Der große Luciano wuchs hier auf, wie auch Presto und Pentathlon. Literat, Tarim, Limbo, General Assembly oder Park Romeo wirkten als Deckhengste, das ist nur ein kurzer namentlicher Auszug aus der Geschichte des Gestüts Alpen am Niederrhein, auf dem in letzten 16 Jahren das Gestüt Olympia Heimrecht besaß. Dieser Pacht-Kontrakt wurde nun nicht mehr verlängert, ab 1. Juli 2005 heißt es wieder Gestüt Alpen.
Somit gelangt man zu den Wurzeln zurück. „Wir haben es uns überlegt und entschieden, die Tradition, die mein Großvater und Vater hier aufgebaut hat, nun fortzusetzen“, erklärt Jörg Zahn, der vor wenigen Wochen sein 29. Lebensjahr vollendet hat. Natürlich hat man sich alles reiflich überlegt, hat abgewägt, ob die Basis für die Fortsetzung eines Pensionsgestüts vorhanden ist. „Die Pensionäre, die bislang hier waren, werden bleiben. Wie Olympia, Frau Bodewein, Herr Löhndorff oder Herr Peters. Auch hat Herr Joswich entschieden, dass Protektor als Deckhengst weiterhin in Alpen bleibt, obschon einige Angebote für den Acatenango-Sohn, darunter auch aus Frankreich, auf dem Tisch liegen.
Olympia wird zwei oder drei Stuten weiterhin in Alpen stationieren. Das ist zunächst eine wichtige Grundlage, auf der sich aufbauen lässt“, fasst es Jörg Zahn zusammen. Und darüber hinaus gibt es auch brandaktuelle Referenzen. Wie noch der Erfolg von Gestüt Olympias Tarlac am letzten Sonntag im BMW Sachsen Preis.
Der dreijährige Fairhope hat sich in die erweiterte Spitzengruppe seines Jahrgangs geschoben und schnell wird angefügt, dass auch die Gruppe-Siegerin Mamela, die klassische Siegerin Portella, der klassisch platzierte Djibouti, die Henkel-Siegerin Portella oder nicht zuletzt der vor wenigen Wochen in Mailand auf Listenebene erfolgreich Laredo Sound in Olympia ihre Kinderstube hatten. Und natürlich, auch wenn es schon ein paar Jahre her ist, der Klasseflieger Feenpark. Einen Anspruch auf Vollzähligkeit erhebt diese Aufstellung beileibe nicht.
Doch es wurde nicht nur hinsichtlich des Einstieges, oder besser formuliert, der Fortführung eines Pensionsgestüts, entschieden. Man setzt im „neuen Alpen“ auch auf ein weiteres Standbein. „Wir schaffen hier einen Trainingsbetrieb, der aber völlig getrennt vom Gestütsbetrieb abläuft. Er gibt sogar eine eigene Einfahrt für den Pferdetransporter“, gibt Jörg Zahn sofort zu verstehen und will damit auch irgendwo aufgetauchten Gerüchten entgegentreten, die da von irgendeiner „kaum optimalen Lösung“ herumkursierten. „Dass wir einen Renn- und Trainingsbetrieb anbieten, dies war mir schon sehr gelegen“, betont der neue Gestütsherr ausdrücklich. 30 Boxen stehen zur Verfügung, angrenzend steht eine große Reithalle zur Verfügung.
Hans-Walter Hiller wird hier Mitte Juli seine Tätigkeit als Public-Trainer beginnen, wird mit etwa 15 Pferden aus dem benachbarten Issum nach Alpen wechseln. Bis zum Jahresende sollen die Boxen gefüllt sein. „Herr Hiller arbeitet als selbstständiger Unternehmer, wir treten als Verpächter auf“, erklärt Jörg Zahn die Bedingungen. Da das Gestüt Alpen selbst noch etwa im Schnitt drei Pferde in Training hält, werden diese natürlich auch in diesem Trakt stehen. Jörg Zahn wird sie weiterhin als Besitzertrainer betreuen.
„Herr Hiller ist nicht umsonst 1999 Champion geworden, er ist ein ausgesprochen guter Trainer mit einem großen Pferdeverstand“, fügt er an und weist auch noch einmal auf den ausgesprochen günstigen geografischen Standort in Alpen hin. Nur wenige Meter von der A 57 entfernt ist nicht nur nahezu jede westdeutsche Rennbahn schnell zu erreichen, sondern man hat auch sofort beste Anschlüsse an bedeutende Verkehrsknotenpunkte in alle Himmelsrichtungen.
