Helmut Kappes gehört inzwischen fast schon zu den Urgesteinen des deutschen Turfs. In zahlreichen Funktionen war der 63-jährige bereits aktiv. Neuestes Betätigungsfeld: Die Gründung, Organisation und das Management von zahlreichen Besitzergemeinschaften, sogenannten Syndikaten. Angefangen hat alles im Sommer 2020, als Kappes, der im Messegeschäft tätig ist, aufgrund der Coronapandemie eine recht ruhige Zeit, zu ruhig, erlebte: „Im Juni 2020 entstand bei mir die Idee das Thema Besitzergemeinschaften aufzugreifen und anzupacken.“ Angefangen hat vor rund fünfzehn Monaten alles mit den Mülheimer Turfsyndikaten, inzwischen gibt es vier davon. An jeweils einem Rennpferd standen jeweils zehn oder zwanzig Anteile zur Verfügung, die theoretisch von Jedermann erworben werden können, um sich den Traum von einem eigenen Rennpferd zu erfüllen. Zu verschiedenen Konditionen mit einer Einmalzahlung und den monatlichen Preis pro Anteil konnten, und können sich auch nach wie vor Interessenten an einem der Rennpferde für eine bestimme Laufzeit beteiligen. Exemplarisch dafür: Die derzeit verfügbaren Anteile am einem Jährling, den Kappes, der in der Szene den Ruf geniest ein gutes Auge für junge Pferde zu haben, auf der BBAG-Jährlingsauktion erwarb: „Ich habe Lot-Nr.2 der BBAG-Jährlingsauktion, ein Hengst von Counterattack aus dem Angebot und der Zucht des Gestüts Karlshof erworben. Er hat einen zweijährigen Bruder, der bei Waldemar Hickst steht und dem dort ein guter Ruf vorauseilt. Der Erstling aus der Mutter Notre Autorite ist eine dreijährige Isfahan-Tochter, die zweijährig bereits ein Rennen gewonnen hat.“ 5.000 Euro gab Kappes aus, der Jährling wird dem Mülheimer Turfsyndikat 2 zugehörig sein: „Neun der 20 Anteile sind bereits verteilt. Elf sind noch offen. Wir veranschlagen eine Einmalzahlung von 350 Euro und 90 pro Anteil im Monat für den Hengst, der natürlich auch bei Axel Kleinkorres ins Training kommt.“ Bei insgesamt 20 Anteilen ist man bei Leistung dieser Konditionen also mit fünf Prozent an diesem Pferd beteiligt. Möchte man zu einem größeren Teil an einem Rennpferd beteiligt sein, besteht auch die Möglichkeit sich mehrerer Anteile zu sichern.
Dynamische Gestaltung
Dass man den Zeitraum für die Syndikatsbeteiligungen begrenzt, erlaubt ein großes Maß an Flexibilität, man kann also auf die Dynamik des Sports bestens reagieren. Zu veranschaulichen am ehemaligen Pferd des Mülheimer Turfsyndikats 2: „Ein Besitzer von Mayvid hatte bereits sechs Anteile, nach Ende der Laufzeit hat er sich entschieden, das Pferd vollständig zu erwerben. Ein Anderes Beispiel: Das Mülheimer Turfsyndikat 3, dem die dreijährige Stute Muelheimer Perle zugehörig ist. „Sie ist bei fast jedem Start im Geld und macht allen Anteilseignern so viel Spaß, dass einstimmig beschlossen wurde, dass sie im Syndikat drin bleibt und wir auch nächstes Jahr mit ihr angreifen.“ Das Mülheimer Turfsyndikat 1 geht am Samstag auf der Heimatbahn mit der zweijährigen Sonnenperle erstmals an den Start, läuft sie unter die ersten drei, soll sie in einem Listenrennen für zweijährige Stute Ende Oktober in Hannover laufen. Im Mülheimer Turfsyndikat 4 ist die dreijährige Stute Raffelbergerin integriert, sie steht zum Verkauf und soll zukünftig durch ein anderes Pferd ersetzt werden. Allein die Dynamik in den Turfsyndikaten erfordert ein hohes Maß an Aufwand für Organisation und natürlich auch den ständigen Austausch mit dem Trainer: „Axel Kleinkorres spricht meine Sprache, dass ist immens wichtig und die Zusammenarbeit mit ihm ist sehr positiv. Ich habe viel Spaß an dieser Ausgabe und bin Dienstag und Samstag immer im Stall, und so auch gut über jedes Pferd informiert.“
Gleich ein Gruppepferd
Das betrifft natürlich nicht nur die Mülheimer Turfsyndikate sondern auch die beiden neueren Syndikate: Stall 100 Galoppsportfreunde und den Stall 100 Galoppsportfreunde 2.0. In den Farben der erstgenannten Besitzergemeinschaft sorgte der zweijährige Hengst Arnis Master für die bislang größten Erfolgen seit Gründung der gesamten Syndikate. Der zweijährige Tai Chi-Sohn ist dank seines Treffer im Kölner BBAG Auktionsrennen Ende Juli und dem zweiten Platz, der auf Gruppe III-Ebene im Zukunftsrennen erzielte, das syndikatsübergreifende Steckenpferd. Der zweijährige Tai Chi-Sohn aus der Zucht des Gestüts Karlshof war ein Schnäppchen, kostete auf der BBAG-Jährlingsauktion 2020, harten Verhandlung mit den Züchtern, nur 10.000 Euro. Früh bestätigte der Hengst den frühreifen Eindruck auch in der Arbeit, der Plan mit dem Zweijährigen, an dem 50 Anteile verteilt sind, ging genauso auf, wie erhofft. Nun steht der ganze große Auftritt in ParisLongchamp an. Der Prix Jean-Luc Lagardere wird angesteuert, vorher aber kommt Arnis Master auf die Arc-Sale. Auch hier war es am Ende eine Abstimmung unter allen anteiligen Besitzern, die diese Entschluss gefasst hat: „Wir haben uns auf eine sechsstellige Summe geeinigt, bei der wir ihn gehen lassen würden. Darunter wird er definitiv nicht verkauft. Findet er auf der Auktion, die am Samstagabend in Saint-Cloud stattfinden wird, einen neuen Besitzer, dann kommt ein großer Anteil des erzielten Verkaufspreises zur Ausschüttung an die Syndikatsmitglieder.
