GaloppOnline.de:
Sie erleben Ihre beste Saison. Haben Sie das vorher schon erwartet?
Andreas Wöhler:
Nein, das kann man natürlich nur schwer. Wir wussten zwar, dass wir gute Pferde haben, aber damit hat man natürlich nicht gerechnet. Aber wir konnten Anfang des Jahres mit Silvano ja nur von Start zu Start planen und es hat ja keiner damit gerechnet, dass er so etwas schafft. Das war gigantisch, was der Junge erreicht hat. Und was danach kam, war ja auch nicht schlecht. Es liegt wohl daran, dass wir noch nie so viele gute Pferde zusammen hatten. Der beste, den ich je trainiert habe, ist nach wie vor Lomitas, aber auch ein Silvano und Paolini sind sehr gute Pferde.
GaloppOnline.de:
Welche Ziele gibt es mit Silvano nun?
Andreas Wöhler:
Silvanos erstes Ziel ist jetzt erst einmal der 18. August in Amerika. Wir gehen mit ihm auf einen neuen Kontinent. Es geht jetzt ja in erster Linie um die Vermarktung des Hengstes. Silvano ist mittlerweile fünf Jahre alt und ob wir ihn im nächsten Jahr noch im Rennstall sehen, muß man abwarten. Es kann sein, dass er dann schon verkauft oder Deckhengst ist.
GaloppOnline.de:
Thema Derby: Wie haben Sie die Kritik nach Sabiangos Derbyabmeldung empfunden?
Andreas Wöhler:
Ich kann schon nachvollziehen, dass die Verantwortlichen in Hamburg mit der Entscheidung enttäuscht waren. Aber man muß schon akzeptieren, dass man über seine Pferde noch frei verfügen kann. Das Pferd gehört ja nicht dem Hamburger Rennclub. Zudem war es ja schon vorher kein Geheimnis, dass wir bei schlechten Bedingungen nicht starten werden. Was hätten wir denn machen sollen? Wir waren schon froh, dass der Hengst nach der Doping-Geschichte wieder so gut drauf war und wollten nicht die ganze aufgebaute Substanz wieder in einem Rennen verlieren. Bei diesem Pferd kommen ja andere Umstände hinzu.
GaloppOnline.de:
Ist Sabiango mit seinem Bruder Silvano zu vergleichen?
Andreas Wöhler:
Die beiden sind nur schwer zu vergleichen. Sie sind schon von ihrem Erscheinungsbild her zwei unterschiedliche Typen. Silvano ist mit Sicherheit der Spritzigere der beiden.
GaloppOnline.de:
Ist Sabiango besser als Silvano?
Andreas Wöhler:
Über Winter habe ich ja gesagt, dass Sabiango noch besser als Silvano ist. Dann kam der aber richtig auf Touren und hat die Erfolge in Asien erreicht. Da muß Sabiango jetzt natürlich nachlegen. Aber er hat die Veranlagung dazu und wird sich weiter steigern. Ich freue mich auf ihn im nächsten Jahr, denn die Veranlagung ist da.
GaloppOnline.de:
Wie sind ihre Ziele bis Ende der Saison? Und wie sind die Ziele darüber hinaus?
Andreas Wöhler:
Das Ziel ist natürlich immer, so viele Rennen zu gewinnen wie nur möglich und mit den Pferden möglichst schöne Erlebnisse zu haben. Was wir dieses Jahr erlebt haben, war ja schon ein Geschenk. Vor Jahren hätte man nicht einmal gedacht, in diesen Rennen überhaupt zu starten und heute haben wir in ein paar dieser Rennen sogar gewonnen. Der Rennsport wird immer globaler und man weiß nicht, was noch alles passiert. Wir werden auf jeden Fall weiterhin sehr stark im Ausland Starter haben, denn nur dort lässt sich der Zuchtwert, Marktwert und die Gewinnsumme eines Pferdes steigern. Toll wäre es, einmal in Royal Ascot zu gewinnen. Das ist für mich das beste Meeting, das ich je erlebt habe.
GaloppOnline.de:
Im Vorjahr gab es Wechselgerüchte nach Dortmund. Wie heiß war das Thema wirklich?
