Mit Uwe Stoltefu

‚Es geht vorwärts und ich habe Mumm‘

GaloppOnline.de: Beginnen wir doch mal an jenem Tag, als sich plötzlich Ihr Leben schlagartig veränderte?

Uwe Stoltefuß: Am 31. Oktober letzten Jahres sind wir voller Hoffnung nach Halle zum Auktionsrennen gefahren. Lord Dubai kam an den Start und wurde sehr guter Zweiter. Ich fühlte mich schon nicht so richtig wohl, dachte es wäre eine Grippe im Anmarsch. Ich kann mich noch erinnern, dass Frau Wöhler mir noch zwei Tabletten gegen eine vermeintliche Grippe gab, was ich sehr nett fand.

GaloppOnline.de: Aber der Zustand änderte sich nicht?

Uwe Stoltefuß: Es ging, ich bin sogar noch selbst nach Dortmund zurückgefahren und dachte es wird morgen schon besser werden.

GaloppOnline.de: Was nicht der Fall war?

Uwe Stoltefuß: Im Gegenteil. Ich konnte mich am Allerheiligentag nur schlecht auf den Beinen halten, mir war schwindelig, ich fühlte mich schwach. Also dachte ich, doch voll die Grippe erwischt. Am nächsten Tag konnten mich meine Frau Birgit und meine Nichte endlich überreden, dass ich zum Arzt ging. Wie sich später herausstellen sollte, war es ein Glück für mich, dass die Praxis voll war und ich mich entschloss, gleich ins Krankenhaus zu fahren und mich in der ambulanten Station anzumelden.

GaloppOnline.de: Schöpfte man dort gleich Verdacht auf eine schlimmere Krankheit?

Uwe Stoltefuß: Ich wurde natürlich sofort untersucht, aber ich dachte immer noch, dass ich nur eine Grippe habe und später natürlich wieder nach Hause fahren dürfte.

GaloppOnline.de: Doch es kam anders?

Uwe Stoltefuß: Ganz anders, ich musste dort bleiben, es wurden alle möglichen Untersuchungen gemacht. Am Sonntag, gegen Nachmittag, erfuhr ich die Diagnose: Verdacht auf AML, also Akute Myleoische Leukämie. Ich dachte, mich tritt ein Pferd. Damit hatte ich natürlich nicht gerechnet.

GaloppOnline.de: Wie ging es weiter?

Uwe Stoltefuß: Man leitete sofort einen Krankenhauswechsel ein. Mit dem Krankenwagen, Blaulicht und Martinshorn ging es zum Tumorzentrum nach Essen. Da wusste ich, was die Stunde geschlagen hat. Dort wurde meine Erkrankung auch offiziell bestätigt. Vier Tage lang blieb dann alles relativ ruhig, aber dann ging für mich die Post ab.

GaloppOnline.de: Sie hatten aber sicher ein gutes Gefühl, dass sie in dieser Spezialklinik untergebracht waren?

Uwe Stoltefuß: Das war ganz großes Glück für mich, dass ich bei dem Spezialisten Professor Dührsen und seiner Top-Mannschaft gelandet war.

GaloppOnline.de: Wie seinerzeit nach außen ein klein wenig vorgedrungen war, kam es dann aber noch schlimmer für Sie?

Uwe Stoltefuß: Und wie. Es ging sofort mit der Chemotherapie los, obwohl ich eine Lungenentzündung bekommen hatte. Dann kam die galoppierende Leukämie voll dazu. Nach drei Tagen ging nichts mehr, ich wurde auf die Intensivstation verlegt und schließlich zehn Tage ins künstliche Koma versetzt. Ich war so 14 Tage voll weg, habe aber, Gott sei Dank, nichts mitbekommen, nur superschlechte Träume gehabt. Da denke ich heute noch dran.

GaloppOnline.de: Dann erfuhren Sie, dass eine Knochenmarktransplantation unumgänglich sei?

Uwe Stoltefuß: Das Ganze ging zum Glück dann auch recht schnell. Bereits nach vier Wochen war ein Spender für neues Knochenmark gefunden. Allerdings konnte man mich nicht gleich transplantieren, weil noch zu viele kranke Zellen in meinem Körper waren. Ich weiß noch genau, es war der 10. April, als man mir dann grünes Licht für eine Transplantation gab.

GaloppOnline.de: Wie fühlten Sie sich an diesen Tagen?
Man hatte mir klar gesagt, dass ich nun ein Woche lang vor der Transplantation eine volle Chemotherapie bekommen werde. Ich war mittlerweile in die Klinik für Transplantationen eingeliefert wurden. Am 17. April kam es zur Transplantation, sie war unspektakulär und ich war erst einmal erleichtert.