Ansonsten wird Jörg Zahn, von Beruf Pferdewirt mit Schwerpunkt Zucht und Haltung, nicht in das operative Tagesgeschäft eingreifen, wohl die Organisation und Büroarbeiten erledigen. „Im Gestüt ist Heinz Winkelhoch weiterhin unser Mann des Vertrauens, er ist hier schon eine Institution.“ In der Tat, denn er erblickte bereits in Alpen das Licht der Welt, er hat maßgeblichen Anteil an der Erfolgsstory auf dieser niederrheinischen Scholle. Seinen Job als Bereiter für die Dressurpferde der Familie Underberg wird Jörg Zahn weitgehend fortführen.
„Man ist mir sehr entgegengekommen, die Familie Underberg wird mir die Zeit, die ich für die neue Aufgaben benötige, geben“, klärt er ebenso auf wie die Tatsache, dass er die Anlage inzwischen von seiner Mutter gepachtet hat.
Natürlich wird es im Gestüt Alpen einen Restaurationsschub geben. „Darüber gab es bei uns keine große Diskussion. Wir haben einen Mehr-Stufen-Plan erstellt und bewegen uns dann schnell in sechsstellige Euro-Region“, gibt Jörg Zahn zu verstehen.
„Wir werden uns bei den Investitionen auch bei staatlichen Förderprogrammen umsehen. Wie zum Beispiel das Junglandwirteprogramm ebenso anfordern wie auch die Grünlandprämien“, man weiß offenbar genau, wovon man spricht. Riesensummen werde aus diesen Töpfen nicht ausgeschüttet, aber man wolle diese Chancen natürlich nicht ungenutzt lassen.
Zu den ersten und dringlichsten Arbeiten zählt die Herstellung einer 1400-Meter langen Arbeitssandbahn. Die gewaschene Rheinsandschicht wird in wenigen Tagen angeliefert, mit der Fertigstellung ist am 7./8. Juli zu rechnen. Auch eine Grasbahn wird in Zukunft Trainer Hans-Walter Hiller zur Verfügung stehen. Reitwege – auch im Wald – befinden sich in unmittelbarer Nähe der Trainingsanlage.
Die Gründlandfläche beläuft sich in Alpen auf 35 Hektar an Grünland. Natürlich möchte man die Zahl der Pensionäre weiter aufstocken, zurzeit sind es zehn Mutterstuten, die sich auf den Koppeln tummeln. Die Bedingungen für eine Expansion sind allemal gegeben. „Wenn hier alles fertig ist, planen wir einen Tag der offenen Tür und weitere Veranstaltungen. Wir möchten, dass die Pensionäre sich mit unserem Gestüt voll identifizieren, sie sollen sich mit ihren Stuten und mit dem Nachwuchs jederzeit präsentieren können“, meint Jörg Zahn.
Wichtig ist ihm dies auch, da Jahr für Jahr auch zahlreiche Jährlinge für die Auktion in Baden-Baden vorgesehen sind. Und natürlich steht Alpen auch jederzeit den Pferden zur Verfügung, die im Rennstall stehen und eine – aus welchen Grünen auch immer „Auszeit“ benötigen. Wir z.B. Tarlac, der den letzten Winter am Niederrhein verbrachte. „Der Service am Kunden ist und bleibt das A und O“, bringt er es auf einen Nenner.
Wie erwähnt bleibt Alpen weiterhin Protektors Wirkungsstätte. 2002 deckte der Acatenango-Sohn noch 50 Stuten, in diesem Jahr waren es leider nur zwölf. „Aber es waren gute Stuten dabei, auch von führenden Gestüten, wie z.B. Wittekindshof. Wenn es in dieser Saison gut läuft, sieht das im nächsten Jahr sicherlich mit der Quantität wieder anders aus. Wichtig ist, dass mal wieder ein so richtiger Kracher wie zum Beispiel die klassische Siegerin Portella darunter ist“, so Jörg Zahn, der sich durchaus auch vorstellen kann, dass in Zukunft ein weiterer Hengst in Alpen aufgestellt wird. Man werde den Markt diesbezüglich genau beobachten, heißt es.
Die Weichen sind gestellt, das Fundament steht und Jörg Zahn weist darauf hin, dass die Pferde aus Olympia bzw. Alpen sich sehr ordentlich verkaufen. „Erfolg ist immer noch die beste Werbung, daran führt überhaupt kein Weg vorbei“, auch gegen diesen Slogan gibt es natürlich nichts einzuwenden.
Werfen wir auch noch einmal einen Blick weit nach vorne und natürlich muss die Frage gestellt werden, ob man nicht eines Tages auch einmal einen Public-Trainer Jörg Zahn sehen wird. Auch um diese Antwort wird nicht lange herumgeredet. „Ich schließe das ganz bestimmt nicht aus. Aber auch da muss man hineinwachsen,“ gibt er zu verstehen. Allerdings, bis Erreichen des 50. Lebensjahres wird er bestimmt nicht warten.











