Positive Schlagzeilen waren beim Hamburger Renn-Club in den vergangenen Wochen und Monaten eher selten. Der Rückzug des Präsidenten Franz-Günther von Gaertner, die Trennung von Geschäftsführer Günther Gudert, finanzielle Schwierigkeiten – nicht gerade das, was man unbedingt lesen will. Nun ging der Club dann an die Öffentlichkeit, versammelte die Medien in Hamburg. In den Räumen der dortigen Bayerischen Motoren-Werke (BMW), was zumindest schon einmal ein gutes Zeichen war.
GaloppOnline.de: Wie schlimm steht es denn um die Finanzen des Renn-Clubs?
Eugen Andreas Wahler: Aktuell beträgt der Schuldenstand 2,2 Millionen Euro. Es war immerhin von etwas unterhalb von zwei Millionen Euro die Rede gewesen, doch hat die Firma Kaiser Promotion, unsere langjährige Agentur, die Zahlungen eingestellt. Da bestehen jetzt noch erhebliche Forderungen unsererseits. Aber wir werden das in den Griff bekommen.
GaloppOnline.de: Wie will der Renn-Club das schaffen? Es gibt Rennvereine, die schon wegen weniger Schulden insolvent wurden.
Eugen Andreas Wahler: Zunächst wird der Vorstand ‚in die Tasche‘ kommen. Ich will jetzt nicht die genaue Summe in die Öffentlichkeit bringen, aber es ist schon ein enormer Betrag. Erfreulicherweise wird sich da auch Herr von Gaertner einbringen. Wir denken auch über eine Umlage bei den Mitgliedern nach.
Unsere Bankschulden von einer Million Euro hoffen wir, zu reduzieren. Dann besteht noch eine Steuerschuld in Höhe von rund 120.00 Euro. Darüber wird aktuell verhandelt. Leider hat es der Dachverband, das Direktorium, bis heute nicht verstanden, trotz eines ehemaligen Landwirtschaftsministers an der Spitze, das für die Rennvereine relevante Steuerproblem in den Griff zu bekommen. Und schließlich werden wir einen scharfen Sparkurs fahren.
GaloppOnline.de: Der woraus besteht?
Eugen Andreas Wahler: Auch aus Rennpreiskürzungen. Darum werden wir nicht herumkommen. Ich denke, dass wir die Rennpreise um etwa zwanzig Prozent herunterfahren werden. Aber es wird sicher so sein, dass wir in den Basis-Rennen unverändert in Deutschland die höchsten Dotierungen haben werden. Allerdings wird es kaum mehr möglich sein, eine Zweijährigen-Prüfung wie das Sierstorpff-Rennen weiterhin mit 100.000 Euro auszustatten.
GaloppOnline.de: Stehen auch Renntage zur Disposition?
Eugen Andreas Wahler: Das Diana-Meeting wird erneut samstags und sonntags über die Bühne gehen. Wir überlegen derzeit, ob wir möglicherweise den ersten Freitag der Derby-Woche streichen werden. Das auch mit dem Hintergrund, dass im kommenden Jahr vermutlich wieder weniger Pferde im Training sind als in dieser Saison. Gespart werden kann überall. Unser neuer Partner Volker Wulff glaubt etwa, dass wir bei den Zelten auch noch um die 100.000 Euro herausholen können. Ich bin sicher, dass wir mit all diesen Maßnahmen unsere Liquidität sichern werden.
GaloppOnline.de: Welche Rolle wird Wulff mit seiner Agentur spielen?
Eugen Andreas Wahler: Herr Wulff ist gerade in Hamburg durch seine Tätigkeit beim Springturnier bestens eingeführt. Er kennt alle wichtigen Persönlichkeiten. In enger Zusammenarbeit mit dem Vorstand wird er Sponsoren suchen, ist darüber hinaus insbesondere für die Betreuung dieser Sponsoren und die Umsetzung vor Ort und den Ticketverkauf zuständig. Dazu wird er die gesellschaftlichen Veranstaltungen betreuen. Ich könnte mir auch vorstellen, dass er sich um die Medienarbeit kümmert.
GaloppOnline.de: Wie wird er bezahlt?
Eugen Andreas Wahler: Erfolgsabhängig. Einen langfristigen Vertrag haben wir noch nicht gemacht, die Zusammenarbeit wird sich aber bestimmt entwickeln. Er weiß natürlich selbst, dass es im ersten Jahr wenig gibt.
GaloppOnline.de: Wie sieht es an der Sponsorenfront aus?
Eugen Andreas Wahler: Der Vertrag mit BMW läuft bis einschließlich 2006 mit einer Option. Auch Holsten macht weiter, auch wenn sich da bekanntlich die Besitzverhältnisse geändert haben. Auch von allen anderen unseren Partnern haben wir positive Signale empfangen, obgleich sich die Unternehmen im Moment schon etwas schwer tun. Probleme gibt es mit dem Lotto-Toto, die ähnliche Einbrüche im Glücksspielmarkt haben wie wir. Auch mit sportwetten.de sind wir noch nicht klar.
GaloppOnline.de: Das heißt, die Diana ist derzeit ohne Sponsor?
Eugen Andreas Wahler: Wenn sportwetten.de nicht weiter machen möchte, was wir sehr bedauern würden, sind wir guten Mutes, einen anderen Partner zu finden.
GaloppOnline.de: Nach dem Ausscheiden von Franz-Günther von Gaertner und Ihrem Aufrücken ist ein Vizepräsidenten-Posten vakant.
Eugen Andreas Wahler: Nicht mehr. Dr. Andreas Jacobs hat ihn übernommen. Wir hatten überlegt, im Januar eine Außerordentliche Mitgliederversammlung durchzuführen. Da wir mit den Zahlen aber schon sehr schnell sind, könnte es sein, dass wir unsere Ordentliche Mitgliederversammlung bereits im Februar abhalten werden.
Und wir erwägen, dass zuvor der gesamte Vorstand zurücktritt und sich zur Wahl stellt. Dann können die Mitglieder über unser Sanierungskonzept abstimmen. Generell ist die Stimmung beim derzeitigen Vorstand sehr gut. Wir blasen kein Trübsal.