Mit Engelbrecht-B.

GaloppOnline.de: Hong Kong befindet sich mitten der laufenden Saison. Wie fällt Ihr Zwischenfazit aus?

W. Engelbrecht-Bresges: Wir liegen aktuell vier Prozent über dem Vorjahr, im Schnitt pro Rennen gibt es sogar ein Plus von 5,6 Prozent. Es läuft also mehr als zufriedenstellend. Sehr positiv ausgewirkt hat sich die zusätzliche Anzahl der Racemeetings. Und die Wirtschaftskrise hat Hong Kong nicht so stark getroffen wie Europa.

GaloppOnline.de: Können Sie die Gründe für den Aufschwung genauer präzisieren?

W. Engelbrecht-Bresges: Wir haben im Highroller-Bereich viele Leute akquiriert. 20 Prozent der Kunden machen bei uns 80 Prozent des Umsatzes aus. Wir sind bei der Regierung dafür eingetreten, die Rennsaison zu verlängern. Sie dauert nun nicht mehr bis Anfang, sondern bis Ende Juli. Die Umsätze in Happy Valley liegen sogar sieben bis acht Prozent über der letzten Saison. Diese Bahn wird für neue Kunden immer mehr zu einem Entertainment-Standort.

GaloppOnline.de: Sind in nächster Zeit Investitionen an den Bahnen geplant?

W. Engelbrecht-Bresges: Gerade in dieser Woche hatte ich zwei Meetings zu unserer Investitionsplanung. Wir planen ein Programm mit einem Volumen von sieben bis acht Milliarden HK-Dollar (rund 700 Mio. Euro). Vor allem Sha Tin wird sich erheblich verbessern. Es soll zu einer Destination werden, zu der Touristen auch unter der Woche, außerhalb der Rennen, kommen.

GaloppOnline.de: Konnten Sie die Erfahrungen der Olympischen Spiele 2008 für weitere Projekte nutzen?

W. Engelbrecht-Bresges: Ja, vor zwei Wochen haben wir einen Vertrag zur Unterstützung der Asian Games 2010 unterzeichnet. Wir werden etwa drei Stunden von Hong Kong entfernt ein Trainingszentrum errichten, das zweieinhalb Mal so groß ist wie Sha Tin. Das wird unsere Trainingskapazitäten erhöhen, den Pferdebestand erweitern. Das soll ein Touristenzentrum werden. Hier wird auch eine Quarantänezone entstehen. Damit können Pferde aus der ganzen Welt nach China kommen.

GaloppOnline.de: Wie stark ist die Verbindung zu China? Hilft der HKJC beim Aufbau des Rennsports in der Volksrepublik? Wie schwierig ist es, Wetten in China zu ermöglichen?

W. Engelbrecht-Bresges: Wetten ist in China verboten. Es gibt zeitweise Versuche, Wetten zu aktivieren, aber das muss eine Entscheidung auf höchster Ebene sein, und von einer solchen ist momentan nicht auszugehen. Unser Engagement in China ist nicht auf Pferdewetten ausgerichtet. Politische Maßnahmen liegen nicht in unserer Hand.

GaloppOnline.de: Ist der Hong Kong Jockey Club unverändert der höchste Steuerzahler der Ex-Kronkolonie?

W. Engelbrecht-Bresges: Ja, das ist richtig. Wir haben im Vorjahr 13,2 Milliarden HK-Dollar Steuern bezahlt, das sind 2,5 Prozent weniger als in der Saison zuvor, aber angesichts der Wirtschaftskrise ist das akzeptabel.

GaloppOnline.de: Wie groß ist aktuell der Faktor Fußballwetten für den HKJC? Mit welchem Gesamt-Umsatzergebnis aller Wetten rechnen Sie?

W. Engelbrecht-Bresges: 2009 wird ein Rekordjahr, nachdem schon 2008 sehr gut lief. Wir erwarten einen Umsatz bei den Sportwetten von 37 Milliarden HK-Dollar. Bei Pferdewetten sollten es 70 bis 71 Milliarden werden. Hinzu kommen noch 6 bis 7 Milliarden durch Lotto. Damit besteht die Chance, dass wir insgesamt 108 bis 109 Milliarden HK-Dollar machen.

