Kurz fühlte man sich an Shirocco im Breeders´ Cup einnert. Kurz durften die deutschen Turffans hoffen auf einen neuerlichen Super-Triumph auf der internationalen Bühne. Gary Tanakas von Andreas Schütz trainierter Epalo schien bei seinem Start im Cathay Pacific Hong Kong Cup Chancen auf eine tragende Rolle zu besitzen. Der zu einer Quote von deutlich über 400:10 angetretene Lando-Sohn, längster Außenseiter im zehnköpfigen Feld dieses Finalrennens der World Series Racing Championship am Sonntag auf dem Sha Tin-Kurs in Hong Kong, wirkte unter Andrasch Starke wie ein Kandidat für einen Platz weit vorne.
Am Ende wurde er jedoch noch von mehreren Kandidaten überlaufen, verkaufte sich als Sechster aber beachtlich. Die Ovationen galten schließlich in diesem mit 18 Millionen HK-Dollar (rund 1,8 Millionen Euro) dotierten und über 2000 Meter führenden Gruppe I-Rennen dem Hong Kong Chinesen Vengeance Of Rain, der mit Jockey Anthony Delpech die starke Schlussattacke der Französin Pride (Christophe Soumillon) knapp abwehrte, Hamdan Al Maktoums Maraheel (Richard Hills) wurde mit viel Speed guter Dritter.
Cup:
‚Wir hatten einen Super-Rennverlauf‘, berichtete Epalos Reiter Andrasch Starke. ‚Wäre er noch in der Verfassung vom vergangenen Jahr gewesen, wäre es vorne viel enger geworden. Auf dem letzten Stück kam er nicht mehr weiter, bis dahin hatte es super ausgesehen. Man darf nicht vergessen, dass er zwischendurch seine Probleme hatte.‘ In der Tat, hätte es unterwegs nicht besser für den World Series Champion von 2004 laufen können. An dem Amerikaner Willow O Wisp fand Epalo ein ideales Führpferd aus der äußeren Startbox, konnte sich direkt hinter diesen legen. Der Vorjahresdritte Touch of Land, wie Epalo ein Lando-Nachkomme, marschierte diesmal an der Seite von Russian Pearl früh in vorderer Linie mit, aber auch Vengeance Of Rain hatte dahinter eine ideale Position.
Um den Piloten war es im Einlauf früh geschehen, so dass Starke auf Epalo das Zeichen zum Aufbruch geben konnte. Rasch hatte der einzige deutsche Gast bei den International Races einen Vorteil, den er zunächst verteidigen konnte, da sich Touch of Land nicht so richtig leicht tat. Doch noch vor der Distanz kamen die Räuber. Vor allem Vengeance of Rain drehte groß auf. Anthony Delpech, ein auf den Seychellen geborener, anschließend in Südafrika tätiger Jockey, der vor dem Sonntag in Hong Kong auf Platz 14 der Statistik rangierte, entlockte dem enorm heruntergewetteten Lokalmatadoren (18,5:10 betrug seine Siegquote!) die entscheidenden Reserven für den Vorstoß.
Diese waren auch notwendig, da Christophe Soumillon außen auf Pride viel Druck machte und noch bis auf einen Hals an Vengeance Of Rain heranlief. Etwas früher in Angriffsposition, hätte es die Stute aus Frankreich möglicherweise noch geschafft.
‚Er ist das beste Pferd, das ich je geritten habe. Ich glaube auch nicht, dass ich ein ähnliches Pferd jemals wieder reiten werde‘, war Anthony Delpech nach Vengance Of Raines Coup außer sich vor Freude. Wir hatten eine gute Lage, er canterte um die letzte Ecke und kämpfte großartig. Er hat alles, was man braucht, Klasse und Mumm.‘
Hong Kong-Coach David Ferraris lobte seinen Crack: ‚Vengeance Of Rain ist ein großer Star, oder nicht? Ich glaube, er hat noch einige Verbesserungsmöglichkeiten.‘ Ein Auftritt beim Dubai Racing Carnival kommt nicht in Frage. ‚Die Besitzer haben mich gebeten, ihn nicht nach Dubai zu schicken, so dass wir den Hong Kong Gold Cup, den Audemars Piguet QE II Cup und das Champions & Chater ansteuern.‘
Vengeance Of Rain, im Vorjahr Derbysieger, sowie Champion über mittlere und Steher-Distanzen in Hong Kong, scheint über 2000 Meter in Sha Tin unbezwingbar zu sein. Beim fünften Versuch auf dieser Bahn und Distanz blieb der fünfjährige Zabeel-Wallach erneut ohne Niederlage. Schon im QE Cup 2005 hatte er auf internationaler Ebene sein Format bewiesen, nun auch das zweite Highlight in Hong Kong dieser Art an sich gebracht. Und was noch bemerkenswerter ist: Auf den allerletzten Drücker wurde der früher unter dem Namen Subscribe angetretene Vengeance Of Rain noch World Series-Champion. Als einziger brachte er es auf zwei Siege und damit 24 Punkte. Sein Team durfte also auch noch diese Trophäe als Epalos Nachfolger in Empfang nehmen.
