Mit A. Woeste

GaloppOnline.de: Sie sind Zeit Ihres Lebens Unternehmer, das Direktorium ist ein eingetragener Verein. Das Wort Strukturreform machte seit Jahren die Runde, wo ist eine wirkliche Änderung der e.V. Struktur, wie sie der Fußball längst umgesetzt hat?

Albrecht Woeste: Als Unternehmer bin ich zum Direktorium gekommen und habe genau da weiter gemacht: Ich habe etwas unternommen: „German Racing“. Die Probleme einer veralterten Vereinsstruktur lagen ja auf dem Tisch. Auch bei meinen Vorgängern. Durch die Wirtschaftskrise hatten wir nun noch mehr Handlungsdruck, weniger Widerstände und kürzere Zeitfenster. Ganz ehrlich: Die neue Strukturreform anno 2009 ist bis heute doch gut gelaufen. Im Februar von der BV-Vollversammlung gefordert, bis zum Sommer strukturiert, nach den Ferien formaljuristisch in die Spur gebracht, jetzt genehmigt und noch vor Weihnachten abgeschlossen. Sie fragen nach Fußball: Wir gehen den Hoffenheimer Weg.

GaloppOnline.de: Sie sind seit einiger Zeit nun auch bei Fortuna Düsseldorf aktiv. Bleibt da noch genug Zeit für den deutschen Galopprennsport?

Albrecht Woeste: Oh, ja. Ich liebe Aufsteiger.

GaloppOnline.de: Das DVR betreibt einen Buchmacherladen in Köln. Es gibt viele Gerüchte über die wirtschaftliche Lage des Shops. Klären Sie uns doch mal auf, wie geht es dem Laden, zumal Buchmacher Springer in der Nähe einen Konkurrenzladen aufgemacht hat?

Albrecht Woeste: Mein Bemühen um Transparenz beinhaltet nicht, dass ich mich mit jedem noch so abenteuerlichen Gerücht öffentlich auseinander setze. Der Kölner Rennbahn-Shop scheint mir sowohl für sich selbst als auch als Prototyp sehr wertvoll zu sein, gleichzeitig auch als Lieferant von soliden und authentischen Erkenntnissen über das Marktgeschehen. Ich bin sehr zufrieden, dass wir diesen Weg gegangen sind.

GaloppOnline.de: Ist es überhaupt richtig, dass das DVR als Buchmacher auftritt? Wäre eine Stärkung des Totalisators nicht der richtige Schritt, so wie es die Familie Hertz im Trabrennsport macht?

Albrecht Woeste: Ich schätze Herrn Hertz und bewundere sein Engagement bei den Trabern. Ein starker Trabrennsport ist auch für uns nur gut. Gemeinsam können wir mehr erreichen. Zu ihrer eigentlichen Frage: Wir sind angetreten, um den Totalisator auf den Rennbahnen mehr als nur zu stärken. Da haben Sie mein Wort.

GaloppOnline.de: Das DVR macht kein fühlbares Marketing. Warum arbeitet niemand an der Wiedereinführung des Marketings? Wie steht es mit der Produktion einer Fernsehsendung?

Albrecht Woeste: Wie kommen Sie auf die Idee, dass niemand an der Wiedereinführung des Marketings arbeitet? Ich kenne die Damen und Herren, die sich darauf freuen im nächsten Jahr loszulegen. Und was das Fernsehen betrifft: Haben Sie Drehbücher oder Konzeptionen für TV-Shows, die kostenneutral zu realisieren sind? Her damit! Die in meiner Schublade sind zwar gut, kosten aber Geld. Ein weiterer Grund für unsere neue Strukturreform. Dann können und werden wir sie umsetzen.

GaloppOnline.de: Wo steht der Rennsport am Ende des Jahres 2010? Wo 2015?

Albrecht Woeste: Bei den Championats-Feiern Ende nächsten Jahres werden die Laudatoren schon höhere Gewinnsummen verkünden können als dieser Tage. Mit Beginn der Strukturreform gehen deutlich mehr Rennpreise und Prämien an Trainer, Besitzer und Züchter. Und was 2015 betrifft, da spielt Fortuna Düsseldorf im Berliner Olympia-Stadion um den DFB-Pokal und das Spiel wird um eine Stunde verlegt, damit die vielen deutschen Gruppe-Rennen an diesem Pfingstsamstag zuvor live in der ARD übertragen werden können.

