GaloppOnline.de:
Was macht Ihr Knie nach dem Kreuzbandriss? Wie weit glauben Sie, dass es schon wiederhergestellt ist?
Torsten Mundry:
Bisher ist alles sehr gut verlaufen. Ich bin wieder soweit fit, dass ich normale Arbeit verrichten kann und auch wieder in den Rennen klarkomme. Dass die ganze Geschichte noch nicht ganz auskuriert ist, ist natürlich klar. Es ist noch immer eine Spannung in meinem Knie zu spüren. Ob es jemals wie früher wird, kann ich gar nicht sagen. Schmerzen habe ich aber keine mehr. Es ist nur eine Spannung, ein gewisser Druck zu spüren.
GaloppOnline.de:
Wußten Sie bei dem Sturz sofort, was passiert ist?
Torsten Mundry:
Nein, das habe ich nicht direkt gemerkt. Man ist ja schon öfters gestürzt, aber ich dachte, es wäre nur etwas geprellt. Als ich dann nach zwei Tagen immer noch nicht richtig auftreten konnte, wusste ich, dass etwas nicht stimmen kann.
GaloppOnline.de:
Mit Trainer Peter Rau bilden Sie schon lange ein Team, außergewöhnlich lange in diesem schnellebigen Sport. Wie ist ihre Rolle am Stall? Anders, als die von Jockeys an anderen Rennställen?
Torsten Mundry:
Wir arbeiten nun seit fast sieben Jahren zusammen. Dabei hat sich natürlich ein gewisses Vertrauensverhältnis aufgebaut. Das Management und die Entscheidungen liegen in der Hand des Trainers. Aber man spricht natürlich Dinge ab. Zum Beispiel überlegen wir bei den Zweijährigen zusammen, wer schon soweit ist und wer nicht. Es wäre ja auch dumm, wenn wir das nicht tun würden, schließlich sitzt der Jockey ja oben drauf und kann somit auch entscheidende Hinweise geben. Ich glaube schon, dass es an unserem Stall etwas anderes ist als an anderen Ställen.
GaloppOnline.de:
Als Sie verletzt waren, war Andreas Helfenbein der Ersatz-Stalljockey. Freut man sich bei Siegen oder kommen Neid-Gefühle auf und man denkt sich: Mist, da hätte ich doch drauf gesessen?
Torsten Mundry:
Nein, Neid gibt es da überhaupt keinen. Mir war ja klar, dass ich keine Rennen reiten kann. Also kann ich auch keinen Neid entwickeln. Ich habe mich die ganze Zeit über bei Siegen für den Stall gefreut und war bei knappen Niederlagen auch enttäuscht. Natürlich habe ich auch während meiner Verletzung mitgefiebert und gehofft, dass wir in den großen Rennen dabei sind. Da gönnt man natürlich Andreas auch die Siege. Er hat hier sehr gute Arbeit gemacht und auch sehr gute Hinweise gegeben.
GaloppOnline.de:
Von Ihrem Derbypferd Somotillo hatten Sie immer eine große Meinung. Es folgten aber Enttäuschungen. Hat man sich in diesem Pferd so getäuscht?
Torsten Mundry:
Er hat zur Zeit leichte gesundheitliche Probleme, kleine Wehwehchen. Es ist immer ein "Auf und ab" bei ihm. Er hat das Derby einfach nicht tadellos überstanden. Ich bin mal gespannt, wie es mit ihm weitergeht, denn ich weiß nicht, wo ich bei ihm dran bin. Die Arbeitsleistungen stimmen einfach nicht mit den Rennleistungen überein. Bei ihm ist man noch in einer Experimentierphase in Sachen Boden, Distanz und Klasse. Ich würde ihn jetzt gerne in einem Listenrennen über 2000 Meter sehen. Das müsste er an jeder Ecke gewinnen. Und dann lässt sich von dort aus weiterplanen. Wenn er auch so etwas nicht gewinnt, ist er vielleicht ein Blender oder ein reines Arbeitspferd.
GaloppOnline.de:
Sie haben den großen Lavirco geritten. Wo wäre dieser Hengst eigentlich ohne die Verletzung zu Beginn der Saison als Vierjähriger gelandet?
Torsten Mundry:
Ich glaube, dass Lavirco auch vierjährig noch weiter hätte zulegen können oder zumindest die Dreijährigen-Leistung noch einmal hätte abrufen können. Es hätte mit Sicherheit noch dazu gereicht, ein paar große Rennen zu gewinnen. Ich habe damals gesagt: "Es ist der Beste, auf dem ich je gesessen habe." Und so ist es wohl auch. Man muß dankbar sein, ein solches Pferd geritten haben zu dürfen und so schöne Rennen zu gewinnen.
GaloppOnline.de:
Wo sehen Sie sich im Kreis ihrer Kollegen? In derselben Liga wie Andrasch Starke und Andreas Suborics?