Im Lager der so knapp unterlegenen Pride haderte man etwas mit dem Schicksal: Jockey Christophe Soumillon kritisierte Trainer Alain de Royer-Dupre: ‚Sie startete gut, und wir hatten eine gute Lage, aber der Trainer hatte mir die Order gegeben, die Stute zurückzunehmen. Wenn wir dort geblieben wären, wo wir waren, hätte sie mit Sicherheit gewonnen.‘
Sehr stark packte noch der Engländer Maraheel an, endete eine Länge hinter Pride als Dritter. ‚Er hat seine Bestform gezeigt und hat die Form zu Pride stimmt haargenau mit der Leistung aus den Champion Stakes überein‘, berichtete Trainer Sir Michael Stoute. Damals war Pride als Zweite ebenfalls knapp vor dem Maktoum-Vertreter geblieben.
Ausgezeichnet gefiel der Hong Kong-Chinese Russian Pearl als Vierter, während Touch of Land (Fünfter) wohl etwas zu früh mitging, noch vor Epalo einkam, der als Sechster noch 400.000 HK-Dollar (rund 40.000 Euro) verdiente und damit seine Karriere beendet. Dem Vernehmen nach wird der Sechsjährige nun Deckhengst in Irland.
Noch hinter Green Treasure und nur vor dem geschlagenen Piloten Willow O Wisp und River Dancer landete als Achte die 2004-Siegerin Alexander Goldrun. ‚Das Rennen war für sie zu langsam, und die Lücke ging nicht auf‘, meinte Jockey Kevin Manning. ‚Immerhin haben wir noch einen Fünfzig-Prozent-Schnitt hier‘, bewies Trainer Jim Bolger Humor. Doch dürfte die Top-Stute nach einer kräftezehrenden Saison wohl die nötige Frische gefehlt haben, wie man schon bei ihren beiden vorherigen Starts hatte vermuten können.
Vase:
‚Im Japan Cup war ich etwas zu früh zur Stelle, das war schon recht unglücklich, als wir nur Fünfter wurden‘, meinte er selbstkritisch. Doch Kieren Fallon, der mehrfache englische Champion, machte seinen Fehler aus Tokio am Sonntag auf dem Sha Tin-Kurs in Hong Kong nicht nur wett. Der Star-Jockey und die Super-Stute Ouija Board avancierten in der Cathay Pacific Hong Kong Vase, dem ersten der vier hochdotierten Einladungsrennen (14 Millionen Hk-Dollar, ca. 1,4 Millionen Euro, 2400 m) auch zu den großen Triumphatoren.
Nach dem Prix de l´Arc de Triomphe-Coup mit Hurricane Run führte Fallon (Foto) nun die vierjährige Cape Cross-Tochter aus dem Stall von Ed Dunlop zu einem weiteren grandiosen Treffer (2004 hatte sie nicht zuletzt den Breeders´ Cup Filly & Mare Turf für sich entschieden, war in dieser Saison wegen einer Verletzung erst spät herausgekommen).
Vom vorletzten Platz in einem von dem einheimischen Saturn zunächst langsam, später aber zügig gelaufenen Rennen, packte Ouija Board als 44,5:10-Mitfavoritin Mitte der Geraden mächtig an, nachdem sie erst etwas eingekeilt schien. Das Horse Of The Year 2004 schoss förmlich durch das Feld, setzte sich im Handumdrehen von der völlig chancenlosen Konkurrenz ab und gewann in bestechender Manier. Es war der zweite Triumph eines englischen Pferdes hintereinander in der Vase nach Phoenix Reach im Vorjahr und der fünfte bei zwölf Austragungen.
Zweidreiviertel Längen hinter der der Engländerin schob sich der Japaner Six Sense (H. Shii) noch auf den Ehrenplatz, blieb mit einem kurzen Kopf vor dem lange stark mitmischenden, erstaunlich gut gewetteten HK-Pferd Best Gift (Douglas Whyte) und der Aga Khan-Stute Shamdala (Christophe Soumillon), die zuletzt enorm stark aufdrehte, aber kaum Freiraum hatte.
