GaloppOnline.de: Wenn Sie auf die sieben Monate des Tribünenbaus zurückblicken – ließen sich Zeitplan und Budget gut realisieren?
Joyeux: Wir hatten schon alle etwas Bammel, ob das in dieser kurzen Zeit möglich wäre und auch, ob wir dabei im Budget bleiben können. Ein Riesenkompliment haben sich das Konsortium Weisenburger/Greschbach als Generalunternehmer und Architekt Alwin Merkel verdient sowie die beteiligten Teams. Es ist alles mit der Präzision eines Uhrwerks abgespult worden, man hat da etwas Rekordverdächtiges hingesetzt. Ich kann mich nicht erinnern, dass ein solcher Bau in dieser Zeit einmal hier über die Bühne gegangen ist. Zumal wir sogar drei bis vier Wochen vor dem Frühjahrs-Meeting schon fertig werden. Das ist fast schon sensationell. Der Winter war aber auch nicht so extrem.
GaloppOnline.de: Wann wurde die Idee zur Tribüne geboren?
Joyeux: Die Idee als solche entstand schon, als die kleine Sattelplatztribüne und die beiden Türme gebaut waren. Karsten von Werner sagte damals, jetzt muss nur noch der Bastard weg und meinte damit die Clubplatztribüne. Diese war von ihrem Zustand her nicht mehr tragbar und total baufällig. In spätestens zwei Jahren wäre sie sicher zugemacht worden. Mein erster offizieller Brief als Generalsekretär 1996 ging übrigens an das Land in Sachen Tribünenbau. 1997 begann dann die ganz konkrete Phase der Planungen. Es war natürlich eine Geldfrage, die auch die Mittel der öffentlichen Hand betraf. Erbpachtverträge wurden ausgearbeitet. Das dauert immer seine Zeit.
GaloppOnline.de: Können Sie uns einen Einblick in die Gesamtkonzeption der Benazet-Tribüne geben?
Joyeux: Die Vollendung der Bénazet-Tribüne, die an den Begründer der Internationalen Galopprennen Baden-Baden erinnert, ist der letzte Baustein im gestalterischen Gesamtkonzept des Rennplatzes Iffezheim, das eindrucksvoll die Handschrift von Alwin Merkel trägt. Nunmehr präsentiert sich der Rennplatz Iffezheim als ein charakteristisches Gesamtensemble, das Tradition und Moderne harmonisch vereint.
Als ein durchgängiges architektonisches Konzept steht der Rennplatz Iffezheim in Europa und vielleicht sogar darüber hinaus einzigartig da.
Die Bénazet-Tribüne selbst teilt sich in den Clubturm und den allgemeinen Tribünentrakt, wobei es sich nicht um eine Tribüne im klassischen Sinne, sondern im Wesentlichen um eine Restaurationstribüne handelt. Der Clubturm beherbergt den Bereich des Internationalen Clubs, seiner Gäste und Mitglieder sowie die ‚Brenner`s Lounge‘ und Funktionsbereiche für die Rennleitung, die Fernsehregie und die Presse.
Zu den Highlights des Gesamtgebäudes gehört die ‚Brenner`s Lounge‘. Es ist das erste Mal, dass eines der international führenden Luxushotels- das Brenner`s Park-Hotel & Spa, das seit Generationen mit überaus großem Erfolg die Philosophie ‚Lebensart. Im Einklang mit der Natur‘ in kultivierte Gastlichkeit umsetzt, auf einem Rennplatz in eine so exponierte Kooperation mit einem Rennveranstalter tritt. Das hat selbst der königliche Rennplatz von Ascot nicht zu bieten. In der Brenner`s Lounge wird der Gast in exklusiver Intimität Hospitality auf Weltniveau erleben. Den allgemeinen Tribünentrakt machen vier verschiedene Ebenen aus.
Die Clubplatzterrasse mit rund 400 terrassierten Außenplätzen sowie das Badener Clubrestaurant mit ca. 600 Restaurantplätzen stehen dem allgemeinen Publikum offen. Dem Badener Clubrestaurant ist ein Balkon vorgelagert, von dem aus das Renngeschehen hautnah erlebt werden kann. Oder man verfolgt die Rennen lieber auf einer innen angebrachten Großbildwand oder den verschiedenen Flatscreens. Nach hinten eröffnet ein großzügig gestalteter Wintergarten Blicke auf den Führring und auf den gewerblich genutzten Gontard – Garten.