GaloppOnline.de: Dann folgte eine richtig gute Nachricht?

Uwe Stoltefuß: Oh ja. Man sagte mir, dass die Transplantation ein voller Erfolg gewesen sei. Ich wusste gar nicht, wie ich mich bei Professor Belen und seinen hervorragenden Mitarbeitern bedanken sollte. Normalerweise muss man rund 30 Tage nach einer Transplantation das sterile Zimmer hüten. Wie gut die Sache für mich gelaufen ist, beweist die Tatsache, dass ich bereits nach 14 Tagen dieses Zimmer verlassen durfte.

GaloppOnline.de: Mit irgendeiner Prognose in der Tasche?

Uwe Stoltefuß: Professor Belen meinte, ich kann nur mit der Auflage gehen, wenn ich diese Station nie wieder betreten würde. Das zum Scherz. Aber man sagte mir, die Aussichten sind bei mir sehr gut, ich muss natürlich ständig kontrolliert werden.

GaloppOnline.de: Hat der Alltag Sie nun ganz wieder?

Uwe Stoltefuß: Im Grunde ja, aber man denkt natürlich viel über diese Zeit nach, und wenn man doch so lange pausieren muss, dann merkt man, wer hinter einem steht. Natürlich meine Familie mit meiner Frau Birgit an erster Stelle. Dann meine Mutter, Schwester, Nichte usw.

GaloppOnline.de: Wie standen mit Ihrer Frau Birgit in Kontakt.

Uwe Stoltefuß: Sie stand auch in der schwierigen Zeit stets für ein Gespräch bereit. Sie hatte es ganz sicher auch nicht einfach? Birgit hat Außergewöhnliches geleistet. Sie war in den vier Monaten jeden Morgen im Stall, dann Nachmittags bei mir in der Essener Klinik, hat mit den Besitzern gesprochen, also den ganzen Rummel auf ihre Schultern ausgetragen. Ich bin stolz auf Sie, meine Hochachtung.

GaloppOnline.de: Wie haben sich Ihre Besitzer in dieser Zeit verhalten? Der Chef fällt länger aus, das Spiel muss schließlich weitergehen?

Uwe Stoltefuß: Im Großen und Ganzen haben sich meine Besitzer sehr viel um mich gekümmert. Meine alten Besitzer, die schon jahrelang bei mir Pferde in Training halten, haben sich laufend bei Birgit oder bei mir selbst erkundigt wie der Gesundheitsstand wäre. Allen voran der Stall KT. Die Jungs hatten schon einen reservierten Parkplatz im Westdeutschen Tumorzentrum, um mich besuchen zu können.

Bei einigen Besitzern hatten wir das Gefühl, dass sie mit meiner Situation nicht so richtig umgehen konnten. Andere wiederum interessierte offenbar meine Krankheit nicht, ließen auch durchsickern, dass sie am liebsten den Stall verlassen würden. Aber so ist das halt. Eins habe ich aus dieser fast tödlichen Lage gelernt, man muss die glücklichen Stunden des Lebens genießen, denn es könnten die letzten sein.

GaloppOnline.de: Gab es von offizieller, rennsportlicher Seite Kontaktaufnahmen?

Uwe Stoltefuß: Von den Vorständen der Rennvereine oder Präsidenten kam keine Nachfrage. Die rufen doch nur an, wenn sie Starter benötigen. Darüber war ich sehr traurig. Am meisten habe ich mich darüber gefreut, dass mein langjähriger Freund Dr. Peter Wind aus Hamburg mich mehrmals in Essen besucht hat und mit meinen behandelnden Ärzten über meine Krankheit gesprochen hat. Der einzige Offizielle, der mir sehr schöne Zeilen nach Essen schickte, war Besitzervereinigungs-Präsident Manfred Ostermann vom Gestüt Ittlingen. Dafür habe ich mich bei ihm auch in Köln persönlich bedankt.

GaloppOnline.de: Wie sieht aktuell die Situation im Stall aus?

Uwe Stoltefuß: Die Pferde sehen gut aus, finden auch mehr und mehr ihre Form. Birgit hat das gut gemacht und fliegen lernen kann kein Trainer der Welt. Hauptsache ist, dass es nun wieder vorwärts geht. Ich habe Mumm und das ist das Wichtigste! Dahinter gehört ein Ausrufezeichen.

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