Mit Torsten Mundry

GaloppOnline.de: Geht mit dem Engagement in Hong Kong ein Traum für Sie in Erfüllung?

Mundry: Das war schon immer bei mir im Hinterkopf und so etwas wie ein kleiner Traum. Dass es jetzt so geklappt hat, ist natürlich optimal. Solch eine Chance muss man nutzen. Gerade in solch einer schwierigen zeit für den deutschen Turf. Ich musste dieses Jahr um meine Fremdritte sehr kämpfen. Und für zwei Ritte am Mittwoch beispielsweise aus Gütersloh anzureisen, lohnt sich kaum. Da zahlt man fast noch drauf.

GaloppOnline.de: Wie lange können Sie denn bleiben?

Mundry: Meine Lizenz geht bis Ende März, dann kann ich möglicherweise um drei Monate verlängern. Wenn es gut läuft, würde ich das auch gerne wahrnehmen. Natürlich wird es nicht einfach, denn es reiten schon sehr, sehr gute Jockeys in Hong Kong. Ich habe mich immer durchgebissen, bin eine Kämpfernatur.

GaloppOnline.de: Hat Winfried Engelbrecht-Bresges für Sie ein gutes Wort eingelegt, oder wie kam der Kontrakt zustande?

Mundry: Es kann schon sein, dass er im Hinterstübchen da etwas mitgewirkt hat. Aber ich denke, dass in erster Linie die Leute durch meine Erfolge in Macau auf mich aufmerksam geworden sind. Denn es handelt sich dort ja um fast die gleiche Presse. Dadurch wurde ich für den Hong Kong Jockey Club interessant. Denn ich war in Macau einer der Jockeys, auf die viel gewettet wurde.

GaloppOnline.de: Auf der einen Seite verdient man als Jockey in Hong Kong fürstlich. Andererseits sind die Stewards ausgesprochen streng, was Sperren und andere Saktionen anbetrifft. Andreas Suborics und Andrasch Starke können ein Lied davon singen.

Mundry: In der Tat, das Disziplinar-Verhalten ist sehr stark ausgeprägt. Man muss diszipliniert leben, darf sich keine Ausschweifungen erlauben. Es gilt, Rücksicht auf den Jockey Club zu nehmen. Die Besitzer sind übrigens fast dieselben wie in Macau. In Hong Kong ist die Warteliste endlos lang, da ist es in Macau schon etwas einfacher.

GaloppOnline.de: Werden Sie fest an einem Stall beschäftigt sein?

Mundry: Ich bin als Clubjockey Freelancer, muss mich selbst um Ritte kümmern. Ich glaube, dass nur ein einziger in Hong Kong einen Stalljockey-Vertrag besitzt, Felix Cietzee. Gegen Kollegen wie Douglas Whyte oder Sean Dye, die schon lange da sind und alle Formen kennen, dauert es bestimmt vier bis acht Wochen, um so richtig Fuß zu fassen.

GaloppOnline.de: Wo werden Sie wohnen?

Mundry: Ich bekomme eine Wohnung und ein Auto gestellt, bin zudem versichert. Die einzigen Kosten, die man selbst hat, sind die für Essen und Unterhalt. Am 5. Oktober ist mein erster Renntag.

GaloppOnline.de: Fällt es Ihnen nicht schwer, sich jetzt zu verabschieden?

Mundry: Ich habe schon ein weinendes Auge, da ich zur Zeit sehr gute Zweijährige aus unserem Stall und auch Pepperstorm von Herrn Ostmann reiten kann. Aber man kann eben leider nicht alles haben. Ich plane schon einen längeren Aufenthalt, würde gerne noch ein weiteres Jahr dranhängen. Mit einem Drittel an Siegen wie in Macau, so zwölf Treffern in den ersten sechs Monaten, wäre ich hochzufrieden.

GaloppOnline.de: Wird Ihre Freundin Anja mitkommen?

Mundry: Meine Lebensgefährtin bleibt erst einmal zu Hause. Sie hat einen sehr guten Job als Versicherungskauffrau. Wenn es bei mir gut laufen sollte und ich vielleicht einige Jahre bleiben würde, würde das natürlich anders aussehen.

GaloppOnline.de: Kommen Sie nicht nach Deutschland zurück? Hat der Turf bei uns noch eine Zukunft?

Mundry: Ich mag Deutschland als Rennsport-Nation sehr. Nur leider ist der Sport über Jahre hinweg falsch vermarktet worden. Die einzige Chance ist, dass sich der Turf gesundschrumpft. Die umsatzstarken Rennvereine werden überleben. Es werden weniger Renntage stattfinden. Die schwachen Vereine werden aber auf der Strecke bleiben. Das ist zum Leben zu wenig und zum Sterben zuviel. Einige Bahnen sollten sich zusammenschließen. Ich denke da an Hannover und Bremen im Norden, oder Hoppegarten und Dresden im Osten, um zwei Beispiele zu geben.

