Mit Dr. Norman Albers

Bei der Jahreshauptversammlung des Deutschen Buchmacher-Verbandes (DBV) haben die Mitglieder in der vergangenen Woche sich einmütig dazu entschieden, die individuellen Verträge mit dem Direktorium bezüglich der TV-Übertragung von Galopprennen zum Jahresende zu kündigen. Daniel Delius sprach mit dem DBV-Vorsitzenden Dr. Norman Albers.

GaloppOnline.de:Das Direktorium hat die Zusammenarbeit mit ihrem Verband immer als vorbildlich bezeichnet. Warum jetzt Ihr Sinneswandel?

Dr. Norman Albers: Das liegt ausschließlich in der Gesetzesinitiative begründet, die Bayern nach Vorarbeit von Direktoriums-Präsident Jochen Borchert im Bundesrat eingebracht hat. Wir verabredeten im Vorfeld eine gemeinsame Initiative und haben uns nicht vorstellen können, dass sie in dieser Form im Alleingang des Direktoriums eingebracht werden würde. Damit ist die Geschäftsgrundlage, auf der wir die Verträge geschlossen haben, nicht mehr existent.

GOL: Was stört Sie konkret?

NA: Es ist nicht nachvollziehbar, dass nun auch die Vermittlung von Wetten besteuert werden soll, genau wie der Abschluss von Wetten.. Wenn wir etwasam Rennwett- und Lotteriegesetz ändern wollen, dann richtig. Wir hatten vorgeschlagen, eine Sonderabgabe direkt für den Rennsport zu zahlen, in einer Höhe von bis zu drei Prozent des Gesamtumsatzes an Pferdewetten, unter der Voraussetzung, dass der Steuersatz von derzeit 16 2/3 % nachhaltig gesenkt wird. Das war letztlich auch die Grundlage für unsere Verträge . Doch was jetzt geschieht, ist glatter Rechts- und Vertrauensbruch.

GOL: Glauben Sie, dass das Gesetz in Kraft treten wird?

NA: In dieser Woche ist es in den Ausschüssen und, wenn es keine Widerstände gibt, können die Ministerpräsidenten in zwei, drei Wochen die Hand heben. Allerdings haben wir inzwischen auch Aufklärungsarbeit geleistet.

GOL: Welche Folgen hat dies konkret für den Galopprennsport?

NA: Ob ab Januar noch an den Totalisator vermittelt wird, entscheiden die Wetter, doch wird es nach dem bisherigen Stand der Dinge in keinem deutschen Buchmachergeschäft mehr Bilder geben.

GOL: Nur noch in den von den Galoppern und Trabern betriebenen Race Jack-Läden?

NA: Dafür müsste erst einmal die Finanzierung für die Übertragung stehen. Wir bezahlen ja nichts mehr und wie der Rennsport die Bildübertragungen finanzieren will, entzieht sich meiner Kenntnis.

GOL: Das ist ein zusätzlicher Kritikpunkt von ihrer Seite, der Preis der Bilder. Es gibt ja auch zahlreiche Rennvereine, die vorrechnen, dass die Bilder zu teuer sind und ohnehin die Frage stellen, wer denn überhaupt die Rechte daran hat.

NA: Wir hatten in Berlin eine Präsentation, bei der ganz klar vorgerechnet wurde, dass die Bilder um ein Erhebliches günstiger zu produzieren sind als bisher. Nach unseren Berechnungen um 500 000 Euro pro Jahr. Allerdings hat das Direktorium meines Wissens einen bis zum Jahresende 2007 gültigen Vertrag mit der Firma Autotote, der es verpflichtet, die Bilder zu einem bestimmten Betrag abzunehmen. Aus dem kommen sie wohl auch nicht raus.

GOL: Die Buchmacher sind in den vergangenen Monaten, auch von einflussreichen Persönlichkeiten des Rennsports, als Profiteure und Absahner bezeichnet worden. Wie stehen Sie dazu?

NA: In Prozenten vom Umsatz gerechnet, haben wir meiner Meinung nach mehr für den Rennsport getan als die englischen und irischen Buchmacher. Ich wage sogar zu behaupten, mehr als die PMU. Wir können aber nicht länger den Zahlmeister spielen, wir sind in unserer Existenz bedroht. Das Direktorium hat uns die Füße weggezogen, die geplante Doppelbesteuerung durch die Besteuerung auch der Wettvermittlung ist mit uns nicht machbar. Wer so mit einem Partner umgeht, der muss sich über die Konsequenzen nicht wundern.

GOL: Es gibt aber eine durchaus enge Partnerschaft zwischen einigen Rennvereinen und Buchmachern. Wie soll die demnächst aussehen?

NA: Unser Unternehmen arbeitet eng mit den Rennvereinen in Bremen, Bad Harzburg, Hamburg, Dresden und Hannover zusammen. Dieses Engagement bleibt bestehen, wird teilweise noch ausgeweitet. Die Kollegen Schickle, Leip, Springer und Sieberts haben gleichfalls Geschäfte auf den Bahnen, sind dort als Sponsoren mit nicht geringen Beträgen tätig. Sieberts hat nicht unerheblich dazu beigetragen, dass im Dezember auch samstags Rennen in Neuss sind. Wer dann noch behauptet, wir täten nichts für den Rennsport, der sagt die Unwahrheit.

GOL: Und wie steht es mit der Zusammenarbeit mit dem Direktorium?

NA: Das Direktorium sieht sich als selbsternannte PMU. Es versucht alles an sich zu ziehen, es will das Wettmonopol. Es hat keinen moralischen Anspruch darauf und schon gar keinen geschäftlichen, es hat eigentlich nur Verbandsarbeit zu leisten. Wir empfinden dies als Betrug an allen Rennsportinteressierten. Ganz ehrlich: Es geht möglicherweise nur noch über eine Insolvenz der Wirtschaftsbetriebe des Direktoriums und einen kompletten Neuanfang.

GOL: Was werden Sie ihren Kunden im Januar anbieten?

NA: England und Frankreich. Und Deutschland. Selbst ohne Bilder.

GOL: Wird das Gambelli-Urteil für die Buchmacher oder den Rennsport irgendwelche Folgen haben?

NA: Unmittelbar sicher nicht. Es kann natürlich dazu führen, dass sich österreichische und englische Buchmacher in Deutschland tummeln. Die Erfahrung zeigt, dass Urteile des Europäischen Gerichtshofes nicht unbedingt auch in Deutschland von den Gerichten beachtet werden. Die Toto-Lotto-Lobby ist unverändert sehr stark. Wir bewegen uns nach wie vor in einer rechtlich unsicheren Lage, weswegen eine schnelle Liberalisierung gut wäre. Wir distanzieren uns dabei in aller Form von halb legalen Geschäften und Milchbars.

GOL: Für den Rennsport wäre aber eine Legalisierung von Sportwetten auf Dauer tödlich. Ein Buchmacher-Gigant wie William Hill in England macht bereits einen Umsatz von 70 Prozent mit allgemeinen Sportwetten, nur 30 Prozent mit Pferdewetten.

NA: Ich sehe das ganz anders. Es wird ein Synergieeffekt entstehen. Wir brauchen neues junges Publikum und ich bin sicher, dass wir dieses mit Sportwetten auch für den Galopprennsport begeistern können.

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