GaloppOnline.de: Der aktuelle Fußball-Skandal erschüttert die Welt. Zahlreiche der illegalen Wetten sollen über Asien geflossen sein. Wie groß schätzen Sie den Schaden?

W. Engelbrecht-Bresges: Auf die genannten Spiele konnte mit einer Ausnahme bei uns nicht gewettet werden. Wir haben ein System, bei dem wir nicht auf alles Wetten annehmen. Nicht alle Sportveranstaltungen eignen sich für Wetten. Unser Team analysiert das Umfeld der Spiele, auch historisch, ganz genau. Es werden Profile von den Wettern angelegt. 60 Personen sind im Odds-Making-Bereich tätig. Wenn es Abweichungen im Spielverhalten gibt, wird das sofort festgestellt. Allein im Risk-Analyse-Bereich arbeiten zehn Leute. Auch im Rennsport wird alles genau geprüft. Sie können jeden unserer Mitarbeiter aus diesem Bereich nachts um drei Uhr wecken, sie wissen genau, welches Pferd wie zu reiten ist und stellen daher Veränderungen bei der Reitweise fest und analysieren die Wetten. Wir arbeiten auch eng mit der Polizei zusammen. Bedauerlicherweise ist auf der Welt der Bereich Wetten völlig dezentralisiert. Jeder kann in bestimmten Ländern eine Buchmacher-Lizenz bekommen.

GaloppOnline.de: Dürfen Sie persönlich Wetten abgeben?

W. Engelbrecht-Bresges: Nein, Mitarbeiter des Hong Kong Jockey Clubs dürfen nicht wetten. Das muss man akzeptieren. Ich analysiere die Rennen nur theoretisch.

GaloppOnline.de: Vor über zehn Jahren erschütterte ein großer Pferde-Wettskandal Hong Kong. Welche Lehren hat man daraus gezogen?

W. Engelbrecht-Bresges: Es geht einfach nicht, dass nur 15 bis 20 Leute wie damals gegeneinander antreten. Da muss ein Austausch stattfinden. Wir haben das System geändert, holen auch immer neue Jockeys rein. Muster mussten korrigiert werden.

GaloppOnline.de: Auf der Website des HKJC veröffentlichen Sie regelmäßig einen Blog. Wie sind die Reaktionen? Wie wichtig sind neue Medien, wie Youtube, Facebook, Twitter, etc für den HKJC?

W. Engelbrecht-Bresges: Mit dem Blog wollen wir das Interesse für den Sport wecken und den Dialog zu den Leuten halten. Im Schnitt lesen den zweimal erscheinenden Blog 15.000 User jeweils etwas vier Minuten lang. Und es gibt jedesmal 100 bis 150 Feedbacks. Im Internet und den neuen Medien tätigen wir in Kürze ein strategisches Investment. Wir wollen auf unserer Website eine neue Infrastruktur erstellen. Dazu werden acht Top-Leute im nächsten halben Jahr eine neue Strategie entwickeln. Auch im Bereich Twitter, etc., wollen wir expandieren. 18 Prozent der Pferdewetten werden inzwischen über das Internet abgewickelt, sogar 50 Prozent bei den Fußballwetten. Unsere Internetseite ist eine der höchstfrequentierten Seiten Asiens. Im Vorjahr wurden zu den International Races 1,2 Millionen Klicks gezählt.

GaloppOnline.de: Gibt es Überlegungen, das Meeting im Dezember auf zwei Tage zu erweitern?

W. Engelbrecht-Bresges: Das macht keinen Sinn. Rennen am Samstag und Sonntag geht in Hong Kong nicht, das ist zu intensiv. Unsere Kunden wollen zwei bis drei Tage Zeit zur Vorbereitung haben. Wir haben aber in diesem Jahr die Trials auch für Gäste geöffnet, vielleicht kann man das weiter ausdehnen.

GaloppOnline.de: Sie sind als CEO die Nummer eins beim HKJC. Sind die Entscheidungswege hier kurz oder ähnlich kompliziert wie in Deutschland?

