<b>GaloppOnline.de:</b>
Sie waren früher erfolgreicher Jockey. Wie haben Sie den Wechsel ins Trainergeschäft erlebt? Und wie hat sich dieser Wechsel vollzogen?
<b>Ralf Suerland:</b>
Ich habe meine letzten Rennen für Peter Remmert geritten. Mein letzter große Erfolg war mit Majorität der Preis der Diana, noch für Trainer Hein Bollow. Danach lief dann alles nicht mehr so, wie ich es mit vorgestellt habe. Ich war sehr viel verletzt und habe keine guten Pferde mehr bekommen. Dann hat mich Peter Remmert, mit dem ich nicht besonders gut klargekommen bin, entlassen. Die Trainerprüfung hatte ich ja zu diesem Zeitpunkt bereits in der Tasche. Zunächst kam dann aber erst einmal ein "Was mach ich denn jetzt?" Als nächstes ging es als Arbeitsreiter bei Günter Rosenbusch weiter. Drei Rennen habe ich auch dann noch geritten, hatte aber einfach zu viel Angst. Ich habe mir immer gesagt, dass ich, sobald ich Angst habe, aufhöre zu reiten. Ich habe den Stall bei Herrn Rosenbusch dann, als es immer weniger Pferde wurden, übernommen.
<b>GaloppOnline.de:</b>
Mit wie vielen Pferden haben Sie damals angefangen?
<b>Ralf Suerland:</b>
Es waren, glaube ich, um die 20 Boxen, und ich habe die Sache mit neun Pferden begonnen. In Köln einen Stall zu bekommen, ist natürlich das Allergrößte. Drei Tage, nachdem ich angefangen hatte zu trainieren, habe ich auch gleich mein erstes Rennen gewonnen. Funkexpertin war meine erste Starterin und zugleich mein erster Sieger.
<b>GaloppOnline.de:</b>
Was sind seitdem die besten Pferde Ihres Stalles gewesen?
<b>Ralf Suerland:</b>
Das ist erstaunlich. Ich habe ja nie viele Pferde in Training gehabt, hatte dafür aber eine Anzahl an wirklich sehr guten Pferden. Es fing an mit Accento, der den Kaufhof-Preis gewonnen hat. Dann natürlich Miss Tibacco und zum Schluß jetzt Proudwings.
<b>GaloppOnline.de:</b>
An welches Rennen erinnern Sie sich besonders gerne zurück?
<b>Ralf Suerland:</b>
Als Trainer erinnert man sich immer gerne an das erste Rennen zurück. Da steht man auf der Tribüne und versteckt sich und hofft, dass es irgendwie gut geht. Das war damals schon enorm. Es ist etwas anderes, als als Jockey. Als Trainer schmeißt du den Reiter hoch und stehst da und musst zusehen, was der mit dem Pferd macht. Man selbst kann dann nichts mehr tun. Dass das erste Rennen dann direkt ein Sieg war, war natürlich toll. Und dann erinnere ich mich natürlich gerne an den aktuellen Sieg von Proudwings in Newmaket. Ein tolles Gefühl, wie im Traum.
<b>GaloppOnline.de:</b>
Als Jockey haben Sie das Derby gewonnen. Wie war das, als Sie das mit Stuyvesant für das Gestüt Schlenderhan geschafft haben?
<b>Ralf Suerland:</b>
Ich war davon überzeugt, dass ich das Rennen gewinnen würde. Ich war zuvor Zweiter in der Union gewesen und dabei ist mir meine Peitsche noch kaputt gegangen. Waltz war eine ¾ Länge vor mir. Kurz vor dem Derby hatte ich erfahren, dass er nicht starten soll. Ich war auf einmal Favorit. Die Arbeit war aber so gut, dass ich mir eigentlich sicher war. Ich habe damals zum Jockeydiener gesagt: wenn das ein Ausgleich IV wäre, könnte man ein Haus draufstellen. Aber es war eben das Derby.
<b>GaloppOnline.de:</b>
Und ging es dann im Rennen auch alles so einfach?
<b>Ralf Suerland:</b>
Im Derby habe ich mich während des Rennens mit Dave Richardson unterhalten. Das muss man sich mal vorstellen, während des Rennens. Das ist schon verrückt. Ich habe zu ihm gesagt: Mensch ich habe nur noch Zügel in der Hand. Das Pferd von Dave hat gepullt und ging eigentlich besser, dachte ich. Dann habe ich meinem im Bogen einen vor den Hintern gehauen und ab ging es. Ich habe mich halbe Gerade umgedreht und mir gedacht: ‚Wo sind die denn?‘ Und niemand war da.
<b>GaloppOnline.de:</b>
Noch etwas zum Thema Jockeys. Wie sehen Sie die aktuelle Lage im Bereich Nachwuchsjockeys?
<b>Ralf Suerland:</b>
Im Moment sehe ich im Bereich der männlichen Nachwuchsreiter zwei sehr talentierte Jungs. Das ist zum einen Benjamin Clös und zum anderen mein Lehrling, Dennis Wesselmann. Wollen wir mal hoffen, dass er auf dem Teppich bleibt. Und wenn sich Tessarin ein bisschen am Riemen reißen würde, wenn seine große Klappe ein bisschen kleiner wäre und er Ratschläge und fremde Meinungen akzeptieren würde, könnte das auch einer werden. Aber momentan nimmt er noch nichts an und denkt, er sei der Größte. Aber das ist er noch nicht.
