Wenige Wochen vor dem Jahresultimo. Ein Blick auf die Züchterstatistik verdeutlicht, dass das Gestüt Wittekindshof klar auf Championatskurs ist. Ein Besuch der Zuchtstätte in Rüthen-Kneblighausen erscheint somit angebracht. Nicht nur mit einem Resümee auf die Saison 2004, die für Hans-Hugo Miebachs Scholle im Sauerland ein ganz großes Jahr war.
„Wir sind noch nicht über der Ziellinie, Fährhof ist uns noch auf den Fersen“, bemerkte Gestütsleiter Karl Jörg gleich am anderen Ende, als wir nach einem geeigneten Termin suchen. Doch wenige Tage vor Weihnachten war alles unter Dach und Fach, das Championat abgesegnet und der Reise ins Sauerland stand nichts mehr im Wege.
Man kann darüber streiten, wann das beste Jahr des Gestüts Wittekindshof war. 1998 war eine Saison, in der man erstmals auf dem Züchter-Olymp stand. Tiger Hill, Elle Danzig und Nadour Al Bahr waren die großen Matchwinner in jenem Jahr. Zwei Jahre zuvor hatten La Blue und Night Petticoat in den blauen Wittekindshofer Farben beide Stutenklassiker gewonnen, hatten quasi einen Quantensprung für die Sauerländer Zuchtstätte eingeleitet.
Und nun 2004, ein Jahr, in dem Vierbeiner aus Wittekindshof auf riesengroße Erfolge kamen. Vor allem in fremden Farben. In nackten Zahlen ausgedrückt starteten auf der Flachen Wittekindshofer Pferde 357mal, gewann 41 Rennen und und kamen auf 133 Platzierungen, was eine Gesamtgewinnsumme von 817.660 Euro ausmacht.
Für das Züchterchampionat wurden nur die inländischen Gewinne gewertet. Hier belief sich die Gesamtgewinnsumme auf 724.960 Euro, was das Championat für das Gestüt Wittekindshof bedeutete. Zweiter wurde das Gestüt Fährhof mit 665.255 Euro. Saldentigerin, Mensatiger, Sweet Wake, Next Society, El Tiger, Near Dock, Nightdance Forest, Salonhonor, Omikron, Sword Roche, Next Gina, Mandahush oder Salon Turtle, sie alle waren im oberen Euro-Sektor die entscheidenden Posten, die zum zweiten Championat nach 1998 für Wittekindshof führten.
Nicht unterschlagen darf man bei dieser Gelegenheit auch die tolle Bilanz auf der Hindernisbahn: Fast jeder vierte Starter Wittekindshofer Ursprungs kehrte als Sieger zur Waage zurück.
Es ist ein Tag vor Silvester und bitterkalt im Sauerland. Die Berge sind leicht mit Schnee bedeckt, die vor allem etwas abgelegeneren Straßen glatt. Karl Jörg brettert mit einem Traktor entlang des Weges, kommentiert gleich, dass man angesichts des Fahrverhaltens sehen würde, dass man aus dem Flachland käme.
Dann geht es gleich ohne großes Vorgeplänkel raus auf die Koppeln, wo der Wind noch schärfer ist. Als erstes stoßen wir auf Next Desert und sind somit etwas überrascht. Soll der nicht im Gestüt Rheinberg decken? „Natürlich, am 1. Februar reist er an den Niederrhein, geht dort in seine zweite Saison“, klärt uns der Gestütsleiter auf.
Fast 70 Stuten hat der Derby-Sieger von 2002 im letzten Jahr gedeckt, darunter acht Wittekindshofer Stuten, was sicher ein nicht geringer Vertrauensbeweis ist. Mitte Januar 2005 kam das erste Fohlen von Next Desert auf die Welt, die Mutter ist die Wittekindshoferin Salondame. Aktiv ist in Wittekindshof schon seit vielen Jahren kein Hengst mehr.
Presto und Elektrant waren in früheren Zeiten für einen kurzen Zeitraum die Ausnahmen. Ohne eigenen Deckhengst sei man stets flexibler in der Auswahl gewesen, die großen Erfolge habe man ohne eigenen Stallion verbucht. Dem kann man nicht widersprechen.
