Mit Andreas Sch?tz

Wenn sich am Sonntag die Boxen zum Großen Bugatti-Preis öffnen, steht Trainer Andreas Schütz in der Jockeystube. Dort verfolgt der 35-jährige das Gruppe I-Rennen. Im Umkleidezimmer der Sattelkünstler hat Schütz seinen Stammplatz. Dort sieht er das Highlight an der Oos am Bildschirm. Schon seit Jahren ist das so. Und so wird es auch am Sonntag um 16:40 Uhr sein. Anfeuern wird Schütz dann natürlich seine zwei Starter Next Desert und Storm Trooper.

Der Derbysieger von 2002, Next Desert, könnten zum Favoriten des World Series-Rennens werden. Auch Schütz glaubt an einen Sieg des Pferdes. Für das Weidenpescher Quartier spricht sicher eine außerordentliche Bilanz im Großen Preis. Im letzten Jahrzehnt konnte man die Grand Prix-Rechnung eigentlich nie ohne die Schütz-Galopper machen.

Außer im Jahr 2001, als man keinen Starter stellte, ist der Schütz-Stall im Großen Preis eine Bank. In den letzten 10 Auflagen, in denen Andreas Schütz oder zuvor sein unvergessener Vater Bruno ein Pferd für das Rennen sattelte, waren die „Schützlinge“ stets im Endkampf.

1992 und 1993 ein zweiter und dritter Platz mit Platini, 1994 Kornados Rang drei, 1996 Rang zwei mit Germany, 1998 und 1999 der Ehrenplatz durch Caitano und Flamingo Road und vor Jahresfrist Platz zwei für Salve Regina. Dazu kommen drei Erfolge im Großen Preis. 1995 wurde Germany zum ersten Sieger der Familie Schütz. Borgia (1997) und Samum im Millenniumsjahr folgten.

Sebastian Jonas Weiss sprach mit dem kommenden Champion-Trainer, warum seine Pferde im Großen Preis immer so schnell laufen und wie die Chancen des Kölners in der diesjährigen Auflage des Rennens sind.

Sport-Welt:
Der Rennstall Schütz hat im Großen Preis von Baden eine erstklassige Bilanz. Woran liegt das?

Andreas Schütz:
In erster Linie bilden natürlich die Pferde die Basis für eben jenen Erfolg. Nur mit außergewöhnlichen Pferden lassen sich solche Resultate erzielen. Wir hatten in der Vergangenheit das Glück, immer sehr gute Vollblüter zu trainieren. Dazu kommt dann natürlich die Tatsache, dass unser Stall gezielt auf den Großen Preis von Baden hinarbeitet. Für die talentierten Pferde gibt es im dreijährigen Alter zunächst das Derby als großes Ziel. Nach dieser Station werden sie dann gezielt auf Baden hin trainiert. Alle Rennen bis zum Großen Preis sind Teil eines ausgearbeiteten Plans, der nach Baden-Baden führt.

Sport-Welt:
Wenn Baden-Baden eine so große Rolle spielt, warum läuft dann der Derbysieger Dai Jin nicht?

Andreas Schütz:
Für Dai Jin haben wir früh den Prix de l`Arc de Triomphe in Paris als großes Ziel angesetzt. Ich habe in der Vergangenheit gelernt, dass es oft von Vorteil ist, dass man ein sehr frisches Pferd in diesem Rennen aufbietet. Dai Jin soll am Arc-Tag richtig hungrig sein und voller Energie. In Frankreich ist es schon lange Tradition, im Sommer mit den Hoffnungen für den Arc nicht so viel zu machen und sie gezielt und ausgeruht in den Arc zu schicken. Das ist auch die Idee, die hinter Dai Jins Start steht. Wir wollen mit einem ausgeruhten Pferd nach Paris gehen, zumal das Pferd ja auch schon eine lange Saison und ein hartes Derby hinter sich hat.

Sport-Welt:
Und wie geht es Dai Jin?