<b>GaloppOnline.de:</b>
Sie treiben das Projekt "Nachwuchsstall" in Köln mit voran. Was ist darunter genau zu verstehen?
<b>Ralf Suerland:</b>
Das Projekt wird kommen. Ich habe die Möglichkeit, einen sehr guten Stall mit 12 Boxen zur Verfügung zu stellen. Zudem habe ich direkt ein Wohnhaus daneben, welches für Unterrichtsräume genutzt werden könnte. Dann gibt es noch einen Stall, in welchem wir zwei Racing-Simulatoren aufstellen werden. In diesem Stall sollen dann alle Reiter des Landes die Chance erhalten, zu reiten, nicht nur die talentierten. Die Idee geht dahin, dass die größten Besitzer ein bis zwei Pferde in diesen Stall stellen und diese Pferde nur von den Nachwuchsreitern geritten werden. Da wird dann kein Jockey draufkommen.
<b>GaloppOnline.de:</b>
Wer ist in diesem Projekt alles involviert?
<b>Ralf Suerland:</b>
Involviert ist vor allem Manfred Hofer. Auch Herr Dr. Jacobs ist mit der Sache vertraut. Dann wird irgendwann noch eine Person eingestellt, welche die ganze Sache koordinieren wird und auch durch Deutschland fährt, um junge Talente zu sichten. Für so etwas könnte zum Beispiel ein Terry Hellier oder Neil Grant in Frage kommen. Das sind bisher aber erst Ideen.
<b>GaloppOnline.de:</b>
Und welche Pferde sollen in diesen Stall kommen?
<b>Ralf Suerland:</b>
In diesem Stall sollen einfach nur Handicapper kommen. Die Hauptsache ist doch, dass die Auszubildenden Pferde zu reiten haben. Das Problem ist derzeit einfach, dass die Besitzer keine Auszubildenden auf den Pferden haben wollen und immer die Jockeys vorziehen. Die Nachwuchsleute hätten so die Chance, ihre Pflichtritte zu machen und Erfahrung zu sammeln. Diese Erfahrung ist ungemein wichtig. Ganz wichtig ist aber auch der Racing-Simulator. Auf diesem Ding hat beispielweise mein Auszubildender das Reiten gelernt. Einen dieser Simulatoren gibt es bereits und einen weiteren möchte Herr Dr. Jacobs noch kaufen. Für das ganze Projekt sind diese Maschinen das Größte.
<b>GaloppOnline.de:</b>
Wie weit ist das Projekt vorangeschritten und wird es auf jeden Fall realisiert?
<b>Ralf Suerland:</b>
Das Endziel ist es, irgendwann einmal Jockeyschulen wie in England oder Frankreich zu haben. Ich bin jetzt drei Jahre im Jockey- und Trainerverband und kein Mensch tut etwas. Es wird immer nur gesprochen und gesagt, dass etwas geschehen muß. Da ziehe ich den Hut vor Manfred Hofer, weil jetzt endlich mal etwas passiert. Hofer hat gesagt, wir greifen an und machen es jetzt. Wenn die Großen nicht aus den Füßen kommen, kann es natürlich nicht losgehen.
<b>GaloppOnline.de:</b>
Zu Proudwings: Die Superstute läuft jetzt in Deauville in einem der wichtigsten europäischen Meilenrennen. Angst vor den großen Gegnern?
<b>Ralf Suerland:</b>
Was soll der Quatsch? Wir machen uns doch nicht in die Hose, wir können doch nichts verlieren. Jetzt machen wir erst einmal Ernst und ich weiß, dass die Stute gut genug dafür ist. Die anderen können auch nur galoppieren und unsere Stute ist verdammt gut drauf. Ich will mal wissen, wann die Stute mal endlich ernsthaft gefordert wird. Bisher war es noch immer sehr leicht für sie. Jockey Dominique Boeuf hat gesagt, die Stute gewinnt Gruppe I-Rennen und wenn sie wieder so gut drauf ist, wie zuletzt, wird es wohl reichen. Wir fahren dorthin, um zu gewinnen.
<b>GaloppOnline.de:</b>
Wann wussten Sie, dass die Stute so gut ist?
<b>Ralf Suerland:</b>
Ich wollte sie damals auf 80 Kilo bringen. Das war das Ziel. Mitte vierjährig, nach dem Laufen in Baden-Baden, habe ich sie dann für ein Gruppepferd gehalten. Und dann wurde sie immer besser. Sie ist relaxter geworden und ich weiß, wie ich mit der Stute umzugehen habe. Mein kleinstes Mädchen reitet sie jeden Tag spazieren. Sie reitet auch die Arbeiten und Galopps mit ihr. Anabelle und Proudwings verstehen sich einfach super und mögen sich beide.
<b>GaloppOnline.de:</b>
Wie war für Sie das Erlebnis des Sieges in England?
<b>Ralf Suerland:</b>
Das war das Tollste, was es gibt. In England haben mich zuerst die Fotographen überfallen, mich mit meinem Englisch. Ich hatte 10 Mikrofone im Gesicht hängen. Aber England war schon das Größte. Es war eine Riesen-Sache, wie wir dort aufgenommen worden sind und wie einem die Leute den Erfolg von Herzen gegönnt haben. Das kennt man hier nicht. Da muß ich vor England und Newmarket einfach den Hut ziehen.