Nach oben schließt sich mit dem Maurice Lacroix-Club die Sponsoren-Ebene an, die durch flexible Elemente in verschieden große Einheiten aufgeteilt werden kann. Auch hier erlaubt ein vor gelagerter Balkon das unmittelbare Erleben der Rennen und öffnet sich nach hinten heraus eine großzügige Terrasse.
Die letzte Ebene sieht mit dem Champions` Club genannten Terrassenrestaurant den Bereich der ‚Corporate Clients‘ vor, der aber auch Privatpersonen nicht vorenthalten bleibt. Atemberaubend ist der Blick vom Balkon des Champions` Clubs aus auf die Ausläufer des nördlichen Schwarzwaldes, und von der hinteren Terrasse dieses Bereiches aus eröffnen sich bislang nicht gekannte Aussichten auf den Rennplatz und die Gemeinde Iffezheim. Im Champions` Club gibt es das gerade bei Geschäftskunden so beliebte All-Inclusive-Angebot.
GaloppOnline.de: Ist die Tribüne auch zugänglich für nicht so gut begüterte Leute?
Joyeux: Wir können jeden nun vernünftig bedienen. Vom Kunden, der sechs Euro Grundeintritt bezahlt bis hin zu dem, der sechshundert Euro auf den Tisch legt. Jeder findet seinen Platz. Auch Leute, die vertrieben wurden durch das provisorische Konzept, werden ihren Platz zurückerhalten.
Mit dem Neubau der Bénazet-Tribüne vollendet sich auch die Philosophie des Internationalen Clubs, nach der jeder Gast auf dem Rennplatz sich als VIP fühlen soll. Erstmals in der Geschichte des Rennplatzes Iffezheim gibt es nun ein durchgängiges Angebot von rustikal (Bierzelt) bis zum exklusiv (Brenner`s Lounge), das für alle Geschmäcker und jeden Geldbeutel geeignet ist.
Sehr wichtig ist vor allem auch die Tatsache, dass dem Publikum Bereiche, die in den vergangenen drei Jahren zugunsten von Sponsoren und Corporate Clients für Aktive und allgemeines Publikum verloren gegangen waren, wieder zurückgegeben werden können.
Dies betrifft vor allem die Schwarzwald-Terrasse, nunmehr in der ursprünglichen Konzeption eine Renaissance erfährt und den Bereich der ehemaligen Führringterrasse. Dort ist nunmehr ein Bistro angesiedelt, das exklusiv den Besitzern von Logen und reservierten Plätzen auf der Großen Sattelplatztribüne zur Verfügung steht.
Damit wird einem schon lange geäußerten Wunsch dieses Klientels Rechnung getragen. Zudem sind ca. 300 Plätze auf der Großen Sattelplatztribüne, die in jüngster Vergangenheit für Sponsoren reserviert waren, wieder für das allgemeine Publikum frei gemacht worden.
GaloppOnline.de: Welche anderen Partner lassen sich in der Tribüne nieder?
Joyeux: Ein wichtiger Partner in der Tribüne ist die Wettarena von Buchmacher Efroni. Ansonsten ist das eine Frage des Caterings. Wie gesagt hat Brenner´s eine eigene Lounge. Im allgemeinen Publikumsgeschäft auf der Bahn haben wir die Iffezheimer Rennplatzgesellschaft. Leo´s ist im Waagerestaurant. Mit dem Brandau Catering Service haben wir schon im Vorjahr zusammengearbeitet. Ich halte es sehr wichtig, leistungsstarke regionale Partner zu wählen. Das lässt sich nur aus der Region heraus vernünftig machen.
GaloppOnline.de: Wie sind die Tribünenpreise, auch im Vergleich zu anderen Sportarten (Fußball, etc.)?
Joyeux: Um einen Vergleich zu geben, liegen die Preise noch unter dem, was beim Karlsruher SC für einen Sitzplatz verlangt wird. Und wir bieten nicht nur nationalen, sondern auch teilweise internationalen Spitzensport.
Aber kostenlos ist es natürlich nicht mehr möglich. Freikarten, um auf die Bahn zu kommen, gibt es zwar nach wie vor. Aber für „nothing“ kann man die Besucher nicht auf der Bénazet-Tribüne sitzen lassen. Für mehr Komfort, Pfiff und Pep muss man auch bezahlen.