Andreas Wöhler:
Das war zu 99% schon perfekt. Aber hier in Bremen hat man durch die neue Anlage, die gebaut wird, eine Möglichkeit, die man nicht oft erhält. Die aktuellen Möglichkeiten auf den Rennbahnen sind ja nicht ideal und die neue Trainingsanlage wird bestimmt etwas Besonderes.
GaloppOnline.de:
Ihr Jockey Andreas Suborics wird international immer anerkannter. Hat man da Angst, ihn zu verlieren?
Andreas Wöhler:
Der Junge hat sich super weiterentwickelt. Wenn Nachfragen von Leuten wie des amerikanischen Besitzers Frank Stronach kommen, zeigt das nur, wie es um die Qualität des Jockey bestellt ist. Wenn er wirklich einmal gehen sollte, ist es seine Entscheidung. In einem solchen Fall wünscht man ihm viel Glück. Aber zur Zeit haben wir sehr gute Pferde im Stall und er kann ja über die Wintermonate im Ausland reiten.
GaloppOnline.de:
Wie sehen Sie ihren Jockey im Vergleich zu den anderen deutschen oder auch den internationalen Topjockeys?
Andreas Wöhler:
Er hat sich in den letzten Jahren nicht nur reiterisch, sondern auch persönlich weiterentwickelt. Vor allem die internationalen Erfahrungen prägen natürlich. National zähle ich ihn mit Andrasch Starke zu dem Besten. Aber auch international kann er sich blicken lassen und hat sich durchgesetzt. Ich bin sehr mit meinem Jockey zufrieden.
GaloppOnline.de:
Haben Sie schon den Sabiango für das Derby 2002 in Ihrem Stall entdeckt?
Andreas Wöhler:
Bei den Pferden die über den Weg kommen, gibt es schon ein paar sehr talentierte. Wer im Derby vorne ist? Das kommt wohl auch auf den Boden an (lacht). Wenn der Boden gut ist, wollen wir mal versuchen, das Gesetz umzustoßen, dass noch nie ein Schimmel gewonnen hat. Ich bin überzeugt, dass wir wieder sehr gute Pferde im Stall haben.
GaloppOnline.de:
Wenn man wie Sie hochdotierte Rennen im Ausland gewinnt, bleibt das Derby trotz der "niedrigen" Dotierung etwas Besonderes?
Andreas Wöhler:
Das Derby ist schon etwas besonderes, hat für mich aber ein wenig an Stellenwert verloren. Es wird durch die Medien natürlich hochstilisiert. Es soll ja eigentlich das beste Zuchtrennen des Landes sein. Das ist es für mich aber nicht. Es ist immer mehr zum Lotterie-Spiel geworden. Für mich ist es nicht die Prüfung, um den Besten zu ermitteln. Und das sollte es eigentlich sein.
GaloppOnline.de:
Wenn man sieht, welchen Stellenwert internationale Toptrainer in ihren Ländern genießen, enttäuscht es Sie dann nicht, wie der Sport in Deutschland steht?
Andreas Wöhler:
Was heißt enttäuscht? Man kann die Hoffnung nie aufgeben. Vielleicht kratzen wir die Kurve. Das hat ja schon bei so manchen Randsportarten geklappt. Vielleicht gelingt es ja auch mit dem Rennsport. Das wäre allgemein für den Sport besser und würde allen zugute kommen, es wäre angenehmer und es würde ja mehr an Positiv-Entwicklung nach sich ziehen.
GaloppOnline.de:
Wenn Sie könnten: was wären die ersten drei Dinge, die sie im Sport ändern würden?
Andreas Wöhler:
Das kann man gar nicht alles aufzählen. Es ist ein Teufelskreis. Im Einzelnen ist es schwierig, das wichtigste Thema ist einfach der Stellenwert. Es fehlen vor allem aber einige Manager-Typen im Rennsport, das muß professioneller gestaltet werden. Man hat das Gefühl, dass viele Leute unter sich bleiben wollen und das ist falsch. Man muß sich weiter öffnen. Man braucht die Profis vom Fach, die nicht unbedingt aus der Pferdebranche kommen.