Riesiges Vertrauen war mit dem Arc-Zweiten Westerner (Olivier Peslier) gegangen. Unterwegs marschierte die 23:10-Chance im Mittelfeld auch bestechend, doch schon früh zog er außen nicht weiter. Der Wildenstein-Crack, bei dem in Hong Kong die Ohrenstöpsel während des Rennens nicht gezogen werden durften, endete nur auf Platz fünf vor Fabre-Vertreter Reefscape, der auf etwas kurzer Strecke lange bessere Szenen hatte. ‚Der Boden war viel zu fest‘, versicherte Westerners Jockey Olivier Peslier.
Hans Wirths von Francois Doumen vorbereitete Samando kam vom letzten Platz noch auf Rang sieben, zeigte unter Eric Legrix sicher eine ordentliche Vorstellung, folgte nur 4,5 Längen hinter der Siegerin.
‚Ich hatte auf Platz vier gehofft, das wäre das Optimum gewesen. Aber es war zuwenig Tempo, sie endete aber dichtauf‘, meinte ihr Steuermann Eric Legrix. ‚Sie geht nun in die Zucht. Ihr erster Partner wird Shamardal sein‘, versicherte Eigner Hans Wirth. Godolphins Cherry Mix steckte von zweiter Stelle auf vielleicht etwas zu trockenem Boden bald auf, auch Norse Dancer und Baden-Hero Warrsan (11. bzw. 12. und Letzter) hatten früh ausgespielt, wobei vor allem der Brittain-Schützling längst über dem Berg ist. Im Lager von Sweet Stream und Norse Dancer bedauerte man, dass beide keine Lücke fanden.
Normalerweise wäre dies ein guter Schlusspunkt für die Karriere von Ouija Board, doch hielt sich ihr Trainer Ed Dunlop noch alles offen: ‚Sie hat das Jahr toll beendet, das Team hat einen Klasse-Job hingelegt. Es hat sich ausgezahlt, die Stute als Vierjährige noch in Training zu lassen. Eigentlich war geplant, an sechster Stelle zu sehen und nicht von ganz hinten, aber Kieren hat alles gut geregelt. Wir werden jetzt erst einmal abwarten, wie sie das Rennen überstanden hat und dann entscheiden, was wir machen.‘ Allerdings wäre er überrascht, wenn nun schon Schluss sei.
Fallon lobte den ‚großen Speed, die enorme Beschleunigung‘ von Ouija Board, während Besitzer Lord Derby natürlich voller Emotionen war: ‚Sie ist eine außergewöhnliche Stute, hat nun auf drei Kontinenten gewonnen. Die Leistung ihres Team verdient ebenfalls Hochachtung. Kieren Fallon hat ein großes Rennen geritten, wir sind so happy.‘
Sprint:
Sage und schreibe acht Kandidaten stellte das Gastgeberland Hong Kong im Sprint (10 Millionen HK-Dollar, ca. 1 Million Euro, 1000 m). Und auch in Abwesenheit von Superstar Silent Witness (ist nach einer Saison mit wenigen Pausen derzeit nicht voll auf der Höhe seiner Form) bildeten sie auf den Plätzen eins bis fünf das dominierende Element in diesem Flieger-Event, wenn auch in etwas anderer Reihenfolge als von den meisten Zuschauern erwartet. Denn ziemlich überraschend knüpfte der 282:10-Außenseiter Natural Blitz, ein fünfjähriger Wallach aus Australien stammender dem Stall von Tony Cruz´ Bruder Derek, mit Glyn Schofield wieder an seine Bestform aus dem Vorjahr an. Damals hatte der in Australien gezogene Maroof-Sohn einen ausgezeichneten dritten Rang erreicht. Doch nun konnte er es noch besser.
Zuletzt nur Dritter im Sprint Trial, stiefelte er nun fast Start-Ziel über die Ein-Kilometer-Strecke und ließ der Konkurrenz schon früh nicht den Hauch einer Chance. Mit eindreiviertel Längen wehrte er auch die kurz gefährlich wirkende Attacke des Mitfavoriten Planet Ruler ab, während Able Prince (Douglas Whyte) Dritter wurde vor Country Music und dem Favoriten Cape Of Good Hope.
Der Vorjahreszweite scheint doch etwas die Strapazen der vergangenen Monate zu spüren, hatte er doch große Expeditionen nach Ascot und Australien hinter sich. Von den Europäern Chineur (8.), Benbaun (6.) und Nipping (10.) war nicht viel zu sehen, der Amerikaner Nicole´s Dream (12. und Letzter) hatte seine besten Szenen in der Anfangsphase. Kuriosum: Mit der Dreierwette Natural Blitz vor Planet Ruler und Able Prince waren genau die drei Kandidaten des Trials auf dieser Bahn vorne, wenn auch in anderer Reihung.
