GaloppOnline.de: Was hat sich bei Ihnen aus positiver Sicht am nachhaltigsten während der letzten Rennwoche manifestiert?
Wolfgang Stüber: Als besonders positiv habe ich die gute Stimmung auf dem Platz empfunden. Das wurde uns auch von vielen Gästen bestätigt. Die Rennen müssen ein einmaliges Erlebnis bleiben, sowohl für den „normalen“ Besucher als auch für den Rennsportfan. Überragend waren auch die großen Siege von Kamsin, Liang Kay und natürlich Overdose.
GaloppOnline.de:Und aus negativer Sicht?
Wolfgang Stüber: Sehr traurig hat uns der tödliche Arbeitsunfall eines verdienten Mitarbeiters gestimmt.
GaloppOnline.de: Zum Wettumsatz: Der negative Trend machte auch in Baden-Baden nicht halt. Es ist doch wohl auch naiv zu glauben, dass man die Tendenz brechen könne, nur weil ein Meeting angeboten wird?
Der negative Trend im Galoppsport hat in der Tat auch vor uns nicht halt gemacht. Auch eine Große Woche ändert leider nicht viel an den Problemen des gesamten Rennsports in Deutschland. Wir erwarten und hoffen, dass die Umsetzung der Strukturreform positive Veränderungen für alle Rennvereine bringt und möglichst schnell greift.
GaloppOnline.de: Es ist sicherlich zu beobachten, dass die veränderte Struktur in der Gesellschaft den Rennsport doch stärker negativ beeinflusst als vielleicht angenommen. Hinzu kommt doch die unverändert eher spießige Einstellung der Vielzahl der Deutschen. Wetten ist out, aber 90 Prozent spielen jede Woche Lotto. Kann man da eigentlich gegensteuern?
Wolfgang Stüber: Eine Veränderung der Struktur in der Gesellschaft ist offenkundig. Der klassische Mittelstand verliert an finanzwirtschaftlichem Potenzial mit entsprechender Auswirkung auf alle Wirtschaftsbereiche also auch den Galopprennsport, die am Ende der Ausgabenkette agieren. Auch das Freizeitverhalten der Menschen hat sich geändert. Die Auswahl zu Alternativveranstaltungen ist riesig geworden.
Das Hauptproblem für die Rennvereine liegt sicher darin, dass von den getätigten Wetten – ob im Internet, beim Buchmacher oder über sonstige Kanäle – zu wenig Geld in den Kassen des Rennvereins ankommt, der ja letztendlich die Kosten der Veranstaltung zu tragen hat. Eine spießige Einstellung in der Bevölkerung zum Wetten sehe ich überhaupt nicht. Das zeigt z.B. der große Zuspruch zum Pokern im Internet. Wir dürfen nicht über den Kunden den Kopf schütteln, sondern müssen selbstkritisch die Attraktivität unserer Wettangebote hinterfragen. Hier sehe ich Handlungsbedarf.
GaloppOnline.de: Der Rückgang von über 800.000 Euro gegenüber dem Vorjahr ist sicherlich erschreckend. War dies überwiegend die Summe, die aus der Wettvermittlung von außen fehlte?
Wolfgang Stüber: Knapp 400.000 Euro haben wir in der Tat auf die Außenwette, die überproportional zurückgegangen ist, verloren. Zudem darf man nicht vergessen, dass die für uns nicht nachvollziehbare Streichorgie am letzten Sonntag mit 25 Nichtstartern uns vorsichtig geschätzt zwischen 150.000 und 200.000 Euro Wettumsatz gekostet hat.
GaloppOnline.de: Am letzten Wochenende kursierte bereits das Gerücht, der Internationale Club könne die Rennwoche finanziell nicht abwickeln?
Wolfgang Stüber: Wer solche Gerüchte streut, schadet unserem Sport und führt zur Verunsicherung bei den Partnern der Rennvereine. Wir waren in unserer Planung auf Wettumsatzrückgänge eingestellt und werden unsere Verpflichtungen termingerecht und voll erfüllen. Die Einnahmen an den Tageskassen konnten durch zusätzlichen Beratungsservice gesteigert werden und auch beim Catering konnten wir zulegen.
GaloppOnline.de: Ende Oktober steht das Sales & Racing Festival in Iffezheim an. Wird Ihnen nach dem wirtschaftlichen Desaster nicht angst und bange?
