GaloppOnline.de: Sie haben eine fulminante Saison hingelegt. Haben Sie insgeheim damit gerechnet?
Göritz: Ich bin schon überrascht, wie es gelaufen ist. Mit sovielen Siegen (67) habe ich nicht gerechnet. Anfang des Jahres habe ich auf 50 Treffer gehofft, das wäre dann schon eine richtig gute Saison gewesen. Ich habe auch ohne Pause geritten, war nur über Weihnachten nicht dabei, bin sonst an fast jedem Renntag in den Sattel gestiegen. Ende Januar mache ich drei Wochen Urlaub, werde allerdings nach wie vor auch in dieser Zeit im Rennen reiten.
GaloppOnline.de: Was waren für Sie persönlich die Highlights 2003?
Göritz: Sehr wichtig war für mich der fünfte Platz mit Fulminant aus dem Stall von Wilfried Kujath im Preis des Winterfavoriten. Für Manfred Weber kam der vierte Rang auf Night Set auf Gruppe-Ebene in München hinzu. Und dann habe ich auf der Sandbahn für Christian von der Recke einen Ausgleich I mit Classic Law gewonnen.
GaloppOnline.de: Für den eigenen Stall von Andreas Schütz haben sie ganze zwei Rennen gewonnen. Fühlen Sie sich da etwas vernachlässigt? Wie würden Sie das Verhältnis zu ihm und auch zu Stalljockey Andrasch Starke umschreiben?
Göritz: Wir haben im eigenen Stall viel Konkurrenz. Bei so guten festen Jockeys ist es schwer. Man kann die Besitzer verstehen, die natürlich lieber einen Jockey auf ihren Pferden haben wollen als einen Lehrling wie mich. Mit Andrasch und den anderen Jockeys gibt es überhaupt keine Probleme. Er gibt mir ab und zu gute Hilfestellungen, zum Beispiel beim Galoppreiten. Auch zu Andreas Schütz ist das Verhältnis zwar nicht freundschaftlich, aber sehr gut und ausgesprochen professionell.
GaloppOnline.de: Sie waren bereits Amateurchampion, haben schließlich den Wechsel zu den Jockeys gewagt. Was wäre die Alternative gewesen?
Göritz: Bislang war die Entscheidung, Profi zu werden, richtig und wichtig. Natürlich hoffe ich, dass es so weiterläuft, ich möchte auch ohne Erlaubnis auf diesem Level weitermachen. Ich hätte noch ein Jahr bis zum Abitur gehabt, allerdings keine Vorstellung, welchen Job ich später hätte machen wollen.
GaloppOnline.de: War Ihre Familie maßgeblich für Ihre Karriere?
Göritz: Mein Vater hat seit Jahren eine Lizenz als Besitzertrainer. Durch ihn bin ich auch zum Sport gekommen. Wir haben im Saarland, in der Nähe von Saarbrücken gewohnt. 2003 war ich nur zwei- bis dreimal zu Hause, zum Teil auch an Renntagen. Meine Schwester hat mit dem Turf gar nichts zu tun. Aber auch bei mir kam der Wunsch erst spät auf, reiten zu wollen. Mit knapp 13 saß ich zum ersten Mal auf einem Pferd. Vorher hatte ich da überhaupt kein Interesse. Das war alles erst ein später Entschluss.
GaloppOnline.de: Wie wichtig war für Ihren Werdegang die Jockey-Schule? Kann man einem jungen Menschen heutzutage überhaupt noch raten, diesen Beruf zu erlernen?
Göritz: Vor allem das elektronische Pferd halte ich für äußerst wichtig. Man hat einfach mehr Zeit, den Stockwechsel, Stockeinsatz zu üben. Das ist auf einem richtigen Rennpferd gar nicht zu machen. Was mir auch gefällt, ist die Tatsache, dass immer ein Experte dabei ist, der einen korrigiert, einem die wichtigsten Dinge erklärt. Das bringt schon sehr viel. Ob man jetzt jemandem hundertprozentig zu diesem Job raten kann, weiß ich nicht. Dennoch ist es ein sehr schöner Beruf, wenn man mit Pferden arbeiten kann.
