GaloppOnline.de: Zuerst eine aktuelle Frage. Ihr Gamgoom markierte am vergangenen Sonntag den 2000. Sieger für Mario Hofer. Ihr Wallach gewann als siegloses Pferd gegen Alpha und somit ein im GAG hoch angesiedeltes Pferd. Haben Sie mit diesem Erfolg gerechnet?
Guido Schmitt: Ehrlich gesagt, mehr gehofft als daran geglaubt. Gamgoom hatte schon sehr gut gearbeitet. Alpha war erstmals auf Sand am Start, da weiß man ja auch nicht, ob die Pferde ihr volles Leistungsvermögen abrufen.
GaloppOnline.de: Am Ende gewann Gamgoom ja auch noch leicht.Wie geht es mit ihm weiter?
Guido Schmitt: Wir werden seine aktuelle Form ausnutzen und gleich weitermachen. Er hatte lange gesundheitliche Probleme, da kann man nicht auf ein bestimmtes Rennen im April oder Mai warten.
GaloppOnline.de: Ihrer Philosophie zufolge haben Sie mit Gamgoom auch wieder ein Pferd gekauft, das praktisch morgen hätte laufen können?
Guido Schmitt: Das wäre im Falle Gamgoom schön gewesen, aber nachdem ich ihn im Mai auf der BBAG Frühjahrs-Auktion erworben hatte, wurden wir erst einmal auf eine lange Geduldsprobe gestellt. Aber richtig ist schon, ich kaufe oft startfertige Pferde.
GaloppOnline.de: Gamgoom war für 5.000 Euro zu haben. Ein dreijähriges Pferd, aus einem Spitzenstall kommend, und keiner hebt so richtig die Hand. Wird man da nicht skeptisch?
Guido Schmitt: Ich habe mich erst im Ring, als ich Gamgoom gesehen hatte, entschlossen, die Hand zu heben, kannte noch nicht einmal das Pedigree. Er sah aus wie eine Granate. Als dann so gut wie niemand mitmachte, war mir klar, dass ich wieder mal Risiko eingekauft hatte. Es kamen auch die Ersten um die Ecke, die mich anlächelten, als ich den Zuschlag bekommen hatte. Solche Sprüche wie, da hast Du aber ein schönes Reitpferd gekauft usw. Doch wie heißt es so schön: „Wer zuletzt lacht“…., denn ich glaube, dass Gamgoom seinen Weg machen wird. Vorausgesetzt natürlich, er bleibt gesund.
GaloppOnline.de: Sie kaufen natürlich nicht nur auf den Horses in Training-Auktionen?
Guido Schmitt: Nein, ich gehe mit offenen Augen durchs Leben und durch die Rennställe, beobachte die Rennen, die mich interessieren, ganz genau. Ich ziele auf gutes Value für mein Geld. Auf dem Top-Markt werde und kann ich allerdings nicht investieren.
GaloppOnline.de: Wo liegt dann die finanzielle Schmerzgrenze beim Ankauf eines Pferdes?
Guido Schmitt: Sagen wir mal so. Ich bin auch bereit 50.000 oder 70.000 Euro in die Hand zu nehmen, wenn ich überzeugt bin, dass das Pferd dies jetzt oder auf Dauer wert ist.
GaloppOnline.de: Sind Sie aktuell an einem Pferd solchen Kalibers dran?
Guido Schmitt: Kerosin hätte ich sicher auch gerne gekauft, aber da war mein Kumpel Stephan Hoffmeister schneller.
GaloppOnline.de: Bei der Auflösung des Stalles D‘Angelo in Deutschland haben Sie auch zugeschlagen. Auch in bessere Pferde investiert. Hat es sich gelohnt?
Guido Schmitt: Theo Danon hat für mich immerhin ein Gruppe-Rennen gewonnen. Ich glaube, dass auch Stark Danon, der ein Listenrennen für mich gewonnen hat, Gruppe-Format besessen hätte, wenn immer alles gesundheitlich optimal verlaufen wäre. Ich hätte damals auch gerne den späteren Gruppe-Sieger All Shamar gekauft, aber den haben die zu dem Zeitpunkt nicht abgegeben.
GaloppOnline.de: Wie groß ist derzeit Ihr Pferdebestand?
