Im Folgenden finden Sie noch einmal das Interview mit Rennbahnsprecher Manfred Chapman aus dem Jahr 2001…
GaloppOnline.de:
Wie sind Sie zum Rennsport gekommen?
Manfred Chapman:
Das ist eine einfache Sache. Ich bin praktisch aus dem Mutterleib in den Kinderwagen und dann ab zur Rennbahn. Mein Vater war ein sehr erfolgreicher Hindernisjockey und hat knapp 100 Rennen gewonnen, was damals sehr viel war. Also bin ich mit dem Rennsport groß geworden. Schon als kleines Kind habe ich in meinem Zimmer Pferderennen mit Murmeln nachgespielt. Jede Murmel war ein Pferd und hatte einen Namen. Da gab es eine Bahn, eine Startmaschine und natürlich Rennen. Und ich habe sie kommentiert, diese Pferderennen in meinem Zimmer.
GaloppOnline.de:
Und wie kamen Sie zu ihrem Posten als Rennbahnkommentator?
Manfred Chapman:
1971 habe ich mein erstes Rennen kommentiert. Das war auch zugleich der Preis von Europa. Es war rein zufällig, ich war damals 23 Jahre alt. Hans Heicke war für das Kommentieren des Rennens zuständig. Zudem war er für die Radioübertragung des WDR verantwortlich und er konnte natürlich nicht beides gleichzeitig machen. Beim Preis von Europa stand er alleine da und ich mußte einspringen. Mit 23 geht man da recht locker rein und traut sich das auch zu.
GaloppOnline.de:
Wie ist dieser Zufall dann zu einem festen Engagement geworden?
Manfred Chapman:
Erst kam es zu sporadischen Einsätzen. Ich bin immer häufiger als Vertretung für Heicke eingesprungen, der sich ein bißchen zurückziehen wollte. In Hamburg habe ich beispielsweise zuerst die Wochenrenntage kommentiert. Seit 1983 dann das Meeting, bie heute ununterbrochen. 1985 kamen die Bahnen in Düsseldorf und Köln hinzu und seit 1993 sind es eigentlich alle im Westen bis auf Dortmund. Baden-Baden nicht zu vergessen.
GaloppOnline.de:
Wenn man so viele Rennen kommentiert und erlebt hat: an welches erinnert man sich besonders gerne zurück?
Manfred Chapman:
Ich denke sehr gerne an 1994 zurück. An das Derby von Laroche. Es war damals das erste für die Ausländer geöffnete Derby und es drohte die Gefahr, dass das Rennen nach England gehen könnte. Und das ist für mich ein kleiner Alptraum. Das Deutsche Derby nach England oder Irland – das geht irgendwie nicht. Das ist natürlich ein bißchen Patriotismus, aber das Derby ist für mich etwas Heiliges. Aber eigentlich liebe ich jedes Rennen.
GaloppOnline.de:
Gibt es dann auch ein Lieblingspferd?
Manfred Chapman:
Das sind eigentlich meine eigenen, die ich besessen habe. Das waren keine Riesen- Rennpferde. Über einen Ausgleich III bin ich nicht hinweg gekommen, aber bei diesen eigenen Pferden liebt man alles. Vom Ohr bis zum Schweif. Und sonst ist Pallasch mein absolutes Lieblingspferd. Der Schlenderhaner Birkhahn-Sohn aus der Palazzo.
GaloppOnline.de:
Wieso ausgerechnet dieses Rennpferd?
Manfred Chapman:
Diese Pferd war ein Ausdruck von Schönheit. Ein typischer Rappe. Ich habe ihn immer Moritz genannt und wir zwei waren wie Brüder. Daher habe ich auch meinen Spitznamen: Moritz. Weil ich eben dieses Pferd so liebte. Ich war damals 14 oder 15 Jahre alt, und immer, wenn ich in Richtung Stall gegangen bin, und Moritz gerufen habe, wußte er, dass ich es bin und hat gewiehert. Zum Glück mußte ich kein Rennen von Moritz, also Pallasch, kommentieren. Ich glaube, dann wäre ich tot umgefallen.
GaloppOnline.de:
Wie bereiten Sie sich auf die Rennen vor. Wie merken Sie sich Namen und Rennfarben? Gibt es da einen speziellen Trick?