Torsten Mundry:
Eigentlich ist es anmaßend, zu sagen, wie gut man selbst ist. Ich glaube aber, dass ich aufgrund meiner Arbeitseinstellung und meiner Leistung zu den Top 5 gehöre. Wenn ich auf denselben Pferden sitzen würde, glaube ich, auch diese Leistung erbringen zu können. Aber wir haben leider im Moment keinen Silvano oder Caitano. Wenn ich diese Pferde reiten würde, würde ich die Heimreise, so hoffe ich, ebenfalls mit Erfolg antreten.
GaloppOnline.de:
Sie selbst haben als Amateur angefangen. Was sagen Sie zu den heutigen Amateuren und den entstandenen Diskussion in den letzten Wochen, vor allem nach dem Hamburger Sturz?
Torsten Mundry:
Ich habe selbst als Amateur angefangen, das stimmt. Ich war aber schon damals sehr verbissen und habe großen Ehrgeiz gezeigt. Ich habe jede freie Minute im Rennstall verbracht, und wenn ich gekonnt habe, im Stall gearbeitet und versucht, mein Talent zu fördern. Heute werden leider zu viele Amateure zum Rennreiten zugelassen, die eigentlich gar nicht in der Lage sind, bestimmte Pferde zu reiten. Es darf nicht sein, dass Profis in Rennen auf diese Reiter achten müssen. Was in Hamburg passiert ist, darf einfach nicht mehr vorkommen. Es gibt sehr viele Mädchen, die nicht die Kraft haben, ihr Pferd zu halten. Da müssen die Auswahlverfahren einfach schärfer werden, man sollte das Maß an geforderter Grundpraxis erhöhen. Wenn das Auswahlverfahren höher wäre, würden 6 von 10 Amateuren mit Sicherheit durchfallen. Ein Matthias Keller oder ein Andreas Göritz können problemlos in Rennen mit Profis mitreiten, während mache Reiterin nie dahin kommen wird, wo beispielsweise eine Monica Blasczyk einmal war.
GaloppOnline.de:
Sie arbeiten am Stall mit einem der talentiertesten Nachwuchsreiter zusammen. Cesare Tessarin soll aber schwer zu händeln sein. Wie geht man damit um?
Torsten Mundry:
Tessarin hat das Glück, dass er in seinem Jahrgang der einzige Junge war und dadurch sehr viele Möglichkeiten erhalten hat. Er hat dadurch natürlich auch an Routine gewonnen. Aufgrund seiner Mentalität hat er aber große Schwierigkeiten, mit dem Erfolg richtig umzugehen. Das Talent ist bei ihm da, aber die Einstellung und das Benehmen seinen Kollegen gegenüber muss sich deutlich ändern. Als ich so jung war, bin ich in der Jockeystube auf die Knie vor den Großen gegangen und sieze manche heute noch. Cesare hat zum Beispiel Andreas Boschert direkt am ersten Tag mit dem Vornamen angesprochen. An seiner Einstellung und Arbeitsmoral muß er noch einiges tun.
GaloppOnline.de:
Wie sieht man als Aktiver die Probleme des Sports? Und welche Auswege gibt es?
Torsten Mundry:
Das wichtigste ist die Öffentlichkeitsarbeit. Da haben wir aus meiner Sicht ganz klar den Anschluß verpasst. Heutzutage muss jedes Wirtschaftsunternehmen um seine Kunden kämpfen. So ist es auch im Galopprennsport. Wenn ich mir ein Auto kaufe, bekomme ich noch sechs Jahre später Prospekte über die neuesten Modelle. Die Kundenpflege und Informationspolitik ist einfach zu gering. Der Kunde wird viel zu wenig informiert und hat nur wenige Möglichkeiten, sich zu informieren. Gutes Beispiel hierfür ist das Internet. GaloppOnline.de ist eine tolle Sache und ohne die würde es da ja fast nichts geben.
GaloppOnline.de:
Wichtig ist auch: wie fühlt sich der Besucher auf den Rennbahnen?
Torsten Mundry:
Zumindest im Gastronomiebereich hat sich hier in den letzten Jahren einiges getan. Vor ein paar Jahren konntest du in Neuss nicht einmal eine Erbsensuppe essen. Es ist so ein schöner Sport. Ich hoffe nur, dass wir den Anschluß nicht wirklich schon verpasst haben. Es müssen Topmanager mit Ideen und Beziehungen integriert werden.
GaloppOnline.de:
Wer sind die derzeit besten Pferde in ihrem Stall?
Torsten Mundry:
Bei den älteren ist das auf jeden Fall Caracciola. Bei den dreijährigen Hengsten muß ich nach Formen gehen. Also ist es Krombacher und bei den Stuten Nouvelle Fortune. Da ich drei Monate nicht in der Arbeit geritten habe, ist die Beurteilung der jungen Pferde schwer. Ich glaube aber, dass es zwei bis drei Kandidaten gibt, die sich gut entwickeln werden. Als erstes würde ich den Ittlinger First Boy nennen.