GaloppOnline.de: Mit welchen Erwartungen sind Sie zum Grand Prix nach St. Moritz gefahren?
Ernst Baur: Ich hatte schon einen ziemlich unruhigen Magen. Es ist doch etwas ganz anderes, als im Ausgleich IV oder in der Slowakei anzutreten. Es handelt sich ja nicht um eine Gulaschkanone. Dabei bin ich sonst ja eigentlich nervenstark. Der Pfleger, der die letzten 14 Tage bei Termac war, hat zu mir vor dem Rennen gesagt, das Pferd ist so gut drauf, wir können nicht verlieren. Und William Mongil wollte jetzt gar keine Order mehr haben, hat gesagt, Termac ist gleich der Chef im Ring. Wenn ein Weltklassejockey wie er ein Pferd einmal geritten hat, weiß er, was er unter sich hat. Verschlechtert hatte sich Termac nicht. Sogar am Morgen nach dem Rennen hat er sofort nach Futter gewiehert, hat das Heu und Stroh komplett leer gefressen.
GaloppOnline.de: Wer hat das Pferd zwischen den beiden Siegen vorbereitet?
Ernst Baur: Er war die ganze Zeit über in St. Moritz, zusammen mit Markus, einem Angestellten von Elfi Schnakenberg, einem echten Top-Mann. Er hat ihn jeden Tag geritten, Galopp ist er nicht mehr gegangen. Er hat Termac bis am Donnerstag nach dem ersten Sieg spazierengeritten, immer zwei bis drei Stunden in den Bergen. Für mich ist Termac ein richtiger Kumpel. Er ist bei mir in Weil der Stadt, wo ich wohne, groß geworden. Ich kenne ihn von Tag und Nacht.
GaloppOnline.de: Wie kam es zu der Verpflichtung von William Mongil? Am ersten Sonntag sollte doch eigentlich Ervin Dubravka im Sattel von Termac sitzen.
Ernst Baur: Ich habe auch Pferde bei Emmerich Schweigert in Wien in Training. Dort reitet Ervin Dubravka, ihn habe ich bei der Nennung angegeben. Doch hat er mir dazu geraten, einen anderen Jockey zu suchen. William Mongil war frei, sein Manager hat alles perfekt gemacht. Und im Rennen ging dann alles wie von selbst. Aus einer Außenbox hatte Termac im Grand Prix einen guten Start, war schon bald Zweiter. Als er aufrückte habe ich zu einer Bekannten gesagt, der kommt aber sehr früh. Doch der Jockey hat gemerkt, was er kann. Im Schlussbogen hatte er praktisch schon gewonnen. Ich bin in diesem Moment schon von der Tribüne gesprungen. Das war mein größter Erfolg, noch bedeutender als ein Listensieg in Baden-Baden.
GaloppOnline.de: Was waren Ihre Gefühle im Moment des Triumphes?
Ernst Baur: Da blieb mir fast die Luft weg. Termac kommt ja aus meinem ersten Zuchtjahr bei den Vollblütern. Vorher habe ich Warmblüter gezüchtet, was etwas völlig anderes ist. Ich hatte in der Vergangenheit ja schon viele Zuchtstuten, die nichts wert waren. St. Moritz ist ein Traum, mit der Sonne und dem blauen Himmel. Ich war zwar schon einmal da, aber nicht zum Rennen. Wenn man auf dem See steht, fragt man sich unwillkürlich selbst, wie das alles überhaupt hält. Und dann kommt diese Kulisse hinzu, die Leute, das war noch schöner als in Baden-Baden.
GaloppOnline.de: Wie kann man die Schnee-Eignung eines Pferdes denn testen?
Ernst Baur: Letzten Endes erst vor Ort. Auf der Sandbahn in Dortmund hatte Termac leicht gegen Supertramp gewonnen. Da hab ich mir gesagt, jetzt musst du die Schnakenbergs direkt anrufen und nach St. Moritz gehen. Sie waren aber gerade in Urlaub. Da wurde ich schon etwas unruhig, habe Gott und die Welt angerufen. Das Pferd war so gut drauf wie eine Bombe. Ich kannte ihn von früher ja und wusste ihn einzuschätzen. Christian von der Recke war mir eine große Hilfe. Er hat mir die Ausschreibungen gefaxt. Sonst wäre alles wahrscheinlich in die Hose gegangen. Ich hatte noch nie zuvor ein Gewicht ausgerechnet. Dann bekam ich Hilfe aus der Schweiz. Ich habe Termac für den letzten Tag im 1800 Meter-Rennen und im Grand Prix genannt. Meine Idee war, wenn er sich einigermaßen gut in St. Moritz einführen würde, in den Grand Prix zu gehen, sonst in das andere Rennen. Und beim ersten Mal hat ja alles gut geklappt. Ich war beim ersten Start zwei Tage da, bin nach dem Großen Preis bis Montag geblieben. Wir haben in der Gaststätte Sonne noch etwas gefeiert.
