Wie im Vorjahr wird Arnaud Bouleau über Winter in wärmeren Gefilden reiten. Doch diesmal soll es im Frühjahr keine Rückkehr nach Deutschland mehr geben. Auf den 26-jährigen, in Riem tätigen Jockey wartet zunächst ein Engagement in Katar, dann ein Aufenthalt in Mauritius.
GaloppOnline: Wann beginnt das Unternehmen Asien?
Arnaud Bouleau: Am Freitag Mittag steige ich in das Flugzeug nach Paris,wo ich für eine Woche bleibe. Dann geht es nach Katar, wo ich ja letztes Jahr bereits geritten habe. Dabei besteht die Chance an den Wochenenden in Dubai zu reiten. Mein Katar-Aufenthalt geht bis zum Mai. Dann komme ich kurz zurück nach München, will dabei sein, wenn unser Kind geboren wird. Danach steht dann Mauritius auf dem Programm.
GOL: Was sind die Gründe für diesen Schritt?
A. B.: Ein derart lukratives Angebot abzulehnen, wäre leichtfertig gewesen. Ich kann eine Menge Geld verdienen, zumal ich im nächsten Jahr kein fester Jockey mehr gewesen wäre, wie man mir zu verstehen gegeben hat.
GOL: Gab es Probleme mit dem Trainer?
A. B.: Nein, überhaupt nicht. In drei Jahren München ist eine sehr gute Verbindung zum Trainer entstanden. Dass es dennoch zum Tapetenwechsel kommt, ist nun einmal in unserem Beruf immer drin. So ist das Leben.
GOL: Ist eine Rückkehr nach Deutschland denkbar?
A. B.: Man soll bekanntlich nie nie sagen. Eine Rückkehr nach Deutschland kann ich mir aber nur bei einem ganz guten Angebot vorstellen, nach München selber weniger. Ich habe den Trainer Werner Glanz für den Fall, dass es nicht klappen sollte, gefragt, ob ich dann zurück kommen könne. Doch da hat er mit einem Nein geantwortet. Wenn ich dann im Mai, Juni zurück käme, müsse sich bei ihm im Stall einiges getan haben, was ich natürlich auch verstehe. Die Rennpreise sind hier so gering, dass ich es eben in einem anderen Land probiere, wo es mehr zu verdienen gibt. Auch in Frankreich ist es nicht leicht, wenngleich ich leichte Gewichte reiten kann und dort mein Namen noch nicht ganz vergessen ist.
GOL: Wie sind Sie an das Mauritius-Angebot gekommen?
A. B.: Den Trainer kenne ich schon aus meiner Lehrzeit in Frankreich. Vor fünf Jahren hat er mich bereits mit dem Wechsel in den Indischen Ozean gelockt, hat in der Zwischenzeit immer wieder einmal angerufen. Auch im letzten Jahr wollte er mich haben, doch habe ich ihm geantwortet, dass ich erst meinen Vertrag bei Trainer Werner Glanz erfüllen werde. Danach könne man ja weitersehen.
GOL: Aus Deutschland ist kein Angebot gekommen?
A. B.: Nein, gar nichts ist passiert. Umso froher bin ich, dass die ganze Geschichte in einer Woche mit diesem guten Ausgang über die Bühne gegangen ist.
GOL: Wäre z. B. Italien, das Sie ja von zahlreichen Gastspielen kennen, nichts für Sie gewesen?
A. B.: Nach meinen Erfahrungen wollen italienische Trainer auch italienische Reiter auf ihren Pferden. Da ist es natürlich schwierig unterzukommen. Was die finanzielle Seite angeht, kann ich in Katar bzw. Mauritius so viel verdienen, dass ich gar nichts anderes als Ja sagen konnte.
GOL: Wie fällt ihre Bilanz für die Saison 2003 aus?
A. B.: Ich kann mich nicht beklagen, sogar von meinem besten Jahr sprechen. Einschließlich Katar sind 41 Siege herausgesprungen, ich habe mit Lindholm auch ein Listen-Rennen in Mailand gewonnen. Man muss ja bedenken, dass ich aufgrund des Auslandsaufenthaltes erst später in die Saison gestartet bin und München ja weniger Renntage durchführt als beispielsweise Köln. Trotzdem wurde es mein bestes Jahr. 35 bis 40 Siege habe ich eigentlich jede Saison erzielt.
GOL: Und insgesamt?
A. B.: Mit den drei Jahren in Deutschland war ich sehr zufrieden. So habe ich u. a. eine neue Sprache gelernt, die Bekanntschaft von vielen netten Menschen gemacht, bin viel gereist. Das sind Erfahrungen, die mir keiner mehr nimmt.
GOL: Fällt es schwer, aus München wegzugehen?
A. B.: München ist eine tolle Stadt, die beste in Deutschland mit toller Landschaft. Wir hatten hier eine prima Zeit. Doch bald gibt es ein anderes Leben. Meine Frau Magali ist im sechsten Monat schwanger und ich habe schon ein bisschen Angst. Sie wird später nach der Geburt mit dem Baby zu mir kommen, so dass wir dann wieder zusammen sind.
GOL: Haben Sie gerne in Deutschland geritten?
A. B.: Ja, das kann ich sagen. Es war eine feine Zeit, in der sich Freundschaften mit fast allen Jockeys entwickelt haben. Sehr gut verstanden habe mich, um nur einige zu nennen, mit Terry Hellier, Andreas Suborics oder Filip Minarik, alles Supertypen. Doch, die Zeit hier war schon okay.