GaloppOnline.de: Sie haben Dai Jin häufig in der Arbeit geritten? Bemerkt man da schon seine Qualitäten? Waren Sie vor dem Derby von einem Sieg überzeugt?
Göritz: Ich habe Dai Jin immer beim Galopp geritten. Nur vor dem Start im Arc saß ich nicht auf ihm. Vom Galopp her ist er eigentlich nie besonders aufgefallen. Er hat allerdings einen großen Ehrgeiz entwickelt. Ich dachte mir vor dem Derby schon, dass er eine sehr gute Möglichkeit haben müsste. Es ist immer schwer, vom Gewinnen zu sprechen.
GaloppOnline.de: Wir ist Ihr „Draht“ zu den anderen Jockeys?
Göritz: Ich habe insbesondere einen guten Kontakt zu Filip Minarik, aber wir Jockeys haben allgemein ein gutes Verhältnis zueinander. Jozef Bojko war der erste Jockey, den ich gut kannte. Von seiner Art, seinem Stil und seiner Einstellung habe ich einiges gelernt.
GaloppOnline.de: Viele deutsche Jockeys haben derzeit Engagements im Ausland. Wäre das auch ein Ziel für Sie?
Göritz: Man muss unbedingt schauen, dass man gute Verbindungen ins Ausland knüpft. Die aktuelle Situation im deutschen Galopprennsport lässt mich nicht kalt.
GaloppOnline.de: Fühlen Sie sich in Köln heimisch?
Göritz: Ich habe ein Appartment, circa zwei Minuten vom Stall entfernt. Mir gefällt es hier, meine Freundin Alena arbeitet am Stall von Peter Schiergen.
GaloppOnline.de: Sie sind für einen Jockey relativ groß. Haben Sie bereits Probleme mit dem Gewicht?
Göritz: Ich bin 1,77 groß. Wenn jetzt kein Schub mehr kommt, geht es. Ich muss bis jetzt noch nicht hungern, um mein Gewicht zu halten. 53 Kilo kann ich reiten.Ich laufe hin und wieder, mache aber kein spezielles Training.
GaloppOnline.de: Können Sie sich vorstellen, später einmal Trainer zu werden?
Göritz: Momentan kann ich mir das nur ganz schwer vorstellen. Für meine Begriffe ist der Trainer-Beruf noch viel komplizierter. Und gerade jetzt, wo soviele Renntage ausfallen, ist es noch schwerer, mit dem Druck der Besitzer zurechtzukommen.
GaloppOnline.de: Was sind Ihre Stärken beziehungsweise Schwächen?
Göritz: Ich habe schon gehört, dass ich die Order gut umsetzen würde, mir ein Rennen gut einteilen würde. Als Schwäche würde ich noch den Stockeinsatz mit links bezeichnen, aber daran arbeite ich.
GaloppOnline.de: Wer waren Ihre wichtigsten Förderer bisher?
Göritz: In allererster Linie meine Eltern, die mich immer unterstützt haben. Ohne sie hätte das alles gar nicht funktioniert.
GaloppOnline.de: Wer kümmert sich um Ihr Management?
Göritz: Jens Hirschberger. Obwohl er relativ viele Jockeys unter Vertrag hat, besitzt er einen genauen Überblick. Es gibt keine Probleme, und wir verstehen uns richtig gut.
GaloppOnline.de: Wie lange dauert Ihre Lehre noch? Was sind Ihre Pläne für die schwierige Zeit ohne Erlaubnis?
Göritz: Noch ein halbes Jahr, es ist eine verkürzte Lehrzeit. Ich bin im dritten Jahr. Ich möchte vorerst schon bei Andreas Schütz bleiben. Die Arbeit und der Stall gefallen mir richtig gut. Angebote für einen Stalljockey-Posten gab es noch nicht. Ich denke, das wäre jetzt auch noch etwas zu früh.