GaloppOnline.de: Nur noch ein Monat, dann geht in Hamburg das Derby über die Bühne. Ihr Dreijähriger Akkurat war vor einer Woche in Köln Dritter hinter Solidaro, der inzwischen zu einem der Favoriten für Hamburg avancierte. Wie sehen Sie die Chancen von Akkurat, noch ins Derby-Feld zu kommen?
Gerd Zimmermann: Ich halte die Chancen eines Derbystarts für Akkurat für realistisch – er wird am 26.6 in Hannover seine Chance wahrnehmen, soweit gesundheitlich nichts dazwischen kommt. Er ist ein echter Steher und benötigt ein richtig gelaufenes Rennen. Er ist immer noch ein riesiges und schweres Baby – daher waren wir auch sehr vorsichtig bei der Vorbereitung. Das Derby kommt sicherlich sehr früh für ihn – richtig stark wird er wohl erst als Vierjähriger werden.
GaloppOnline.de: Wie wichtig ist ein Derby-Start für einen Besitzer? Wie war Ihre bisherige Bilanz? Wer sind für Sie 2010 die Favoriten?
Gerd Zimmermann: Natürlich hat das Deutsche Derby einen großen Stellenwert für jeden Besitzer. Meine Bilanz entwickelt sich positiv, vom 18. Platz Denaros über den achten Platz von Calcio zum dritten Platz von Omikron. Übrigens habe ich 2004 meinen Starter Siberion zum Nichtstarter erklärt und mich für einen Start im Slovakischen Derby entschieden, welches er auch souverän gewann – solche Entscheidungen werden auch oft von Besitzern gefällt, ohne dass dies besonders populär wäre. Mein Favorit 2010 ist Zazou.
GaloppOnline.de: Sie haben in der Vergangenheit häufig Schnäppchen beim Pferdekauf gemacht. Man denke nur an den Top-Sprinter Raffelberger. Wer sucht die Pferde aus, Sie selbst oder der Trainer?
Gerd Zimmermann: Ich suche meine Pferde meistens selber aus. Den Trainer bitte ich anhand einer Liste mit meinen vorselektierten Pferden um seine Meinung und „Insiderwissen“.
GaloppOnline.de: Ihr Super-Hinderniscrack Fiepes Shuffle hat seine Karriere beendet. Wie geht es ihm aktuell? Haben Sie ihn seit Ende der Laufbahn noch einmal besucht?
Gerd Zimmermann: Ja, Fiepes Shuffle hat seinen verdienten Ruhestand erhalten. Er ist seit wenigen Monaten bei seinem Züchter Herr Lohmann im Heimatgestüt, und es soll ihm blendend gehen. Besuchen konnte ich ihn bis heute leider noch nicht.
GaloppOnline.de: Stichwort Hindernissport: Sie waren mit dem Stall Jenny-Cup einer der großen Förderer. Jetzt verzichtet sogar Baden-Baden auf Hindernisrennen. Ist dieser Sport tot?
Gerd Zimmermann: Ja, das ist leider offensichtlich. Ich habe damals bis zu 18 Rennen im Jahr mit einem sehr hohen finanziellen Aufwand gesponsert und dabei viel Wert darauf gelegt, dass die Rennen unter der Führung eines zusätzlichen Namenssponsors stattfanden, um diese dauerhaft und regional zu verankern. Aber nachdem ich die Mittel reduziert habe, sprangen die betroffenen Rennvereine und Co-Sponsoren leider wieder ab. Der Hindernissport hat leider keine Lobby in unseren Führungsetagen – ganz im Gegensatz zur Züchterprämie und anderen teuren Eskapaden.
GaloppOnline.de: Gibt es Hindernistalente in eigenen Farben?
Gerd Zimmermann: Zur Zeit nicht. Kohinoor war sehr talentiert und ist leider bei seinem Debut verunglückt. Ich werde mir keine Pferde mehr gezielt für den Hindernissport kaufen, da ich diese in Deutschland leider mangels der Startmöglichkeiten nicht mehr einsetzen kann. Für Frankreich und England braucht man Pferde mit einem gewissen Niveau an Klasse – diese „fallen“ auch zukünftig weiterhin bei mir als Nebenprodukt meiner Flachpferde ab und sind dann natürlich auch, wann immer möglich und vertretbar, in deutschen Hindernisrennenam Start.
GaloppOnline.de: Mit Smooth Operator haben Sie auf einen Start im Benazet-Rennen verzichtet. Was waren die Gründe? Welche Pläne haben Sie mit ihm? Wie groß ist Ihr Rennstall aktuell? Wird es noch einmal eine ähnliche Größenordnung wie früher geben? Wer sind die Hoffnungen?
Gerd Zimmermann: Leider hatte sich Smooth Operator durch einen Unfall verletzt und eine große Fleischwunde zugezogen. Das war sehr schade, da er nun wieder richtig der Alte war und sicherlich in Hoppegarten seine Klasse bewiesen hätte. Wenn alles gut verläuft, startet er am 16.7. im Sprint-Grupperennen in Hamburg. Wenn da alles optimal verläuft, wird er danach, wie im Vorjahr, für höhere Ziele in französischen Grupperennen vorbereitet.
Zur Zeit habe ich fünf Pferde, neben Smooth Operator noch Akkurat (ein dreijähriger Steher mit Derby-Ambitionen), Terra di Tuffi (eine schnelle Maus für die Zweijährigen-Kampagne), Snowbird (zweijährig, Steher, groß und schwer, eher dreijährig auf der Bahn zu erwarten) und Luperon (zweijährig, praktischer Typ, eher Mitteldistanz, durchaus schon zweijährig auf der Bahn zu erwarten).