Manfred Chapman:
Muß ich das verraten? Ich habe eine Methode, aber ich muß die anderen ja nicht drauf stoßen. Ich verstehe mich als eine Art Schauspieler. Ich muß die Namen der Pferde mit den Rennfarben in Verbindung bringen und das dann auf Kommando abrufen können. Wenn die Pferde einmal los gelaufen sind, muß es sitzen. Das ist Live-Charakter und das macht den Job auch so schwierig.
GaloppOnline.de:
Plant man solche Kommentare wie die Explosion von Samum oder die Steigerung zum Orkan in Baden-Baden eigentlich vorher?
Manfred Chapman:
Nein, das plant man nicht vorher. Das sind alles Geistesblitze. Ich habe noch nie einen Joke vorher geschrieben. Das geht auch gar nicht, dann müßte man ja auf eine ganz bestimmte Situation im Rennen warten. Und das ist unmöglich. Das sind Sachen, die kommen und auf einmal sind sie da.
GaloppOnline.de:
Was macht man in Situationen, in denen einem der Name eines Pferdes nicht mehr einfällt oder in denen man einfach nicht mehr weiter weiß?
Manfred Chapman:
Dann bist du völlig hilflos und dir kann niemand helfen. Ich versuche dann manchmal, unter dem Fernglas her zu schielen, aber eigentlich gibt es keine Rettung. In solchen Situationen muß man dann improvisieren. Ich versuche immer, Humor hinein zu bringen. Solche Fehler sind doch eigentlich nur menschlich.
GaloppOnline.de:
Wenn man als Aktiver die aktuelle Situation im deutschen Rennsport sieht, was denkt man dann und wie fühlt man? Und was möchte man ändern, wenn man könnte?
Manfred Chapman:
Da leidet man natürlich mit. Das Einzige, was ich fordern kann, ist mehr Solidarität. Die sollten sich da oben nicht die Köpfe einschlagen, sondern sich an einen Tisch setzen und das Boot vor dem Untergang retten. Ich versuche für meinen Teil, den Rennsport so gut wie möglich zu repräsentieren. Aber dann gibt es Leute in hohen Funktionen, die wollen nur präsent sein, ohne eigentliche Fachkompetenz zu besitzen.
GaloppOnline.de:
Wie war es bei TV Total und vor allem wie war Stefan Raab?
Manfred Chapman:
Das war locker flockig. Ich habe vor der Sendung nur ungefähr eine Minute zu Stefan Raab Kontakt gehabt. Nur einmal kurz "Hallo!" und das war es. Bei dem weißt du nie, was kommt. Du sitzt auf einem Teller und hoffst nur, dass er dich leben läßt. Aber er war sehr nett. Eigentlich hätte ich ein Schneckenrennen kommentieren sollen. Aber das fand ich zu langweilig und da habe ich den Redakteur auf die Idee mit den Dialekten gebracht. Das ganze hat sehr viel Spaß gemacht. Es waren immerhin 3,4 Millionen Zuschauer und ich habe versucht, den Rennsport so gut wie es nur geht zu verkaufen.
GaloppOnline.de:
Wenn Sie einen Wunsch für diesen Sport frei hätten: wie würde dieser aussehen? Und wie ihr privater Wunsch?
Manfred Chapman:
Dass der Sport endlich so repräsentiert wird, wie andere Sportarten. Dass wir die Chance haben, allen durch einen entsprechenden Marketingauftritt zu zeigen, wie toll dieser Sport ist. Ist kann mit Kind und Kegel auf die Bahn gehen. Beim Fussball habe ich im Stadion Platz 17 und schaue 22 Millionären zu. Unser Sport muß viel besser vermarktet werden. Und mein privater Wunsch ist, mit meiner Frau gemeinsam alt zu werden. Uschi ist der wichtigste Mensch in meinem Leben und gibt mir sehr viel Rückhalt.
GaloppOnline.de:
Wie lange kommentiert Manfred Chapman noch Rennen? Oder gibt es einen anderen Job den Sie mal gerne machen würden?
Manfred Chapman:
So lange es geht. So lange ich mich noch fit and well fühle. Und dafür wird gesorgt. Und zu dem Thema anderer Job: Nein. Er ist und bleibt mein Traumjob. Da ist mein Traum in Erfüllung gegangen.