Guido Schmitt: Bei Mario Hofer in Krefeld stehen acht Pferde, bei Waldemar Hickst in Köln drei Pferde. Ich habe in den letzten zwei Jahren die Stall-Struktur etwas verjüngt, ältere Pferde abgegeben und teils andere damit hoffentlich glücklich gemacht. Wie z. B Beacon Hill, der nun Christian Peterschmitt gehört und sich dort ja, wie man noch gerade in Neuss noch bewundern konnte, extrem wohlfühlt.
GaloppOnline.de: Wieviele Pferde hatten Sie in besten Zeiten?
Guido Schmitt: Bis zu dreizehn glaube ich. Ich muss auch sagen, dass ich sehr gute neun Jahre hatte. Insgesamt komme ich bereits auf über hundert Siege. Die letzte Saison war leider, ich sage es jetzt mal so deutlich, beschissen. Aber für 2015 habe ich wieder mehr Mumm.Auch meine Derbynennung für Kings Breizh, einen nahen Verwandten zu Ivanhowe, ist, wenn ich mir ihn aktuell anschaue, keine Träumerei mit rosa Brille.
GaloppOnline.de: Mit relativ günstig eingekauften Pferden wie Primera Vista oder Combat Zone haben Sie sehr viel Geld verdient. Kommt man auf ein Plus unterm Strich?
Guido Schmitt: Selbst nach guten neun Jahren liege ich im Rennsport über eine Million Euro hinten. Manche Jahre gingen annähernd plus/minus null aus. Aber ich kaufe auch im Jahr Pferde für durchschnittlich rund 50.000 Euro. Aber jedes Hobby kostet Geld. Finanziell ruinieren werde ich mich im Rennsport aber nicht. Das haben schon genug andere getan.
GaloppOnline.de: Wer so spricht, muss über ein hohes finanzielles Polster verfügen?
Guido Schmitt: Ich habe früh im Leben angefangen, hart zu arbeiten, habe mich nach meiner Banklehre und einem Parallelstudium mit dem ersten an der Börse verdienten Geld darauf spezialisiert, mich an Internetfirmen zu beteiligen, dabei habe ich neben fremden Geld auch eigenes investiert. Später habe ich dann den Börsengang der bet-at-home.com AG begleitet und war dort fünf Jahre Vorstandsvorsitzender.
GaloppOnline.de: Was war so ein ganz großer Deal, den Sie gemacht haben?
Guido Schmitt: Der Verkauf einer Internetvermarktungsfirma an Ströer-Media, mittlerweile der führende Anbieter für Außenwerbung, war sicherlich ein sehr gutes Geschäft, wenngleich im Beteiligungsmarkt kein großer Deal. Im Nachhinein betrachtet, habe ich diese Firma aber zu früh verkauft.
GaloppOnline.de: Im Moment sind Sie ohne Beteiligung?
Guido Schmitt: Nicht ganz, ich habe gerade erst eine Beteiligung an der Internetplattform „table4you.com“ erworben. Diese Idee, es geht um Tischreservierungen außerhalb der Stammzeiten zu deutlichen Rabatten, ist in den USA bereits ein großer Markt. Nun wollen wir dies in Deutschland umsetzen, haben in Düsseldorf mit fünfundzwanzig Restaurants begonnen. Die nächsten Städte, die wir ins Programm nehmen, sind wohl Hamburg und Köln.
GaloppOnline.de: Ich kann also über „table4you.com“ einen Tisch bis zu acht Personen, sagen wir mal um 16 Uhr, in einem Restaurant bestellen, und später gibt es auf die Rechnung einen Rabatt. Was verdient „table4you“ dabei?
Guido Schmitt: Wir nehmen 3,49 Euro für die Buchung, Sie erhalten einen Rabatt von zwanzig bis dreißig Prozent, je nach Restaurant, auf die Gesamtrechnung. Das Restaurant verdient an Zeiten Geld, an denen sonst immer wenig los war. Das ist also eine echte win-win Situation. Die Plattform wird bereits sehr gut angenommen. Es macht Spaß, wieder ein Projekt zu haben.
GaloppOnline.de: Zurück zum Rennsport. Wie sehen Sie die aktuelle Situation in Deutschland?
