den Markt angepasst.
GaloppOnline.de: Wie sind Sie zu dieser Aufgabe gekommen?
Engelbert Halm: Mehr zufällig habe ich die Anzeige in der Frankfurter Allgemeinen gelesen. Ich hatte sofort das Gefühl, dass das Anforderungsprofil absolut auf mich zutrifft. Ich hatte zehn Jahre für den RWE-Konzern gearbeitet, suchte eine neue Herausforderung. Ich wollte einmal etwas ganz anderes machen.
GaloppOnline.de: Und wie fällt ihre Bilanz nach vier Wochen aus?
Engelbert Halm: Eigentlich benötigt man die traditionellen einhundert Tage, um ein erstes Fazit zu ziehen. Festzustellen bleibt zunächst, dass ich ein sehr kompetentes, starkes Team vorgefunden habe. Ich habe Einzelgespräche geführt, habe bereits die ersten kleineren Veränderungen im Hause vorgenommen. Die strukturellen Abläufe werden überprüft. Wir sehen uns als Dienstleister unserer Mitglieder, als Serviceunternehmen. Dieser Gedanke muss fortgeführt werden. In jedem Fall versuche ich so viel wie möglich zu kommunizieren, mit allen Beteiligten.
GaloppOnline.de: Und sie haben sich der Materie Galopprennen angenähert?
Engelbert Halm: Absolut. Ich habe mir zum Beispiel die drei Stunden der Galopphöhepunkte 2006 von vorne bis hinten angeschaut. Einfach faszinierend. Man bekommt richtig einen Endruck davon, was alles bei diesem Sport möglich ist. Natürlich gibt es Gebiete, in die ich mich einlesen muss. Zum Beispiel das Wettgeschäft. Wie läuft das, wie sind die Hintergründe?. Wie und warum funktioniert das in anderen Ländern? Wie können wir international wieder gehört werden? Was können wir ändern? Ganz klar: Ich habe einen Riesenrespekt vor dieser Aufgabe.
GaloppOnline.de: Gibt es erste Erkenntnisse?
Engelbert Halm: Die divergierenden Interessen der Beteiligten sind schon sehr bemerkenswert. Dabei gibt es doch Wechselwirkungen. Ohne Züchter geht es nicht, ohne Besitzer, Trainer oder Jockeys auch nicht. Eigentlich verfolgen aber alle das gleiche Ziel.
GaloppOnline.de: Nun soll ja die Strukturreform ab 2008 alles zum Guten wenden. Glauben Sie, dass sie am 1. Januar kommenden Jahres in Kraft tritt?
Engelbert Halm: Um dieses zu verwirklichen bin ich auch engagiert worden. Ich bin überzeugt davon, dass sie dann kommen wird und ich glaube auch, dass sie richtig ist. Es ist auf diesem Sektor bisher eine sehr gute Arbeit geleistet worden, doch prüft man natürlich noch einmal jedes Detail.
GaloppOnline.de: Viele Einzelheiten der Strukturreform, die ja in einem „Jockey Club“ münden soll, sind dem Rennsport noch unbekannt. Es gibt aber auch schon Widerstände. Besonders die Rennvereine fürchten eine Art Entmündigung.
Engelbert Halm: Natürlich soll die Vermarktung zentraler geschehen, um weitere Großsponsoren zum Vorteil aller Bahnen zu gewinnen. Aber die Eigenständigkeit und auch die Eigenverantwortung der Rennvereine soll bewahrt werden, insbesondere, was die lokal ansässigen Sponsoren betrifft. Wobei ich es aber nicht so ganz verstehen kann, dass es untereinander einen so starken Wettbewerb gibt. Man kann doch voneinander profitieren Die Leute vor Ort machen sicher gute Arbeit. Wir wollen ihnen etwas an die Hand geben, dass sie es noch besser machen können.
GaloppOnline.de: Ohne ins Detail der Strukturreform zu gehen: Man benötigt Geld dafür. Wenn wir es richtig verstehen, kommt die Anschubfinanzierung aus privater Hand. Das kann aber nicht die Dauerlösung sein.
Engelbert Halm: Bestimmt nicht. Ich sehe durchaus die Chance, Investoren für den Rennsport zu finden. Private equity ist das Stichwort. Nur: Wir brauchen eine Story. Das Produkt an sich ist gut, Rennsport ist faszinierend, spannend. Warum soll man ihn nicht mit dem richtigen Konzept bundesweit vermarkten können? Dafür müssen Geschäftspläne stehen, daran wird gearbeitet. Es ist eine meiner vordringlichen Aufgaben, externes Geld für den Rennsport zu besorgen. Was im Übrigen die Transparenz der Strukturreform anbetrifft: Wir arbeiten daran. Geben Sie uns noch etwas Zeit.
GaloppOnline.de: Ab Mitte des Jahres wird es im Marketing-Bereich Unterstützung geben.
Engelbert Halm: Iris Albrecht fängt am 1. Mai beim Direktorium an. Sie ist für Marketing, PR, Events und Sponsoring zuständig. Sie ist bereits sehr aktuell im Thema, wir tauschen uns häufig aus. Bei ihrer Einstellung war ich bereits involviert.
GaloppOnline.de: Was hat denn Ihre Umgebung zu Ihrem neuen Job gesagt.
Engelbert Halm: Immer mehr Menschen aus meinem privaten Bekanntenkreis entpuppen sich erstaunlicherweise plötzlich als Fans des Galopprennsports. Ein ehemaliger Kollege hat mir sogar erzählt, dass er einmal an einem Pferd beteiligt gewesen war. Und genau dieses Interesse für Rennpferde gilt es schon im persönlichen Umfeld zu fördern, damit der Galopprennsport wieder zu einem Publikumsmagneten wird.