Wolfgang Stüber: Wir sehen dem Sales & Racing Festival mit großer Freude entgegen, auch wenn wir natürlich keine allzu hohen Erwartungen an den Wettumsatz haben. Eine große Unbekannte ist die Witterung, aber falls wir einen „goldenen Oktober“ erleben, dann gibt es doch nichts Schöneres als die Internationalen Galopprennen Baden-Baden und das in Verbindung mit einer sicher sehr spannenden Herbstauktion der BBAG. Im übrigen sind wir auch auf eine kühlere Witterung eingestellt. Alle Räumlichkeiten werden ausreichend beheizt sein.
GaloppOnline.de: Zu den Renntagen: Ist es aus wirtschaftlicher Sicht eigentlich zwingend erforderlich, dass man neun oder sogar zehn Rennen pro Tag veranstaltet? Wird der Besucher, der von 13 bis 19.30 Uhr auf der Bahn weilt, nicht überfordert?
Wolfgang Stüber: Neun oder zehn Rennen am Tag sind sicherlich anspruchsvoll, aber gerade für uns als Meetingsveranstalter macht das betriebswirtschaftlich Sinn. Die Fixkosten sind bei sieben Rennen genauso hoch wie bei zehn, aber wir erwirtschaften in jedem Rennen einen positiven Deckungsbeitrag. Prüfen werden wir, ob wir die Zeitabstände zwischen den Rennen optimieren können und ob wir beispielsweise im nächsten Jahr an den Sonntagen früher beginnen, um den Gästen entgegen zu kommen.
GaloppOnline.de: Sie haben teils die Einteilung der Rennen verschoben. So lief am ersten Meetingssonntag das Badener Jagdrennen als siebtes Rennen. Anschließend strömten die Besucher in Scharen nach Hause, obschon als achtes Rennen ein hoch interessantes Listenrennen für Dreijährige auf der Karte stand. Ein Beweis doch dafür, dass das Gros der Zuschauer nicht unbedingt zu den richtigen Rennsportfreaks zuzuordnen ist. Gilt das nicht zu berücksichtigen?
Wolfgang Stüber: Es ist einfach so, dass Besucher nach den Hauptrennen den Heimweg antreten. Aber aus Rücksicht auf Sponsoren und nicht zuletzt auf die Medien wollen wir das Hauptrennen nicht nach 17 Uhr starten. Wir haben uns nach Beratung in einer Expertenrunde entschlossen, die Hindernisrennen stets nach dem Hauptrennen durchzuführen, um den Aktiven auf der Flachen etwas mehr Luft zu verschaffen. Aber offenbar nutzen viele Besucher das Hindernisrennen als „Break point“, um den Tag auf dem Rennplatz zu beenden. Das müssen wir sicher prüfen.
GaloppOnline.de: Es gab harsche Kritik von Seiten der Verantwortlichen der Baden-Badener Auktionsgesellschaft, da am Mittwoch noch Rennen liefen, während in der benachbarten Auktionshalle bereits die ersten Pferde versteigert wurden. Muss diesese Überschneidung sein?
Wolfgang Stüber: Nein. Hier sind die Abstimmungen wahrlich nicht optimal gelaufen. Wir bedauern dies sehr. Die Verlegung der Auktion von Samstag auf Donnerstag mit Beginn am Mittwochabend hat uns einige Probleme bereitet. So mussten wir aus Rücksicht auf unsere Sponsoren zwei statt nur einem Listenrennen an dem Tag anbieten. Zudem war es für uns schwierig, in Zeiten kleiner Startfelder auf einen Teiler in einem Ausgleich zu verzichten und Pferde abzuweisen. Wir werden alles daran setzen, dass die erfolgreiche und partnerschaftliche Zusammenarbeit mit der BBAG auch künftig störungsfrei verläuft.
GaloppOnline.de: Für viele ist und bleiben die Rennen in Iffezheim etwas Einmaliges. Was unternimmt der Internationale Club auch in Zukunft, dass dies so bleibt?
Wolfgang Stüber: Wir werden weiter daran arbeiten, die Attraktivität der Galopprennen in Iffezheim zu steigern und den Entwicklungen auf dem Vergnügungssektor Rechnung zu tragen.