Sport-Welt: Die wichtigste Frage vorweg: Hat Fuego Del Amor alles gut überstanden?
Dr. Andreas Bolte: Ja, er hat die Rennen sehr gut verkraftet. Vor Ort hatte er zunächst ein bisschen Akklimatisierungsprobleme, doch die haben wir dann schnell in den Griff bekommen. Die Rückreise hat ihm scheinbar überhaupt nichts ausgemacht. Vorteilhaft war, dass er im Gegensatz zur Hinreise über England auf der Rückreise über Paris nicht zwei Tage Pause machen musste.
Sport-Welt: Wie lange war „Fuego“ denn insgesamt vor Ort?
Dr. Andreas Bolte: Ziemlich genau zwei Monate.
Sport-Welt: Wie kam es eigentlich zu diesem Trip?
Dr. Andreas Bolte: Das war der ausdrückliche Wunsch des Besitzers Michael Reichstein. Unterstützt wurde dieser von Jockey Mickael Barzalona, der Fuego schon oft in Frankreich geritten hatte und die Rennen in Dubai als genau passend betrachtete.
Sport-Welt: Und was war die Meinung des Trainers?
Dr. Andreas Bolte: Ich hatte bis dahin diesbezüglich keine Erfahrung. Aber wenn sich eine derartige Gelegenheit bietet, sollte man sie nutzen. Und letztendlich entscheidet natürlich der Besitzer.
Sport-Welt: Was muss ein Pferd können, damit sich ein solcher Wüstentrip lohnt?
Dr. Andreas Bolte: Um in den Handicaps starten zu dürfen, benötigt man als Minimum ein 90er Rating, was einem GAG von 79 Kilogramm entspricht. Mit seinem 80er GAG haben wir also ziemlich genau in die Rennen reingepasst. Ein Pferd sollte hier im Ausgleich I oder in Frankreich in den Quinte-Rennen mitmischen können, und am besten noch drei Kilo in der Hand haben, damit es dort eine Chance hat.
Sport-Welt: Wie viel organisatorischer Vorbereitung bedarf es für eine Reise nach Dubai?
Dr. Andreas Bolte: Das ist absolut überschaubar. Der Transport wird von Dubai aus geregelt und bezahlt. Der Racing Club arbeitet mit der Peden Bloodstock GmbH aus Mülheim zusammen. Das Einzige, was man selbst machen muss, ist eine Transportbox mit Equipment zu packen und anzumelden. Auch die Unterkunft für das Personal geht über Dubai und wird auch von dort bezahlt. Als Trainer oder Besitzer muss man sich dann nur noch um Flug und Unterkunft kümmern.
Sport-Welt: Das heißt, mit den beiden Platzgeldern hat sich der Trip am Ende gelohnt?
Dr. Andreas Bolte: Das müssen Sie den Besitzer fragen, aber ich denke schon, dass am Ende ein bisschen Geld verdient wurde.
Sport-Welt: Apropos Geld verdienen. Gibt es schon Pläne, wie es mit Fuego weitergeht?
Dr. Andreas Bolte: Ja, es gibt Pläne, die aber durch die aktuelle Entwicklung der Corona-Virus Pandemie zunächst auf Eis gelegt worden sind. Hierzulande gibt es keine Startmöglichkeiten, daher sehen wir uns gezwungen, nach Frankreich zu gehen, sobald dies wieder möglich sein sollte.
Sport-Welt: Nochmal zurück nach Dubai. Was für einen Eindruck haben Sie vom dortigen Rennsport?
Dr. Andreas Bolte: Die Tage, die ich vor Ort war, werde ich so schnell nicht vergessen. Es gab keine Minute, in der ich mich nicht wohl gefühlt habe. Es wird dort alles für Pferd und Personal getan, das Nonplusultra des Rennsports. So etwas habe ich zuvor noch nie erlebt.
Sport-Welt: Was unterscheidet den Rennsport vor Ort von dem hiesigen?
Dr. Andreas Bolte: Vieles. Es fängt mit dem Service vor Ort an. Als Besitzer oder Trainer wird man wahrgenommen, genießt an Renntagen einen Rundum-Service. Man bekommt einen Top-Tribünenplatz, kann alles überblicken. Für das kulinarische Wohl ist den ganzen Tag bestens gesorgt. Und wenn man Freunden die Rennbahn zeigen will, ist dies überhaupt kein Problem. Gästetickets werden kostenlos zur Verfügung gestellt. Egal wo man sich bewegt, man verpasst nichts, an jeder Ecke gibt es einen Bildschirm.
