Vielleicht ist es nur einziges Bild, das signifikant war für das exzellente Jahr 2004, das das Gestüt Schlenderhan von Karin von Ullmann hatte, Zucht und Rennstall von Georg von Ullmann einbegriffen. Natürlich war es der Derby-Sieg von Shirocco, der Erfolg von Amarette im Preis der Diana, mehr aber wohl doch der Einlauf im Gran Criterium für Zweijährige in Mailand. Erster ein Schlenderhaner, der von einem eigenen Deckhengst stammt, Zweiter ein Schlenderhaner, der von einem eigenen Deckhengst stammt, Königstiger vor Idealist, beide Tiger Hill-Nachkommen.
Einmal davon abgesehen, dass Starts, geschweige denn Erfolge insbesondere von deutschen Zweijährigen in Gruppe I-Rennen selten sind wie die Blaue Mauritius (auch wenn Paita einige Wochen später in Frankreich ein ähnliches Kunststück gelang) – gleich zwei Pferde in einem solchen Rennen vorne zu haben, war in der Vergangenheit eher den großen Rennställen der Maktoums oder der Coolmore-Entourage vorbehalten.
Deutschlands ältestes privates Vollblutgestüt hat sich gewandelt. Nicht äußerlich, erfreulicherweise. Immer noch dominiert rund um das Schloss in Quadrath-Ichendorf, rund 30 Kilometer vor den Toren Kölns, die großzügige Tradition der letzten Jahrzehnte, ja fast schon Jahrhunderte. Neues Gelände ist dazu gepachtet und gekauft worden, moderne Stallungen wurden errichtet, aber immer noch ist es ein Ort, bei dem man sich gut vorstellen kann, welches Leben dort vor hundert Jahren geherrscht hat.
Es hat auch magere Jahre gegeben in Schlenderhan und die liegen noch gar nicht lange zurück. Wir erinnern uns noch gut daran, dass die Pferde im Asterblüte-Stall von Heinz Jentzsch nicht unbedingt die erste Geige gespielt haben und der Trainer den Transporter, der jeden Spätherbst mit den Jährlingen aus dem Raum Bergheim auf der Rennbahn vorfuhr, mit berechtigter Skepsis beäugt hatte. Das ist Vergangenheit. Schlenderhan ist professioneller, kommerzieller geworden.
Die Stutenherde ist durchstrukturiert, alteingesessene Familien werden erfolgreich gepflegt wie neue Linien importiert. Der Einlauf im Gran Criterium mag das verdeutlichen, denn der Sieger Königstiger ist der Sohn einer erst vor wenigen Jahren in Newmarket erworbenen Stute, Idealist dagegen stammt aus einer Linie, die schon Jahrzehnte in Schlenderhan angesiedelt ist.
Der oder die Volltreffer der jüngsten Zeit sind natürlich die Deckhengste Monsun und Tiger Hill.
Beide wurden von Georg von Ullmann auf der BBAG-Auktion gekauft, waren erstklassige Rennpferde und haben sich längst als erstklassige Vererber entpuppt. Monsun, der aktuelle Champion, natürlich schon länger, Tiger Hill hatte 2004, in dem sein erster Jahrgang dreijährig war, seinen eigentlichen Durchbruch. Und da die Zeit des Mäzenatentums in der Vollblutzucht ohnehin lange vorbei ist, freut man sich in Schlenderhan über die Einnahmen aus dem Deckgeschäft.
Monsun, mit einer Taxe von 40.000 Euro zu Recht der teuerste Hengst im Lande, im internationalen Vergleich trotzdem fast noch preiswert, wird 2005 um die sechzig Stuten decken, Tiger Hill, der vergleichsweise preiswerte 9000 Euro kostet, wird mit einhundert Stuten erfreut, es könnten sogar doppelt so viel sein, wenn man denn nur wollte. „Die Baronin hat viele Jahre in Schlenderhan investiert“, sagt Gestütsleiter Gebhard Apelt, „da ist es nur logisch, dass man auch etwas zurückbekommen will.“
Bei Monsun ist es sicher erfreulich, dass er trotz seiner Probleme mit der Sehkraft als Deckhengst keinerlei Schwierigkeiten hat. „Man muss schon aufpassen“, sagt Apelt, „auf einem Auge sieht er nur noch hell und dunkel.“ Die Befruchtungsquote liegt „stabil bei 93 Prozent.“
Natürlich war es wieder ein fabelhaftes Jahr für den Hengst, denn mit Shirocco und Amarette stellte er die Sieger in beiden „Derbys“. Weitere Gruppe-Sieger waren Assiun, Aubonne, Give me Five, Manduro, Sorrent und Vallera, zwei davon sind Zweijährige, da ist also im kommenden Jahr Einiges zu erwarten. „Je höher die Qualität der Mutterstuten ist, desto besser ist das Produkt“, ist bei Monsun die einfache Faustformel.
Dass Monsun auch in Europa inzwischen Spitzenpositionen in den einschlägigen Statistiken einnimmt, ist natürlich niemandem entgangen, weswegen das Interesse der Züchter aus dem Ausland entsprechend ist.
Ähnliches gilt für Tiger Hill. „Wir haben inzwischen rund vierzig Anmeldungen aus England und Frankreich“, sagt Apelt, was insofern fast schon paradox ist, da er in den zwei Jahren als Deckhengst, die er in Frankreich verbrachte, die Aufmerksamkeit der dortigen Züchter weniger groß war.
Apelt: „Er hatte dort im ersten Jahr sechzig Stuten, davon kamen 44 aus Deutschland. Auf Dauer machte es also wenig Sinn, dass er dort stand.“ Königstiger und Idealist waren natürlich die besten Werberträger, mit Mr. Sacha hatte er in Frankreich einen Gruppe III-Sieger, hinzu kamen Saldentigerin, Attilia, Qsar und El Tiger, dann Elopa, mit der im nächsten Jahr verstärkt zu rechnen ist.
Es ist nur logisch, dass die Reisetätigkeit der Schlenderhaner Stuten im kommenden Jahr weit weniger rege ist als in mancher Vorsaison, ganz einfach, weil man zwei der besten Hengste des Landes im eigenen Hause hat. Tertullian, der nach Erftmühle gewechselt ist und dessen erste Bewährungsprobe 2005 bevorsteht, wenn sein erster Jahrgang auf der Bahn ist, wird mit vier bis fünf Stuten unterstützt, er steht ja auch noch im Besitz von Schlenderhan.
Zwei Stuten wird auch Dai Jin in Zoppenbroich bekommen, die Linie war ja doch nur sehr kurz vor Ort, aber er ist und bleibt ein Hengst Schlenderhaner Ursprungs. Pentire bekommt eine Stute, natürlich auch der eine oder andere Vererber im Ausland, so wie das in der Vergangenheit immer der Fall war.
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