GaloppOnline.de: „German Racing“ steht kurz vor dem Start. Wie optimistisch sind Sie, dass genug Geld zusammen kommt?

Albrecht Woeste: Es geht nicht darum, ob genug Geld zusammen kommt, sondern wie viel mehr es wird als die verlangte Mindestsumme von 4 Millionen Euro. Die deutschen Galopp-Fans sind übrigens wirklich schnell. Nach den ersten drei Tagen kamen von der Basis schon Zeichnungen in einem Gesamt-wert von mehreren hunderttausend Euro zusammen.

GaloppOnline.de: Mit wie viel Geld sind Sie und Ihre Vorstandskollegen persönlich dabei?

Albrecht Woeste: Ich kenne mehr als zehn Kollegen, die jeweils um die 250.000 Euro beisteuern. Und seien Sie versichert, darunter mache ich es auch nicht. Aber toll wird die Sache nur, wenn auch 1000 Galoppsportfreunde je 1000 Euro zeichnen.

GaloppOnline.de: Wann wird man die ersten Ergebnisse der neuen Struktur dann wirklich sehen?

Albrecht Woeste: Schneller als Sie denken.

GaloppOnline.de: In der letzten Woche fand die Buchmacher-Hauptversammlung statt. Der deutsche Galopprennsport war eingeladen, war in Potsdam aber nicht präsent. Die Traber haben mehrere Leute geschickt, einen Vortrag gehalten und den Buchmachern für die Unterstützung gedankt. Wieso wird die aktuell noch so wichtige Vertriebsschiene Buchmacher so vernachlässigt?

Albrecht Woeste: Das ist unglücklich gelaufen. Das nächste Mal komme ich persönlich, denn unsere Vertriebspartner sind mir sehr wichtig.

GaloppOnline.de: Es gibt Kritiker, die der Meinung sind, dass man das „eingesammelte“ Geld lieber in Verbesserungen des Produktes Rennsport (bessere Bilder, Fernseh- und Medien-Präsenz, neue Wettarten etc.) stecken sollte und mit den Buchmachern eine Einigung erzielen müsse, dass diese gegen höhere Provisionen komplett in den Toto vermitteln. Nun entscheidet man sich, unterkapitalisiert einen schon vergriffenen Markt erneut zu bearbeiten. Ist das nicht für beide Seiten die schlechtere Option?

Albrecht Woeste: Liebe Kritiker, die der Meinung sind, wir sollten bei den Aktiven und Freunden des Galopprennsports Geld „einsammeln“, um damit einzig und allein bessere Bilder, mehr TV- und Medien-Präsenz oder neue Wettarten zu produzieren: Genau darum geht es am Ende des Tages. Wir haben uns unsere Strategie genau überlegt. Die Buchmacher sind zwar wichtige Partner, aber wir müssen wieder Herr der Vermarktung unseres Produktes werden. Wie kommen Sie zum jetzigen Zeitpunkt auf „unterkapitalisiert“?

GaloppOnline.de: Wie sehen die Pläne bezüglich der Wettplattform aus? Tendieren Sie zu einem Kauf einer bestehenden Plattform oder wollen Sie eine neue aufbauen? Gerüchten zufolge gibt es konkrete Gespräche mit Plattformen. Was können Sie hierzu sagen?

Albrecht Woeste: Es gibt drei Optionen, das haben wir immer wieder betont: Eigenaufbau, White-Label-Lösung auf Basis einer IT-technisch schon eingerichteten Datenbank oder Kauf bzw. mehrheitliche Übernahme einer bestehenden Plattform. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht, kennen alle Stärken und Schwächen am Markt. Und wir werden sehr bald handeln.

GaloppOnline.de: Wird das eingenommene Geld ausschließlich für Internetwetten bzw. neue Shops verwendet?

Albrecht Woeste: Nein. Wir werden unseren neuen Mitarbeitern auch pünktlich Gehälter zahlen. Auch Lieferanten, Vermieter und das Finanzamt sollten sich keine Sorgen machen. Wir sind gut aufgestellt.

GaloppOnline.de: Warum erfolgt die Beteiligung nicht direkt an der DVR Wirtschaftsdienste GmbH respektive der Wettbetriebs GmbH, in der die tatsächlichen Assets gebündelt sind? Wozu ist die Zwischengesellschaft nötig?