Besondere Momente in Köln
Bleibt er am Samstag in Besitz der 100 Galoppsportfreunde wird er auch das Gruppe I-Rennen über 1400 Meter angehen: „Eduardo Pedroza wird ihn reiten, er weiß was zu tun ist und bringt große internationale Erfahrung mit.“ Unabhängig vom Verlauf des kommenden Wochenendes ist die Saison von Arnis Master schon jetzt eine kleine Erfolgsgeschichte: „Der Treffer in Köln und die anschließende Siegerehrung mit unseren zahlreichen Syndikatsmitgliedern war schon ein besonderer Moment und auch ein stückweit eine Bestätigung für den ganzen Aufwand. Nach so einer kurzen Zeit schon ein Gruppepferd in den eigenen Reihen zu haben ist definitiv etwas Besonderes. Unserem Trainer Axel Kleinkorres und seinem Team gebührt ein großes Dankeschön für die tolle Arbeit und auch für die Art und Weise, wie er all den Mitbesitzern einen Blick hinter die Kulissen der täglichen Arbeit im Stall gewährt“, so Helmut Kappes.
2.0 als lebendiger Begriff
Doch auf dem Erreichten ruht man sich nicht aus. Mit dem Syndikat Stall 100 Galopsportfreunde 2.0 ist bereits die nächste Besitzergemeinschaft gegründet. Das spricht zu einem für reges Interesse und Nachfrage an den Projekt als auch für den Ehrgeiz der treibenden Kräfte, noch mehr Menschen den Rennsport heranzuführen. Stillstand gibt es keinen, dass neue Projekt hat einen etwas anderen Anstrich als die Turfsyndikate und die Gemeinschaft um Arnis Master. Denn dem neuesten Syndikat gehört nicht nur ein Rennpferd an, sondern gleich vier. Die beiden dreijährigen Pferde Ventura Kingdom und New Day, sowie die beiden Zweijährigen, Synonymous und ein namenloser Dabirsim-Sohn. Die Konditionen einer Beteiligung liegen in ähnlichen Sphären wie bei den anderen Besitzergemeinschaften, eine einmalige Zahlung von 300 Euro und 80 Euro pro Monat, die zusätzlich rückwirkend bis Juli – zum Zeitpunkt der Gründung – geleistet werden müssen. Es sind also noch Anteile frei. Der Zweck hinter der Integrierung von gleich mehreren Galoppern ist leicht erklärt: „Bei vier Pferden sind die Wartezeiten zwischen den einzelnen Starts schlicht kürzer.“ Die Mitbesitzer bekommen also noch häufiger in den Genuss Ihr Rennpferd laufen zu sehen. Und darum geht es am Ende schließlich.
Kontaktaufnahme unkompliziert
Hat man Interesse an einer Syndikatsbeteiligung ist der Weg zur Kontaktaufnahme recht unkompliziert: „Wir sind über Whatsapp, E-Mail (stall100gsf2@gmx.de) und Facebook zu erreichen. Die Kontaktdaten sind auch auf den Flyern, die wir regelmäßig verteilen, hinterlegt.“ Ein kurzer Weg also, der auch nach Aufnahme in eine der Besitzergemeinschaften, nicht abbricht. „Für jedes einzelne Syndikat haben wir WhatsApp-Gruppen, in die regelmäßig Videos oder sonstige Einblicke in die Arbeit im Stall gewährt werden. Alle Mitglieder sind zusätzlich stets willkommen im Trainingsquartier vorbeischauen, solange man sich vorher anmeldet.“ Es ist also kein großer Aufwand ein Teil einer der Besitzergemeinschaften zu werden.