Sport-Welt: Und die Rennen selbst?
Dr. Andreas Bolte: Es gibt immer viel Tempo, da ist der Unterschied nicht allzu groß. Aber die Sandbahn ist beispielsweise ganz anders als in Deutschland. Die Sandschicht ist dort etwa acht bis neun Zentimeter tief und entspricht eher dem amerikanischen Charakter, nicht zu vergleichen mit unseren Sandbahnen.
Sport-Welt: Und die Infrastruktur? Wie muss man sich das vorstellen?
Dr. Andreas Bolte: Das ist alles sehr gut organisiert. Dein Pferd ist in einem 10er-Stall ungefähr drei Kilometer von der Rennbahn untergebracht. Anderthalb Stunden vor dem Rennen bezieht man eine Gastbox und geht nach dem Rennen wieder zurück. Trainieren kann man auf Tapeta, auf Sand oder auf Gras. Ein Traum für jeden Trainer.
Sport-Welt: Nachdem Fuego Del Amor ihr erster Dubai Starter war – ist er auch Ihr letzter?
Dr. Andreas Bolte: Ich hoffe nicht. Ich könnte mir durchaus vorstellen, beim nächsten Carnival wieder dabei zu sein. Dann vielleicht auch mit zwei Pferden, damit es sich noch mehr lohnt. Aber das ist alles noch Zukunftsmusik.
Sport-Welt: Was macht der Trainer als Erstes vor Ort?
Dr. Andreas Bolte: Klare Sache, sich um das Pferd kümmern. Danach muss man schauen, welches Futter das Pferd bekommt. Es gibt eine große Auswahl an Kraftfutter, auch mehrere Heusorten werden angeboten. Alle Pferde stehen auf Späne. Die Tageszeiten, an denen auf den verschiedenen Bahnen trainiert werden darf, sind vorgegeben. Das ist aber alles völlig unkompliziert und bestens organisiert. Ebenfalls gibt es einen ca. 60 Meter langen Swimmingpool für die Gastpferde.
Sport-Welt: Wann und von wem wurden die Rennen für Fuego ausgesucht?
Dr. Andreas Bolte: Das haben der Besitzer und ich im Vorfeld zusammen gemacht. Da nur die Gras-Handicaps zwischen 1400 und 1600 Metern infrage kamen, war das relativ schnell erledigt.
Sport-Welt: Und wer hat die Jockeywahl getroffen?
Dr. Andreas Bolte: Darüber haben wir auch gemeinsam beraten. Mickael Barzalona war unser Wunschjockey, aber er ist vor Ort leider nicht allzu oft verfügbar und/oder er konnte das Gewicht nicht reiten. Zusammen fiel unsere Wahl dann auf Sam Hitchcott, der seine Sache insgesamt auch sehr gut gemacht hat.
Sport-Welt: Nur insgesamt?
Dr. Andreas Bolte: Naja, einmal war er vielleicht einen Tick zu offensiv unterwegs, aber ansonsten sind wir wie gesagt sehr zufrieden.
Sport-Welt: Stichwort Taktik. Tauscht man sich vor Ort eigentlich mit anderen Trainern aus, die schon über Meydan-Erfahrung verfügen?
Dr. Andreas Bolte: Natürlich. Vor allem mit den Engländern, Franzosen und Schweden habe ich viel gesprochen. Auch über deren Vorbereitung zu Hause und Trainingsmethoden vor Ort. Da kann man schon noch was lernen.
Sport-Welt: Gibt es auch Tipps für die Renntage selbst?
Dr. Andreas Bolte: Darüber haben wir nicht so richtig gesprochen. Jeder hat ja so seine Gewohnheiten. Aber die Eindrücke, die man mitnimmt, sind einfach überwältigend.
Sport-Welt: Inwiefern?
Dr. Andreas Bolte: Man ist ganz nah dran an den besten Pferden und den besten Jockeys der Welt. Das alles so aus der Nähe zu erleben, ist schon eine besondere Erfahrung. Die Dimensionen in Dubai sind immens, beispielsweise wird man als Trainer mit einem Golf-Caddy durch einen kilometerlangen Tunnel zu den Gastboxen gefahren. Das ist schon der Wahnsinn, man gewöhnt sich daran dort aber recht schnell.
Sport-Welt: Sie sind alles in allem sehr angetan, wie man merkt? Für den nächsten Dubai-Trip haben Sie doch bestimmt schon den einen oder anderen Kandidaten im Kopf, oder?
Dr. Andreas Bolte: Nicht wirklich, fragen Sie mich dazu bitte im Oktober noch mal.