GaloppOnline.de: Wie kam der Kontakt mit dem Stall Nercee zustande? Es handelt sich ja um ein eher überschaubares Lot…
Hammer-Hansen: Ich bin im vergangenen Jahr angesprochen worden. Für Dave Richardson, bei dem die Pferde des Stalles Nercee stehen, habe ich schon oft geritten. Im Herbst habe ich für Nercee auch einige Rennen gewonnen. Man war offenbar recht zufrieden mit mir. Das Angebot aus Skandinavien hatte ich zwar schon, aber noch kein festes Engagement in Deutschland. Da haben wir uns geeinigt.
Zehn Pferde stehen zur Verfügung. Die Nummer eins ist natürlich Palmridge, interessant ist aber auch Mity Dancer, die im Herbst zwei Rennen gewonnen hat und auch im Frankfurter Stutenpreis gut abschnitt. Und dann wäre da noch ein noch nicht gelaufener, vielversprechender Dreijähriger. Ich habe am Dienstag die ersten fünf Lots in Frankfurt geritten, fahre jede Woche zum Galopp hin. Alle Pferde stehen bei Dave, für den ich auch andere Pferde reite, falls das die Besitzer wünschen.
GaloppOnline.de:: Mit dem Stall Lambada von Sten Thynell haben Sie einen großen Skandinavien-Tycoon als Arbeitgeber an Land gezogen. Welche Chancen bieten sich Ihnen da?
Hammer-Hansen: Er hat zweiundvierzig Pferde in Training, mit Fohlen und Mutterstuten besitzt er über einhundert Pferde. Die Pferde werden von den Herren Olsen und Reuterskiöld trainiert. Eine dreijährige Stute ist die große Derby-Hoffnung. Sten Thynell ist der größte Besitzer in Skandinavien, steht immer ganz weit oben in der Statistik, gewinnt Gruppe- und Listen-Rennen.
Er ist ein sehr wichtiger Mann im skandinavischen Rennsport, sponsert große Rennen, auch ganze Renntage, investiert sehr viel in den Turf. Ich habe schön früher für ihn geritten. Er hat mich gefragt, ob ich an dem Engagement Interesse hätte. In Deutschland sieht es ja nicht sehr rosig aus für Jockeys, die keinen Stall im Rücken haben.
GaloppOnline.de:: Wie oft reisen sie nach Skandinavien?
Hammer-Hansen: Ich fliege donnerstags nach Schweden, steige abends in Malmö auf der Bahn in Jägersro in den Sattel. Freitagmorgens reite ich die Pferde aus, die in der nächsten Woche starten sollen. Samstags bin ich in Dänemark im Einsatz. Die beiden Bahnen liegen nur 35 Minuten auseinander.
Ich werde entweder bei meiner Mutter oder bei Mark Larsen übernachten. Der erste Renntag ist der 4. April, da ich dort aber wahrscheinlich in Bremen bin, beginne ich wohl am ersten Donnerstag im April. Im vergangenen Jahr habe ich dort schon in besseren Rennen mitmischen können.
GaloppOnline.de:: Sie waren in der Vergangenheit von Verletzungen (u.a. Brustwirbelbruch) teilweise lange außer Gefecht gesetzt. Wie zufrieden waren Sie mit der Saison 2003?
Hammer-Hansen: Ich war vier Jahre unfallfrei, ehe mir der Sturz in Mailand passiert ist. Wenn ich falle, dann trifft es mich immer richtig. Ich komme dann meist nicht mit Prellungen davon. Am vergangenen Wochenende bin ich zum ersten Mal wieder geritten. Ich habe keine Probleme mehr, die Muskeln sind wieder voll aufgebaut.
Die letzten drei Monate 2003 liefen sehr gut, ich habe am Ende über 500.000 Euro gewonnen, in Deutschland beziehungsweise Italien konnte ich acht große Prüfungen an mich bringen, und auch die Siegzahl stimmte.
GaloppOnline.de:: Wie schwer ist es nach einer längeren Auszeit wieder ins Geschäft, an Ritte zu kommen? Haben Sie mal ans Aufhören gedacht?
Hammer-Hansen: Es ist schon sehr schwierig. Ich hatte mit etwas mehr Unterstützung von den Leuten gerechnet, für die ich über Jahre hinweg geritten bin. Das war schon etwas enttäuschend, aber ich habe mich durchgekämpft. Ans Aufhören habe ich nicht gedacht, zumal Helmut von Finck mir immer zur Seite stand. Und ich habe mir in meiner Karriere alles erarbeiten müssen, habe nie etwas auf dem Silbertablett serviert bekommen, hatte nie einen Agenten. Da hatte ich auch in so einer Situation keine Angst.
GaloppOnline.de:: Sie waren Stalljockey für das Gestüt Park Wiedingen. Es lief 2003 nicht viel zusammen, man hatte viel Pech. Dieser Kontrakt wurde nicht verlängert. Warum?
Hammer-Hansen: Helmut von Finck hat mich sofort nach der schweren Verletzung wieder aufs Pferd gesetzt, wir haben direkt wieder zwei Rennen gewonnen. Das hat mir natürlich Auftrieb gegeben nach drei Monaten Reha, in denen ich täglich Sport getrieben habe. Das war schon harte Arbeit. Er stand immer hinter mir. Seine guten Pferde waren alle nicht gesund.