GOL: Sie besitzen Auslandserfahrung. Wo steht der deutsche Rennsport?
A. B.: Dass es mit dem Rennsport abwärts geht, ist nicht zu übersehen. Anders ist die Lage bei den Pferden, die international überall bestehen können. Meiner Ansicht nach mangelt es am Management des Sports. Obwohl Geld da ist in Deutschland, gibt es nur kleine Gelder in den Rennen zu verdienen. Deutsche sind doch nicht dümmer als Italiener oder Franzosen, packen es aber wohl falsch an.
GOL: Was sagt eigentlich ihre Familie zu dem Schritt?
A. B.: Meine Familie verstand schon nicht, dass ich von Frankreich weg gegangen bin. Und jetzt das neue Abenteuer. Sie nennt mich einen Globetrotter. Doch wenn ich glücklich bin, sind alle glücklich. Meine Lebenspartnerin steht natürlich hinter mir, unterstützt mich in allen Lagen. Meine Eltern haben nie etwas mit Rennsport zu tun gehabt. Mein Vater arbeitet bei der Bahn, die Mutter ist als Kindergärtnerin tätig, zudem habe ich noch eine Schwester.
GOL: Wer wird Ihre Stelle am Glanz-Stall einnehmen?
A. B.: Wie ich erfahren habe, will man keinen festen Mann mehr haben. Ich denke, der Trainer wird weiter mit John Hillis zusammen arbeiten. Was darüber hinaus noch geplant ist, entzieht sich meiner Kenntnis.
GOL: Werden sie Riem als Champion 2003 verlassen?
A. B.: Nein, das nicht. Das Championat geht an Karoly Kerekes. Da ich den letzten Renntag ja verpasse, werde ich auf dem dritten Platz hinter Jean-Pierre Carvalho bleiben. Durch Auslandstarts war ich bei einigen Riemer Terminen nicht dabei, was sich in der Siegzahl natürlich niedergeschlagen hat.
GOL: Was erwartet Sie im neuen Engagement?
A. B.: In Katar bin ich wie im Vorjahr zweiter Jockey am vom Franzosen Alban du Mieuille geführten Stall von Sheikh Abdullah Bin Khalifa Al Thani, dem Präsidenten des Landes. Da Stalljockey David Bouland nicht unter 55 kg reiten kann, werden schon genügend Ritte für mich abfallen.
GOL: Wieviele Pferde warten dort auf Sie?
A. B.: Rund 45 Pferde für die Rennen. Außerdem verfügt man auch noch über ein Gestüt. Im Gesamten werden es so um die 150 Pferde sein, 90 Prozent Araber sowie ein paar gute Vollblüter. Das heißt auch, dass ich überwiegend auf Arabern reiten werde.
GOL: Wie ist der dortige Rennsport zu beurteilen.
A. B.: Im Gegensatz zu Europa sind dort Wetten verboten. Die Geldpreise bewegen sich in etwa auf einer Höhe wie in Deutschland. An jedem Renntag gibt es ein großes Rennen, alle zwei Monate eine Art Gruppe-Rennen, in denen rund 110.000 Euro auf den Sieger warten.
GOL: Wie lange dauert die dortige Saison?
A. B.: Die Saison in Katar erstreckt sich von Ende Oktober bis Mitte Mai. Danach wird es für uns Europäer unvorstellbar heiß. 60 Grad Hitze sind dann keine Seltenheit.
GOL: Was sind Ihre Ziele und Hoffnungen?
A. B.: Ich hoffe auf viele Siege, auch ein großes Rennen zu gewinnen, was gleichbedeutend mit gutem Geld ist. Das gilt sowohl für Katar als auch für Mauritius, wo gutes Geld zu verdienen ist. Wenn ich einen guten Lauf habe, kann ich mir mehr in die Tasche stecken als in fünf Jahren in Deutschland. Zudem habe ich alles wie Auto und Wohnung frei. Dort werde ich vorwiegend auf Vollblütern an den Start gehen.
GOL: Die grüne Saison geht zu Ende, die weiße mit Schnee steht an. Wird der Ihnen fehlen?
A. B.: Nein, wirklich nicht. Schnee kannte ich von Paris gar nicht, habe ihn erstmals in München gesehen.
GOL: Dann können Sie auch nicht Skifahren?
A. B.: Ich habe es nicht gelernt, aber einmal probiert. Doch das war eine einzige Katastrophe.
GOL: Dann bietet sich doch Wasserski als Alternative an.
A. B.: Ja, das wäre etwas für mich. Vor allem in Mauritius, das ja ein Paradies zum Tauchen ist, was ich auch mag.
GOL: Mit wieviel Siegen machen Sie sich auf den Weg?
A. B.: Etwas mehr als zweihundert dürften es schon sein. Demnächst sollten noch etliche hinzukommen, hoffe ich wenigstens.
GOL: Wer oder was wird Ihnen besonders fehlen?
A. B.: In erster Linie natürlich meine Frau Magali, die wie ich aus Frankreich stammt. Aber das wird sich ja auch in ein paar Monaten erledigt haben, wenn sie mit dem Baby zu mir kommt. Ansonsten ist es für mich als Ausländer, der auch so seine Probleme hatte, nicht so schwierig wegzugehen.