Andreas Schütz:
Er ist bestens aus dem Credit Swiss-Pokal in Köln gekommen und hat sich für meine Begriffe noch einmal deutlich gesteigert. Am Montagmorgen hat er zusammen mit Storm Trooper eine gute Arbeitsleistung gezeigt und die Vorbereitung Richtung Paris läuft auf Hochtouren. Ich weiß noch nicht, wo bei diesem Pferd das Ende ist. Er überrascht mich immer wieder aufs Neue. Und bis jetzt ausschließlich positiv.

Sport-Welt:
In Paris wird wieder Olivier Peslier im Sattel von Dai Jin sitzen. Würde Dai Jin auch ohne Peslier starten?

Andreas Schütz:
Natürlich würden wir auch ohne Olivier Peslier antreten und ich schließe es auch nicht aus, dass Andrasch Starke das Pferd noch einmal reiten wird. Wenn man aber von einem der besten französischen Jockeys, mit dem man zudem noch das Deutsche Derby gewonnen hat, eine Zusage erhält, ist es ja nur allzu verständlich, dass man diese Chance nutzt. Ich glaube auch, dass Peslier besser zu Dai Jin passt als Andrasch Starke. Dieser wiederum ist der bessere Partner für Next Desert. Ich würde die Reiterverteilung nicht gerne anders herum sehen.

Sport-Welt:
Wer ist denn nun besser, Dai Jin oder Next Desert?

Andreas Schütz:
Die Pferde lassen sich nur schwer, wenn überhaupt, vergleichen. Ich möchte auch so früh da noch keinen genauen Vergleich anstreben. Ich weiß nur, dass beide höllisch gut sind und sich unter gleichen Bedingungen in Form sicher nicht viel geben.

Sport-Welt:
Dai Jin gehört dem Sportvermarkter Werner Heinz. Dieser ist unter anderem Manager von Formel 1-Fahrer Nick Heidfeld und Sven Hannawald. Ist es ein Vorteil, wenn der Besitzer selbst im Profisport arbeitet?

Andreas Schütz:
Ja, es ist komischerweise tatsächlich ein Vorteil und erleichtert vieles. Durch seine Erfahrung mit Spitzensportlern bringt Herr Heinz eine gewisse Professionalität mit und versteht vieles. Rennpferde sind auch Spitzensportler und müssen zu gewissen Events speziell hin gemanaged werden. Wie eben mit Sportlern. Ich versuche dann immer Vergleiche zu ziehen. Beispielsweise lässt Jan Ulrich gewisse Rennen aus, um die Tour de France zu gewinnen. Wir lassen mit Dai Jin nun den Großen Preis aus, um im Arc gut abzuschneiden.

Sport-Welt:
Und wer gewinnt nun den Großen Bugatti-Preis?

Andreas Schütz:
Next Desert.

Sport-Welt:
Und warum sind Sie da so sicher?

Andreas Schütz:
Weil ich an mein Pferd glaube und die Vorbereitung auf das Rennen sehr gut verlaufen ist. Next Desert hat sicher Klasse genug, um hier zu gewinnen und ist besser drauf als bei seinen zwei Starts zuvor in diesem Jahr. Er hat sich ständig gesteigert und ich erachte auch die Form aus dem Frühjahr, als er Dritter in Baden-Baden wurde, nicht für so schlecht, wie sie allgemein gesehen wird. Man darf dabei auch nicht vergessen, dass er einen schlechten Rennverlauf hatte.

Sport-Welt:
Warum wurde Next Desert in diesem Jahr nur so spärlich eingesetzt und ist in bisher nur zwei Rennen in dieser Saison gelaufen?

Andreas Schütz:
Bei Next Desert lief in diesem Jahr nicht alles glatt. Während wir mit seinen Beinen überhaupt keinerlei Probleme hatten, litt das Pferd zweifach an hohem Fieber. Normalerweise gibt sich das nach wenigen Tagen, aber Next Desert fühlte sich gleich eine ganze Woche schlapp. Dadurch ist auch ein geplanter Start im Grand Prix de St. Cloud nicht zustande gekommen und auch die Vorbereitung für Köln war holprig. Wir haben einen Allergietest gemacht, aber nichts gefunden. Next Desert steht nun nicht mehr auf Stroh, sondern auf Spänen. Seitdem ist das Problem nicht mehr aufgetreten. Nun konnte Next Desert einmal sorgenfrei auf ein Rennen hintrainiert werden, was sich am Sonntag auszahlen könnte.