Albrecht Woeste: Haben Sie sich nicht weiter oben über die Verbandsstruktur im Direktorium beschwert? Jetzt schaffen wir mal eine schlanke transparente Struktur und dann ist das auch nicht in Ordnung. In der GmbH & Co. KG können sich alle (hoffentlich) über tausend Kommanditisten in mindestens zwei Gesellschafter-Versammlungen pro Jahr beschweren, wenn’s dazu einen Grund gibt. Sie können die Beiräte bestimmen oder auswechseln. Sie können neue Vorgaben erstellen. Wenn sich jemand ehrenamtlich einbringen möchte: Prima. Er kann sich direkt an mich wenden. Wer einen Job will, sollte eine Bewerbung schreiben.

GaloppOnline.de: Welche Aufgaben erledigt aktuell eigentlich die Presse-Stelle des DVR? Wird hier überhaupt aktiv und energisch versucht, den Rennsport medial besser zu positionieren?

Albrecht Woeste: Bingo! Sie haben genau den Punkt getroffen, der ganz einfach zeigt, wie wichtig die neue Struktur-Reform ist, und die daraus möglichen Synergien. Geschuldet durch die rückläufigen Zahlen im Sport liegt das 2009er Budget für PR und Presse-Maßnahmen im Direktorium weit unter 100.000,- Euro. Was man nicht hat, kann man auch nicht ausgeben. Doch was die Mannschaft um Peter Brauer daraus trotzdem gemacht hat, vor allen Dingen seit Start der neuen Struktur-Reform, ist bemerkenswert.

GaloppOnline.de: Investieren werden vor allem jetzt Aktive, wie wollen Sie neues Publikum gewinnen?

Albrecht Woeste: Wir machen den Galopp-Rennsport in Deutschland wieder sexy. Wir machen den Sport zu einem medialen Ereignis. Die Pferdewette wird wieder zu einem Muss, so wie die berühmten fünf Pfund, die jeder Engländer beim Grand National setzt. Wir wissen, wie das geht. Die Buchmacher in Deutschland nicht. Das ist unser Plus.

GaloppOnline.de: Kann der deutsche Galopprennsport und sein Verband die Vermittlung der Umsätze in eigenem Namen in das steuerbegünstigte Ausland nachhaltig zulassen?

Albrecht Woeste: Auf diese Frage habe ich gewartet. Und mich gefreut! Stellen Sie sich vor, unsere neue „German Top Bets“ Wettvermittlung erzielt zwischen Montag und Freitag bei der Vermittlung von Wetten auf französische, englische, irische, italienische und amerikanische Wetten ins Ausland einen Gewinn von täglich nur 5.000,- Euro. Das alleine bedeutet, dass am folgenden Wochenende in Deutschland jedes Rennen um 1.000,- Euro in der Dotierung angehoben werden kann.

GaloppOnline.de: Die Wintersaison begann eher schleppend. Wie wollen Sie das Wettgeschäft hier stärken?

Albrecht Woeste: Ganz einfach, wir fragen alle Nörgler nach Vorschlägen. Dann kommt nichts. Und dann nehmen wir uns der Sache an.

GaloppOnline.de: Es gab viel Kritik am „neuen Neuss“. Rennen schauen ist von der Tribüne nur für wenige möglich. Wie steht der Verband dazu und hat sich dieser überhaupt mit der ganzen Thematik rechtzeitig auseinandergesetzt?

Albrecht Woeste: Ganz einfach, wir fragen alle Nörgler nach Vorschlägen. Dann kommt nichts. Und dann nehmen wir uns der Sache an.

GaloppOnline.de: Der Vertrag mit Engelbert Halm läuft Ende 2010 aus. Wie sehen Sie seine Zukunft?

Albrecht Woeste: Schön, dass so viele auf den Job von Herrn Halm scharf sind. Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

GaloppOnline.de: Und zuletzt eine sportliche Frage: Wie sind die Pläne mit Ihrem eigenen Rennstall. Welche Pferde werden wir in 2010 in Ihren Farben sehen?

Albrecht Woeste: Schön, dass Sie mich das fragen. Hoffentlich läuft das eine oder andere Pferd auch nach vorne – aber viel, viel wichtiger ist mir, dass der Rennsport jetzt „ja“ zu sich selbst sagt und jeder auch Anteile zeichnet. Dazu ist nur bis zum 22. Dezember diesen Jahres Gelegenheit.

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