GaloppOnline.de: Gratulation zum vierten Championat in Folge. Ganz ehrlich, wie sehr haben Sie vor dem letzten Renntag an den Titel geglaubt?
Christian von der Recke: Vielen Dank für die Glückwünsche. Natürlich war die Ausgangslage mit mehr Startern bei gleicher Siegzahl besser als im Jahr davor, als ich mit drei Punkten hinter Andreas Wöhler lag. Aber die Stallform von Peter Schiergen auf der Sandbahn war schon etwas Angst einflößend.
GaloppOnline.de: Mit welchem Gefühl gingen Sie in den Silvesterrenntag? Wie viele Sieger hatten Sie für sich, bzw. Peter Schiergen erwartet?
Christian von der Recke: Vom Gefühl her war ich von einem Sieg von mir und einem von Peter Schiergen ausgegangen, mit der Patt-Situation hätten wir wohl beide gut leben können. Der Verlierer war aber der erste Gratulant und ich denke, wir sind beide faire Konkurrenten gewesen.
GaloppOnline.de: Wer Sie kennt, weiß, wie ehrgeizig Sie sind. Was bedeutet Ihnen das erneute Championat?
Ein Championat zu gewinnen ist sehr schwer, es zu verteidigen noch schwerer. Aber mit Gewalt geht es nicht und am Ende ist es die Summe des Erfolges über das ganze Jahr .
GaloppOnline.de: Es gibt Stimmen, die kritisieren, dass der Champion bei den Trainern nach Siegen ermittelt wird und die sich darüber mokieren, dass Sie viele Ihrer Siege auf den kleineren Bahnen erzielen. Nervt Sie das eigentlich? Wie begegnen Sie diesen Kritikern?
Christian von der Recke: Das Championat in Deutschland wird nach Siegen entschieden. Den Modus nach Gewinnsumme gab es nur wenige Jahre, da er in Deutschland nicht gewollt war. Ein Jeder setzt die Pferde so ein, dass sie viele Rennen und viel Geld gewinnen. Und auch der Derbysieger fängt eventuell gezielt über Maidenrennen, Kategorierennen und dann Listenrennen an. Der Sieger hat immer Neider, der Verlierer Mitleider. Aber ein Pferd wie Blue Note wurde von mir sofort im 100.000 Euro-Rennen in Baden eingesetzt und nicht erst in kleinen Rennen. Der Engländer sagt “versuche dich selbst in der besten Klasse aufzuhalten und dein Pferd in der richtigen Klasse“, und danach gehe ich, denn der kleine Sieg ist mehr wert, als die grosse Niederlage !
GaloppOnline.de: Andreas Suborics hat sich bei Ihnen in der Arbeit Fitness für sein Comeback geholt. Werden Sie auf ihn in der nächsten Zeit verstärkt zurückgreifen? Gibt es Überlegungen Ihrerseits, vielleicht auch mal wieder einen Stalljockey zu engagieren?
Christian von der Recke: Er hat schon lange für unseren Stall geritten, unter anderem auch Gruppesieger wie Denaro. Er ist natürlich eine große Bereicherung am Stall. Er fährt jetzt nach Cagnes und auch danach wird die Zusammenarbeit nicht aufhören. Er wird auch dann weiter bei uns morgens und damit auch im Rennen für uns reiten. Denn es ist besser er reitet für uns im Rennen, als gegen uns.
GaloppOnline.de: Bei den meisten Ihrer Sieger 2010 saß Kirsten Schmitt im Sattel, der Sie auch zu einer Rekordsaison verholfen haben. Wird diese Verbindung auch im Jahr 2011 bestehen?
Christian von der Recke: „Never change a winning team“, daran wird sich nichts ändern. Lutz Mäder hat mir an Silvester gratuliert und meinen Mumm bewundert, in der entscheidenden Phase auf Schmitt und Wandt zu setzen, nur bin ich durch die Erfolge mit ihnen da hin gekommen und so war es nie ein Gedanke am Erfolg etwas zu ändern.
GaloppOnline.de: Sie haben in den vergangenen Jahren viele Auszubildende wie Carolin Lippert, Rene Piechulek, Caroline Fuchs oder Sabrina Wandt gefördert. Diese haben auch stets einen großen Teil ihrer Sieger geritten. Justin Nowara und Maxim Pecheur absolvieren derzeit neben Sabrina Wandt ihre Lehre an Ihrem Stall. Werden diese ähnliche Chancen bekommen und einen ähnlichen Weg machen?
Christian von der Recke: Jeder hat hier seine Chance erhalten und somit die Möglichkeit seinen Weg zu machen.
GaloppOnline.de: Kommen wir zu Ihren Pferden. Nach Klasse ist Earlsalsa die Nummer eins im Stall. Wie wird in etwa seine Route für 2011 aussehen? Trauen Sie ihm auch einen Gruppesieg zu?
Christian von der Recke: Mit Frau von Gaertner, die im übrigen sehr starken Anteil am Geschehen hat, ist überlegt worden, Earlsalsa gezielt in Rennen der Defi du Galop-Serie in Frankreich laufen zu lassen, um evtl. über geschicktes Management etwas von der Besitzerprämie abzukriegen.