Sport-Welt:
Ist er so gut wie noch vor einem Jahr?

Andreas Schütz:
Im letzten Jahr war Next Desert sicher der mit Abstand beste Dreijährige, den ich in meiner Karriere trainiert habe. Ob er schon wieder auf diesem Level ist, kann ich nicht sagen. Ich glaube, dass bei ihm noch Steigerung drin sein wird und dass er in diesem Jahr noch einige Male laufen könnte. Nach dem Großen Preis wird er im Arc oder bei schlechtem Abschneiden in Baden alternativ in Kanada laufen. Der Japan-Cup und Hong Kong sind danach sicher weitere Ziele.

Sport-Welt:
Je trockener und schneller der Boden wird, desto geringer werden die Siegchancen von Next Desert. Ist das richtig so?

Andreas Schütz:
Das stimmt theoretisch schon so. Für jeden Regentropfen, der fällt, bin ich sehr dankbar. Eine Vorstellung wie im Deutschen Derby kann Next Desert nur auf weicher Bahn zeigen. Das Pferd ist aber auch durchaus in der Lage, auf gutem Boden das Rennen zu gewinnen.

Sport-Welt:
Denken Sie bei zu schnellem Boden über einen Nichtstart nach?

Andreas Schütz:
Natürlich macht man sich da seine Gedanken und würde bei wirklicher fester Bahn kein Risiko eingehen. Ich gehe aber davon aus, dass Next Desert startet und man zumindest guten Boden am Sonntag haben wird. Ein Nichtstart würde die gesamte Vorbereitung für den Arc umwerfen und wäre für das Vorhaben Paris sicher nicht förderlich.

Sport-Welt:
Haben Sie Angst, dass Next Desert einen ähnlichen Werdegang wie Samum mit deutlicher Einbuße seines Rufes und seiner Reputation hinnehmen könnte?

Andreas Schütz:
Angst nicht direkt, aber die Gefahr spielt da natürlich immer mit. Mein Vater und ich haben dieses Prozedere nun bestimmt schon achtmal mitgemacht. Bei Borgia ist es beispielsweise gut gegangen. Es ist unheimlich schwer, den Nimbus des Unbesiegbaren zu halten. Wenn Du einen Derbysieger hast, erwartet jeder, dass er nicht mehr geschlagen wird. Da Pferde aber keine Maschinen sind und es immer wieder zu gesundheitlichen Problemen kommen kann, sind auch Niederlagen nicht ausgeschlossen. Bei solchen Spitzenpferden spielt immer ein gewisser Druck und eine große Erwartungshaltung der Umwelt mit. Und natürlich habe ich auch ein wenig Angst, dass Next Desert den zu Recht verdient guten Ruf durch einen Fauxpas einbußen könnte. Das ist doch ganz logisch.

Sport-Welt:
Gehen Sie am Sonntag mit demselben Optimismus ins Rennen wie im Jahr 2000, als sie mit dem Favoriten Samum gewannen?

Andreas Schütz:
Nein, ich muss ehrlich sagen, dass ich vor dem Start von Samum siegessicherer war. Im Jahr 2000 dachte ich, es würde kein Verlieren geben. Ich machte mir Gedanken, wie wohl der Richterspruch ausfallen würde, so optimistisch war ich vor dem Rennen. Samum war frisch und in der Form seines Lebens. Ich war felsenfest von einem Triumph überzeugt.

Sport-Welt:
Sie haben mit Storm Trooper ein weiteres Pferd im Rennen. Wie stehen seine Chancen?

Andreas Schütz:
Ich glaube auch, dass Storm Trooper eine gute Chance hat. Das Pferd hat sich deutlich gesteigert und ich habe ihn im gesamten Jahr noch nicht in einer so guten Verfassung gesehen. Vor den letzten Starts hat Storm Trooper immer nur kurze Pausen gehabt, hatte nun zum ersten Mal ein wenig mehr Zeit, um aufzutanken. Das hat ihm richtig gut getan und er ist sehr gereift.

Sport-Welt:
Kann Storm Trooper also sogar vor Next Desert sein?