Guido Schmitt: Einiges ist wirklich erfreulich, vieles unverändert ein Ärgernis?
GaloppOnline.de: Positiv ist?
Guido Schmitt: Die Entwicklung der Rennbahnen in Berlin-Hoppegarten, Hannover und Köln. In Hoppegarten und Hannover haben Gerhard Schöningh und Gregor Baum gezeigt, was alles möglich und auch umsetzbar ist. Köln befindet sich, nachdem Ecki Sauren sich einbringt, fühlbar auf einem guten Weg. Ich will es kurz machen: Wenn man nach einem Renntag in Hoppegarten oder Hannover die Heimreise antritt, hat man das Gefühl, an einem tollen Event teilgenommen zu haben.
GaloppOnline.de: Beide haben auch reichlich Geld in die Hand genommen.
Guido Schmitt: Okay, das ist auch richtig so. Aber auf Dauer sollte sich ihr Engagement auszahlen, weil sie auf ihren Bahnen etwas richtig Gutes auf die Beine gestellt haben. Ich finde es super, dass es solche Leute auch im Galopprennsport und nicht nur im Fußball gibt, die bereit sind, eigenes Geld in die Hand zu nehmen, um etwas Gutes und Bleibendes für alle Galopp-Fans auf die Beine zu stellen. Als kleinstes Beispiel seien die teils persönlich unterschriebenen Einladungen aus Hoppegarten oder Hannover genannt, die u. a dafür sorgen, dass das leider sehr wenig vorhandene „Wir-Gefühl“ im Galopprennsport wieder aufleben kann.
GaloppOnline.de: Sie besuchen natürlich auch andere Bahnen. Wie sieht es Ihrer Meinung nach da aus?
Guido Schmitt: Hier möchte ich allgemein bleiben und sagen, dass ich, wenn ich an einem Renntag freie Logen sehe, frage, warum? Ich hole mir doch auf jeden Fall Leute auf die Bahn, die ich vielleicht später als Sponsor gewinnen kann. Oder gute Wetter. Ich kenne alleine hunderte, die würde ich schriftlich einladen und sie rund um den Renntag hofieren. Selbst mit geringem Budget kann man da einiges bewegen. Alles in Allem muss eine Rennbahn, wie jeder Anbieter einer Ware, seine Kunden, insbesondere seine guten Kunden kennen. Ich glaube, das ist leider bei vielen Bahnen nicht der Fall. Ein bisschen mehr Engagement in diesem Bereich würde schon einen ordentlichen Schritt nach vorne bedeuten. Des Weiteren würde es durchaus Sinn machen, wenn ein Geschäftsführer einer Premium-Bahn auch einmal eine kleine Bahn besucht, wie z. B. Mannheim. Was hier geleistet wird hart am Kunden, vom Ordner bis zum Präsidenten, verdient höchstes Lob von meiner Seite. Man weiß nicht, ob man lachen oder weinen soll, wenn man nach einem Renntag in der sogenannten Provinz nach Hause fährt und denkt : Mann, das war jetzt mal ein toller Renntag, wo alles gestimmt hat, von A-Z.
GaloppOnline.de: Wie sehen Sie die Entwicklung in Iffezheim?
Guido Schmitt: Ich bin leider etwas enttäuscht von Baden Racing. Der Anfang war gut, denn es war etwas zu spüren. Nun hat man den Eindruck, dass dort an wirklich jeder Ecke gespart wird. Aber es gibt die bekannten Probleme. Warten wir ab.
GaloppOnline.de: Hätten Sie keine Lust, ins Management einer Rennbahn einzusteigen. Wenn ja, welche würde Sie reizen?