Aber auch in solch einem Moment muss man ruhig bleiben. Einige haben da richtig Durst. Ich vertrage nicht soviel, trinke deshalb entsprechend wenig. Ich habe sogar einen Anruf aus Kiew bekommen, als mir jemand gratuliert hat. Viele haben sich für mich gefreut, da ich schon soviel in den Sport investiert habe über all die Jahre. Vor vielen Jahren haben Wilfried Schütz und ich sogar zweimal die Wintermeisterschaft in Dortmund gewonnen.
GaloppOnline.de: Wo liegen Ihre Wurzeln im Rennsport?
Ernst Baur: Mit 17 habe ich mir kein Auto, sondern ein Pferd gekauft. Mein Großvater hatte schon Pferde, auch eine Kutsche. Entweder man hat so etwas im Blut oder nicht. Meine Nachkommen wollen von dem Sport allerdings nichts wissen. Mit einer Nachfolge für das Gestüt wird es schwer. Vielleicht baue ich eine Stiftung auf, bilde Leute dafür aus.
GaloppOnline.de: Haben Sie eine Philosophie im Turf?
Ernst Baur: Ich gebe kein Gas, bei mir geht alles langsam, um auch einmal in einem besseren Rennen zu gewinnen. Ich spiele meine Pferde nie, nicht einmal zehn Euro. Wichtig ist, den Pferden eine Chance zu geben. Das Pferd ist mein Sportsfreund.
GaloppOnline.de: Welchen Umfang hat ihr Engagement als Besitzer und Züchter?
Ernst Baur: Das Gestüt in der Slowakei, in der Nähe von Bratislava, ist über 2000 Hektar groß. Wenn die Fohlen da sind, haben wir fast 200 Pferde. So etwas wäre in Deutschland finanziell für mich gar nicht möglich. Auch von den Personalkosten her. Zehn Mann in der Slowakei kosten soviel wie zwei hierzulande. Ich habe den Betrieb selbst aufgebaut. Kuhhaltung, Getreideanbau gehören hinzu. Somit haben wir auch Futter aus der eigenen Landwirtschaft. 1989 habe ich mit Züchten angefangen, hatte aber keine Weiden. Für eine Stute braucht man meiner Ansicht nach mindestens zwei Hektar.
In der Slowakei habe ich vier Hektar pro Stute und noch Kühe dabei. Als die Grenzen aufgingen, habe ich mich erst in der ehemaligen DDR umgesehen. Gefallen hat es mir dann in der Slowakei. Der Boden ist gut, Sand- oder Moorböden sind für die Zucht nicht geeignet. Herr Surda, der Direktor des dortigen Direktoriums, unterstützt mich sehr. Wir gewinnen dort in der Regel 25 bis 28 Rennen im Jahr, sind auch in Italien erfolgreich. Ich möchte mich jetzt stärker im Ausland orientieren, um Pferde auch gut verkaufen zu können. Der Sandbahnspezialist Osvaldo und Tabur, der zu Conny Brandstätter ging, kommen aus meiner Zucht. Es sind einige brauchbare Pferde darunter. Wir haben sechs Deckhengste, Duitor, Fabulous Eden, Solarstern, Fabriano, Sebastian, der sehr gute Nachkommen macht, und Aristid.
GaloppOnline.de: Wie kam der Kontakt zu Elfi Schnakenberg zustande?
Ernst Baur: Elfi Schnakenberg habe ich in Baden-Baden kennengelernt. Wir haben Gegengeschäfte vereinbart. Ich bekomme Stuten ins Gestüt, dafür gebe ich Pferde in Training. Derzeit sind es drei, außer Termac noch Pacific und Inverness. Termac hat sich von diesem Trio am besten für St. Moritz angeboten, er hat früher unter der Regie von Ervin Simko schon mehrere Rennen in der Slowakei gewonnen. Ervin ist vor drei Jahren weggegangen, wurde nach Ungarn angeworben, doch hat das nicht geklappt, wie ich ihm prophezeit habe. In der Slowakei zeichnet Herr Reindl, ein gebürtiger Deutscher, für die Pferde verantwortlich. Es sind rund 40. Termac konnte in Deutschland vielleicht früher 60 Kilo, in der Slowakei war er mit 86 Kilo Pferd des Jahres. In der Statistik sind wir immer vorne, das Championat haben wir schon seit ein paar Jahren gewonnen. Wir haben circa 60 Mutterstuten, im letzten Jahr haben wir 15 gekauft. 80 Prozent der Pferde sind im übrigen Patienten, die vorher von Ihren Besitzern hier nicht bezahlt wurden.
