Das Regelwerk des Direktoriums, das mittlerweile deutschen Jockeys grundsätzlich erlaubt, Werbung auf ihrer persönlichen Rennkleidung zu machen, ist kompliziert – so kompliziert, dass es normalerweise Sponsoren eher abschreckt als anzieht. Denn jeder Sponsor bzw. Jockey, der sich mit einem Werbegedanken trägt, muss sich erst einmal durch eine Vielzahl von Reglements kämpfen, ehe der Werbeschriftzug endgültig auf des Reiters Hose platziert werden kann.
So ist es nicht weiter verwunderlich, dass Jean-Pierre Carvalho bis dato der einzige deutsche Jockey ist, der seit dem 1. Advent in Neuss Werbung – für galopprennen.tv – auf seinen Reithosen trägt, aber damit eine neue Ära angebrochen hat. „Das komplizierte Regelwerk war gerade das reizvolle“, sagt Guido Schmitt von galopprennen.tv. „Wir wollten einfach zeigen, dass es trotzdem möglich ist, Werbung am Jockey zu platzieren.“ Von zahlreichen Reitern sei ihm bekannt gewesen, dass sie gerne Sponsorenverträge abgeschlossen hätten, doch dies oft ob der Klauseln gescheitert sei.
Und die sind wie gesagt nicht ganz ohne. Zuerst muss die Genehmigung für das Tragen einer Werbung auf der persönlichen Rennkleidung des Reiters schriftlich beim Direktorium beantragt werden. Amateurreiter/innen und Auszubildende dürfen erst gar keinen Antrag einreichen, dies ist nur Jockeys oder Berufsrennreitern gestattet.
Wird die Genehmigung erteilt, wird eine speziell für diesen Zweck vorgesehene Karte ausgestellt, auf der die Anbringung der Werbung genau beschrieben wird. Diese muss der Jockey bei seiner Ankunft auf der Rennbahn den Verantwortlichen des veranstaltenden Rennvereins vorzeigen. Ist der veranstaltende Rennverein mit der Werbung nicht einverstanden, muss in einem werbefreien Dress geritten werden.
Für gesponserte Rennen muss der Veranstalter ohnehin eine Ausnahmegenehmigung erteilen. Darüber hinaus müssen die Eigentümer, die den Jockey für Ritte verpflichten wollen, vorher informiert werden, um gegebenenfalls ein Veto einlegen zu können. Allein dieser organisatorische Aufwand plus die einzugehende Verpflichtung des Sponsors, keinen Einfluss auf die berufliche Tätigkeit des Jockeys auszuüben, schreckt viele potentielle Geldgeber ab.
„Es ist nicht einfach, einen Sponsor zu finden, der dies alles mitmacht“, meint Jean-Pierre Carvalho, der froh darüber ist, „dass ich mit galopprennen.tv einen guten Partner gefunden habe.“
Ein Jahr lang läuft der Vertrag zwischen dem gebürtigen Franzosen und dem Unternehmen, das dem Münchener Rennverein e.V. angeschlossen ist. Und was meint Carvalho sonst noch zu seiner neuen Rolle als Vorreiter auf dem Werbesektor? „Ich gehe davon aus, dass noch andere Reiter nachziehen werden. Es ist eine angenehme Sache für Jockeys, denn gerade in den jetzigen schwierigen Zeiten muss man gucken, wo man bleibt. Es gibt ja immer weniger Renntage und geringere Preisgelder.“
Dass weitere Jockeys dem Beispiel Carvalhos folgen werden, ist für Schmitt ebenso klar: „Und wir selber werden auch auf jeden Fall noch den ein oder anderen Jockey ansprechen.“ Für Carvalho habe man sich zuerst entschieden, weil dieser eine sehr gute Saison reiten würde, und zudem einer von denen sei, die in diesem Jahr am meisten auf sich aufmerksam gemacht hätten.
Umgekehrt ist der Jockey ebenfalls von seinem Sponsor angetan: „Ich habe mich für galopprennen.tv entschieden, weil ich es eine gute Sache finde, dass man live und auch noch in archivierter Form später die Rennen im Internet verfolgen kann. Wenn man selber auf der Bahn ist und Rennen verpasst, kann man sie sich später immer noch ansehen.“
Große Einwände seitens der Besitzer gegenüber den Werbemaßnahmen erwarten weder Carvalho noch Schmitt. „Ich gehe davon aus, dass uns gegenüber Solidarität gezeigt wird“, glaubt Carvalho, dass die Sponsorenverträge nicht ‚schikaniert‘ werden. Lediglich die Buchmacher oder andere Sponsoren werden nach Ansicht Schmitts wohl hin und wieder ein Veto einlegen. „Aber da wird er dann ohne Werbung reiten“, so der Mann von galopprennen.tv. Ganz so, wie es eben das Regelwerk vorsieht.










