‚Habe gelernt, auf den Körper zu hören‘
GaloppOnline.de: Gratulation zum Sieg mit Hey little Görl im St Leger. Nach zehn Jahren war es endlich mal wieder eine Stute, die den Klassiker gewinnt. Mit wie viel Mumm sind Sie in die Startbox eingerückt?
Andreas Helfenbein: Ich hatte schon eine ordentliche Portion Mumm im Gepäck und bin mit der Perspektive ins Rennen gegangen, dass dritte oder vierte Geld zu holen. Ein zweiter Platz wäre Zugabe gewesen, aber der Sieg ist natürlich die Krönung. Vor allem vor Altano und Saratino, der mich in Avenches mit Arango, geschlagen hat, hatte ich im Vorfeld Respekt.
GaloppOnline.de: Gab es eine bestimmte Order?
Andreas Helfenbein: Nein, keine Order. Der Besitzer äußerte nur den Wunsch mit der Stute außen zu gehen, da sie Platz braucht, um ihren Speed zu entfalten.
GaloppOnline.de: Es war auch ein Triumph für den oft gescholtenen diesjährigen Derby-Jahrgang. Wie ist Ihre Meinung zur Qualität der Dreijährigen?
Andreas Helfenbein: Das ist schwer zu sagen. In den Handicaps tun sich die Dreijährigen schon schwer, aber in den Gruppe und Listen-Rennen zeigen sie, dass der Jahrgang nicht schlecht ist.
GaloppOnline.de: Generell läuft es in diesem Jahr gut für Sie. Mit Dabbitse holten Sie zudem den Preis der Deutschen Afrika Linien und mit Berlin Berlin gewannen Sie den IDEE Hansa-Preis. Ein Sieg, der durch Dopingvorwürfe kurz auf der Kippe stand. Was geht einem in dieser Zeit durch den Kopf?
Andreas Helfenbein: Das ist eine Achterbahn der Gefühle und man ist natürlich enttäuscht, dass etwas gefunden wurde was da nicht hin gehört und ich dachte, dass uns der Sieg aberkannt wird. Aber ich muss sagen, es war 100 Prozent kein Doping. Man hat bei Berlin Berlin „Abbauprodukte“ des Mittels Omeprazol gefunden. Das ist ein alltägliches Mittel, welches man sechs Tage vor einem Rennen absetzen muss.
Wir haben es sogar noch früher abgesetzt. Da die Stute bei der Doping-Probe kein Urin geben wollte, hat man ihr Blut entnommen, wo jedoch nur das „Abbauprodukt“ nachgewiesen werden konnte. Im Urin hätte man es nicht mehr nachweisen können. Also ganz klar „kein Doping“.
GaloppOnline.de: Bei zwei Ihrer drei Gruppe-Siege trugen Sie das Görlsdorfer Dress. Wie ist der Kontrakt zu Stande gekommen?
Andreas Helfenbein: Der Kontakt kam über Markus Klug und Dirk Eisele zustande. Herr Klug und ich waren uns einig, dass ich als Arbeitsreiter in Röttgen anheuere. Im Gestüt Görsldorf hat man dies wohl mitbekommen und mir das Vertrauen gegeben, ihr Stalljockey zu sein. Ich bin sehr dankbar dafür und habe meine Aufgabe zur vollen Zufriedenheit aller Beteiligten ausgeführt.
GaloppOnline.de: Wie lange läuft Ihr Vertrag?
Andreas Helfenbein: Bis zum Ende der Saison.
GaloppOnline.de: Zuletzt erklärten Sie, dass Sie dieses Jahr nicht in Macau überwintern. Wie kam es zu der Entscheidung?
Andreas Helfenbein: Als es Zeit war, die Lizenz für Macau einzureichen, war ich mir nicht mehr sicher, ob ich wieder dorthin fliegen soll. Es kommt mir so vor als wäre ich gestern erst hier angekommen. Ich habe gemerkt, dass meine Familie, vor allem mein Sohn Tim, mich hier im Moment brauchen, das war ja auch der Grund, warum ich auch einen Monat früher aus Macau wieder gekommen bin.
Ich habe im Winter hier einen guten Job und werde viele Wochenenden mit meinem Jungen bei meiner Familie verbringen. Ich bin froh und auch erleichtert, dass ich diese Entscheidung getroffen habe. Es fühlt sich richtig an.
GaloppOnline.de: Aber der Kontakt nach Macau ist und bleibt auch weiterhin erhalten?
Andreas Helfenbein: Ja, der Kontakt steht nach wie vor. Ich habe dort viele Freunde gefunden. Das Verhältnis zu den Trainern dort war ein sehr enges, so etwas verbindet dann natürlich auch. Glücklich waren sie nicht über meine Entscheidung. Allerdings geht in China die Familie über alles und deshalb bekomme ich von dort auch volles Verständnis.
GaloppOnline.de: Was hat Ihnen die Zeit in der Fremde gebracht? Welche Erfahrungen, seien sie gut oder schlecht, haben Sie gemacht?
Andreas Helfenbein: Die Zeit dort hat mich sehr viel weiter gebracht. Reiterlich wie auch mental. Dort wird härter geritten, kurze Distanzen, gleich höheres Tempo und im ganzen Rennen Positionskämpfe. Sehr oft sind vier, fünf Pferde im Endkampf. Es ist nicht leicht, sich dort durchzusetzen. Es war eine gute Zeit, die ich nicht missen möchte.
GaloppOnline.de: Jockey ist ein harter Beruf und Reisen gehört zum täglich Brot. Einer, der dies viel gemacht hat ist Filip Minarik, der nun über ein akutes Erschöpfungssyndrom klagt. Gab es einer Phase in Ihrer Karriere in der es Ihnen ähnlich ging?
Andreas Helfenbein: Ja, die gab es. Das war auch der Grund warum ich nach Macau erst einmal einen Monat Pause gemacht habe. Es war ein hartes Jahr und ich war platt. Bei dem ganzen Stress und den Gefahren, nicht nur im Sattel, sondern zum Beispiel auch auf der Autobahn, bleibt das fast gar nicht aus, dass der Körper seine Regenerationsphasen fordert. Ich habe Filip immer für sein Pensum bewundert und hoffe, dass er schnell wieder mit dabei ist.
GaloppOnline.de: Wie gleichen Sie den Stress aus?
Andreas Helfenbein: Ich habe während meiner Karriere gelernt, auf meinen Körper zu hören, ihn nicht zu ignorieren. Wie gesagt: nach Macau hatte ich eine solche Phase und habe mir eine Pause verordnet. Vor dem Meeting in Bad Doberan bin ich einige Tage vorher angereist und war mit meinem Sohn Zelten. So etwas ist ganz wichtig für mich. Wenn ich merke, dass ich mich ein paar Tage erholen muss, fahre ich auch gerne nach Bad Bertrich zu Familie Häcker.
Frau Häcker kümmert sich dann immer ganz toll um mich, macht mir Termine für Massagen und Gymnastik oder schaut das ich ausreichend und gesund esse, was für uns ja wichtig ist und oft zu kurz kommt. Keiner kann mit seinem Körper „nonstop“ auf der Überholspur fahren.
GaloppOnline.de: Sie fühlen sich also nach wie vor fit?
Andreas Helfenbein: Ja klar. So lange ich solche Endkämpfe reiten kann, wie am Sonntag und es mir Spaß macht, mache ich weiter.