Unmittelbar neben der Koppel von Next Desert tummeln sich Absetzer. Der Jahrgang ‘04 ist schon nicht mehr komplett. „Baron von Ullmann war im Herbst hier, hat zwei Absetzer und einen Jährling gekauft“, klärt der Gestütsleiter gleich auf. Und zwar einen von Monsun aus der Elle Danzig stammenden Hengst sowie einen von Polish Precedent stammenden nahen Verwandten von Manduro, der wenige Wochen später in Ullmann-Farben zum aktuellen „Winterfavoriten“ aufstieg.
Das nennt man verdammt gutes Gespür. Der dritte im Bunde, den sich Baron Ullmann bei seiner Sauerländer „Shopping-Tour“ sicherte, ist ein jetzt zweijähriger Tiger Hill-Sohn aus der Sappho.
Natürlich wird sich der Jahrgang von 2004 – darunter befindet sich u.a. ein rechter Bruder von Derby-Sieger Next Desert, ein Bruder von Salonblue, ein von Fantastic Light stammender Bruder von Saldentigerin oder ein von Tiger Hill stammende Bruder von Nightdance Forest – weiter dezimieren, denn Wittekindshof wird nahezu alle jungen Pferde auf die Auktionen schicken.
Längst kommen Wittekindshofer Pferde nicht nur in Deutschland in den Ring. Auch auf den Spitzenauktionen in Deauville und Newmarket ist man präsent. Und erfolgreich. Ein Elle-Danzig-Fohlen von Galileo brachte bei Tattersalls 330.000 Euro, in Deauville wurde Salon Painter, ein Halbbruder vor allem von Salonblue, Salon Turtle und Salonhonor für 180 000 Euro Englands Spitzenagent Charlie Gordon-Watson zugeschlagen.
Und natürlich setzte man auch wieder einmal in Iffezheim Akzente. Nur Brümmerhof konnte es dank des Rekordjährlings Quorum besser, für 568.000 Euro wurden zehn Wittekindshofer Jährlinge inclusive zweier Rückkäufe versteigert, dies bedeutete Platz zwei. Der Galileo-Sohn Le Galic markierte mit 220 000 Euro den höchsten Preis, er ging über die BBA Germany an den Stall Lucky Stable, wird von Andy Trybuhl trainiert.
Aber natürlich wird man auch etliche Wittekindshofer Pferde demnächst im Ausland am Start sehen. „Ohne die vielen Zuschläge an ausländische Agenten wäre die Iffezheimer Auktion doch ein Fiasko geworden“, urteilt Karl Jörg und fügt hinzu: „Wir züchten mit internationalen Deckhengsten teils auch gezielt für den ausländischen Markt, ohne den man heutzutage nicht mehr bestehen könnte. Das heißt natürlich auch, dass wir so schnell wohl kaum noch einmal das Züchterchampionat gewinnen werden, denn es zielt ja ausschließlich auf die Inlandserfolge ab.“
Auf der nächsten Koppeln tummeln sich Pferde, die nur zum überwintern in ihre Heimat zurückgekehrt sind. Wie zum Beispiel Sword Roche, die 2004 die Austrian Oaks in Ebreichsdorf gewann und beinahe auch hierzulande zur klassischen Siegerin aufgestiegen war. Im Dortmunder St. Leger musste sie ganz knapp Darsalam den Vortritt lassen. „Sie wird zu Mario Hofer zurück ins Training kommen“, so Karl Jörg über die Zukunft der Laroche-Tochter. Und somit zu einer altvertrauten Adresse, denn Mario Hofer trainierte bereits Wittekindshofer, als er noch in Riem tätig war.
„Er war seinerzeit bereits auf den Auktionen an unseren Pferden interessiert, hat den einen oder anderen gekauft. So etwas honorieren wir. Das haben wir bis heute so beibehalten. So hat zum Beispiel Andy Trybuhl im letzten Jahr einen Jährling bekommen, weil er Le Galic in Baden-Baden für den Stall Lucky Stable empfahl. Das Geschäft ist halt ein Nehmen und Geben.“
Auch Mandahush, die auf der Koppel tollt, kehrt zu Mario Hofer zurück ins Training. Die Alwuhush-Tochter gewann 2004 zweijährig zwei Rennen, darunter ein Listen-Rennen in Italien. Den gleichen Jahrgang vertritt auch L’ Honorabilite, die bei Andreas Schütz bereits platziert lief und die natürlich in das Weidenpescher Championquartier zurückkehren wird.
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