Wir haben uns zusammengesetzt. Es lohnt sich für ihn einfach nicht mehr, einen Stalljockey zu beschäftigen. Das kann ich nachvollziehen. Er hat mir versprochen, weiter seine Pferde reiten zu dürfen. Wir haben unverändert ein sehr gutes Verhältnis, haben eine Freundschaft aufgebaut. Bedanken möchte ich mich auch beim Stall Zorbas, der mich stark unterstützt hat.
GaloppOnline.de:: Wie wichtig ist es eigentlich, sich solche Nischen zu suchen wie Sie mit dem Thynell-Engagement?
Hammer-Hansen: Ich kann an Sonntagen in Deutschland reiten, habe zwei Veranstaltungen in Skandinavien, damit drei Renntage in einer Woche. Dort bekommt man als Jockey zehn Prozent von den Prämien. Ich erhalte eine feste Gage, kann schon sehr gutes Geld verdienen, bin finanziell gut abgesichert. Es ist bei derart wenigen Renntagen in Deutschland doch kaum mehr möglich, an vier- oder fünfhundert Ritte zu kommen, wenn man nicht für einen großen Stall arbeitet.
GaloppOnline.de:: Kriselt der Rennsport in Skandinavien auch, oder ist dort die Welt noch in Ordnung?
Hammer-Hansen: Man hat da sehr gute Sponsoren. In Schweden gibt es an jedem Samstag ein gutes Handicap-Rennen, ähnlich dem RennQuintett. In solch einem Rennen werden immer 500.000 Euro umgesetzt. Die zweite Abteilung geht sonntags über die Bühne. Ganz wichtig ist ein Deal mit den Lotto-Gesellschaften. Die schütten Geld rein, was vom Staat bestimmt wurde. Es handelt sich um circa eine Million Euro im Jahr. Der Rennsport kann dort nicht sterben.
GaloppOnline.de:: Leidet das Familienleben unter den vielen Touren?
Hammer-Hansen: In den Sommerferien kommt meine Familie vielleicht auch einmal mit. Aber ich bin ja nur zwei Tage weg. Man muss sich schon etwas einfallen lassen, und ich bin sehr froh, zwei Verträge bekommen zu haben. Montags und mittwochs habe ich frei. Der Montag ist mein Familientag, da arbeitet meine Frau auch nicht. Wir gehen schwimmen oder am Rhein spazieren, von unserem Haus in Köln-Sinnersdorf sind es fünfzehn Minuten bis zur Fähre. Mittwochs spiele ich manchmal Golf oder gehe mit Kollegen angeln.
GaloppOnline.de: Wie lange reiten Sie eigentlich schon in Deutschland?
Hammer-Hansen: Ich bin im Oktober 1991 nach Deutschland gekommen. Zunächst ging es nach Iffezheim, ich hatte drei Monate Probezeit am Stall Europa bei Trond Hansen. Ich hatte einen Lehrvertrag und wurde übernommen. Zuvor war ich anderthalb Jahre bei Championtrainer Sören Jensen, habe im ersten Lehrjahr einundzwanzig Rennen gewonnen. Durch Mark Larsen und seinen Vater Ole kam der Kontakt nach Deutschland zustande.
GaloppOnline.de: Ist der Konkurrenzkampf unter den Jockeys größer geworden?
Hammer-Hansen: Für jeden Jockey ist es schwer geworden, an Ritte zu kommen. Vor einigen Jahren hatten wir doch noch sieben- bis achthundert Ritte im Jahr. Ich habe keine Gewichtsprobleme, kann dreiundfünfzig Kilo reiten.
GaloppOnline.de: Können Sie sich vorstellen, nach Ende Ihrer Jockey-Laufbahn Trainer zu werden?
Hammer-Hansen: Ich möchte dann schon gerne etwas im Rennsport machen. Derzeit verschwende ich aber noch keinen Gedanken darauf. Trainieren ist nicht einfach, Racing Manager oder Assistenztrainer wäre auch interessant. Ich bin erst 31. Da habe ich noch bestimmt zehn Jahre Zeit.
GaloppOnline.de: Sie wären gerne im Winter in Hong Kong geritten, doch bekamen Sie keine Lizenz vom Jockey Club. Werden Sie das in Zukunft wieder versuchen?
Hammer-Hansen: Ich will unbedingt wieder nach Hong Kong, habe dort ja noch eine Rechnung offen. Ich möchte endlich mein erstes Rennen gewinnen, will nicht sieglos bleiben. Es ist da schon ein Knochenjob gegen die Besten der Welt.
GaloppOnline.de: Was ist Ihr Hauptziel für 2004?
Hammer-Hansen: Ich möchte gesund bleiben. Das ist mein wesentliches Anliegen. Da ich auch in Zukunft für meine beiden Besitzer reiten möchte, die alle sehr nett und korrekt sind, hoffe ich, dass wir guten Erfolg haben. Ich wünsche mir zudem, dass der Rennsport in Deutschland wieder auf die Beine kommt und es so wird wie vor fünf, sechs Jahren. Wir haben schöne Bahnen, sehr gute Pferde und Jockeys. Es wäre jammerschade, wenn es weiter bergab ginge.