Guido Schmitt: Düsseldorf würde mich als Düsseldorfer natürlich irgendwann einmal reizen. Aber ein richtiges Thema ist das derzeit und für die nächsten Jahre nicht, da ich eigentlich ungebunden sein möchte. Ich besuche aber jedes Jahr weltweit viele Rennbahnen, hätte somit eine Menge Input und stehe jedem für einen Austausch zur Verfügung. Generell gibt es im Rennsport noch viel zu wenig intelligenten Austausch. Die Next Generation Idee war und ist eine super Sache und muss zwingend weiter ausgebaut werden. Dahinter setze ich zwei Ausrufezeichen. Des Weiteren sollte es meiner Meinung nach im Rennsport in einigen Positionen eine Verjüngung geben. Diese ist nicht nur sinnvoll, sondern muss einfach sein und könnte sich sicherlich auch aus dem Next Generation Pool rekrutieren. Ich selbst habe vor rund acht Jahren führenden Kräften aus dem Galopprennsport ein Joint Venture mit der bet-at-home.com AG angeboten, deren Ergebnis ein kleines „france galop“ hätte werden sollen. Nach einigen Verhandlungen wurde sie abgelehnt. Jahre später beteiligte man sich an RaceBets.com. Eine richtige und gute Entscheidung, aber sicherlich einige Millionen teurer, und wie gesagt, einige Jahre zu spät. Diesen Umweg hätte man sich damals durchaus sparen können, wenn schon mehr Internet-Know-how durch eine Gremienverjüngung bestanden hätte. Nun ist das Schnee von gestern. Man muss nach vorne schauen, sich weiter auf diesem Gebiet verbessern und die Online- und Offline-Welt im Bereich der Wette verknüpfen, um dem Kunden ein optimales Produktpaket zu präsentieren, was auch die Sportwette beinhalten könnte.
GaloppOnline.de: Aktuell sind Sie auf dem Weg nach Cagnes-sur-mer, haben dort einige Pferde am Start, wie überhaupt zahlreiche Starter im Laufe der Saison in Frankreich unterwegs sind.
Guido Schmitt: Das bleibt doch gar nicht aus. Zwei Dinge ärgern mich in Deutschland sehr. Erstens: Dass die jungen Pferde im Handicap zu hart bestraft werden und dann nicht schnell genug Nachlass erhalten. Man sollte junge Pferde und deren kostspieligen Erwerb fördern und nicht bestrafen. Die Dreijährigen in den Handicaps haben doch nur noch selten eine Chance. Früher wurden die Dreijährigen im Handicap gefürchtet, heute werden sie nur noch belächelt. Ein neuer Käufer eines Jährlings von z. B 25.000 Euro hat oft ca. 60.000 Euro investiert, bis das Pferd die Rennbahn sieht. Wenn er am Ende einer Saison eines Dreijährigen zum Beispiel 5.000 Euro Gewinnsumme hat, obwohl er ein Mittelklasse-Pferd hat, stellt sich schon die Frage, ob er noch einmal einen Jährling kauft bzw. nicht vielleicht den Rennsport ganz an den Nagel hängt.
GaloppOnline.de: Und Zweitens?
Guido Schmitt: Das ist die Sache, dass oft Rennen der besseren Kategorie einfach kurzfristig gestrichen werden. Man bereitet das Pferd auf ein ganz bestimmtes besseres Rennen vor, von denen es eh nur vielleicht vier pro Jahr gibt, und erfährt dann, dass das Rennen ausfällt, weil z. B nur fünf bis sechs Pferde laufen würden. Das ist ärgerlich, denn es werden die bestraft, die mitmachen- und nicht die, die fernbleiben wollen. Es ist also der völlig falsche Weg. Das Fazit von vielen ausgefallenen Rennen der besseren Kategorie sieht aktuell leider so aus, dass ich mit meinem Pferd in Zukunft gleich die Route nach Frankreich einschlage. Kurz gefasst: Planungssicherheit muss gegeben sein, alles andere ist und bleibt unprofessionell. Was angeboten wird als Ausschreibung, muss auch stattfinden. Wenn das wieder gegeben ist in Deutschland, bin ich sicher, dass wieder viele Franzosen zurückkommen, um hier zu laufen. Denn eines ist wohl klar: Nichts ist schöner, als einen Sieg seines Pferdes live vor Ort zu erleben.
GaloppOnline.de: Eine letzte Botschaft?
Guido Schmitt: Nun, ich bin mit Herz und Seele Galoppsport-Fan in Deutschland, sonst würde ich hier nicht seit zehn Jahren einen mittleren Rennstall unterhalten. Aber auch als Patriot wird es einem im deutschen Rennsport derzeit nicht leicht gemacht. Die Argumente für die rasant ansteigenden Käufe französischer Jährlinge sind aktuell leider nicht von der Hand zu weisen.