GaloppOnline.de: Gratulation zur den Erfolgen der letzten Tage und Wochen, Herr Hirschberger. Haben wir den Derbysieger 2011 schon gesehen?
Jens Hirschberger: Bis zum Derby ist es noch ein weiter Weg, wo erfahrungsgmäß noch viel passieren kann. Aber grundsätzlich gesprochen sind wir aktuell sehr gut aufgestellt. Der Jahrgang bei den Hengsten kann sich sehen lassen, ist wie gesagt sehr gut aus meiner Sicht.
GaloppOnline.de: Hatten Sie mit einem solch fulminanten Start der Schlenderhaner gerechnet, Ihr Schnitt liegt bei 50 Prozent? Wo liegen die Gründe?
Jens Hirschberger: Es ist doch ganz normal, wenn man gutes bis sehr gutes Material im Stall stehen hat, das Punkte eingefahren werden. Und wir sind ein eingespieltes Team, von Gebhard Apelt, dem General Manager und einem Fachmann durch und durch angefangen bis hin zum kleinsten Teammitglied. Die Räder greifen ineinander.
Darüber hinaus konnte die Trainingsanlage in den vergangenen Jahren stets hier und da noch weiter verbessert werden. Ein erheblicher Vorteil ist auch, dass wir unseren Frieden haben, man muss keine Rücksicht auf andere nehmen, wir können die Pferde in aller Ruhe an die Aufgaben heranführen.
Die Stammmannschaft arbeitet hervorragend zusammen, gerade die Voraussetzungen über Winter konnten besser nicht sein, bespielsweise mit der überdachten Reitanlage.
GaloppOnline.de: Und Sie sind wieder an der Reihe, kann man das so sagen?
Jens Hirschberger: Wenn Sie das so sehen. Jedenfalls war 2010 aus meiner ganz persönlichen Sicht eine verkorkste Saison, auch wenn der Schnitt von 30 Prozent für andere blendend aussah. Ich war keinesfalls zufrieden, zumal die Ausfälle von Getaway oder Eye of the Tiger, zum Beispiel, uns sehr getroffen haben. Und keinen Starter im Derby zu haben, nicht zu vergessen. Das geht gar nicht.
GaloppOnline.de: Wie heißt denn Ihr ganz persönliches Mummpferd Stand Ende April 2011?
Jens Hirschberger: Ich habe mich bekanntlich früh mit Arrigo festgelegt, bereits im vergangen Winter hat er mir sehr imponiert, aber muss auch zugeben, dass die Leistungsdichte der Dreijährigen breiter geworden ist. Alles rückt enger zusammen. Und wir lassen die Gemeinten darüber hinaus auch nicht miteinander arbeiten. Das muss man wissen.
Aber Arrigo hat in Hannover schon beeindruckend gewonnen, ein richtiger Steher, auch wenn das Feld nicht übermäßig stark besetzt war. Aber der Ton macht bekanntlich die Musik. Er ist ein anderer Typ als sein Halbbruder Adlerflug, obwohl mich seine Art und sein Benehmen an unseren Derbysieger erinnert. Arrigo werden wir, wenn alles planmäßig läuft, in München wieder aufbieten.
GaloppOnline.de: Und die anderen Kandidaten?
Jens Hirschberger: Tahini hat uns in vielerlei Hinsicht überrascht. Eigentlich ein Galoppierer, kam er aus hinteren Regionen. Der Jockey hat ihn nicht hingejagt, erst einmal eingeparkt und ihn in Ruhe auf die Beine kommen lassen. Ihn aus der Reserve kommen zu lassen, war jedenfalls so nicht geplant.
Mit ihm könnte es in Hannover weitergehen. Nicht zu vergessen Ibicenco, der anders als sein Bruder Irian, ein richtiger Steher ist. Der könnte dreimal rumgehen und geht immer weiter. Bei ihm ist die Planung noch offen, gut möglich, dass er demnächst in Frankreich weitermachen wird.
Bei Mawingo stellt sich als großes Fragezeichen die Derbydistanz. Klasse hat der Hengst, ein Rennpferd eben, mit ihm werden wir im Metzler Preis weitermachen.
GaloppOnline.de: Was sagen Sie denn zu Ihren älteren Aushängeschildern?
Jens Hirschberger: Mit Alianthus versuchen wir Gruppe I zu gewinnen, aber das wird gefühlsmäßig nicht leicht. Als Frontrenner braucht er einiges passend, vor allen Dingen mag er es weich unter den Hufen. Mit Illo, der sich wie gesagt auf dem Markt befindet, würde ich es gerne einmal im Ausland probieren.
Aber er ist bekanntlich kein gutes Reisepferd, sonst wären wir schon längst nach Mailand oder ähnliches gegangen. Ihn habe ich für ein Listenrennen in Hoppegarten vorgesehen, dann steht auch noch Baden-Baden auf der Agenda.
GaloppOnline.de: Was sagen Sie zur Entwicklung ihres zweiten Jockeys Michael Cadeddu?
Jens Hirschberger: Er reitet mit feiner Hand und ist keiner, der abhebt. Einer, der auf dem Boden bleibt und Kritik annimmt. Das schätze ich.
GaloppOnline.de: Mit welchen Erwartungen gehen Sie mit ihren Startern in das kommende Wochenende?
Jens Hirschberger: Für Dawn Twister wäre elastisches Geläuf von Vorteil. Je weicher, desto besser. Vielleicht läuft er aber auch erst eine Woche später im Gerling-Preis. Bei ihm sehe in jedem Fall noch Luft nach oben. Solidaro hat ein dreiviertel Jahr keine Rennen mehr bestritten.
Er wurde kastriert und stellt sich erstmals wieder vor. Mit ihm habe ich umdisponiert, wollte ursprünglich in Frankreich laufen. Auch von unserem Dreijährigen Sinnerman erwarte ich eine ordentliche Leistung, wir mussten nach Frankfurt ausweichen, weil die Rennen für Dreijährige an der Ruhr ausgefallen sind.
GaloppOnline.de: Und Ihr wichtigstes Ziel 2011?
Jens Hirschberger: Soviele Prüfungen wie möglich gewinnen, am liebsten allerdings im Derby ganz vorne sein. Es ist und bleibt das wichtigste Rennen.
GaloppOnline.de: Mit Impostor haben Sie ein gutes Pferd an den Stall Salzburg abgegeben. Verfolgt Schlenderhan eine neue Strategie mit dem Verkauf von hoffnungsvollen Pferden?
Jens Hirschberger: Nein, wir müssen nur immer wieder Platz für die nachrückenden Pferde schaffen. Wir verfügen über 66 Boxen. Jedes Jahr rücken ca. 30 Jährlinge nach. Das Pferd ist auf dem Markt gewesen, ebenso wie Illo es ist. Ich freue mich, wenn der Käufer zufrieden ist und das Pferd gute Leistungen zeigt.