Ich habe für alle meine Pferde die Hoffnung und das Ziel, dass sie in die Listenklasse wachsen können – die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Mein Pferdebestand wird sich auch zukünftig im Rahmen des aktuellen Bestandes bewegen.
GaloppOnline.de: Sie haben vor Jahren mehrere Fuktionärstätigkeiten wahrgenommen. Weshalb haben Sie die damals abgegeben?
Gerd Zimmermann: Das hatte viele Gründe, die ich heute wie schon damals nicht publizieren möchte.
GaloppOnline.de: Würden Sie heute noch einmal ein Amt im Rennsport übernehmen?
Gerd Zimmermann: Ich liebe diesen Sport sehr – ein Amt ist nur denkbar, wenn ganz schlanke Strukturen geschaffen werden und die Entscheidungsträger Durchsetzungsmöglichkeiten erhalten. Ein Sport, in welchem einzelne mächtige Personen durch Drohungen, z.B. Geld als Sponsor zu entziehen, sportpolitische Entscheidungen in ihre Richtung erzwingen, kann nicht im nötigen Maße gerettet werden und wird keine Manager gewinnen, die gewohnt sind, Entscheidungen nach sachlichen Gesichtspunkten zu fällen.
GaloppOnline.de: Wie beurteilen Sie die aktuellen Maßnahmen und Konzepte von German Racing? Sind diese weitreichend genug, oder haben Sie Alternativ-Vorschläge?
Gerd Zimmermann: Ich denke, dass es nur einen Weg gibt, den Sport zu retten. Der „Sport“ muss sich über jegliche Form über die Wetten auf alle Sportarten finanzieren. Dieses Ziel haben wir zu meiner Funktionärszeit schon massiv mit German Tote umsetzen wollen. Alle Wetten, auch Sportwetten und internationale Wetten über ein Internetangebot und stationäre Shops in die German Tote – das war unser überall vorgetragenes Ziel. Leider hatten wir da viel Gegenwind. So gesehen ist der Ansatz von German Racing genau richtig – nur eben viel teurer als es der Ausbau der German Tote gewesen wäre.
Auch haben wir schon damals – unter dem massiven Einsatz von Herrn Meinke – versucht, eine Servicegesellschaft für die Rennvereine zu etablieren, die die Rennorganisation für alle Rennvereine übernimmt und die lokalen Rennvereine als lokale Repräsentanten erhält, um bei optimalem Marketing die Kosten drastisch zu reduzieren. Auch da war die Gefolgschaft bei der Umsetzung sehr zögerlich. So gesehen ist auch der Ansatz der German Racing aus meiner Sicht grundsätzlich richtig, wobei ich mir mehr Taten als nur PR und zentrales Marketing wünsche, denn damit bekommen wir die Kosten der Rennvereine nie in den Griff.
Ich rege mal an, meine Rede zu meinem Amtsantritt als BGG-Vorsitzender zu studieren – da war das alles schon enthalten. Auch habe ich damals massiv auf die Gemeinsamkeit und das gemeinsame Handeln für ein gemeinsames Ziel geworben – verbal wurde das damals auch schon begrüßt, gehandelt wurde aber oft anders. Hier machen German Racing und besonders die Herren an der Spitze sicherlich diesmal alles richtig.
GaloppOnline.de: Haben Sie auch selbst bei German Racing investiert?
Gerd Zimmermann: Ich liebe diesen Sport und wünsche German Racing alles Gute und den bestmöglichen Erfolg. Daher und auch um den Gedanken der Gemeinsamkeit zu fördern, habe ich mich mit einer nicht unwesentlichen Summe an German Racing beteiligt.
GaloppOnline.de: Wie lässt sich wieder mehr Umsatz generieren und mehr neues Publikum gewinnen? Was waren die größten Fehler, die in den vergangenen Jahren gemacht wurden?
Gerd Zimmermann: Wir müssen uns den modernen Technologien und besonders den Marktanforderungen anpassen. Wir müssen führend im Angebot und in der Ausgestaltung von Wetten werden und alle möglichen Medien dazu nutzen. Und das noch vor Jahren von vielen Herren in den Führungsetagen des Direktoriums verteufelte Internet ist da nun einfach mal das wichtigste Instrument.
Wir müssen uns von den unglaubwürdigen Konzepten der Protektion lösen und uns dem Wettbewerb stellen. Mit RaceBets gehen wir da mal endlich einen sinnvollen Weg – wie gesagt leider nur zu teuer und leider nur mit einer Beteiligungsquote – bei German Tote hätte uns das zu 100% gehört.
Der größte Fehler lag sicherlich darin, dass die Führung des Sports immer nur alten Konzepten nachtrauerte und die jungen Erneuerer und ihre Ideen und Konzepte zur modernen Zukunft mit ihren bestehenden Machtstrukturen schnell zur Verzweiflung brachten.
GaloppOnline.de: Wie intensiv sind Sie dem Turf heute noch verbunden im Vergleich zu früher?
Gerd Zimmermann: Meine Liebe zu diesem Sport besteht unverändert fort, und ich werde als Besitzer weiterhin die Faszination des Sportes genießen. Nur mein Vertrauen in die Zukunft für diesen Sport ist leider geschwunden.
GaloppOnline.de: Wird es wieder einmal eine Sponsorship des Stalles Jenny geben?
Gerd Zimmermann: Es gibt auch zurzeit noch Spenden von mir für einzelne Rennvereine, wenngleich diese nicht mehr mit dem Sponsoring für einzelne Rennen verbunden sind. Meine Leidenschaft – den Hindernissport – kann ich definitiv nicht mehr erhalten, daher wird es so etwas Großes wie den Stall Jenny-Cup sicherlich von mir nicht mehr geben.
GaloppOnline.de: Ihr größter Wunsch für 2010?
Gerd Zimmermann: Gesundheit!