GaloppOnline.de: Bound by Honour war mit sieben Siegen der erfolgreichste Punktesammler im Stall. Ohne Frage ist er ein gutes, aber auch fantastisch gemanagtes Pferd. Was kann er Ihrer Meinung nach genau?
Christian von der Recke: Er ist ein Pferd, das nie groß aus sich heraus geht und auch in der Arbeit nur das Nötigste macht. Es ist jetzt geplant, mit ihm nach St. Moritz zu fahren, er hat sicherlich viel Potenzial dafür .
GaloppOnline.de: Wer wird sein Nachfolger in Sachen Siege 2011?
Christian von der Recke: Das ist schwer zu sagen, da dies ja auch von der Route der Besitzer abhängt. Die bezahlen ja am Ende den Spaß und entscheiden mit, wo und wie die Pferde eingesetzt werden. Ein Pferd, das so ein Nachfolger werden könnte, ist Designated Decoy.
GaloppOnline.de: Wie sieht es bei den jungen Pferden aus? Können Sie Pferde nennen, die auch für bessere Rennen in Betracht kommen?
Christian von der Recke: Im Moment sind noch drei nicht gelaufene Pferde im Derby genannt. Fleuro, Sang Tiger und Ciocco Sam. Bei den Stuten erwarte ich unter anderem noch etwas von Pongal und Pennyprincess.
GaloppOnline.de: Mit Ihren England- oder Irland-Importen sind Sie immer sehr erfolgreich gewesen, teilweise waren diese Pferde auch nicht einmal teuer. Was ist das Geheimnis dabei?
Christian von der Recke: Es liegt oft am System. Zum Bespiel sind Bound by Honour, Glow Star, Bucked Off oder Penthatlon ohne Erfolg oft in Ausgleichen gelaufen und konnten bei uns in den Kategorierennen wieder Vertrauen finden. Es ist natürlich Arbeit nach England zu fahren, die Formen der Pferde auszuarbeiten und sie zu kaufen, aber es sind Auktionen, die für jeden zugänglich sind.
GaloppOnline.de: Ihre Aktivitäten im Hindernissport sind nicht mehr so groß wie früher, obwohl Sie mit Maxwil oder Tarkheena Prince, um nur zwei zu nennen, einige talentierte Pferde im Stall haben. Wie sehen hier die Ambitionen für 2011 aus?
Christian von der Recke: Auch da wird der Sport weiter bestückt, nur wird es leider immer schwerer, da es in Deutschland an geeigneten Aufbaurennen fehlt.
GaloppOnline.de: Nach all den stressigen Monaten – Wann und wie gönnen Sie sich Urlaub? Werden Sie wieder in St. Moritz sein?
Christian von der Recke: In den Herbstferien war die ganze Familie mit der Aida unterwegs, was zuerst etwas skeptisch von allen aufgenommen wurde, aber am Ende ein voller Erfolg war. Gut erholt und viel gesehen. Auf St. Moritz freuen wir uns schon jetzt, da wir dort viele Freunde treffen und viel Spaß haben werden.
GaloppOnline.de: Mit welchen Pferden werden Sie dort vertreten sein? Haben Sie Kandidaten für den Grand Prix, bzw. für die Skikjöring-Rennen?
Christian von der Recke: Für den Grand Prix sind bis jetzt Osorios Trial, Bergonzi, Bound by Honour, Bucked Off und Designated Decoy geplant. Für das Skikjöring Baileys Best mit Franco Muro und Fürstenberg mit Valeria Hollinger.
GaloppOnline.de: Im vergangenen Jahr hatten Sie an einem Renntag sechs Sieger auf fünf verschiedenen Bahnen. Gibt es irgendeinen bestimmten Rekord, den Sie brechen möchten?
Christian von der Recke: Dass dies gelungen ist, ist nicht nur der Erfolg von geschicktem Management, sondern auch durch die Hilfe vieler namenloser, aber wichtigen Helfern zustande gekommen, denn ich alleine hätte es nicht geschafft. Das mit den sechs Siegern auf fünf Bahnen hat sich auch mehr oder weniger ergeben, genau so wie seinerzeit mit Montalban 110.000 Euro in Mijas oder mit Vishnu in Warschau 100.000 DM zu gewinnen. Aber mir wird diesbezüglich sicher noch etwas einfallen.
GaloppOnline.de: Ihre Championatsfeiern haben in den letzten Jahren einen legendären Ruf erworben. Können Sie schon verraten, was Sie dieses Mal geplant haben?
Christian von der Recke: Wir haben nicht vor Silvester geplant, denn erst wenn der Ball im Tor ist, wird gezählt, nicht schon vorher. Und das liegt alles in den Händen meiner Frau, die nicht nur das macht, sondern vieles mehr, damit ich die Hände und Gedanken frei habe zum trainieren. Diese Arbeitsteilung war bislang erfolgreich und so behalten wir es bei.
GaloppOnline.de: Was wünschen Sie sich für das Jahr 2011?
Christian von der Recke: Das wichtigste ist, dass es meiner Familie gut geht, es im deutschen Rennsport wieder aufwärts geht und wir wieder viele Siege haben mit guten und netten Besitzern.