‚Ich war überrascht, dass wir so wenig Druck bekommen haben. Ich glaube, die meisten im Feld haben gedacht, wir wären auf den letzten zweihundert Metern nicht mehr so stark. Aber er hat heute etwas anderes bewiesen. Sein Tank war voll‘, berichtete Glyn Schofield, der Partner von Natural Blitz. Trainer Derek Cruz freute sich über seinen ersten Gruppe I-Sieg. ‚Ich bin sehr stolz. Er ist ein sehr kleines Pferd, wichtig ist, dass man ihn im Training nicht zu hart herannimmt.‘
Mile:
Schon auf dem Papier hatte es danach ausgesehen – die asiatischen Pferde, zahlenmäßig deutlich überlegen, beherrschten die Cathay Pacific Hong Hong Mile (14 Millionen HK-Dollar, rund 1,4 Mio. Euro, 1600 m) nach Belieben. Doch so sehr sich die Vertreter der einheimischen Garde auch anstrengten, mussten sie doch den Japaner Hat Trick ziehen lassen. Olivier Peslier, seit Jahren auch im Land der aufgehenden Sonne ein absoluter Star im Rennsattel, steuerte den 48:10-Mitfavoriten, einen vierjährigen Sunday Silence-Nachkommen, mit einer gehörigen Portion Vertrauen und wurde dafür reichlich belohnt.
Denn an viertletzter Position erkannte man den Katsuhiko Sumii-Schützling zu Beginn, während Scintillation vor The Duke loslegte wie die Feuerwehr und die Tanaka-Hoffnung Rakti alles andere als gut abgesprungen war.
Von den anfänglichen Protagonisten konnte sich der Hong Kong-Wallach The Duke (Darren Beadman) am längsten verteidigen. Aber aus dem Mittelfeld hatte nun auch Hat Trick Mitte des Einlaufs den richtigen Schwung gefunden. An der Außenseite pirschte sich der Hengst Zug um Zug heran und trumpfte in der Distanz mächtig auf. Noch überaus leicht mit eineinviertel Längen setzte sich der hochgehandelte Hengst ab, während der bravourös dagegenhaltende The Duke gerade noch mit einer halben Länge den Ehrenplatz gegen seinen heranrauschenden Landsmann Dave´s Best (Christophe Soumillon) verteidigte. Etwas zu spät fand der favorisierte Hong Kong-Chinese Bullish Luck ins Rennen, landete als Vierter aber noch auf einem vorderen Platz.
Und wo waren die Europäer? Der eigenwillige Engländer Rakti (Philip Robinson), von Michael Jarvis nach der letztjährigen Enttäuschung im Cup nun in die Mile beordert, wo er auf der den Zuschauern abgewandten Startstelle etwas mehr Ruhe hatte, ließ jeglichen Dash vermissen, wurde nur Elfter. ‚Das war nicht der Rakti, den ich kenne Er konnte sich früh nicht mehr steigern‘, bedauerte Jockey Philip Robinson. Ed Dunlops Court Masterpiece (Kieren Fallon) kam vom letzten Platz innen kurz in die Partie, stand aber nicht komplett durch. Er blieb als Fünfter vor dem ebenfalls aus hinteren Regionen kommenden japanischen Gast Asakusa Den´en.
‚Es war ein großartiges Rennen, er ist ein großartiges Pferd. Er war so stark wie bei seinem Sieg in der Mile Championship in Japan zuletzt. Trotz der äußeren Startnummer war ich stets sehr zuversichtlich‘, schilderte Siegjockey Olivier Peslier später. ‚Ich danke dem Jockey, er kennt das Pferd genau und kann alles perfekt umsetzen. Über seinen nächsten Start ist noch nicht entschieden‘, fügte Trainer Katsuhiko Sumii an. Vor dem Rennen hatte man sich eine große Verspätung eingehandelt, da ein Stück Blei gefunden wurde und nicht zugeordnet werden konnte, so dass alle Jockeys nochmals neu ausgewogen werden mussten.
In Hong Kong gehen die Uhren anders. Bei Temperaturen von 20 Grad und Sonnenschein flossen in den neun Prüfungen 848.901.625 HK-Dollar (rund 85 Millionen Euro) in die Kassen des Jockey Clubs. 39.100 Zuschauer erlebten das Geschehen in Sha Tin mit, 5200 weilten zeigleich in Happy Valley. Damit kam man auf eine Besucherzahl von insgesamt 44.359. In Deutschland braucht man für eine ähnliche Umsatzzahl etwa ein Jahr!