Wer auf der Gratis-Schiene fährt, geht kaputt. Freier Eintritt nützt nichts, das bringt nur das Produkt runter. Man muss es auch angemessen verkaufen, in den neuen Publikumsbereichen. Wenn man andere Events sich anschaut, dann liegen unsere Preise am untersten Ende. Wir wollen bezahlbar bleiben für alle. Bei so vielen Alternativen findet wirklich jeder einen Platz nach seinem Geldbeutel.
GaloppOnline.de: Wie schnell werden die für den Club entstandenen Kosten wieder hereingeholt sein?
Joyeux: Unsere Kapitaldienste sind so ausgerichtet, dass in zehn Jahren der nicht öffentliche Teil der Gelder amortisiert sein soll. Vom Wetteinkommen kann heutzutage keiner mehr leben. Als ich beim Internationalen Club angefangen habe, waren die Finanzen des Gesamtbudgets ganz anders verteilt. Achtzig Prozent kamen aus den Wetteinsätzen, zwanzig Prozent aus anderen Einnahmen.
Wenn der Trend bei den Umsätzen so weitergeht, dann wird bald genau das Gegenteil der Fall sein. Zur Zeit kommen bei uns 55 Prozent aus den Wetteinsätzen, der Rest aus anderen Geschäften. Und diese anderen Geschäfte müssen wir weiterentwickeln.
GaloppOnline.de: Wie ist die bisherige Resonanz – Kartenvorverkauf für Benazet-Tribüne?
Joyeux: Die Resonanz ist gut, im Rahmen unserer Erwartungen. Es kann ja niemand annehmen, dass wir gleich ein ausverkauftes Haus haben. Wenn unser Businessplan so aufgestellt wäre, hätten wir von den Banken kein Geld bekommen. Eine fünfzigprozentige Belegung bei den Meetings ist derzeit vorgesehen. Jedes neue Produkt muss sich erst einmal entwickeln können, muss sich herumsprechen.
GaloppOnline.de: Der Club hat sich früher als andere auf weitere Einnahmequellen konzentriert, um sich vom Umsatz unanhängig zu machen. Das scheint genau die richtige Strategie gewesen zu sein?
Joyeux: Man darf bei alldem den Wetter nicht vernachlässigen. Ich will dass immer mehr gewettet wird. Das ist ganz klar. Aber das Procedere des Wettens muss sich entwickeln. Es müssen sich neue Schichten für die Pferdewette auftun. Ich denke da in Richtung Lotto. Ein ähnliches Produkt muss es geben. Es ist sehr schwer, die Leute zum Wetten zu bewegen, wenn es sich dabei um unser erklärungsbedürftiges Produkt handelt.
Das ist in Ländern wie Frankreich anders, wo die Pferdewette im Denken der Bevölkerung tief verwurzelt ist. In Frankreich weiß jedes Kind, was PMU ist, in Deutschland wissen nur ganz wenige, was Totalisator bedeutet.
GaloppOnline.de: Sie beklagen eine „Miesepeter-Spirale im deutschen Turf – können Sie das näher erläutern? Welche Maßnahmen sind jetzt zwingend erforderlich?
Joyeux: Unzweifelhaft fallen Bau und Eröffnung der neuen Bénazet-Tribüne in eine für den deutschen Galopprennsport äußerst problembehafteten Zeit. Nicht wenige Turffreunde halten die Investition in das 10,2-Millionen-Euro schwere Projekt – zur Hälfte mit öffentlichen Mitteln finanziert – in einer Zeit der beständig fallenden Wetteinsätze und ernsthafter Existenznöte nicht nur einer Rennbahn in Deutschland für Wahnsinn.
Der Internationale Club versteht die endgültige Realisierung des Projektes, das mehr als sieben Jahre zur endgültigen Reife brauchte, als ein deutliches Signal für Vertrauen in die Zukunft und einen Anschub zur Wiedererstarkung eines Sportes, der sich – ungeachtet aller wenig förderlicher ökonomischer Rahmendaten und Bedingungen – auch selbst in eine lähmende ‚Miesepeter‘- Spirale bewegt hat.