W. Engelbrecht-Bresges: Wir führen den Hong Kong Jockey Club wie eine Aktiengesellschaft. Alles ist hier integriert, Rennsport, Wetten, Finanzen. TV. Wenn das Board eine Entscheidung trifft, dann wird das auch umgesetzt. Ein Manager muss sich auch trauen zu entschieden, selbst unter einem gewissen Risiko. Wir haben hier 4300 Vollzeitkräfte und 25.000 Teilzeitarbeiter, Das Top-Management-Team umfasst acht Leute, auf dem nächsten Level sind es 40 Personen. Der Club zählt 19.000 Mitglieder.

GaloppOnline.de: Werden internationale Rennen von den Wettern immer noch weniger angenommen als normale Handicaps?

W. Engelbrecht-Bresges: Wetter sind wie Finanzinvestoren, sie wollen einen Risk Return. Internationale Formen sind für die hiesigen Wetter nicht so gut einschätzbar. Aber der Trend ist positiv. So bieten wir künftig 15 Rennen aus verschiedenen Ländern per Simulcast-Übertragung an. Wir hoffen da auf einen positiven Effekt. Man darf nicht nur alles auf das Wetten ausrichten, sonst verliert die Qualität der Rennen.

GaloppOnline.de: Trainer Andreas Schütz hat vor einigen Monaten seinen Star Good Ba Ba verloren. Können Sie solch eine Entscheidung des Besitzers bei allen Erfolgen nachvollziehen?

W. Engelbrecht-Bresges: Der Weggang von Good Ba Ba war für ihn ein schwerer Schlag. Ich möchte den Schritt nur vorsichtig bewerten, die Gründe sind nicht unbedingt rational.

GaloppOnline.de: Wie ist die Entwicklung des Trainers aktuell?

W. Engelbrecht-Bresges: Es herrscht hier ein sehr starker Wettbewerb. Man muss als Trainer versuchen, neue Besitzer zu bekommen, die neue Pferde kaufen. 25 Trainer arbeiten hier. Das ist schon keine leichte Umgebung.

GaloppOnline.de: Der HKJC hat wieder zahlreiche Pferde auf den verschiedensten Auktionen erworben und bietet sie bei der Sale an. Wer ist für die Auswahl zuständig?

W. Engelbrecht-Bresges: In den USA Cash Asmussen, in anderen Regionen andere Leute. In England arbeitet beispielsweise unser Manager Mark Player mit Agenten zusammen. Leider konnten wir in diesem Jahr nur 50 Prozent der gekauften Pferde zur Auktion bringen, die Ausfallquote ist noch zu hoch. Das werden wir analysieren.

GaloppOnline.de: Wie ist Ihre Vertragssituation?

W. Engelbrecht-Bresges: Mein Vertrag läuft noch zwei Jahre. Ich bin aber bereits angesprochen worden, ob man mich nicht länger hier behalten kann. Aber ich möchte abwarten, bis unser Investitionsprogramm verabschiedet ist.

GaloppOnline.de: Werden Sie als CEO auch kontroliert?

W. Engelbrecht-Bresges: Wir führen hier harte Diskussionen. Es ist ganz wichtig, dass man offen spricht. Ein Aufsichtsrat kontrolliert uns. Es darf keinen Autokraten geben, der abhebt, das wäre für ein solches Unternehmen sehr gefährlich. Strukturen müssen zu gewisser Zeit verändert werden, Ein CEO sollte nicht länger als zehn Jahre im Amt bleiben. (Anm. d.Red.: Winfried Engelbrecht-Bresges ist seit drei Jahren CEO).

GaloppOnline.de: Wie sieht Ihr Tagesablauf aus? Bleibt da überhaupt Zeit für Hobbies oder zur Regeneration?

W. Engelbrecht-Bresges: Ich schlafe nur etwa viereinhalb Stunden. Um 6:30 Uhr stehe ich auf, laufe dann 40 Minuten und stemme einige Gewichte, dann bin ich fit. Zur normalen Arbeit kommen auch einige Menge Abendveranstaltungen. Dann kann es schon sein, dass ich um 23 oder 24 Uhr noch ein bis zwei Stunden am Schreibtisch sitze.

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