GaloppOnline.de: Ihre Zukunft bei Peter Rau wäre durch seinen Abschied in Ravensberg 2004 unsicher gewesen. Hat das bei Ihrer Entscheidung eine Rolle gespielt?

Mundry: Ich habe Herrn Rau und Herrn Baum sehr viel zu verdanken. Mit Herrn Rau habe ich zehn Jahre zusammengearbeitet. Wir sind super miteinander ausgekommen. Die Entscheidung, dass er künftig in kleinerem Rahmen weitermacht, kann ich voll und ganz verstehen. Welcher Trainer kann denn eine Erfolgsgarantie für hundert Pferde geben? Aber mit weniger Pferden wäre die Anlage nicht ausgenutzt.

Ich bin davon überzeugt, dass Herr Rau mit vierzig bis fünfzig Pferden einen Riesenerfolg haben wird, denn er versucht, jedem Pferd gerecht zu werden. Und das ist bei hundert Pferden nur sehr schwer zu realisieren, hat auch in der Vergangenheit an seiner Gesundheit genagt. Ich kenne niemanden, der so akribisch arbeiten kann wie er – Peter Rau ist ein Super-Trainer.

Er ist beileibe kein engstirniger Trainer, er hört sich die Meinung des Jockeys an. Wir haben uns sehr gut ergänzt. Ich habe enorm viel gelernt für eine spätere Karriere als Trainer. Und sollte ich wieder nach Deutschland zurückkehren, kann ich mir auch vorstellen, wieder für ihn zu reiten.

GaloppOnline.de: Wie lief das Jahr 2003 bisher für Sie?

Mundry: Die lange Frostperiode hat uns sehr zu schaffen gemacht im Frühjahr. Und dann haben viele Pferde durch einen Infekt einen Rückschlag bekommen. Seit Ende des Frühjahrs-Meeting und in Richtung Hamburg platzte der Knoten. Wir hatten dann kontinuierlich gute Form.

Die Zweijährigen kommen jetzt immer besser in Schwung, nachdem uns die acht- bis zehnwöchige Trockenheit hier zwischendurch wieder einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte, die ersten Starts wie normale Grasbahnarbeiten waren. First Zita hätte mit etwas mehr Glück das Berberis-Rennen gewonnen, Traviano war im Ratibor-Rennen vorne, und auch Gambada und Prunelle haben bereits gewonnen, während Felicity in München den Sieg nur knapp verfehlt hat.

GaloppOnline.de: Was schätzen Sie am Leben in Hong Kong?

Mundry: Hong Kong hat viel Lebensqualität, wenn man das nötige Kleingeld hat. Ich will mich jetzt aber erst auf meinen Job konzentrieren, möchte topfit anreisen. Ganz einwandfrei im Vordergrund steht jetzt, mich sportlich durchzusetzen.

GaloppOnline.de: Treiben Sie viel Sport nebenbei?

Mundry: Ich bin in Ravensberg sehr viel Rad gefahren. Und seit meinem Kreuzband-Problem vor drei Jahren laufe ich häufig.

GaloppOnline.de: Wie kommen Sie mit der chinesischen Mentalität zurecht?

Mundry: Die Chinesen sind ein sehr liebes, hilfsbereites Volk.Ich habe da überhaupt keine negativen Erfahrungen gemacht. Einige Brocken der Sprache habe ich gelernt.

GaloppOnline.de: Was weden Sie am meisten vermissen?

Mundry: Ganz klar meine Familie und mein Zuhause. Deutschland ist schon ein sehr schönes Land. Es ist nicht weit zum Meer und zu den Bergen. Und ich bin ein begeisterter Ski-Fahrer. Früher bin ich immer in die Disco gegangen. Jetzt bleibe ich lieber im Garten, trinke ein Glas Wein und interessiere mich mehr für Politik. Mit dreißig kommt man vielleicht in ein Wechselalter.

GaloppOnline.de: Abschließend noch eine Frage: Wie geht es mit dem deutschen Sport weiter?

Mundry: Ich hoffe wirklich, dass es nach einem Gesundschrumpfen wieder aufwärts geht und gewisse Menschen, die mir am Herzen liegen, weiter Spaß am deutschen Turf haben. Andrasch hat sich durch einen kleinen Fehler viel verbaut. Er ist für mich der beste Jockey in Deutschland und hat es verdient, eine große Chance auf internationaler Ebene zu bekommen. Man muss sehen, wieviel er für das Championat leistet. Im Vorjahr hat er 52,5 Kilo gebracht, um im Preis von Europa reiten zu können. So etwas verdient Anerkennung.

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