‚Kaufen, wenn die Kanonen donnern‘ – so lautet eine alte Börsenweisheit.‘ In schlechten Zeiten investieren, um bei einem Aufschwung für die Zukunft richtig positioniert zu sein‘ – so könnte man die Strategie des Internationalen Clubs interpretieren. Event-Publikum, Sponsoren und Corporate Clients spielen bei der Finanzierung hochkarätiger Galopprennveranstaltungen eine immer größere Rolle, ob es das angestammte Rennsportpublikum wahr haben will oder nicht.
Heute wäre eine solche Finanzierung der Bénazet-Tribüne nicht mehr möglich. Wir haben wirklich den allerletzten Augenblick erwischt, da hätten wir heutzutage keine Chance mehr gehabt.
Noch ein Wort zum Thema „Miesepeter“: Wir betonen immer wieder die negativen Erscheinungen, die unzweifelhaft da sind. Aber es gibt auch die andere Seite und damit viele Dinge, an denen man sich aufrichten kann.
Wie die Erfolge der deutschen Vollblüter im Ausland, mit Paolini als Höhepunkt, aber auch den Erfolgen deutscher Pferde im englischen Hindernissport. Aber auch die Art und Weise, wie sich deutsche Top-Jockeys im Ausland behaupten. Und ein unglaublich ermutigendes Zeichen ist die Kooperation des deutschen Rennsports mit T-Online, der größten Internet-Plattform in Europa.
Nur der Sport muss dieses Signal aufgreifen, popularisieren. Man muss aktiv mitmachen. Es ist die Chance, sehr viele Menschen zu erreichen. Wir drehen uns doch nur im Kreis, sprechen immer dieselben Leute an. Wir kannibalisieren unseren vorhandenen Stamm nur, aber dieser Stamm nimmt stark ab. Man muss über den Tellerrand schauen und sehen, wie ich das Produkt Wette an die Frau und den Mann bringen kann, ohne die Leute zu überfordern. Das geht am ehesten mit einem reinen Glücksspiel.
An unserem komplizierten Weg des Wettens findet man nur schwer Spaß. Wenn die Leute nur auf irgendeinen Knopf drücken müssen, machen sie auch mit. In Frankreich beträgt der Anteil der Spotwette, einer Art Zufallswette, schon fünfundzwanzig Prozent der Quinté Plus.
Die Leute haben doch einfach kaum Zeit mehr, sich mit den Rennen im Vorfeld zu beschäftigen. Wir müssen es den Menschen einfacher machen. Ein Anreiz sollte dabei ein hoher Gewinn sein. So nach dem Motto – wer einmal trifft, braucht nicht mehr zu arbeiten.
GaloppOnline.de: Wer nutzt die Tribüne in der rennfreien Zeit? Wird es auch wieder Konzerte geben?
Joyeux: Im ersten Jahr wäre es ideal, wenn an mindestens fünfzig Tagen eine Veranstaltung wäre. Auf längere Sicht wollen wir auf zweihundert Tage kommen. Das geht von der privaten Feier bis hin zur Unternehmenspräsentation. Dazu sprechen wir Firmen auf unsere Location an. Wichtig ist aber erst einmal ein Meeting, um die Tribüne zu filmen, Material zu liefern. Dann kann man auch gezielter an die Adressaten gehen.
GaloppOnline.de: Was sind Ihre Wünsche, Hoffnungen für 2004 – in Bezug auf Baden-Baden und den deutschen Turf?
Joyeux: Ich hoffe für uns, dass die neue Tribüne so angenommen wird, wie wir uns das vorstellen. Am Anfang werden sicher noch Kleinigkeiten fehlen. Wichtig ist auch, dass das dritte Meeting angenommen wird.
Was den gesamten Sport anbetrifft, so wünsche ich mir, dass zunächst einmal endlich eine Einigung mit den Buchmachern erzielt wird. Das ist ein erster Schritt. Und dann müssen sich alle mit den Politikern zusammensetzen, um den Gesamtproblemen Herr zu werden, sonst wird es ganz schnell zappenduster.
Ich hoffe auch, dass wir nicht noch mehr Rennbahnen aufgeben müssen. Gesundschrumpfen ist nach meiner Ansicht Quark. Die Leute, die nach Gelsenkirchen gekommen sind, fahren nicht auch zwangsläufig zu anderen Bahnen. Vielfach sind diese Kunden weg und für immer verloren.