Andreas Schütz:
Ja, durchaus. Sein großer Vorteil ist das niedrigere Gewicht, was er gegenüber Next Desert zu tragen hat. Zudem ist er bodenunabhängiger, als es Next Desert ist. Er ist sicher nicht so sehr auf weichen Boden angewiesen, wenn auch er auf diesem besser ist. In Düsseldorf ist Storm Trooper trotz seines zweiten Platzes auf Gruppe I-Level ein wenig enttäuschend gelaufen, könnte an der schnellen Startfolge oder dem harten Derby zu knabbern gehabt haben. Die Form aus Düsseldorf wird er am Sonntag sicher steigen, davon bin ich fest überzeigt.

Sport-Welt:
Wer sind denn die Gegner für Ihre beiden Pferde?

Andreas Schütz:
Als Hauptgegner sehe ich ganz klar Ransom O`War. Für mich müsste dieser nach seiner Form aus dem Großen Dallmayr-Preis in München auch Favorit werden. Wer das Rennen gewinnen will, muss Ransom O´War schlagen.

Sport-Welt:
Auch über diese Distanz? Ransom O`War gilt als 2000 Meter-Spezialist. Im Großen Preis geht es über eine 400 Meter weitere Strecke. Ist das nicht ein Problem?

Andreas Schütz:
Ich glaube nicht, dass das am Sonntag ein Nachteil für ihn sein wird. Baden-Baden ist ein idealer Kurs für Pferde, die eventuell mangelndes Stehvermögen mitbringen. Das Rennen wird in der Regel nicht sehr schnell gelaufen und Ransom O`War sollte nicht am Stehvermögen scheitern.

Sport-Welt:
Und was ist mit den Ausländern? Haben Sie Angst vor Mamool und Frankie Dettori?

Andreas Schütz:
Nein, überhaupt keine. Mamool war im Derby schon einmal deutlich hinter Next Desert und er kann ruhig kommen. Wenn die Godolphins nicht einen Zaubertrick vorführen oder Frankie Dettori das Rennen von der Spitze aus klaut, dann mache ich mir wegen dieses Gegners überhaupt keine Sorgen und Mamool wird die Welt kaum verändern. Auch die anderen Gäste sind allesamt schlagbar.

Sport-Welt:
Haben Sie ein besonderes Ritual, irgendwelchen Aberglauben vor dem Rennen?

Andreas Schütz:
Ich werde denselben Anzug anziehen, wie im letzten Jahr zum Deutschen Derby. Next Desert kennt mich nur mit diesem Anzug. Zum ersten Mal hatte ich ihn beim Busch-Memorial in Krefeld an und seit diesem Tag bei jedem Start von Next Desert. Es war eigentlich immer der „Next Desert-Anzug“, aber dieses Jahr im Derby habe ich ihn auch zum Sieg von Dai Jin getragen. Gleicher Anzug, gleiches Hemd und gleiche Krawatte. Das muss auch am Sonntag wieder Glück bringen.

Sport-Welt:
Wie lautet also die Schütz-Dreierwette für den Großen Preis?

Andreas Schütz:
Next Desert stelle ich ganz klar an 1. Dann muss man Ransom O`War und Storm Trooper nehmen. Diese drei sind meine Favoriten.

Sport-Welt:
Im Deutschen Rennsport scheint es die ersten Veränderungen zu geben. Manfred Hellwig ist neuer Präsident der Besitzervereinigung. Was halten Sie davon?

Andreas Schütz:
Anfangs war ich ein wenig skeptisch, da ich Herrn Hellwig bisher nur als Besitzer kannte. Dann habe ich mich mit vielen Leuten unterhalten und die Sache scheint eine richtige Chance für den Sport zu sein. Ich glaube, dass Herr Hellwig etwas bewegen kann. Das ist langsam aber auch höchste Zeit. Leute die noch nicht erkannt haben, dass wir im freien Fall sind, habe in führenden Positionen nichts verloren. Ich stehe voll hinter der Wahl von Herrn Hellwig. Das war ein wichtiger und guter erster Schritt. Doch diesem ersten Schritt muss nun noch einiges mehr folgen.

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