GaloppOnline.de: In Termacs Karriere ging aber auch nicht alles glatt…
Ernst Baur: Er hatte einen Kronentritt, der Huf hat sich fast abgelöst. Man konnte ihn zwei Jahre nicht an den Start bringen. Das war eine langwierige Sache. Meine Pferde laufen aber ohnehin nicht zuviel, in Deutschland starten die Pferde oft zu früh und zu oft. Termac ist jetzt zu einhundert Prozent gesund. Das gilt auch für meine anderen älteren Pferde. Man sollte immer bedenken, dass Pferde wie Menschen auch Urlaub und Erholung brauchen.
GaloppOnline.de: Was verbindet Sie mit Lester Piggott, der bei der Siegerehrung am Sonntag in Ihrer Nähe stand?
Ernst Baur: Ich habe zu Hause ein Ölgemälde von ihm. Er ist für mich ein besonderer Jockey, hat seine Kollegen früher ausgestrickst, ist eine Legende.
GaloppOnline.de: Was waren Ihre größten Erfolge außer Termacs Triumph?
Ernst Baur: Mit Ephialtes haben wir schöne Erfolge gefeiert. Asasko war Listensieger über Sprünge in Baden-Baden. In Frankreich hatten wir ein paar ganz gute Pferde. Dort habe ich auch als Amateur angefangen, hatte zunächst Turnierpferde. Aber wenn man die Vollblüter mal geschnuppert hat, kommt man nicht mehr davon los. Das ist umgekehrt etwas anderes. Ich bin in Lahr, unweit von Baden-Baden geboren. Im Stuttgarter Raum, wo ich inzwischen zu Hause bin, wollen die meisten Schwaben aber nichts ausgeben. Ich bin da ein totaler Außenseiter. Kaum jemand hat hier Pferde, man schaut mich fast wie einen Aussätzigen an und sagt, der verkloppt sein Geld. Ich antworte dann, wie lange lebst du denn? Das Geld wird täglich entwertet. Man hat Spaß mit den Pferden. Was gibt es Schöneres?
GaloppOnline.de: Womit verdienen Sie Ihr Geld?
Ernst Baur: Zur Zeit ist mein Haupterwerb der Hof in der Slowakei. Ich habe in Weil der Stadt einen Montagebetrieb im Baugewerbe, betreue aber nur noch meine alten Kunden.
GaloppOnline.de: Sind Sie meistens vor Ort, wenn Ihre Pferde laufen?
Ernst Baur: Ja, ich fahre rund 150.000 Kilometer im Jahr. Morgens um Sechs bin ich im Büro, so bis 21 Uhr. Am Wochenende und auch unter der Woche bin ich bei den Pferden. In dieser Woche fahre ich am Donnerstag nach Bratislava, bin dann am Freitag da, da ein Professor Araberpferde zu uns geben will. Am Sonntag will ich wieder nach Dortmund reisen. Ich setze mich jetzt wieder selbst ans Steuer.
GaloppOnline.de: Bleibt da überhaupt noch Zeit für andere Hobbies?
Ernst Baur: Im Urlaub spiele ich Golf. Früher war ich ein leidenschaftlicher Jäger, bin überall auf Jagd gegangen, habe einige Trophäen, auch aus Kanada gesammelt. Darauf habe ich keinen Mumm mehr. Ich bin immer bei den Pferden, kennes jedes Pferd und bin jeden Morgen der Erste im Stall. Ich lebe jetzt allein, eine Frau würde das wohl kaum mitmachen.
GaloppOnline.de: Abschließend noch eine Frage: Was sind Ihre Pläne mit Termac?
Ernst Baur: Er bleibt bis Ende nächster Woche in St. Moritz, wird dann den Sandbahn Grand Prix bestreiten. Anschließend bekommt er Urlaub im Gestüt, vielleicht den gesamten Sommer über. St. Moritz gefällt mir schon. Eventuell bereiten wir im nächsten Jahr wieder ein bis zwei Pferde vor. Termac kann einem anderen dann beibringen, wie es mit dem Siegen klappt.